Als im olympischen Sprint-Finale die Post abging, kämpfte Denise Herrmann hinter der Tribüne mit den Tränen. Die größte Hoffnungsträgerin der kriselnden deutschen Skilangläufer hatte in ihrer Paradedisziplin gepatzt und ausgerechnet in Sotschi erstmals in dieser Saison den Endlauf verpasst. Anstatt wie erwartet um Medaillen zu kämpfen, musste die Weltcup-Führende an der Seite der ebenfalls früh gescheiterten Marit Björgen nach Erklärungen suchen.
"Keine Ahnung, was passiert ist. Es sollte einfach nicht sein", sagte Herrmann mit belegter Stimme nach ihrem ebenso bitteren wie vermeidbaren Halbfinal-Aus und ergänzte. "Nach dem Viertelfinale habe ich gedacht, dass alles möglich ist. Und dann ist so schnell Feierabend: Es waren die vor mir, die eigentlich hinter mir sein müssten." Und sie war damit: draußen.
Norwegen dominiert
Gold sicherte sich anschließend Norwegens WM-Dritte Maiken Falla vor ihrer Teamkollegin Ingvild Östberg und der Slowenin Vesna Fabian. Die Norwegerin Astrid Jacobsen, deren Bruder am Freitag verstorben war, kam auf Rang vier. Auch bei den Männern ging der Sieg nach Norwegen: Ex-Weltmeister Ola Vigen Hattestad triumphierte vor den Schweden Teodor Peterson und Emil Jönsson, nachdem gleich drei Läufer im Finale gestürzt waren.
Für die abermals völlig enttäuschenden deutschen Langläufer geht es in Sotschi schon jetzt nur noch um Schadensbegrenzung, das Scheitern von Hoffnungsträgerin Herrmann ist der frühzeitige Tiefpunkt. Es war dann aber erstaunlicherweise Bundestrainer Frank Ullrich, der das alles gar nicht so schlimm fand. "Trotzdem Kompliment an Denise, sie hat sich unglaublich gut in Szene gesetzt", sagte er, "das sind eben Sprintwettkämpfe, die können so oder so ausgehen."
Dabei hätte der Chefcoach allen Grund zum Frust gehabt. Zuvor war in Josef Wenzl (Zwiesel) der zweite Medaillen-Kandidat bereits in der Qualifikation gescheitert.
Erwartungen zu hoch?
Für Herrmann, die im olympischen Winter fulminant in die Weltklasse gesprintet war, hatte der Wettkampf noch nach Maß begonnen. Nach souveräner Qualifikation (Platz acht) beherrschte sie den mit Abstand stärksten Viertelfinal-Lauf und ließ nach einem Antritt in der letzten Kurve Björgen und der amerikanischen Mitfavoritin Kikkan Randall keine Chance.
Mit dem selben Rezept versuchte es Herrmann im Semifinale, wieder setzte sie auf der Außenbahn zum Schluss-Spurt an. Allein, ihr fehlte die Kraft, Herrmann wurde auf Platz vier durchgereicht. In Herrmanns Halbfinale stürzte Norwegens Superstar Björgen und musste den Traum von sechsmal Gold bei den Spielen im Kaukasus begraben.
Hinter Herrmann setzte das olympische Langlauf-Desaster der Deutschen nach den ernüchternden Ergebnissen im Skiathlon nahtlos fort. Für die größte Enttäuschung sorgte dabei Josef Wenzl. Der 29 Jahre alte Oberbayer, ebenfalls als Weltcup-Führender nach Sotschi gereist, verpasste als 31. der Qualifikation das Viertelfinale um 12 Hundertstelsekunden.
Wenzl selbstkritisch
"Ob es nun eine Hundertstel oder eine Tausendstel ist, raus ist raus", sagte Wenzl: "Ich war zu langsam - ganz einfach." In Sotschi zeigte sich sein großes Problem: So stark er in den K.o.-Rennen ist, so schwach ist er im Kampf gegen die Uhr. Einziger Deutscher in der K.o.-Runde war Tim Tscharnke, der in seinem Viertelfinale aber nichts zu bestellen hatte.
Bei den Frauen schaffte es Hanna Kolb immerhin ins Viertelfinale, war dort aber völlig chancenlos. Eine erneute Enttäuschung erlebte Rückkehrerin Claudia Nystad bei ihren vierten Olympischen Spielen: Nach Platz 43 im Skiathlon gab es nun Platz 35.