Die Funktionäre lassen sich für den historischen Olympia-Deal zwischen Nord- und Südkorea feiern, doch es regt sich auch Widerstand. Die Entscheidung, dass die verfeindeten Länder bei den Winterspielen in Pyeongchang (9. bis 25. Februar) ein gemeinsames Frauen-Eishockeyteam an den Start schicken, ist vor allem im Gastgeberland umstritten.
Die Korea Times berichtete, dass eine Online-Petition mit rund 40.000 Unterstützern an die südkoreanische Regierung verschickt wurde. Darin wird eine Abkehr der beim Gipfeltreffen beider Länder am Samstag in Lausanne getroffenen Entscheidung gefordert.
"Die südkoreanischen Athleten werden zu Opfern der Entscheidung der Regierung, ein gemeinsames Eishockeyteam zu bilden, und das nur wenige Wochen vor Olympia", sagte Politikerin Na Kyung-won der Zeitung.
Auch innerhalb der Mannschaft gibt es Unmut. Sie sei anfangs "geschockt" gewesen, verriet Sarah Murray, die kanadische Nationaltrainerin der südkoreanischen Auswahl. Die Idee an sich gefalle ihr zwar, "aber es ist etwas anderes, jetzt so kurz vor Olympia Spielerinnen aufnehmen zu müssen als vor zwei, drei Jahren."
Trainerin sorgt sich um Stimmung im Team
Murray, Tochter des früheren NHL-Trainers Andy Murray, sorgt sich um die Stimmung im Team. Die Chemie zwischen Nord- und Südkoreanern dürfte auch unter Sportlern nicht die beste sein, zudem werden durch den Zusammenschluss einige Südkoreanerinnen nicht auflaufen können.
Mindestens drei Nordkoreanerinnen müssen auf dem Aufstellungsbogen stehen. Murray sorgt sich aber auch um den sportlichen Erfolg. Sie glaube nicht, dass auch nur eine Nordkoreanerin ihre ersten drei Reihen verstärken könne.
Murray muss es wissen, bei der WM 2017 bezwang Südkorea den Rivalen mit 3:0. Verstärkt durch Amerikanerinnen und Kanadierinnen mit südkoreanischen Wurzeln hat das Murray-Team den Rivalen sportlich längst überflügelt, bei den Spielen im eigenen Land wollte es auch die Großen ärgern. Für dieses Vorhaben könnte die politisch erzwungene Vereinigung mit Nordkorea ein herber Rückschlag sein.
Eishockey der Frauen hat sich weiterentwickelt
"Das wird Unruhe in die Mannschaft bringen, denn sie hat sich seit Jahren eingespielt und muss nun fremde Spielerinnen integrieren", sagt die deutsche Nationaltorhüterin Jennifer Harß dem SID: "Auch das Fraueneishockey hat sich weiterentwickelt. Wenn es einen Leistungsabfall unter den Spielerinnen gibt, dann macht sich das auf dem Eis auch bemerkbar."
Wie Harß begrüßte auch Olympiasiegerin Hayley Wickenheiser von der IOC-Athleten-Komission die politische Botschaft, doch die frühere Weltklasse-Eishockeyspielerin kritisierte die fehlende geschlechtliche Gleichbehandlung.
Dass nicht auch bei den Männern ein gemischtes Team an den Start geht, sei "ganz klar kein Beispiel für die Unterstützung und Förderung der Gleichberechtigung in der olympischen Bewegung", sagte Wickenheiser dem Branchendienst "insidethegames".
Die Funktionäre stellen jedoch lieber die historische Bedeutung der Idee heraus - angeblich auch für das Fraueneishockey. "Die Auswirkung der Entscheidung wird so groß sein für das Fraueneishockey", sagte Rene Fasel, Präsident des Weltverbandes IIHF. Zuvor hatte schon IOC-Präsident Thomas Bach von der "olympischen Botschaft" geschwärmt, die von einem vereinten koreanischen Team ausgehe.