Wer Laura Dahlmeier in den Tagen von Pyeongchang erlebte, der musste zwangsläufig ihren Abschied von der ganz großen Bühne fürchten. Die 24-Jährige lächelte Niederlagen unbekümmert weg, feierte nach ihrem letzten Rennen bis tief in die Nacht und bewältigte sogar den finalen Interview-Marathon gut gelaunt. Dinge, die eigentlich normal erscheinen - in der bisherigen Karriere der Doppel-Olympiasiegerin mit der Gier nach dem ultimativen Erfolg aber nie vereinbart werden konnten.
Akkus aufladen für das Saisonfinale
Nun sog Dahlmeier die Momente in Südkorea aber auf, sie fühlte sich sogar gut dabei, das Gewissen blieb stumm. Als sie dann auch noch die Frage nach der Zukunft "völlig offen" ließ und meinte, dass "alles möglich" sei, weckte das nur noch mehr den Eindruck: Die Olympischen Spiele 2022 in Peking wird Dahlmeier nicht als Biathletin erleben.
Die ideale Klammer, wenn man so will, hätte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) setzen können, indem er Dahlmeier zur Fahnenträgerin für die Abschlussfeier bestimmt hätte. Die Wahl fiel allerdings auf Christian Ehrhoff (Eishockey), Dahlmeier wird es verschmerzen.
Nach der Rückkehr mit dem Siegerflieger der Lufthansa nach Deutschland dürfte sie nach den aufregenden Tagen von Pyeongchang aber wieder die so geliebte Abgeschiedenheit suchen - und genießen. Bei der Familie in Partenkirchen und in den Bergen lädt die Bayerin die Akkus für das Saisonfinale auf, das mit dem Weltcup in Kontiolahti (8. bis 11. März) eingeläutet und mit den Rennen in Tjumen (22. bis 25. März) beendet wird.
Neuner könnte Karriere-Ende nachvollziehen
"Ich will den Fokus nochmal auf die Weltcups legen", versicherte Dahlmeier glaubwürdig, als sie in Südkorea zum weiteren Vorgehen befragt wurde. Danach werde sie sich in aller Ruhe Gedanken machen und mit den Verantwortlichen "zusammensetzen, um alles weitere zu besprechen." Der Ausgang ist völlig offen.
Magdalena Neuner, die als Star der Szene ihre Karriere im Alter von nur 25 Jahren beendet hatte, könnte einen ähnlichen Entschluss von Dahlmeier nachvollziehen. "Es ist nicht ganz einfach, nach solch einem Riesending wie Olympia dann wieder die Motivation zu finden", sagte Neuner dem SID. Sie selbst habe nach den Spielen in Vancouver die Heim-WM in Ruhpolding vom Weitermachen überzeugt - die es für Dahlmeier aber nicht geben wird.
"Da fragt man sich schon, was man noch erreichen will"
Die WM im kommenden Jahr findet im eher abgeschiedenen und ruhigen Östersund/Schweden statt, 2020 folgen stimmungsvolle Titelkämpfe in Antholz/Italien, das Dahlmeier stets als ihren Lieblings-Ort bezeichnet hatte. Unter Umständen wäre ein Abschied danach ein goldener Mittelweg, mit dem sich auch Dahlmeier anfreunden könnte. Nur der Siege wegen wird sie das aber sicherlich nicht machen.
"Ein erstes Ziel war es, in den Weltcup zu kommen. Dann wollte ich irgendwann einmal den Gesamtweltcup und bei der WM eine Goldmedaille", sagte Dahlmeier über Wünsche, die sie sich längst erfüllt hat. "Und das größte Ziel", fuhr sie fort, "das war der Olympiasieg. Da fragt man sich dann schon, was man überhaupt noch erreichen will."
Dahlmeier wird es kundtun, früher oder später - aber ziemlich sicher vor 2022.