Es waren noch 14 Minuten und 16 Sekunden zu spielen im zweiten Viertel des AFC Championship Games zwischen den Pittsburgh Steelers und den Baltimore Ravens, als ihn die Zuschauer im Heinz Field wieder mal erlebten - den Roethlisberger-Moment.
Die Steelers stehen vor einem dritten Versuch, mit dem sie noch neun Yards überbrücken müssen, um ein neues First Down zu erreichen. Die Ravens haben nur eines im Sinn, sie wollen Ben Roethlisberger sacken.
Der Steelers-Quarterback erkennt den Blitz, macht einen Schritt nach vorne, dann noch einen nach links, um dem Sack irgendwie zu entgehen. Er ist schon kurz davor, den Ball wegzuwerfen, weil alle Receiver gedeckt sind, doch dann sieht er im letzten Moment Santonio Holmes auf der rechten Seite in aussichtsreicher Position.
Roethlisberger wirft den Ball zu Holmes und dieser erledigt den Rest und läuft allen Ravens-Verteidigern davon in die Endzone. Touchdown Pittsburgh.
Der Unverwüstliche
"Ich weiß manchmal auch nicht, wie ich es mache. Es ist eine natürliche Reaktion auf die Situation im Spiel. Ich hatte schon immer die Fähigkeit, zu scramblen und daraus dann noch viel möglich zu machen. Ich will einen Spielzug einfach so lange wie möglich am Leben halten und unbedingt noch was zustande bringen", meinte Roethlisberger in dieser Saison bereits zu SPOX.
Auch die Menschen, die ihn am engsten verfolgen, staunen manchmal, wie er sich aus den unmöglichsten Umklammerungen befreit. "Ich verfolge Ben seit Beginn seiner Karriere. Er ist einfach ein unglaublich tougher Kerl. Manchmal denkt man, er ist unverwüstlich. Er ist am gefährlichsten, wenn er scramblet und dann wirft. Außerdem ist er in den entscheidenden Phasen immer voll da", erklärt Ed Bouchette im Gespräch mit SPOX.
Bouchette berichtet seit 1985 für die Pittsburgh Post-Gazette über die Steelers - einen solchen Spielmacher wie Roethlisberger hat er noch nicht erlebt.
Der beste 4th-Quarter-QB
Da wäre zu einem seine Toughness. Als man ihn beim Spiel gegen die Ravens zwischenzeitlich angeschlagen in den Katakomben sah, wusste jeder, dass es nie im Leben soweit kommen würde, dass er nicht mehr zurückkommt. Solange man ihn nicht mit einem Cart vom Feld fährt und er irgendwie stehen kann, bleibt Roethlisberger auf dem Feld.
Kein anderer Quarterback passt so gut zu der Stadt, in der er spielt wie der stahlharte Roethlisberger zu Pittsburgh passt.
Man darf auch nicht den Fehler machen und Big Ben über Statistiken definieren. 17 TD-Pässe bei 15 Interceptions und einem Rating von 80.1 sind keine Zahlen, die einen umwerfen. Sie sind mittelmäßig und überhaupt nicht zu vergleichen mit denen von beispielsweise Kurt Warner - Roethlisbergers Gegenüber im Super Bowl gegen die Arizona Cardinals.
Aber wenn es im letzten Viertel um alles geht, wenn noch zwei Minuten auf der Uhr sind und man einen Game-Winning-Drive benötigt, gibt es kaum einen besseren Quarterback als Roethlisberger. Der 26-Jährige ist ein echter Winner.
Besser als Brady und Manning?
"Wenn ich die Wahl hätte zwischen Tom Brady, Peyton Manning und Ben Roethlisberger, würde ich Ben nehmen", sagt Mike Wilbon, seines Zeichens immerhin einer der renommiertesten Sportjournalisten der USA.
Sollte er mit den Steelers seinen zweiten Super Bowl in den letzten vier Jahren holen, würde Roethlisberger auf jeden Fall in die Klasse eines Brady und Manning aufsteigen. Außer Brady ist es noch keinem Quarterback gelungen, vor Ende seines 26. Lebensjahres zweimal die Vince-Lombardi-Trophäe in die Höhe zu stemmen.
Es wäre der nächste Meilenstein für Roethlisberger, der schon der erste Quarterback der Geschichte war, der seine ersten 13 Spiele gewann, der als jüngster Quarterback den Super Bowl holte und so schnell wie kein anderer zuvor 50 Siege auf dem Konto hatte.
"Ben ist ein ganz besonderer Spieler. Er trifft großartige Entscheidungen und macht immer das, was sein Team von ihm braucht", lobt Steelers-Headcoach Mike Tomlin. Natürlich braucht man für einen Super Bowl keine Zusatz-Motivation, aber für Roethlisberger wird der Auftritt auch aus ganz persönlichen Gründen speziell sein.
Auch wenn ihn Statistiken nicht interessieren, will er sicher nicht noch einmal mit so schwachen Werten (9/21, 123 Yards, 0 TDS, 2 INTs) vom Feld gehen, wie in Super Bowl XL gegen die Seattle Seahawks. Eine MVP-Trophäe fehlt ihm schließlich auch noch.
Roethlisberger vs. Whisenhunt
Zum anderen hat Roethlisberger mit Cardinals-Headcoach Ken Whisenhunt noch eine Rechnung offen. Zwar versuchen es beide im Vorfeld herunterzuspielen, aber es ist ein offenes Geheimnis, dass sich die beiden nicht sonderlich leiden können.
Whisenhunt war Roethlisbergers Offensive Coordinator beim letzten Super-Bowl-Triumph der Steelers, aber trotz des gemeinsamen Erfolgs lag man nicht auf einer Wellenlänge. "Wir waren unter Ken so leicht auszurechnen. Jeder wusste, was kommt und das hat uns gekillt. Ich bin froh, dass Bruce (Arians) uns keine Handschellen anlegt", meinte Roethlisberger einmal in einem Interview im Jahr 2007.
Unter Whisenhunt hatte Roethlisberger wenige Freiheiten, doch mittlerweile hat er die Erlaubnis, Spielzüge selbst anzusagen und zu ändern. Wenn man einem Quarterback einen 102 Millionen-Vertrag gibt, sollte man ihm schließlich auch vertrauen.
Als Belohung schenkt er einem dann auch immer wieder unverwechselbare Roethlisberger-Momente. Alle Steelers-Fans hoffen, dass auch Super Bowl XLIII wieder so einen bereit hält.
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