Die Cleveland Indians haben die American League Division Series gegen die New York Yankees nach zwei Siegen zum Start doch noch abgegeben und stehen nun nach historischer Saison mit leeren Händen da. SPOX begibt sich auf Ursachenforschung und findet ein paar Ansätze.
Nachdem das vielleicht beste Team der American League in dieser Saison mit 2-0 in der ALDS gegen die New York Yankees in Führung gegangen war, jubelten am Ende doch wieder die anderen. Neu ist das Gefühl für die Indians freilich nicht, haben sie doch erst im vergangenen Herbst nach Zwei-Spiele-Führung noch die World Series verloren. Die Pleite gegen die Cubs war zweifelsohne schmerzhafter, doch jetzt schon die Segel zu streichen - noch dazu nach dieser rekordträchtigen Saison? Bitter!
102 Spiele hatte Cleveland gewonnen, darunter gar 22 in Serie und rundum diese Siegsträhne auch mal 27 von 28. Die Indians schienen kaum aufzuhalten, zumal die Rekordserie der American League bis in den September ging. Viel Zeit zum Abkühlen blieb den Jungs von Manager Terry Francona also nicht.
Doch unterm Strich stehen nun auch schon sechs Pleiten in sogenannten Clinching Games - das sind Spiele, in denen ein Team eine Playoff-Serie erfolgreich beenden kann - in Serie auf dem Zettel. Insgesamt sind die Indians seit der World Series 1997 4-17 in solchen Partien - zudem verloren sie acht solcher Spiele in Folge daheim! Auch wenn niemand mehr von der World-Series-Pleite gegen die Marlins damals übrig ist, scheint der Geist des Misserfolgs fortzuleben.
Was waren die Gründe für das Aus in dieser Saison? Hinterfragen muss man wohl in erster Linie die Rotation, die Francona ins Rennen schickte. Nicht wenige waren überrascht ob der Entscheidung, Pitching Ace und Cy-Young-Favorit Corey Kluber erst im zweiten Spiel einzusetzen. Sicher, Trevor Bauer überragte in Spiel 1, doch in Spiel 4 - nach verkürzter Pause - versagte der Drohnen-Enthusiast und sorgte letztlich dafür, dass acht Pitcher für acht Innings bei der Pleite in New York eingesetzt werden mussten.
gettyCleveland Indians: Schützenhilfe von Joe Girardi ermöglicht zweiten Sieg
Unter normalen Umständen wäre die Serie auch schon nach vier Spielen vorbei gewesen, denn Kluber, der durch den Spiel-2-Start fünf statt seiner üblichen vier Tage Pause hatte, brach förmlich auseinander und konnte sich glücklich schätzen, dass seine Offense - unter Mithilfe von Yankees-Manager Joe Girardi und dessen Non-Challenge vor dem Grand Slam von Francisco Lindor - die Partie doch noch drehte.
Die Überlegung war, dass Kluber auf diese Weise Spiel 1 der ALCS hätte pitchen können, wenn es nicht zum fünften Spiel gekommen wäre. Doch damit verletzte Francona die wichtigste Regel in der Postseason: Der wichtigste Tag ist immer der heutige - oder so ähnlich. Will sagen: Bevor du nicht heute gewinnst, brauchst du auch nicht über morgen nachzudenken. Gerade in der League Division Series, in der es nur fünf Spiele maximal gibt, bleibt nicht viel Platz für Fehler und diese Rotation war für Fehler prädestiniert.
Im Idealfall hätte keiner der beiden nach verkürzter Pause von nur drei Tagen zwischen Spiel 1 und 4 starten sollen, denn keiner von beiden hat dies jemals in der MLB getan. Es wusste also niemand, wie der jeweilige Starter auf diese neue Situation reagieren würde. In der Regel lohnt es jedoch nicht, Starter nach verkürzter Pause starten zu lassen. Und auch in diesem Fall war dem so.
Es ist, als hätte Francona keine anderen Optionen gehabt, was verwundert, denn mit Danny Salazar, der erst in Spiel 4 kurzzeitig ran durfte, sowie Josh Tomlin und Mike Clevinger standen gleich drei erfahrene Starter im Kader. Viel schlechter als Bauer in Spiel 4 hätte es wohl keiner von denen gemacht!
In Spiel 5 war dann zwar dennoch Kluber auf dem Mound, aber wie sich mal wieder zeigte, muss dies in einem Do-or-Die-Spiel nicht viel heißen. Im Gegenteil: Im Baseball kann in einem Spiel alles passieren, egal wer auf dem Platz steht. Dass es die Indians überhaupt darauf ankommen ließen, das ist das eigentliche Problem.
Cleveland Indians: Herz der Offensive war abgemeldet
Die eigentliche Stärke des Teams, der Bullpen, kam überraschend selten überhaupt zum Tragen. Meist pitchte er mit einem Rückstand, machte die Sache dann aber immerhin auch nicht schlimmer. Grund dafür: Die Offensive bekam alles in allem nicht viel auf die Kette!
Die Topleute dieses Teams wie Jose Ramirez, Francisco Lindor oder Carlos Santana waren weitestgehend abgemeldet. Einzige Ausnahme: Jay Bruce. Der entwickelte sich zum Yankee-Killer und lieferte nahezu in jedem Spiel gute Leistungen ab. Damit stand er jedoch alleine da. Erschwerend hinzu kam, dass mit Edwin Encarnacion der wohl beste Power-Hitter lange ausfiel - es grenzte an einem Wunder, dass er überhaupt für Spiel 5 zurückkehrte, nachdem er in Spiel 2 übel umgeknickt war.
Was bleibt also von dieser Saison? In erster Linie die Erkenntnis, dass die Indians zu mehr als 100 Siegen in der Lage und für eine lange Saison mehr als gerüstet sind. Personell waren nahezu alle Topleute an Bord, als die Playoffs losgingen, doch kaum einer der Leistungsträger schaffte es, seine Über-Form von der Siegesserie zu konservieren. Und dass Form etwaige Klasse schlägt, darf besonders im Baseball als Grundsatz gesehen werden.
Die Indians werden im kommenden Jahr erneut angreifen und auch angesichts der Konkurrenz in der eigenen Division einmal mehr die Playoffs erreichen können. Und dann werden sie abermals darauf hoffen, dass dann die Form zur Klasse passen und die eigenen Dämonen besiegt werden.
Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.