Max Kepler und seine Minnesota Twins sind nach hartem Kampf im AL Wild Card Game an den New York Yankees gescheitert. Grämen müssen sich dafür weder die Twins noch Kepler selbst. Zu gut verliefen die vergangenen sechs Monate für das junge Team. Der Deutsche verabschiedete sich mit einem positiven Trend.
Wenn man die Saison eines Baseballspielers Revue passieren lässt, muss man zwangsläufig auch die des ganzen Teams betrachten. Die Minnesota Twins nämlich schafften Historisches - sie vollbrachten das Kunststück, nach einer Saison mit über 100 Niederlagen - 103, um genau zu sein - die Playoffs direkt im Folgejahr zu erreichen. Das allein war ein absolutes Novum in der Geschichte der MLB. Mit nun 85 Siegen waren sie das insgesamt fünfterfolgreichste Team der American League.
Max Kepler hatte freilich seinen Anteil daran. In seiner zweiten Saison in der MLB - es war überdies seine erste volle ohne Stops in den Minors - mag er sich zwar noch nicht zum Star entwickelt haben, doch aus dem Outfield des Teams ist er nicht mehr wegzudenken. Er patrouilliert das Right Field souverän und machte auch gelegentliche Abstecher ins Center Field, das sonst vom überragenden Byron Buxton bemannt wird.
Kepler wusste nicht nur Scouts und erfahrene Beobachter mit seiner Defense zu überzeugen. Auch die Analytiker verzückte er mit seinen Leistungen. So fand sich Kepler in den Top15 der Liga bei Catches wieder, die gemäß Statcast eine deutlich höhere Schwierigkeit haben, gefangen zu werden als der Durchschnitt. Konkret liegt Kepler auf Platz 15 mit acht "Outs Above Average".
Darüber hinaus hat Kepler gemäß Fangraphs fünf "Defensive Runs Saved" (DRS) angesammelt. Was für das ungeschulte Auge nicht viel ist, ist dennoch bemerkenswert, denn damit belegt er Platz 21 aller Outfielder in der MLB.
gettyMax Kepler: Offensiv kein Fortschritt gegenüber 2016
Den durchaus positiven Eindrücken in der Defensive standen jedoch auch nicht ganz so beeindruckende Leistungen an der Platte gegenüber.
Verglichen mit seinen Zahlen im Vorjahr war 2017 nämlich eher eine Bestätigung von 2016 als eine merkliche Steigerung. Grund dafür ist in erster Linie eine schwache zweite Saisonhälfte. Sah es vor dem All-Star-Break noch so aus, als hätte der Deutsche gewissermaßen den Dreh raus, war danach eher das Gegenteil der Fall.
Konkret kam Kepler vor dem Break auf einen Average von .266, danach nur noch .211. Noch deutlicher fällt der OPS-Vergleich aus. Vor dem Break lag sie bei starken .788, danach nur noch bei .668. Ein Abfall von über 100 Prozentpunkten ist massiv und lässt sich eigentlich nur durch zwei Dinge erklären. Einerseits könnte eine gewisse Erschöpfung eingetreten sein, denn Kepler bestritt über 30 Spiele mehr als 2016 und beschritt somit Neuland in den Big Leagues. Hier ist dann vor allem die mentale Erschöpfung gemeint, denn körperlich machte er durchweg einen guten Eindruck.
Der zweite mögliche Faktor ist, dass sich die Liga samt Gegner nach und nach auf ihn eingestellt hat. Ein Prozess, der ganz normal ist in Baseballs höchster Spielklasse. Ein Blick auf die sogenannten Hot Zones via ESPN zeigt etwa, dass er gerade bei Pitches, die tief und nach außen kommen, noch Defizite aufweist. Soll heißen: Kepler hat Lücken in seinem Schwung beziehungsweise der Plate Coverage. So etwas lässt sich allerdings durch gezieltes Training beheben. Bestes Beispiel dafür dürfte in dieser Saison Aaron Judge von den Yankees sein, der im vergangenen Jahr noch deutliche Disziplin-Probleme an der Platte aufwies, diese aber im Winter abstellte.
Max Kepler: Eklatante Schwäche gegen Linkshänder
Ein ganz problematischer Teil von Keplers Spiel war auch in dieser Saison die Schlagleistung gegen Linkshänder. Wie viele andere linkshändige Schlagleute hat auch der Deutsche Probleme damit, Pitches von Linkshänder zeitig zu sehen und entsprechend schlecht waren seine Zahlen. Seine Slash Line von .152/.213/.240 (Average/On-Base Percentage/Slugging Percentage) ist erschreckend. Zum Vergleich: Gegen Rechtshänder schlug er .272/.343/.484, was wiederum durchaus vorzeigbare Werte sind.
Zwei Dinge jedoch lassen hoffen, dass Kepler diesen Trend wird abstellen können in der Zukunft. Zum einen die berühmte Selbsterkenntnis. Denn schon Mitte der Saison verriet er im SPOX-Interview, dass er plane, "im nächsten Winter gegen einen Linkshänder zu schlagen, um speziell das Hitting gegen Leftys zu trainieren". Ohne Nachfrage von SPOX-Seite merkte Kepler an: "Die sind in den Big Leagues schon ein bisschen schwerer zu spielen als in den Minor Leagues".
Der Wille ist also da. Hinzu kommt, dass seine letzten Einsätze gegen Linkshänder ebenfalls vielversprechend aussahen. Er schlug sogar zwei Homeruns - seine ersten beiden gegen Lefties in dieser Saison. Der erste kam gar gegen CC Sabathia (Yankees), der davor keinen einzigen gegen Linkshänder zugelassen hatte.
Ebenfalls Hoffnung auf eine generelle Steigerung macht im Übrigen eine ganz bestimmte Statistik: Sein "Batting Average with Balls in Play", kurz BABIP. Dieser beschreibt, wie effektiv ein Schlagmann war, wenn er den Ball ins Spiel brachte, also kein Strikeout oder einen Homerun fabrizierte. Keplers Wert lag bei .276, was verhältnismäßig schwach ist. Doch darin liegt die Hoffnung, denn basierend auf Wahrscheinlichkeitsrechnung schwankt diese Statistik über die Jahre mitunter extrem. Heißt: Wenn jemand in diesem Bereich eine eher schwache Saison spielt, ist es wahrscheinlich, dass er im folgenden Jahr mehr Glück hat und der Wert deutlich ansteigen könnte.
Max Kepler: Wahrscheinlichkeitsrechnung lässt auf 2018 hoffen
In der zweiten Saisonhälfte lag sein BABIP sogar nur noch bei .211! "Viele Leute übersehen die hartgeschlagenen Bälle, die gefangen werden oder in Shifts geschlagen werden. Es gibt Saisons wie in einem Double-Jahr Jahr in Chattanooga, als jeder Ball, den ich nicht gut getroffen hatte, irgendwie eine Lücke fand und ich dadurch .300 schlug. Dieses Jahr habe ich jedoch das Gefühl, dass jeder Ball, den ich optimal getroffen habe, direkt zu einem Gegenspieler ging", merkte Kepler selbst gegenüber der Pioneer Press an.
Was bleibt also von dieser Saison, abgesehen davon, dass die Twins als Team einen schier unglaublichen Turnaround hingelegt haben, den es so noch nie gegeben hat? Aus Keplers Sicht war es sicher ein sehr lehrreiches Jahr, denn er hat seine erste lange MLB-Saison hinter sich gebracht und gesehen, dass dies auf allen Ebenen kräftezehrend sein kann. Eine wichtige Erfahrung für die Zukunft!
Er schlug 19 Homeruns und war damit der fünftbeste Spieler der Twins, seine 32 Doubles waren sogar die drittmeisten hinter Joe Mauer, dem Gesicht der Franchise, und Eddie Rosario. Zudem bleibt die Erkenntnis, dass ihm das Team vertraute, denn nur drei Spieler haben mehr At-Bats gehabt als Kepler (511). Sicherlich saß er gerade gegen Ende des Jahres zunehmend gegen Linkshänder draußen, nachdem er zuvor nur tiefer in der Batting Order geschlagen hatte. Aber wirklich auf ihn verzichten wollte man auch nicht.
Dafür war dann die besagte Defensive zu gut. Heutzutage legen Teams vielmehr Wert auf solche Dinge als noch früher. Das beste Beispiel dafür ist Keplers Teamkollege Byron Buxton, der offensiv zwar insgesamt schlechtere Zahlen hatte als Kepler, aber ein fantastisches Center Field spielte und mit 24 Defensive Runs Saved Platz zwei der Liga im Outfield belegte und schon deshalb nicht wegezudenken ist.
Max Kepler: 2017 endet mit gutem Gefühl
Wie sich die Lage in der kommenden Saison darstellt und wie die Twins Kepler intern betrachten, wird freilich frühestens die Wintertransferphase zeigen. Doch eines dürfte zweifelsohne feststehen: Max Kepler hat gezeigt, dass er zum jetzigen Zeitpunkt und mit seinen noch sehr jungen 24 Jahren auf jeden Fall in diese Liga gehört. Und zwar als Starter. Dass er noch gewaltig an sich arbeiten muss, steht außer Frage, aber das gilt für so viele andere auch und ist daher kein negativer Aspekt.
Das Potenzial ist vorhanden, da sind sich die Experten einig. Jack Morris, ein früherer All-Star-Pitcher und TV-Experte bei den Twins, sagte erst kürzlich: "Dieser Junge ist vielleicht letzten Endes der beste Hitter von allen", und sprach dabei über die vielversprechenden Outfielder, die in Minnesota beschäftigt sind. Angesichts der Explosivität eines Buxton ein großes Kompliment.
Auch wenn am Ende eine Niederlage in New York zu Buche stand, verabschiedete sich Kepler erhobenen Hauptes. Im Wild Card Game, seinem ersten Playoff-Spiel überhaupt, schlug er gleich im ersten Inning ein Double und lud die Bases per Walk im dritten Inning, was letztlich den vierten Run der Twins zur Folge hatte. Es gab schon deutlich schlechtere Postseason-Debüts!
Die Saison mag für Kepler und die Twins ein jähes Ende gefunden haben, doch alleine die Tatsache, dass die Playoffs nach dem lausigen 2016 erreicht wurden, ist aller Ehren wert und wird der sehr jungen Truppe Aufschwung für die Zukunft geben. Wer weiß, vielleicht war 2017 eine Art Preview für richtig große Dinge in den kommenden Spielzeiten - für die Twins als Team und Kepler persönlich.
Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.