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Baseball in Zeiten der Corona-Krise - Wie geht es weiter in der MLB?

Die Stadien der MLB werden nicht wie geplant am 26. März prall gefüllt sein und die neue Saison einläuten.
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Am Donnerstag hätte die MLB-Saison 2020 beginnen sollen, die Coronavirus-Pandemie macht dem jedoch einen Strich durch die Rechnung. Wie geht es jetzt weiter in der besten Baseballliga der Welt? SPOX gibt einen Überblick über die Lage.

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Dieser Artikel erschien ursprünglich am 26. März und wurde aufgrund neuer Erkenntnisse am 27. März an mehreren Stellen aktualisiert.

Am Donnerstag hätte die neue Saison der MLB erstmals mit allen Teams am selben Tag starten sollen. Die Corona-Krise machte diesem Plan einen Strich durch die Rechnung. Stattdessen herrscht Unsicherheit rundum "America's Favorite Pastime".

Bereits vor mehreren Wochen wurde die Saisonvorbereitung, das sogenannte Spring Training, abgebrochen und der Saisonstart nach hinten verschoben. Hatte man zunächst zwei Wochen eingeplant, ging man kurz darauf vom 10. Mai aus. Mittlerweile ist der potenzielle Saisonstart - wie so ziemlich alles andere auf der Welt - komplett offen.

Die Teameinrichtungen in Florida und Arizona, die von den Teams während des Spring Trainings genutzt werden, sind mittlerweile geschlossen und die Spieler bekamen die Anweisung, sich wahlweise weiter in Florida oder Arizona, den Heimatstädten ihrer Teams oder in ihren eigentlichen Wohnorten aufzuhalten. Immer unter der Prämisse des Social Distancings versteht sich. Einzig von einer Ausreise in ein anderes Land wurde abgeraten, schließlich ist es in Zeiten geschlossener Grenzen schwierig, danach wieder zurückzukommen.

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Bis heute sind immerhin keine Corona-Fälle in der MLB bekannt, lediglich ein paar Minor-League-Spieler, die getrennt von den Big-League-Klubs trainiert haben, sind positiv getestet worden. Es handelt sich dabei um zwei nicht genannte Spieler im Farmsystem der New York Yankees sowie einen aus dem System der Boston Red Sox. Sie trainierten jeweils in Florida.

Während die Baseballwelt nun in Wartestellung verharrt, bahnen sich hinter den Kulissen weitreichende Konsequenzen an. Die Liga sowie die Spielergewerkschaft MLBPA haben sich nach wochenlangen Verhandlungen darauf verständigt, wie denn die kommenden Wochen und Monate angegangen werden sollen. Dabei geht es sowohl um Wettbewerbsfragen als auch um wirtschaftliche Belange. Die wichtigsten Punkte sind diese:

Coronavirus und die MLB: Die Fortzahlung von Gehältern

In der MLB wie in den anderen US-Profiligen ist es üblich, dass Spieler und saisonale Teamangestellte nur während der Saison bezahlt werden. Sprich: Wenn auch Spiele stattfinden. Das ist aktuell nicht der Fall, was zu Problemen führt. Speziell die Angestellten, die nicht zu den Spielern zählen, befinden sich in einer prekären Lage. Bislang ist gesichert, dass jene bis mindestens zur zweiten Aprilwoche weiterbezahlt werden sollen. Doch was darüber hinaus passiert, ist offen. Commissioner Rob Manfred soll gemäß eines Berichts von ESPN aber darauf drängen, solche Angestellten so lange wie möglich weiterzubezahlen.

Ebenfalls schwierig ist die finanzielle Lage für bestimmte Gruppen von Spielern. Minor-League-Spieler und solche mit Split-Contracts - solche, die basierend auf ihrer Zeit in der MLB und den Minor Leagues bezahlt werden -, sowie Major-League-Spieler im ersten Jahr sind besonders betroffen, da sie keine garantierten Millionen-Gehälter beziehen und eventuell keine Reserven haben. In deren Sinne wurde ein Gehaltsvorschuss im Gesamtwert von 170 Millionen Dollar verhandelt.

Wann ist mit dem Saisonstart der MLB zu rechnen?

Besonders wichtig für alle Beteiligten ist die Frage, ab wann denn mit einem Saisonstart zu rechnen ist. Optimistische Schätzungen beliefen sich zuletzt rundum den Memorial Day am 25. Mai. Commissioner Rob Manfred sagte erst am Mittwoch gegenüber ESPN: "Mein optimistischer Ausblick ist, dass wir irgendwann im Mai die Vorbereitung wieder aufnehmen können."

Aufgrund der aktuellen Lage scheint das aber wohl nicht machbar zu sein, sodass vielleicht doch erst im Juni oder Juli mit der Saison begonnen werden könnte. Eine komplette Absage der Saison ist freilich auch eine Option, aber eine, die selbstredend nur den absoluten Worst Case darstellen würde.

Ein Hindernis auf dem Weg zum letztendlichen Saisonstart ist die Notwendigkeit einer weiteren Vorbereitungsphase. Idealerweise benötigt ein Team mindestens vier Wochen, um Spielniveau zu erreichen. Das liegt vor allem daran, dass Pitcher erst nach dieser Zeit genügend Ausdauer entwickelt haben, um ihr normales Pensum zu absolvieren.

"Wir müssen basierend auf dem genauen Datum eine Entscheidung treffen, wie viel Vorbereitung wir brauchen, egal ob diese in Florida und Arizona oder den Heimstädten der Klubs stattfände", sagte Manfred. Allerdings sind Liga und Spielergewerkschaft erpicht darauf, nicht noch mehr Zeit als nötig zu verlieren, sodass eine verkürzte zweite Vorbereitung in Erwägung gezogen wird. Hier wäre es dann denkbar, dass Teams mit erweiterten Kadern in die Saison gingen - mehr als die 26 erlaubten - und dementsprechend mehr Pitcher dabei hätten.

Ist eine reguläre Saison in der MLB noch möglich?

Je länger sich der Saisonstart nach hinten verschiebt, desto geringer wird die Chance, eine Saison in normaler Länge (162 Spiele) durchzuführen. Manfred stellte jedoch bereits klar, dass "wir wahrscheinlich keine 162 Spiele machen können. Ich denke, dass das klar ist". Dadurch sei die Marschroute "so viele Spiele wie möglich" zu spielen und dadurch ein "so unterhaltsames Produkt wie möglich" zu realisieren.

Um die Verluste an Spielen zu minimieren sollen die Spieler daher bereits die Bereitschaft signalisiert haben, vermehrt sogenannte Doubleheader, also zwei Spiele an einem Tag, durchzuführen. Die Rede ist von bis zu zwei Doubleheadern pro Woche. Dabei sei auch Kreativität gefragt. Im Raum steht an solchen Tagen etwa ein Verkürzung der Spiele auf sieben statt neun Innings. Ein radiklar Schritt aus Sicht von Manfred: "Ich habe zuvor schon öffentlich gesagt, dass manche Zahlen im Baseball nicht verändert werden können und neun Innings ist eine davon", sagte Manfred, schob aber nach: "Als ich das gesagt habe, dachte ich nicht an diese bestimmte Krise. Insofern bin ich mir sicher, dass darüber diskutiert werden wird."

Ferner ist angedacht, die Regular Season eventuell bis in den Oktober zu strecken und anschließend Playoffs im November zu spielen - zur Not auf neutralem Boden, um etwaigen Schlechtwetterregionen im Spätherbst aus dem Weg zu gehen.

Eine verkürzte Saison oder gar eine Komplett-Absage hätte indes noch weitere Konsequenzen.

Mögliche Folgen einer verkürzten oder abgesagten MLB-Saison 2020

Die Verschiebung des Saisonstarts womöglich bis in den Juni oder gar Juli hätte in erster Linie zur Folge, dass man dem All-Star Weekend in Los Angeles in die Quere käme. Hier müsste sogar darüber nachgedacht werden, selbiges komplett zu canceln, zumal in Ermangelung an Spielen davor ohnehin keine All-Stars auf sportlichem Wege ermittelt werden könnten.

Sollte die Saison nicht mit 162 Spielen über die Bühne gehen können, was immer wahrscheinlicher wird, dann hätte das Auswirkungen auf Spielergehälter. Es wird erwartet, dass Spieler in diesem Falle nicht ihre kompletten Gehälter bekämen, sondern lediglich anteilig gemessen an den tatsächlich gespielten Spielen bezahlt werden würden. Ein Szenario, dem die Spieler wohl offen gegenüberstünden.

Allerdings gilt dies nur für die "Großverdiener". Die Spieler, die Mindestgehälter kassieren - allen voran die Minor-Leaguer - sollen nahezu ihr normales Gehalt bekommen.

Abgesehen davon droht der Liga ein immenser wirtschaftlicher Verlust durch eine verkürzte oder gar abgesagte Saison. Die Haupteinnahmen der Klubs liegen in den Bereichen TV-Gelder und Zuschauereinnahmen. Zu Letzteren zählen im Übrigen auch die Einnahmen für Verpflegung an den Spieltagen im Stadion und machen insgesamt knapp 30 Prozent der Gesamteinnahmen aus. Entsprechend groß ist die Sorge in der Liga.

Wird es Geisterspiele in der MLB geben?

Darüber hinaus scheinen auch Geisterspiele in der MLB eine Option zu sein. Da nicht davon auszugehen ist, dass das Coronavirus bis Jahresende komplett gestoppt werden kann - etwa durch einen wirksamen Impfstoff - muss damit gerechnet werden, auch in der MLB auf Zuschauer zu verzichten. Alternativ könnte mit verringerter Zuschauerkapazität Abstand geschaffen werden auf den Tribünen.

Eine weitere Möglichkeit, dem Corona-Problem gerade in besonders betroffenen Regionen aus dem Weg zu gehen, sind Spiele auf neutralem Boden. Es wird diskutiert, Spiele in den Spring-Training-Stadien der jeweiligen Teams auszutragen, sollte keine andere Möglichkeit in der Heimatstadt des jeweiligen Teams bestehen.

Ein weiteres Problem drohte in Sachen Service Time. Spieler werden in der MLB zum Beispiel erst nach sechs Jahren in der Liga Free Agents. Was passiert also, wenn die Saison verkürzt oder gar abgesagt wird? Bei einer Verkürzung wäre die Frage, ob den Spielern dennoch eine komplette Saison angerechnet wird. Ebenso bei einer kompletten Absage.

Das prominenteste Beispiel aktuell ist Outfielder Mookie Betts, der sich im finalen Jahr unter Teamkontrolle befindet. Sollte die Saison abgesagt werden, müsste er dann noch ein Jahr länger auf seine Freiheit warten? Andererseits: Wie könnte man die Los Angeles Dodgers entschädigen, wenn diese nach dem Trade für Betts gar nicht auf ihn zurückgreifen könnten, sollte er tatsächlich wie geplant Free Agent werden?

Gleichzeitig gilt diese Frage besonders bei Spielern, die kurz vor der Salary Arbitration stehen oder mittendrin stecken. Müssten die ein Jahr länger warten? Und beim Schiedsgerichtsprozess selbst müssten die bisherigen - antiquierten - Richtlinien ebenfalls angepasst werden. Bislang war die Grundlage für die Frage, wie viel Geld ein Spieler verdienen sollte, stets die Statistik des Spielers im Vergleich zur Vergangenheit. Naturgemäß wären die totalen - wenig aussagekräftigen - Zahlen niedriger bei einer verkürzten Saison. Aber rechtfertigt das dann geringeres Gehalt als bei entsprechenden Spielern in den Jahren zuvor?

UPDATE (27. März): Am späten Donnerstagabend wurde hier laut ESPN eine Einigung erzielt, die besagt, dass selbst bei einer Absage der kompletten Saison Spielern ein komplettes Jahr an Service Time angerechnet wird. Im Gegenzug verzichten die Spieler auf etwaige Klagen wegen ausstehender Gehaltszahlungen im Fall eines solchen Abbruchs.

Die Stadien der MLB werden nicht wie geplant am 26. März prall gefüllt sein und die neue Saison einläuten.
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Die Stadien der MLB werden nicht wie geplant am 26. März prall gefüllt sein und die neue Saison einläuten.

Coronavirus und die Auswirkungen auf den MLB Draft

Von der Corona-Krise ist überdies auch der Amateur-Markt betroffen. Gerade der MLB Draft, der im Juni stattfinden sollte, ist in großer Gefahr. Teams haben schlicht keine Möglichkeit, Spieler zu scouten, da jegliche Sportevents auf High-School- und College-Ebene ebenfalls pausieren. Der Baseball-Draft, der ohnehin schon viel auf Glück und Zufall basiert, wird somit noch weiter verkompliziert. Ein Risiko, das die Teams so nicht eingehen wollen. Hier gibt es noch keine klare Entscheidung, dem Commissioner wird jedoch das Recht eingeräumt, den Draft sowohl in die Juli zu verschieben als auch auf nur noch fünf Runden - von normalerweise 40 - zu verkürzen.

Gleiches gilt im Übrigen für die Verpflichtung von internationalen Amateurspielern, speziell aus Südamerika. Auch deren Ligen pausieren, niemand hat also einen echten Einblick, wie gut wer ist. Auch hier könnte Manfred eine Verschiebung beschließen.

Wann und ob die MLB-Saison 2020 eröffnet wird und in welcher Form sie dann stattfände, ist völlig offen. Keiner weiß zum jetzigen Zeitpunkt, wie es weitergeht, sodass auch im Baseball nur auf bessere Zeiten gehofft werden kann.

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