NBA

Einmal Stahlbad und zurück

Jon Leuer wurde 2011 von den Milwaukee Bucks an 40. Stelle gedraftet
© getty

Jon Leuer hat in seiner jungen Karriere schon viel erlebt. Lockout, Gastspiel in Deutschland, wenig Spielzeit und Trades. In seinem dritten Jahr scheint er nun endlich bei den Memphis Grizzlies angekommen zu sein. Doch teaminterne Konkurrenz macht ihm erneut zu schaffen. Gegen die Detroit Pistons (So., ab 19 Uhr im LIVE-STREAM FOR FREE) muss er abermals seinen Platz behaupten.

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Dave Joerger hatte ein Problem. Center Marc Gasol hatte sich gerade erst eine schwere Innenbanddehnung im Knie zugezogen und nun fiel auch noch sein Frontcourt-Partner Zach Randolph aus. Gegen die Phoenix Suns brachen damit die beiden wichtigsten Akteure weg.

Was also tun? Joerger entschied sich für die naheliegendste Option und brachte mit Kostas Koufos und Ed Davis die etatmäßigen Backups seiner beiden Stars. Doch der Held des Abends wurde ein Spieler, der bislang im Laufe der Saison keine Rolle gespielt hatte und überhaupt in der NBA noch nicht wirklich eine Duftmarke setzen konnte.

Coming-Out gegen Phoenix

23 Punkte (10/13 aus dem Feld) und 9 Rebounds erzielte Jon Leuer beim Sieg über die Suns. Natürlich war das ein Career High. Ganze 30 Minuten schenkte der Coach dem 24-Jährigen und verhalf ihm so zu einem beeindruckenden Coming-Out in der Liga. Im Dezember kam er auf 11,6 Punkte und 5,5 Rebounds im Schnitt und erzielte dabei beeindruckende Quoten (52,8 Prozent FGs, 54,2 Prozent 3FG).

"Ich denke, einfach früh ins Spiel zu kommen, ein paar Rebounds abzugreifen und dann die ersten Würfe auch zu treffen, hat es für mich erleichtert. Man kommt dann in einen Rhythmus, das Selbstvertrauen wächst und dann läuft es einfach", gab der Power Forward nach dem Spiel an.

Leuer hatte Eindruck hinterlassen und sich fortan einen veritablen Platz in der Rotation der Grizzlies erkämpft. Erstmals in seiner NBA-Karriere bekam der Stretch Four über längere Zeit bedeutende Minuten, die über die Garbage Time hinausgingen. Dabei verlief sein Start in der NBA durchaus holprig.

Nach drei ordentlichen Jahren am College in Wisconsin zogen die Milwaukee Bucks den Forward im Draft 2011 an 40. Stelle. "Ich hatte gehofft, noch ein wenig höher gedraftet zu werden", sagte Leuer, der als Kind den jungen Kevin Garnett bei den Timberwolves anfeuerte, damals leicht geknickt.

Mit dem NBA-Debüt wurde erst einmal sowieso nichts. Der Lockout machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Da Leuer nicht wirklich mit einer schnellen Einigung im Tarifstreit rechnete, entschied er sich für ein Engagement in der BBL. Er unterzeichnete einen Vertrag bei den Fraport Skyliners - natürlich mit Ausstiegsklausel für die NBA. Obwohl sein Spiel eigentlich wie gemacht ist für Europa, kämpfte er am Main jedoch mit Anpassungsproblemen. Sein Dreier wollte nicht fallen, auch die Quote aus dem Feld ließ zu wünschen übrig.

Leistungsträger in Frankfurt

Mit etwas Verzögerung etablierte er sich aber im Team des damaligen Coaches Muli Katzurin und war in den zehn Spielen, die er für die Skyliners auflief, Leistungsträger. 14,8 Punkte und 7,8 Rebounds lieferte er ab. Im Dezember offerierten die Bucks Leuer dann einen Zweijahresvertrag. Es ging zurück in die Staaten. Und anfangs kam er sogar recht häufig zum Einsatz.

Coach Scott Skiles vertraute dem Rookie, was sicherlich auch daran lag, dass Leuer fit und mit reichlich Spielpraxis ausgestattet in die Saison startete. Mit zunehmendem Saisonverlauf sanken die Minuten aber deutlich. Eine Tatsache, die im Fanlager der Bucks nur schwer zu verstehen war, schließlich konnte der gesamte Frontcourt der Bucks nicht wirklich überzeugen. Mehr Minuten für Leuer wären also durchaus vertretbar gewesen.

Sein Problem: Auch wenn die Bucks ein Team ohne echte Stars waren und sind, galt Skiles schon immer als Coach, der Siege über alles stellt. Die Entwicklung junger Spieler stand dabei nicht im Vordergrund. Abschenken und einen klassischen Rebuild einleiten, war ohnehin nie die Sache der Bucks. Besitzer Herb Kohl ist schlicht und einfach dagegen.

Und so fiel Leuer im darauffolgenden Sommer diesem Ansatz zum Opfer. Milwaukee tradete ihn im Paket für Samuel Dalembert nach Houston. Die Texaner konnten aber nichts mit dem Forward anfangen und entließen ihn wenig später. Cleveland schlug zu und pickte Leuer von der Waiverliste.

Kaum Spielzeit

Doch auch in Ohio saß er sich auf der Bank weiter den Hintern platt. Auch Head Coach Byron Scott hatte keine Verwendung für Leuer. So durfte er im Januar erneut die Koffer packen. Von Cleveland ging es nach Memphis. Die Grizzlies wollten die Luxussteuer vermeiden und schickten im Gegenzug Marreese Speights, Wayne Ellington, Josh Selbs und einen Erstundenpick zu den Cavs.

Die nächste Ernüchterung für den damaligen Sophomore. Nach nur neun Einsätzen für Cleveland vermuteten nicht wenige Experten, dass seine Einsatzzeit bei den ambitionierten Grizzlies erst recht nicht steigen würde. Und sie behielten recht. Nur viermal kam Leuer länger als zehn Minuten zum Einsatz.

Kaum Zeit, um sich für ein neues Engagement zu empfehlen. Doch Memphis entschied sich dazu, Leuer zu halten. Der Forward erhielt in Tennessee einen neuen Dreijahresvertrag. Die Grizzlies, die fast schon traditionell Probleme vom Perimeter haben, vertrauen Leuers Fähigkeiten als Spot-up-Shooter und aus dem Pick-n-Roll heraus. Dabei nehmen sie in Kauf, dass sein Spiel aus dem Post weiter ausbaufähig ist.

Und das Vertrauen hat sich ausgezahlt. In schwierigen Zeiten mit vielen Verletzten gibt Leuer Memphis genau das, was von ihm erwartet wird: Punkte aus der Distanz, Rebounds und solide Defense. Doch aktuell muss er erneut kämpfen. Mit James Johnson gibt es einen neuen Konkurrenten im Team, der vor allem durch Athletik besticht und das Minutenkonto Leuers schrumpfen lässt. In seiner jungen Karriere hat er bereits alle Facetten des harten NBA-Geschäfts kennengelernt, doch Leuer hat sich durchgebissen - irgendwie.

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