Als Nowitzki zum Über-Dirk wurde

Haruka Gruber
16. Januar 201616:01
Dirk Nowitzki und Tim Duncan duellieren sich seit 16 Jahrengetty
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Der Klassiker aus Texas ist zurück! San Antonio Spurs gegen die Dallas Mavericks (Mo., ab 1 Uhr im LIVESTREAM FOR FREE) heißt es mal wieder zum Wochenausklang! Der perfekte Anlass, um auf die zehn legendärsten Duelle zwischen den Mavericks und Spurs zurückzublicken. Gänsehaut garantiert!

SPOX

Platz 10 - San Antonio Spurs vs. Dallas Mavericks 105:87 (14. Mai 2001): Obwohl der Ausgang des Conference-Halbfinals an Einseitigkeit kaum zu überbieten war, ist diese Playoff-Serie die Geburtsstunde von einem der größten Rivalitäten des US-Sports. Als Meister von 1999 gehörte San Antonio bereits zum NBA-Establishment, während sich Dallas erstmals seit 10 Jahren überhaupt wieder einmal für die Postseason qualifizieren konnte. Entsprechend überfordert traten die Mavs um Dirk Nowitzki, Steve Nash und Michael Finley auf.

Bereits in Spiel 1 wurde der Unterschied zwischen einem echten und einem erst im Entstehen begriffenen Topteam ersichtlich: Nowitzki (9 Punkte, 3/13) und Nash (2 Punkte, 0/4) spielten miserabel und Dallas verlor 78:94. So setzte sich die Serie fort, von Spiel 4 abgesehen, dass die Spus eher nachlässig herschenkten. Der Schlusspunkt: das 105:87 für San Antonio. Damit gewannen die Spurs alle ihre 4 Spiele mit mindestens 14 Punkten Vorsprung.

Eine Demütigung, die selbst ein Nowitzki in Bestverfassung nicht vermeiden konnte: Zum Abschluss zeigte er trotz ausgeschlagenem Schneidezahn mit 42 Punkten (14/24), 18 Rebounds und 6 Steals die vielleicht beste Leistung der Karriere bis dahin, doch selbst das erwies sich als unzureichend. Immerhin: Damals war es noch nicht absehbar, aber Nowitzki und Dallas entwickelten sich über die Jahre zum Nemesis der Spurs. Nach 2001 gab es vier weitere Aufeinandertreffen in den Playoffs, so dass das Matchup sogar ein eigenes Kürzel bekam: I-35 - für die Interstate 35, die die beiden für US-Verhältnisse nur 450 Kilometer entfernt liegenden Städte verbindet.

Platz 9 - San Antonio Spurs vs. Dallas Mavericks 123:126 OT (26. Dezember 2001): Man mag es kaum glauben, aber Tim Duncan war einst nicht nur ein effizienter, sondern auch ein dominanter Scorer, der Würfe um Würfe nahm. Vor 12 Jahren hatte er seinen Peak, als er in der Saison 2001/2002 mit 25,5 Punkten und 18,3 genommenen Würfen pro Spiel Karriere-Highs aufstellte. Eine Sternstunde erlebte die NBA am zweiten Weihnachtsfeiertag 2001: Der damals 25-Jährige erzielte den noch immer gültigen persönlichen Rekord von 53 Punkten, verwandelte 19/28 Feldwürfe und alle 15 Freiwürfe. Der Rest seiner Statsline: 11 Rebounds, 4 Assists, 3 Blocks.

Nowitzki entschied mit Dallas zwar das erste Duell gegen San Antonio nach dem Playoff-Aus 2001 für sich und überzeugte statistisch (26 Punkte, 11 Rebounds, 4 Steals), doch seine Unfähigkeit, Duncan vom Scoren abzuhalten, begründete seinen Ruf als schwacher Verteidiger.

Platz 8 - Dallas Mavericks vs. San Antonio Spurs 104:68 (7. April 2005): Es war nur ein Regular-Season-Spiel, in dem Tim Duncan auch noch verletzt fehlte. Dennoch erinnern sich die Mavs mit Verzücken an den denkwürdigen Apriltag 2005, an dem Dallas seinen Erzrivalen bis auf die Unterhosen demütigte. "Es war ziemlich peinlich", gestand danach Manu Ginobili.

Natürlich vor ausverkauftem Haus (zum 150. Mal in Folge) zelebrierten die Mavs Basketball nahe der Perfektion und feierten den höchsten Sieg aller Zeiten gegen den Erzrivalen. Offensiv gab es Highlight-Szenen in Dauerschleife (alle 12 Mavs-Spieler scorten), während die Defense die Spurs zum Verzweifeln brachte. San Antonio verwarf unter anderem alle 12 Dreier. Vieles ein Verdienst des neuen Trainers Avery Johnson, der pikanterweise bei den Spurs in die Lehre gegangen war. Nowitzki zeigte angesichts der Dominanz die gebotene Zurückhaltung, kam nur 27 Minuten zum Einsatz und lieferte 16 Punkte (6/13) sowie 8 Rebounds.

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Platz 7 - Dallas Mavericks vs. San Antonio Spurs 107:102 (4. März 2009): Das Spiel an sich ist weniger denkwürdig als die Posse einige Tage zuvor. Womöglich um seiner Mannschaft, die in den Wochen zuvor mäßig und unbeständig vor sich hin spielte, einen Reizpunkt zu setzen, begann Mavs-Besitzer Mark Cuban ein Trash Talking, das selbst für seine Verhältnisse absurd war.

2007 hatte er aus der Spaß an der Lästerei und der psychologischen Kriegsführung den River Walk, die Flusspromenade von San Antonio und eine der Hauptattraktionen der Stadt, als Tümpel beleidigt. Aus dem Nichts fing er zwei Jahre später plötzlich wieder damit an: "Der River Walk ist ein hässliches Ding, das mit Schlammwasser gefüllt ist." Cuban wollte sogar eine Website namens "Ifellintheriverwalk.com" einrichten, damit dort Fotos hochgeladen werden können von Leuten, die in den River Walk fielen und sich dabei verletzten oder Krankheiten zuzogen. Darüber regte sich Greg Gallaspy, der Verantwortliche der Stadtverwaltung von San Antonio, derart auf, dass er ein offizielles Statement abgab und Cuban dazu riet, "sich auf seine schwächelnde Mannschaft zu konzentrieren". Gallaspy: "Cuban versucht nur, die Leute von den LOSER Mavericks abzulenken."

Zumindest hatte Cubans Vorgehen keine negativen Auwirkungen für die Mavs: Dallas gewann 107:102 (Nowitzki: 24 Punkte, 12 Rebounds, 5 Assists).

Platz 6 - San Antonio Spurs vs. Dallas Mavericks 97:105 (18. April 2009): Das Ende eines Traumas: Drei Jahre, ein Finals-Meltdown und zwei peinliche Erstrunden-Knockouts dauerte die Mavs-Sinnkrise, bis 2009 endlich wieder ein Playoff-Spiel auswärts gewonnen werden konnte. Und das sogar bei den verhassten Spurs.

Dass Erick Dampier (kein Scherz) bei den Mavs zu einer wichtigen Stütze in Spiel 1 wurde (10 Punkte, 11 Rebounds), war eine Andeutung dessen, wie seltsam die erste Playoff-Runde verlaufen sollte. Bei den Spurs fehlte Ginobili verletzt, Duncan wirkte müde, so dass Tony Parker die Last häufig alleine schulterte. Bei Dallas wiederum haderte Nowitzki mit seinen mittelmäßigen Leistungen. Umso erstaunlicher, dass Dallas die Serie dennoch so klar für sich entschied: Mit 4-1 zogen die Mavs ins Conference-Halbfinale ein, wo gegen Denver allerdings ein klares 1-4 folgte.

Zur Reminiszenz: Dampier hielt sein Niveau aus der ersten Partie und beendete die Serie nahe des Double-Doubles (8,4 Punkte, 8,4 Rebounds). Lang, lang ist's her.

Platz 5 bis 1: Dallas-Albtraum Steve Kerr, Duncan-Albtraum Joey Crawford

Platz 5 - Dallas Mavericks vs. San Antonio Spurs 78:90 (29. Mai 2003): Welch Schmerz, den Dallas durchleiden musste: Mit einem Heimsieg in Spiel 6 der Conference-Finals gegen San Antonio hätten die Mavs die Serie ausgleichen und mit einem weiteren Erfolg erstmals in die NBA-Finals einziehen können. Wäre nur nicht dieser bleiche, bereits 37-jährige Fast-Rentner gewesen, der im Grunde nichts mehr konnte außer werfen.

Die Vorgeschichte: In den 5 Spielen gab es Subplots zuhauf. Die Mavs gewannen Spiel 1, indem sie nach einem Fehlversuch zum Start alle folgenden 49 Freiwürfe (!) hintereinander verwandelten. Die Spiele 2, 3 und 4 gingen an die Spurs, weil Duncan trotz Kniebeschwerden außerirdisch spielte (Dallas-Serie: 24,2 Punkte, 17,0 Rebounds, 5,3 Assists, 5,3 Blocks), während Nowitzki nach der Knieverletzung in Spiel 3 für die restliche Serie ausfiel. Spiel 5 entschied wiederum Dallas mit seinem improvisierten Small Ball (Nash, Nick Van Exel, Finley) für sich.

Und dann kam Spiel 6: Dallas führte Anfang des vierten Vietels bereits mit 13 Punkten (71:58) und stand vor dem 3-3-Ausgleich. Stattdessen hatte das Weißbrot namens Steve Kerr seinen letzten großen Auftritt. Der ehemalige Sidekick von Michael Jordan bekam in der Schlussphase überraschend viele Minuten, gab zwei wichtige Assists und versenkte 3 Dreier in 1:58 Minuten (am Ende 12 Punkte). Ein Schock, von dem sich Dallas nicht mehr erholte. 78:90, 2-4, Playoff-Aus.

Kerr, der kurz darauf mit San Antonio den Titel gewann und daraufhin zurücktrat, sagte nach jener Partie: "Warum ich in San Antonio sonst so wenig gespielt habe? Ich bin 37. Ich bin alt. Ich bin kein guter Verteidiger."

Platz 4 - San Antonio Spurs vs. Dallas Mavericks 92:89 (25. April 2010): Der Geist von Steve Kerr - nur dass Dallas' Albtraum diesmal auf den Namen George Hill hörte. In der ersten Playoff-Runde der Saison 2009/10 nutzte Spurs-Coach Gregg Popovich mal wieder einen Kniff, der die Mavs verwundert zurückließ. Statt Tony Parker in der ersten Fünf aufzustellen, blieb der damals recht unbekannte Hill Starter, obwohl er erst kurz vor der Postseason befördert wordem war. Hill dankte es mit einer formidablen Serie und dem Höhepunkt in Spiel 4: Seine 29 Punkte waren maßgeblich für das 92:89 und die 3-1-Führung.

"Es ist tough. Ich werde nicht lügen und etwas anderes sagen. Es ist so frustrierend, dass wir schon wieder einen wichtigen Sieg verschenkt haben", sagte Nowitzki. Was ihn so aufregte: Dallas lag im dritten Viertel bereits mit 14 Punkten vorne und wusste um die Formschwäche von Tim Duncan (4 Punkte) und Tony Parker (10). Dennoch verlor Dallas das Spiel und San Antonio qualifizierte sich mit 4-2 für die zweite Runde.

Dabei waren die Mavs als zweitbestes und die Spurs nur als siebtbestes West-Team in die Playoffs gegangen. Cuban hatte vor der Serie noch gesagt: "Das ist das beste Team in Dallas, seit ich und Dirk hier sind." Dass das Urteil nicht ganz falsch war, beweist die Championship ein Jahr später. Trotzdem bleibt Hill ein Name, den Dallas gerne verschweigen würde.

Platz 3 - Dallas Mavericks vs. San Antonio Spurs 91:86 (15. April 2007): Es gibt keinen NBA-Superstar, der so stoisch seinen Job nachgeht wie Duncan. Nur bei einer Person verliert selbst er die Contenance: Joey Crawford, einer der bekanntesten und zugleich umstrittensten Referees der NBA. Im April 2007 passierte folgendes: Beim Regular-Season-Spiel in Dallas pfiff Crawford Ende des dritten Viertels ein Technisches Foul gegen Duncan. Der lachte wenig später auf der Bank sitzend, was Crawford als Provokation bewertete und gleich mit einem zweiten Technischen Foul ahndete, sprich: Ejection! Erst der zweite Rauswurf in Duncans Karriere. Während sich Duncan auf den Weg in die Kabine machte, jubelten die schadenfrohen Mavs-Fans extra laut.

Die Partie hatte jedoch weitreichende Konsequenzen, nachdem Duncan das Gebaren Crawfords schilderte. "Er schaute mich an und fragte: 'Willst du dich mit mir anlegen? Willst du dich mit mir anlegen?' Ich habe keine Ahnung, warum ein Schiedsrichter inmitten eines Spiels zu mir kommt und mich anschreit: 'Willst du dich mit mir anlegen?' Er hat eine persönliche Vendetta gegen mich geführt", sagte Duncan. Daraufhin wurde Crawford von der NBA für den Rest der Saison gesperrt.

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Platz 2 - San Antonio Spurs vs. Dallas Mavericks 98:97 (17. Mai 2006): Schon jetzt zählt die Mavs-Spurs-Serie 2006 zu den Playoff-Klassikern der NBA-Neuzeit: spannend, hochklassig, intensiv, zum Zerbersten emotional. Spiel 1 des Conference-Halbfinals gewinnt San Antonio mit 2 Punkten (87:85), weil unter anderem Jerry Stackhouse den Gamewinner für die Mavs verpasst. Spiel 2 gewinnt Dallas 113:91, weil Coach Avery Johnson mit Devin Harris' Aufstellung in die Starting Five ein Clou einfällt. Spiel 3 gewinnt Dallas mit einem Punkt (104:103), weil Manu Ginobili beim möglichen Gamewinner den Ball verliert. Spiel 4 gewinnt Dallas mit 5 Punkten nach Verlängerung (123:118), weil Jason Terry plötzlich explodiert (32 Punkte). Und dann folgte Spiel 5.

San Antonio stand als Titelverteidiger mit 1-3 vor dem Aus. Terry und Nowitzki bekamen jeweils die Gelegenheit, das Spiel in den letzten Sekunden zu entscheiden. Stattdessen verwarf Terry und Nowitzki wurde von Bruce Bowen geblockt, so dass sich die Spurs zum 98:97 retteten. Wobei die Situation im Anschluss eskalierte: Wie herauskam, schlug Terry im Kampf um den Ball ausgerechnet seinem Ex-Mavs-Mitspieler Finley, mittlerweile bei den Spurs unter Vertrag, in den Genitalbereich. An der Frage, ob Terrys Aktion nachträglich geahndet werden sollte oder nicht, stritten sich beide Teams aufs Heftigste. Am Ende wurde Terry für Spiel 6 gesperrt, welches die Mavs prompt mit 86:91 verloren. Spiel 7 musste entscheiden.

Platz 1 - San Antonio Spurs - Dallas Mavericks 111:119 OT (22. Mai 2006): Die Ausgangslage: Dallas, der Inbegriff eines Nervenbündels, hatte gegen Titelverteidiger San Antonio mit 3-1 geführt und ließ es zu, dass die Spurs auf 3-3 ausglichen. Jene Spurs, gegen die die Mavs noch nie eine Playoff-Serie gewinnen konnten. Niemand, wenn sie ehrlich sind nicht einmal die Mavs-Fans, glaubten an einen Triumph - und das noch in fremder Halle. Viel wahrscheinlich war es, dass Dallas mal wieder in einem wichtigen Spiel versagt. Das sogenannte Mavs-Naturgesetz.

Als ob sich jeder an das klassische Mavs-Spurs-Drehbuch halten würde, wurde es eine knappe Partie, in welchem sich Dallas zwar ein 20-Punkte-Polster erarbeitete, aber San Antonio selbstredend aufholte und 32 Sekunden vor Schluss erstmals überhaupt in Führung ging. Ginobili verwandelte mit 32 Sekunden auf der Spieluhr den Dreier zum 104:101. Wie erwähnt: Niemand, wirklich niemand dachte an ein Comeback der so labilen Mavs. Nur: Irgendetwas war anders an diesem Tag. Oder besser: Irgendwer.

Dirk Werner Nowitzki bekam den Ball, und statt sich wie so oft auf den Jumper zu verlassen, bahnte er sich nicht elegant, dafür mit dem nötigen Willen den schmerzhaften Weg zum Brett, zog gegen Ginobili das Foul, traf dennoch den schwierigen Korbleger und anschließend den Bonus-Freiwurf. Im Gegenzug hatte San Antonio noch einen Angriff - doch Nowitzki blockte den möglichen Gamewinner durch Duncan.

Perplex ob des Widerstandsgeists der Mavs verlor San Antonio in der Verlängerung erst die Souveränität eines Titelverteidigers und kurz darauf das Spiel: 119:111 für Dallas.

Es waren genau diese Momente, als aus Nowitzki der Über-Dirk wurde. Und es waren genau diese Momente, die Nowitzkis Karriere definierten. Auch wenn noch Rückschläge auf ihn warten sollten (Finals-Niederlage 2006, Erstrunden-Aus 2007): Ohne dieses Spiel 7 gegen San Antonio wären Erfolge wie die Meisterschaft 2011 nicht denkbar gewesen.

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