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Die Wahrheit tut weh

Die starke Leistung von Dennis Schröder war in Spiel 3 gegen die Wizards nicht genug
© getty

Mit seiner besten Playoff-Leistung führt Dennis Schröder seine Atlanta Hawks in Spiel 3 beinahe zum Sieg über die Washington Wizards. Wie so oft in dieser Postseason wird Paul Pierce jedoch zum Partycrasher. Im Nachhinein macht sich The Truth sogar noch über den Deutschen lustig.

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"Am Ende war es ein glücklicher Wurf, der uns den Sieg gekostet hat", merkte ein enttäuschter Dennis Schröder nach dem Spiel an. Genau genommen war es nur die Overtime, die den Hawks durch den Gamewinner von Paul Pierce verloren ging - seine Enttäuschung war dennoch verständlich.

Schließlich hatte Atlanta das Momentum zu diesem Zeitpunkt eigentlich klar auf seiner Seite. Weniger als zehn Minuten vor Schluss hatten die Wizards noch mit 21 Punkten geführt, ein 35:18-Run im Schlussdurchgang brachte die Hawks jedoch zurück ins Spiel. Im Fokus stand dabei Schröder, der als Kopf einer starken Bench Unit 18 Punkte und 5 Assists auflegte.

Im vierten Viertel, das der Deutsche komplett absolvierte, stellte er die Wizards, denen John Wall an allen Ecken fehlte, mit seinem Speed vor große Probleme und markierte 16 Zähler. Atlanta war drauf und dran, ein historisches Comeback zu schaffen, und Schröder winkte das erste "Podium-Game" seiner Playoff-Karriere. Ein großer Schritt, ist diese Ehre doch meist dem besten Spieler der Partie vorbehalten.

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"I called game"

Es sollte bekanntlich anders kommen. Bei 101:101 bekam Pierce den Ball, nahm sich die nötige Zeit und traf über zwei Verteidiger den Buzzer-Beater mit Brett. Das Verizon Center bebte. Pierce lieferte das nächste legendäre Zitat, als er auf Chris Broussards Frage, ob er Brett angesagt hatte, ein simples "I called game" entgegnete.

Es war ein denkbar bitterer Abschluss der Partie für die Hawks, die in der Serie nun mit 1-2 hinten liegen. Ein Abschluss, der intern Fragen aufkommen lassen kann. Ob Pierce beim letzten Play von Schröder verteidigt werden sollte, während Atlantas bester Flügelverteidiger DeMarre Carroll auf der Bank saß, beispielsweise.

Man kann sich natürlich auch fragen, ob Pierce bei seinem Wurf nicht mehr Glück als Verstand hatte. Man spricht es nur eben eigentlich nicht aus, zumal die Bilanz von "The Truth" eigentlich für sich spricht.

In so einem Moment ist es normalerweise obligatorisch, den Wurf anzuerkennen, wie es Kent Bazemore tat: "So etwas macht er. Er ist ein künftiger Hall-of-Famer. Er hat alles schon erlebt. Seine Lieblingsaussage ist ja 'Darum hat man mich hergeholt', und heute hat er uns das bewiesen."

Pierce veräppelt Schröder

Auch wenn Schröder selbst stark spielte, hatten die Hawks zudem vor der eigenen Tür zu kehren, nachdem sie sich gegen die Wizards ohne deren besten Spieler nicht durchsetzen konnten. Der junge Point Guard wählte jedoch einen anderen Weg, sprach von einem Glückswurf - und bekam vom 37-jährigen Pierce postwendend die Retourkutsche verpasst.

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"Ich hatte mir schon gedacht, dass er das sagen wird", lachte Pierce. "Aber er ist noch jung und es ist erst sein zweites Jahr, daher hat er die letzten 17 nicht miterlebt. Beim NBA2K spielen hat er es wahrscheinlich mit mir versucht und daneben geworfen."

Pierce hatte die Lacher auf seiner Seite - wie so oft in dieser Postseason. Egal ob Drake, die Raptors, Deron Williams oder LeBron James, momentan bekommt einer nach dem anderen von Pierce sein Fett weg. Nun also auch Schröder.

Im Spätherbst seiner Karriere genießt es Pierce mehr denn je, gegnerische Fanlager gegen sich aufzubringen und seine große Klappe im Nachhinein mit Leistungen zu "bestätigen". Sein Selbstbewusstsein infiziert auch sein Team, das abgesehen von ihm nicht allzu viel Playoff-Erfahrung aufweist. Ein entscheidender Unterschied zur Vorsaison.

Eine Form der Anerkennung

Dass er sich Schröder nach Spiel 3 als "Opfer" herausgepickt hat, ist einerseits schade, weil nun fast ausschließlich über den Scherz und kaum über das grandiose vierte Viertel des Deutschen gesprochen wird. Auf seine eigene, leicht verschrobene Art und Weise ist Pierces Attacke aber auch eine Form der Anerkennung.

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Pierce hat sich noch nie irgendwelche belanglosen Spieler zum Trash-Talken ausgesucht, bei ihm geht es vielmehr darum, die Leute zu provozieren, die er als Konkurrenten ernst nimmt. Das war zu Celtics-Zeiten so, als er immer wieder LeBrons Clutchness in Frage stellte. Das war vor der ersten Runde so, als er behauptete, die Raptors hätten nicht "das gewisse Etwas".

Das war auch nach Spiel 3 so. Pierce sah, zu was Schröder in der Lage ist, zudem lieferte der ihm mit seiner Aussage eine Steilvorlage. Da ließ sich der Veteran nicht lumpen und leitete prompt die psychologische Kriegsführung ein. Es war eine Lektion, die Schröder auf lange Sicht sicherlich nicht schaden wird.

Der wahre Test kommt noch

Für die Hawks wäre es allerdings wichtig, dass der Trash-Talk Schröder auch in Spiel 4 nicht beeinträchtigt. Atlanta braucht den Sieg unbedingt, um nicht direkt mit dem Rücken zur Wand zu stehen. Zum denkbar schlechten Zeitpunkt sind mehrere Starter, unter anderem Jeff Teague, nicht gerade in Bestform.

Vielleicht gibt Mike Budenholzer Schröder nach den Erkenntnissen vom Freitag dann auch mehr Minuten, wenn das Spiel noch nicht scheinbar außer Reichweite ist. Dann kommt der wahre Test für Schröder. Paul Pierce wird zusehen.

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