Anlässlich des 39. Geburtstags von Kobe Bryant blicken wir in die Vergangenheit zurück. Unter den vielen großen Spielen des Lakers-Stars ist es schwer, eine Auswahl der zehn besten zu treffen. SPOX wagt es trotzdem und geizt dabei nicht mit Superlativen.
Dieser Artikel erschien ursprünglich am 30. November 2015.
Pure Effizienz vs. Houston (2000)
Kobe Bryant. Mr. Ineffizient. Mr. Punkte sind alles. Mr. das System ist mir egal, Hauptsache ich kann oft werfen. So nimmt man ihn vielerorts wahr. Dass es auch anders geht, bewies Kobe im Dezember 2000 als er den Term "on fire" neu definierte. Der Ring wurde immer größer und landete der Spalding in den Händen der Nummer 8, gab es wenige Sekunden später Einwurf für die Rockets. Und zwar von der Baseline.
26 Würfe, 20 Treffer - eine Quote von 77 Prozent. Pure Effizienz. Nur drei Spieler haben seit Beginn der statistischen Auswertung bei so vielen (oder mehr) Würfen eine bessere Trefferquote erzielt: Michael Jordan, Karl Malone und Dana Barros.
Rebound-Monster vs. Sacramento (Playoffs 2001)
Das Bild des eindimensionalen Shooters prägt Bryants Karriere, dabei hat bzw. hatte er viele unterschätzte Qualitäten. Besonders sein Rebounding stach heraus, als er in Spiel 4 der Western Conference Semifinals 2001 gegen Sacramento mehr Boards abgriff als die versammelte Rebound-Elite bestehend aus Shaquille O'Neal, Chris Webber und Vlade Divac.
16 waren es an der Zahl - und sie gingen einher mit 48 Punkten, mit denen Kobe den Sweep der aufstrebenden Kings perfekt machte. Das war gegen Second Team All NBA Defender Doug Christie nicht gerade eine leichte Aufgabe. Neun Spiele später stemmten die Lakers die Larry O'Brien Trophy in den Nachthimmel von Philadelphia.
Dreier-Rekord vs. Seattle (2003)
Knapp sieben Jahre hielt die Bestmarke von Orlandos Dennis Scott, der kurz vor Bryants Ankunft in der Liga mit 11 Dreiern in einem Spiel einen neuen Rekord aufgestellt hatte. Dann kam Kobe. Im Januar 2003 nagelte er den Ball 12 Mal von Downtown rein - und wir reden hier nicht von offenen Dreiern aus der Ecke.
Den Gegenspieler direkt vor der Nase, immer mitten ins Gesicht. Diese Shooting-Performance sucht bis heute ihresgleichen (auch wenn Donyell Marshall zwei Jahre später ebenfalls 12 Treffer vom Perimeter gelangen). Allerdings benötigte er dafür auch einen Wurf mehr als Bryants 18 Versuche.
Vielleicht war auch dieses Spiel einer der Gründe, weswegen die Sonics wenige Wochen später Ray Allen aus Milwaukee holten. Ach so, Kobe machte in dem Spiel übrigens 45 Punkte und bescherte seinen Lakers mit 17 Dreiern auch einen neuen Franchise-Rekord. Klar, oder?
52 lädierte Punkte vs. Houston (2003)
Kein Shaq, Bryant angeschlagen. Es waren keine guten Vorzeichen für das Spiel gegen die Rockets. Jack Nicholson hatte vermutlich ein paar zusätzliche Drinks mit in Reihe eins genommen und sich schon auf eine Niederlage eingestellt. Aber nicht mit Kobe Bryant.
Die Mamba biss auf die Zähne. Doch Kobe spielte nicht einfach nur - er siegte. Bryant war überall auf dem Court zu finden und griff neben 52 Punkten auch 8 Rebounds und verteilte 7 Assists. Dass sein lädiertes Knie immer noch besser funktioniert als das gesunde eines manch anderen, bewies Bryant im dritten Viertel. Oder wie erklärt man sonst einen einhändigen Dunk über den ausgestreckten Arm von Chinas 2,29-Meter-Export Yao Ming?
55 Punkte zur Wachablösung vs. Washington (2003)
Nur 55 Zähler? Eigentlich nichts Besonderes für Kobe. Aber am 28. März 2003 waren die 55 Punkte (15/29 FG, 9/13 3FG) definitiv ein Meilenstein für die Mamba-Karriere. Es war die Weitergabe des Staffelstabs. Genauer gesagt riss Kobe seinem Gegenspieler Michael Jordan den Stab mit aller Macht aus der Hand. Spätestens ab diesem Tag war MJ nicht mehr der aktuell beste Shooting Guard der Liga.
Ok, Jordan bei den Wizards war nicht Jordan bei den Bulls und der G.O.A.T. war bereits auf seiner Abschieds-Tour - aber wie viele Spieler haben gegen His Airness 55 Punkte gescort? Bryant setzte mit diesem Sieg ein Zeichen. Und eine neue Ära begann. Bye bye MJ, hello Kobe.
42 Punkte vs. San Antonio (Playoffs 2004)
Die besten Regular Season Performances sind für die Katz, wenn man nicht in der Lage ist, in den wichtigen Situationen abzuliefern. Kobe war es. Zum Beispiel, als die Lakers in den Playoffs mit dem Rücken zur Wand standen. Die Spurs waren drauf und dran, gegen den Favoriten aus L.A. wie schon 2003 aus den Playoffs zu kicken. 2:1 die Führung in den Western Conference Semifinals, doch auf dem Weg zum 3:1 stellte sich ihnen Kobe entgegen.
Mit 42 Punkten, 6 Rebounds, 5 Assists, 3 Steals und einem Block führte der drittbeste Scorer der NBA-Historie Purple & Gold zum wichtigen Ausgleich gegen den amtierenden Champion. Edel-Verteidiger Bruce Bowen konnte ihn nicht ansatzweise stoppen, Tim Duncan, Manu Ginobili und Tony Parker die Offense der Nr. 8 nicht kontern.
Wie schon in Game 7 gegen die Trail Blazers im Jahr 2000 (25 Punkte, 11 Rebounds, 7 Assists, 4 Blocks) oder im entscheidenden Spiel der 2010er Finals gegen die Rivalen aus Boston (23 Punkte, 15 Rebounds) - Kobe liebte die große Bühne. 2004 bekamen es die Spurs zu spüren, auch wenn das Projekt Championship später durch die Truppe aus Detroit gestoppt wurde.
62 Punkte in 32 Minuten vs. Dallas (2005)
Es gibt Aktionen, die hätte man besser stecken lassen sollen. Das dachte sich wohl auch Josh Howard nach seinem Flagrant Foul an Kobe und den anschließenden Folgen. Die Mamba war ohnehin schon in phänomenaler Verfassung, doch angestachelt durch das Foul wechselte Bryant in den "Ihr-könnt-mich-alle-mal"-Modus.
Ab diesem Punkt sah er jede Verteidigung als eine Beleidigung an, scorte und scorte und scorte. Kobe war unschlagbar. Nach drei Vierteln (und 32 nur Minuten Spielzeit) hatte er 62 Punkte gesammelt - die Mavericks, späterer Finals-Teilnehmer, standen bei 61.
Die Zuschauer in L.A. konnten es nicht fassen - und ebenso wenig, dass Kobe das gesamte vierte Viertel lächelnd auf der Bank verbrachte. Dabei hätte er sein neues Career High locker noch ausbauen können. Aber Kobe ließ nach 30 Punkten im dritten Viertel Gnade walten. Er hatte Dallas genug vorgeführt. Dirk Nowitzkis Aussage geht als gelungene Zusammenfassung des Abends durch: "Er hat uns kräftig in den Arsch getreten".
81 Punkte vs. Toronto (2006)
2:22 Stunden Gänsehaut. Was für eine legendäre Performance, von der Augenzeugen noch in 50 Jahren mit feuchten Augen berichten werden. Das gesamte Spiel war eine einzige Demonstration der Black Mamba. 81 Punkte in 42 Minuten - Kobes persönlicher Kanada-Feldzug.
Und dann war da noch dieser besondere Moment. Die 18.997 Zuschauer im Staples Center von Los Angeles kollabierten beinahe, als Kobe den 17-Punkte-Rückstand mit einem beidhändigen Dunk in die erste Führung seit Beginn des Spiels verwandelte.
Bryants Leistung ist hinter Wilt Chamberlains 100 die zweitbeste Punktausbeute der NBA-Historie. Lange durfte die Liga keine solche Magie erleben wie am 22. Januar 2006, als Kobe mehr Punkte erzielte als die gesamte Starting Five der Raptors um Chris Bosh und Jalen Rose. Und es wird auch lange dauern, bis jemand wieder in diese Regionen vorstoßen kann.
30 perfekte Punkte vs. Utah (2006)
Zum zweiten Mal nach dem Spiel gegen die Mavs gelang der Mamba gegen die Jazz ein Viertel mit 30 Punkten. Doch nach der mehr als beeindruckenden Leistung gegen Dirk und Co. setzte Kobe gegen Utah noch einen drauf - und nicht einen einzigen Wurf daneben. 9/9 Treffer aus dem Feld, dazu 10/10 von der Linie.
Der Auslöser auch hier: Kobe war angefressen. Zwei Tage zuvor hatte Michael Redd gegen Bryant 45 Punkte gescort und mit seinen Milwaukee Bucks den Sieg aus dem Staples Center entführt. Das konnte er natürlich nicht auf sich sitzen lassen.
Für den ehrgeizigen Kobe sicherlich auch wichtig: In dieser Kategorie steht er auf einer Stufe mit MJ, dem ebenfalls 30 Punkte in einem Viertel gelangen. An George Gervin (33 Punkte) kam Bryant damals nicht ganz heran, doch seit der Monster-Performance von Warriors-SG Klay Thompson gegen Sacramento (37 Punkte im dritten Viertel) müssen kommende Generationen schon an der 40 kratzen, um sich den Rekord zu holen.
Olympisches Finale vs. Spanien (2008)
Wiedergutmachung war angesagt. Nach einer langen Durststrecke hatte es sich das Redeem Team der USA bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking zur Aufgabe gemacht, endlich wieder eine Goldmedaille mit nach Hause zu bringen.
Der Weg ins Finale war ein Kinderspiel für die mit Superstars gespickte Truppe, doch im Finale lieferten die Spanier um Pau und Marc Gasol den USA einen heißen Fight. Es war nicht LeBron James, der das Spiel übernahm und seinem Land den lang ersehnten Titel bescherte. Es war nicht Carmelo Anthony. Es war nicht Dwyane Wade. Es war Kobe Bryant.
Mit 20 Punkten, 3 Rebounds, 6 Assists und 2 Blocks in 27 Minuten sieht die Statline der Mamba gar nicht so überragend aus, doch Kobes Einfluss auf das Spiel war enorm. Ohne ihn wäre das erstmals wirklich geforderte Redeem Team vielleicht mit einer Blamage nach Hause zurückgekehrt. Aber das ließ Bryant nicht zu.
Am Cut gescheitert
So viele andere Performances Bryants hätten es verdient, in dieser Auflistung zu stehen und für manche Fans sind andere Spiele bedeutender als die genannten. Da wären zum Beispiel die 61 Punkte im New Yorker Madison Square Garden 2009, seine gelebte Dominanz in Spiel 1 der Finals im gleichen Jahr gegen Orlando (40 Punkte, 8 Rebounds, 8 Assists) oder jedes Spiel der Western Conference Finals 2010. Über die Serie legte er 33,7 Punkte (52% FG), 7,2 Rebounds sowie 8,3 Assists auf und war vielseitig wie sein großes Vorbild MJ.
Nicht in die Top 10 schafften es außerdem seine 65 Punkte gegen Portland 2007 inklusive des unmenschlichen Last-Second-Ausgleichs aus der Ecke über zwei Defender. Legendär ist auch sein Auftritt gegen die Nuggets um Melo und Allen Iverson, denen er in den 2009er Playoffs 40 Punkte und 10 Assists einschenkte.
Mancher Gamewinner war schöner als komplette Spiele, dennoch sind sie hier - wie der Buzzer Beater gegen die Suns in den Playoffs 2006 - nicht vertreten. Auch von den insgesamt 21 Triple Doubles seiner Karriere seien noch zwei erwähnt: Die 33 Punkte, 15 Rebounds und 12 Vorlagen gegen Washington 2004 sowie seine 35 Zähler, 10 Rebounds und 14 Assists gegen die Clippers 2002. Jedes dieser Spiele wird als Teil des Vermächtnisses von Kobe Bryant für die Nachwelt weiterleben.