Als Dirk Nowitzki sich 3:36 Minuten vor dem Ende wieder einmal in Position kämpfte, den Ball im Low-Post erhielt und gegen Serge Ibaka per Fadeaway und trotz Foul die Punkte 25 und 26 markierte, keimte ein letztes Mal Hoffnung im American Airlines Center auf. Mit dem anschließenden Bonus-Freiwurf verkürzte der Deutsche den Rückstand auf 9 Zähler.
Wieder einmal musste Nowitzki es richten. Wie unzählige Male in seiner 18 Jahre andauernden Karriere. Trotz seinen 37 Jahren riss der Forward wieder 40 Minuten ab, kämpfte um jeden Block und scheute kein Reboundduell.
Letztes Playoff-Heimspiel in Nowitzkis Karriere?
Aufgeben kommt nicht in Frage. Waren die Voraussetzungen noch so schlecht, die Unwägbarkeiten noch so hoch, Nowitzki holte noch mal alles raus. "Wir sollten es noch genießen, so lange wir können. Denn wir sehen hier einen der außergewöhnlichsten Athleten in der Geschichte des Sports", adelte sein Coach Rick Carlisle zum x-ten Mal in den letzten Jahren die Leistung des Deutschen.
"Das ist der Grund, warum ich immer sage, dass er der beste Teamkollege ist, den ich jemals hatte. Die Art und Weise wie er immer alles gibt, wie er dieses Spiel liebt. Er gibt immer alles, egal wie es auch aussieht. Das ist unglaublich", stimmte J.J. Barea in die Lobeshymnen ein und gleichzeitig festigte sich der Gedanke, dass dies womöglich das letzte Playoff-Heimspiel in Nowitzkis Karriere war.
Denn auch wenn seine Karriere in die nächste Verlängerung gehen wird, sind weitere Playoff-Teilnahmen im vor Talent strotzenden Westen alles andere als in Stein gemeißelt. Die Jazz kratzten schon dieses Jahr an der Postseason und der Aufstieg der jungen Timberwolves ist so vorhersehbar wie der nächste Dreier von Steph Curry.
Weitere Ausfälle drohen
Es wird nicht leichter. Dabei ist schon das Hier und Jetzt - mit all den Begleitumständen - alles andere als ein Zuckerschlecken. Deron Williams wird sich in Spiel 5 wohl endgültig im Anzug neben Chandler Parsons wiederfinden. Die anhaltenden Leistenprobleme zwangen ihn dazu, nach gerade einmal 89 Sekunden das Feld wieder zu verlassen. "Ich glaube, das war es für ihn in dieser Saison", kommentierte Carlisle den neuerlichen Rückschlag bei seinem Aufbau.
Auch Defensivwaffe Salah Mejri konnte das Spiel aufgrund einer Hüftverletzung nicht auf dem Hardwood beenden und Barea schleppte sich und seine malade Leiste mehr schlecht als recht von Korb zu Korb.
Also hing wieder alles an Nowitzki. Es war alternativlos. "Wir mussten ihn über so lange Strecken einsetzen und ich hasse das, weil es wirklich an ihm zerrt. Aber es war die einzige Möglichkeit dran zu bleiben. Er wollte nicht raus und hat bis zum Ende gekämpft", erklärte Carlisle.
"Er spielt mit Feuer und Leidenschaft. Mit 37 Jahren ist es richtig schwer, all das zu leisten, was er macht. Bei jedem Spielzug gehen sie im Post über ihn, lassen ihn über die Blöcke laufen. Er rennt, setzt die Blöcke und verteidigt. Er macht so viel für sie. Da kann man nur den Hut vor ihm ziehen. Er spielt großartig", zollte auch Kevin Durant Respekt.
Und dennoch reichte es nicht. Das Talent der jüngeren, athletischeren Thunder mit ihren beiden Ausnahmekönnern war auch in Spiel 4 zu hoch, der fortlaufende Aderlass der Mavericks trotz des bärenstarken Nowitzkis eben auch. "Sie haben uns in Wellen getroffen. Jedes Mal, wenn wir den Rückstand auf unter 10 verkürzt hatten, hatten sie einen Ballgewinn, bekamen einen Offensiv-Rebound oder es entwischten uns ihre Center und legten die Dinger offen rein. Das war zu viel", analysierte Nowitzki die Playoff-Schlacht.
Harte Gangart bleibt ein Thema
Denn das war es. Wie so oft, wenn sich Teams in einer Serie begegnen, schaukeln sich die Dinge hoch. Rechnungen bleiben offen, Fehden ziehen sich über mehrere Spiele. In Spiel 4 gab es gleich mehrere Keilereien. Mejri riss Russell Westbrook unnötig zu Boden, Westbrook verteilte nicht weniger unnötig einen Haufen Flüche in Richtung Courtside. Dann weigerte sich der auf der Bank sitzende Ex-Maverick Anthony Morrow den Ball rauszurücken und zettelte so die nächste Rudelbildung an.
"Wir wissen, dass es ihr Ziel ist, das Spiel kaputtzumachen, aber ich glaube, wir haben es gut geschafft, uns davon nicht beeinflussen zu lassen", sagte Westbrook. Dabei war es Kevin Durant, der schließlich den unrühmlichen Höhepunkt setzte, in dem er nach einem überharten Foul an Justin Anderson des Feldes verwiesen wurde und somit auch seine Serie von Spielen mit mindestens 20 Punkten bei 67 enden ließ.
Carlisle, der sich schon nach Spiel 3 über die harte Gangart der Thunder beschwert hatte, wollte das Kapitel nicht wieder öffnen. "Ich werde darüber nicht sprechen. Habt ihr auch Fragen über Basketball", erstickte er jegliche Versuche der Journalisten, neuen Zündstoff zu generieren. Auch OKC ließ sich zu keinen weiteren direkten Kommentaren hinreißen.
"Ich habe nicht versucht, ihn zu verletzen. Es gab in dieser Saison eine Vielzahl von Szenen, in denen ich auf diese Weise einen Wurf von hinten geblockt habe. Es war einfach unglücklich, dass ich ihn am Kopf getroffen habe", verteidigte sich Durant, gab aber auch zu, dass die Hinausstellung richtig war: "Es war nicht meine Absicht, ihn zu foulen, aber die Refs mussten eine Entscheidung fällen und die war richtig. Es war einfach schlechtes Timing."
Weitere Konsequenzen für Durant?
Ob das Foul noch weitere Konsequenzen nach sich ziehen wird, muss nun die Liga entscheiden. Zwischen den beiden Spielern ist die Sache allerdings geklärt. KD und Anderson, die die gleiche High School besuchten, posierten nach Spielende gemeinsam für ein Erinnerungsfoto mit ihrem damaligen Coach.
"Ich glaube nicht, dass sie versuchen, uns zu verletzen und wir versuchen das auch nicht. Das ist das Wichtigste und wir sollten versuchen, von dem Thema wegzukommen", versuchte Durant die Wogen zu glätten, konnte sich einen Seitenhieb dennoch nicht verkneifen: "Die meiste Zeit hat niemand schmutzig gespielt. Ich weiß, dass Carlisle und Cuban euch das erzählen werden, aber wir gehen einfach raus und spielen."
Vielleicht ist diese Rechnung dann doch noch nicht beglichen. Es bleibt ja noch mindestens ein weiteres Spiel. Nowitzki gab auch hier die Marschrichtung vor: "Es geht nur darum, bis zum Ende zu kämpfen. So lange zu kämpfen, bis es vorbei ist."