Nach der Überraschung in Oklahoma City wurden die Dallas Mavericks von den Thunder in Spiel 3 auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Der Athletik von OKC hatte die verletzungsgeplagte Rumpftruppe nicht viel entgegenzusetzen. Nun gilt es, das Ersatzteillager wieder zusammenzuflicken. Doch ist es vielleicht schon zu spät?
"Wenn ich gut spiele, schmeiße ich hinterher keine Party, um mich zu feiern", sagte Kevin Durant. Warum eigentlich nicht? Russell Westbrook und Cameron Payne wären sicher gekommen und hätten ein bisschen getanzt. Das exzentrische Pregame-Ritual der beiden ging vor Spiel 3 ohne Zwischenfall über die Bühne. Ob das zur Bewachung abgestellte Michelin-Männchen Mitch McGary der Grund war, weshalb Charlie V. und Co. ihnen dieses Mal nicht in die Parade fuhren?
Aber auch ohne Party - Durant war gut, ziemlich gut. Nach der schlechtesten Playoff-Vorstellung seiner Karriere (7/33 FG) machte er von Beginn an klar, dass Spiel 3 anders laufen würde. Ein Reverse-Dunk hier, ein Dreier da - KD war nach der frustrierenden Performance am Montag wieder er selbst.
Ebenfalls wieder sie selbst waren die Mavericks. Ein klappriger Bus voller Veteranen mit einem überfüllten Verletzten-Anhänger. Das Glück, dass die Mavs in Spiel 2 noch über die Ziellinie gerettet hatte, blieb beim ersten Spiel in Big D aus.
Ungleiches Rennen
Zwei Mal war Dallas in der Lage, die über weite Strecken komfortable Führung der Thunder wieder in einen einstelligen Bereich zu drücken, doch in beiden Situationen schaltete OKC einen Gang hoch und holte sich das Momentum wieder zurück.
Sinnbildlich eine Szene im zweiten Viertel: Bei einem Mavs-Fastbreak sah Dirk Nowitzki vor sich eine freie Bahn zum Korb und setzte zum Dunkversuch an. Es blieb allerdings bei einem Versuch. Von hinten rauschte Westbrook heran und räumte den mit einer Knie-Verletzung kämpfenden alten Mann gnadenlos und blitzsauber ab. Weniger als fünf Sekunden später ließ es Enes Kanter auf der Gegenseite krachen - den 300 PS der athletischen Thunder hatte der "Dallas-2CV" einfach nichts entgegenzusetzen.
"Ich habe gefühlt, wie mein Knie nachgab, daher war ich ehrlich gesagt ganz froh, dass Westbrook angeflogen kam", so Nowitzki nach dem Spiel: "Vermutlich hätte ich sonst am Ring hängen bleiben müssen. Irgendwie war ich also erleichtert. Aber es war auch eine wirklich starke Aktion von ihm."
Erst du, dann ich
Durant und Westbrook harmonierten gut und während KD in der ersten Hälfte das Scoring übernahm, war Russ primär für die Vorlagen zuständig. Nach der Pause schaltete auch er sich ins Punkten ein, was ihm vor allem über Post-Aktionen gegen Raymond Felton gelang.
Doch an die starken Leistungen der beiden Top-Stars hat man sich in der Liga bereits gewöhnt. Ein größeres Problem: In der Defensive konnte Dallas den Supporting Cast nicht kontrollieren. Sowohl Enes Kanter als auch Dion Waiters trugen ihren Teil dazu bei, dass der Thunder-Express einen Meter nach dem anderen davonzog. Offensiv konnte die alte Mavs-Mühle da nicht mithalten.
Highlights: Durant und Westbrook legen 60 Punkte auf
So nicht
"Es wird schwer für uns, ein Spiel zu gewinnen, wenn sie 131 Punkte erzielen", so Nowitzki: "Ich glaube nicht, dass das Team, das wir nach all den Verletzungen noch zur Verfügung haben, so viele Punkte machen kann. Spiel 2 war deutlich langsamer und da haben wir uns den Sieg vor allem mit Einsatz geholt."
Das versuchten die Mavs, bei denen dieses Mal der angeschlagene J.J. Barea für den angeschlagenen Deron Williams auflief, auch in Dallas - doch im Gegensatz zu Spiel 2 waren die Referees nicht so gnädig. Hatten sie Dallas die physische Spielweise zuvor noch häufig durchgehen lassen, war die Linie dieses Mal deutlich enger - auf beiden Seiten.
Kurz vor der Pause war es sogar soweit, dass beide Teams mehrfach von der einen zur anderen Freiwurflinie trotteten, weil im Kampf um den Rebound wieder ein Foul gepfiffen wurde. Nur schadet es dem Underdog eben deutlich mehr, wenn er nicht kratzen und beißen darf.
"Mit besserer Einstellung rausgehen"
"Ihr Talent ist ein großes Problem für uns", analysierte Rick Carlisle anschließend: "Das wissen wir. Man kann es nur einschränken, in dem man als Team zusammensteht und extrem hart spielt." Trotzdem wollte der Coach die Linie der Schiedsrichter nicht als Ausrede gelten lassen: "OKC ist schlagbar, aber dafür müssen wir mit einer besseren Einstellung raus aufs Feld gehen. So einfach ist das."
Leider ist es das nicht. Zumindest nicht, wenn man weder die spielerische Klasse noch die körperlichen Möglichkeiten hat, dagegenzuhalten. Spiel 3 bestätigte wie erwartet eher den Eindruck des ersten denn des zweiten Duells: Die Mavs sind ohne ein Wunder nicht in der Lage, diese Serie zu gewinnen. Denn sie sind nicht viel mehr als ein wandelndes Ersatzteillager.
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Ab in die Werkstatt
Dallas muss ohne Umwege schnellstens zurück in die Werkstatt und die Rostlaube wieder auf Vordermann bringen. Irgendetwas wird in der großen Kiste von Chef-Konstrukteur Carlisle schon noch zu finden sein. Vielleicht ein abgenutzter, aber noch guter Reifen wie David Lee, der immerhin 17 Minuten spielen konnte. Ein lädierter Kotflügel wie Deron Williams, der von den Mechanikern fünf Tage rund um die Uhr ausgebeult wurde. Oder neues Benzin für den stotternden Motor Nowitzki, damit er noch einmal über sich hinauswachsen kann, obwohl er bereits auf dem vorletzten Zylinder pfeift.
Oder vielleicht eine neue Strategie? Einziger Lichtblick der zweiten Hälfte war das Double Team, dass die Mavs mehrfach effektiv einsetzen, um Ballverluste der Thunder zu erzwingen. Allerdings war OKC zu diesem Zeitpunkt bereits auf die Zielgerade eingebogen.
Nach dieser unsanften Rückkehr auf den Boden der Tatsachen könnte es auch in der Serie bereits zu spät für Dallas sein. Denn mit dem wichtigen Auswärtssieg im Rücken hat Oklahoma City schon fast Sichtkontakt zur Zielflagge.