Die Oklahoma City Thunder dominierten Spiel 3 auf eine Art und Weise, die verdächtig an die Golden State Warriors erinnerte. Diese stehen nun extrem unter Druck - zumal Draymond Greens Verfügbarkeit für Spiel 4 keineswegs sicher ist. Hat Billy Donovan die Antwort auf das "Death Lineup" gefunden?
nbaEigentlich brauchte es lediglich eine Szene, um den Verlauf von Spiel 3 der Western Conference Finals im Kern zusammenzufassen. Sie ereignete sich im dritten Viertel: Kevin Durant blockte Harrison Barnes' halbherzigen Layup-Versuch und nahm den Ball an sich. Blitzschnell drehte er sich um und bediente den vorweggesprinteten Russell Westbrook im Fastbreak - offener Layup, 2 Punkte. Zu diesem Zeitpunkt führten die Thunder bereits mit gefühlten 350 Punkten.
OKC schaffte innerhalb von knapp drei Vierteln etwas, das in den letzten zwei Jahren niemand geschafft hatte. Die Thunder ließen das Team, das mit seinen kleinen und athletischen Lineups regelmäßig allen Konkurrenten davongelaufen war, langsam aussehen. Sie ließen das Team, das mit seinen Scoring-Runs und seinem dazugehörenden Selbstbewusstsein noch jede fremde Halle zur Verzweiflung gebracht hatte, überfordert und nahezu kleinlaut aussehen.
Doch die Thunder schafften noch mehr; sie sorgten dafür, dass die Titelverteidigung der Rekord-Warriors erstmals seit Stephen Currys Rückkehr tatsächlich gefährdet zu sein scheint. Sie erinnerten alle daran, dass durchaus auch sie den Westen in den Finals vertreten könnten - mit einem dicken, fetten Ausrufezeichen.
Donovan wählt Small-Ball
"Das ist jetzt nicht die Zeit für Panik", sagte Klay Thompson zwar, und grundsätzlich hatte er damit ja auch Recht: Die Dubs haben schließlich auch 2015 nach 1-2-Rückstand noch gegen Memphis und später Cleveland gewonnen. Dennoch wirkte diese Partie anders, weil keineswegs zufällig. OKC war einfach das klar bessere Team - und schlug die Warriors dabei mit deren eigenen Waffen.
Ein Großteil der Anerkennung gebührt dabei Billy Donovan, der aus der deutlichen Niederlage in Spiel 2 die richtigen Schlüsse gezogen hatte. Nachdem sich vor allem gezeigt hatte, dass Enes Kanter in dieser Serie defensiv kaum tragbar ist, ließ der Coach den Türken diesmal nur 18 Minuten auf den Court, ein Großteil davon in der Garbage Time. Auch Steven Adams bekam nur 17 Minuten, wobei das beim Kiwi auch mit Foul-Trouble zu tun hatte.
Noch mehr jedoch hatte es damit zu tun, dass Donovan erstmals überwiegend Small-Ball spielen ließ. Das hatten in den letzten Jahren viele Teams versucht, wenn es gegen Golden State ging, und waren kläglich gescheitert. Doch in dieser Partie fand das berühmt-berüchtigte "Death Lineup" der Warriors, das effektivste 5-Mann-Lineup der NBA in dieser Saison, tatsächlich seinen Meister.
Westbrook, Andre Roberson, Dion Waiters, Durant und Serge Ibaka - mit dieser Kombination dominierte OKC das Spiel. Jeder der fünf wies am Ende ein Plus/Minus-Rating zwischen 32 und 42 auf. Das Offensiv-Rating dieser Aufstellung lag bei völlig absurden 145,9 Punkten (pro 100 Ballbesitze).
Ibaka und Durant - der Schlüssel?
Nun muss man natürlich nicht davon ausgehen, dass Waiters von nun an immer so effektiv spielt (6/11 FG) oder dass Roberson, der am Anfang gar nicht wirklich verteidigt wurde, immer drei seiner fünf Würfe von Downtown im Korb unterbringen kann. Bei der Kombination aus Durant und Ibaka auf den beiden großen Positionen lässt sich das so aber nicht sagen.
spoxDie Länge, Athletik und Defense ist bei beiden in dem Maße vorhanden, dass man diese Lösung durchaus auch weiterhin auf der Rechnung haben kann und muss. Womöglich kann sie dauerhaft zum Schlüssel werden, der die Warriors-Saison früher beendet als von allen erwartet.
Dass die Thunder das individuelle Talent zu haben, ist ja nichts Neues - man hat es bisher nur selten so im Einklang funktionieren sehen wie in Spiel 3. Die Spurs etwa hatten sie noch mit einem ganz anderen Ansatz bezwungen. Die Vielseitigkeit und Explosivität dieses hungrigen Teams ist nunmehr ganz offiziell furchteinflößend.
Das Selbstvertrauen ist unsichtbar
Das sah man nun zum ersten Mal auch ihren Gegnern an. Die Warriors galten in dieser Saison zu Recht als böser Wolf der Liga, für den kein Rückstand zu groß war und der jederzeit das Zeug dazu hatte, innerhalb von wenigen Minuten einen 20:0-Run hinzulegen. Von diesem Selbstbewusstsein war jedoch überhaupt nichts zu sehen, auch der unbändige Siegeswille schien irgendwie zu fehlen. Die Warriors wirkten phasenweise richtiggehend erschüttert.
Niemand verkörperte das mehr als Draymond Green. Der All-Star, gleichermaßen Sprachrohr und Seele seines Teams, fand von Anfang an nicht in die Partie und wirkte erstmals seit langem so, wie man ihn vor seiner NBA-Karriere bewertet hatte: zu klein für seine Position, gerade gegen Ibaka und Adams. Dadurch ließ er sich nicht wie sonst so häufig zu Höchstleistungen inspirieren - stattdessen brannten ihm die Sicherungen durch.
Green? Nicht das erste Mal...
Natürlich versicherten nach dem Spiel alle Warriors, sein Tritt in Adams' Familienplanung im zweiten Viertel sei keine Absicht gewesen, allerdings war auch das Thunder-Argument legitim, dass diese Aktion kein Einzelfall war. In jedem Fall erwies Green seinem Team mindestens einen Bärendienst, da OKC angestachelt von diesem Tritt erst so richtig aufdrehte - und es könnte sogar noch deutlich schlimmer kommen.
Nachdem Cavs-Forward Dahntay Jones am Sonntag aufgrund eines Schlags in den "Privatbereich" von Bismack Biyombo suspendiert wurde, scheint dies auch für Green nicht ausgeschlossen, zumal er bei den Refs nicht gerade ein unbeschriebenes Blatt ist. Ohne den zweitwichtigsten Mann in einem so wichtigen Spiel anzutreten, gegen so laute Fans und ein so starkes-Thunder-Team, ist nicht gerade ein Traum-Szenario. Im Warriors-Lager könnte man sich darüber jedoch nicht ernsthaft beschweren.
Doch das ist vorerst Zukunftsmusik. Die Serie ist noch längst nicht entschieden - dafür sind die Warriors einfach zu gut, auch wenn Spiel 3 eine waschechte Stinkbombe war. Wir wissen jetzt aber, dass der Meister sich mächtig strecken werden muss. Diese Thunder sind der beste Gegner, der sich ihnen in den letzten beiden Jahren in den Weg gestellt hat. Sie werden nicht freiwillig klein beigeben.