Doppelschlag aus dem Windschatten

Martin Klotz
30. Juni 201612:55
Die Mavs hoffen auch in diesem Sommer auf den dicken Fischgetty
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Die Dallas Mavericks können in den letzten fünf Jahren nicht gerade auf ruhmreiche Offseasons zurückblicken. Der negative Höhepunkt war die Saga um DeAndre Jordan im Sommer 2015. Dieses Jahr könnte alles anders werden - es winken sogar zwei echte Hauptgewinne. SPOX blickt auf die Free-Agent-Ziele der Mavs, ordnet ihre Chancen ein und macht Vorschläge.

Die Liste der namhaften Free Agents, die Mark Cuban und Co. in den vergangenen Jahren nach Big D locken konnten, ist kurz. Ein kleiner Abriss, bei wem Dallas trotz angesetzter Meetings alles abgeblitzt ist: Deron Williams (2012), Dwight Howard (2013), Chris Paul (2013), LeBron James (2014), Carmelo Anthony (2014), LaMarcus Aldridge (2015) und DeAndre Jordan (2015).

Gerade der letzte Name reißt bei Dallas-Fans noch immer alte Wunden auf. Diesen Sommer versuchen Mark Cuban und Donnie Nelson wie eh und je, Dirk Nowitzki eine schlagkräftige Truppe an die Seite zu stellen. Das Ziel wie immer: die Playoffs.

Doch das x-te frühe Ausscheiden der Mavs - in diesem Fall gegen Oklahoma City - hat auch dem Dirkster keinen Spaß gemacht. "Seit dem Titel waren wir eigentlich immer nur gut genug für die erste Playoff-Runde", so Nowitzki, dessen verbleibende Zeit in der NBA mit nunmehr 38 Jahren begrenzt ist.

Was kostet die Welt?

Neue Spieler müssen her - und zwar bitte welche, die das Team wieder zu einem Contender machen. Aufgrund des ansteigenden Salary Cap hat Dallas finanziell die Möglichkeit, gleich zwei Spieler mit Maximalverträgen auszustatten. Doch natürlich sitzt die Kohle auch bei allen anderen Franchises in diesem Sommer extrem locker.

In den vergangenen Jahren ergatterten die Mavs in der Regel nur Trostpreise, aus denen dann mit Rick Carlisles Hilfe eine solide Truppe aufgebaut wurde. Chandler Parsons sowie der im letzten Sommer verpflichtete Wesley Matthews schlugen - auch aufgrund ihrer Verletzungen - ebenfalls nicht wirklich ein.

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Nun steht also eine neue Free Agency vor der Tür - und wenn am Freitag um 0 Uhr Westküstenzeit die Kommunikation zwischen Teams und Spielern beginnen darf, schaut die halbe Liga auf Kevin Durant. Dallas nicht. Und genau das könnte ein entscheidender Vorteil sein.

Hassan for President

Ganz oben auf der Prioritätenliste der Mavericks steht eben nicht KD, sondern Hassan Whiteside. Der Center der Heat legte in den vergangenen zwei Jahren einen kometenhaften Aufstieg hin und kam in der abgelaufenen Saison auf 14,2 Punkte, 11,8 Rebounds sowie 3,7 Blocks. Und das alles in durchschnittlich nur 29 Minuten auf dem Parkett.

Aber nicht nur von den Statistiken ist Whiteside ein ähnlicher Typ wie Jordan, es gibt noch eine andere für Dallas interessante Parallele: Der 27-Jährige möchte in der Free Agency umworben werden, möchte sein Ego massiert bekommen und hören, wie geil er ist.

Die Tatsache, dass die Heat ein Treffen mit Durant organisiert und ihn damit zu ihrem Top-Ziel gemacht haben, kann Whiteside nicht schmecken. Er möchte für eine Organisation die uneingeschränkte Priorität sein. Das spielt Dallas in die Karten und so sickerte bereits durch, dass die Mavs das erste Team sein werden, das Whiteside in der Nacht zum Freitag ab 00.01 Uhr umgarnen darf.

"Ich bin ein Geschäftsmann"

Bei seinem neuen Vertrag legt Whiteside ohne Zweifel Wert aufs Geld: "Ich bin ein Geschäftsmann, der Basketball spielt. Ich glaube wirklich nicht, dass es dabei um Loyalität geht. Es geht darum, die beste Situation für mich selbst zu finden", so der Spätstarter, der sich noch mit 25 Jahren mit ungarantierten Verträgen und in der D-League rumschlagen musste.

Das klingt nicht gerade so, als würde er Miami einen Rabatt gewähren. Zudem ließ er bereits verlauten, dass er auch Faktoren wie die Einkommenssteuer in seiner Rechnung berücksichtige. Noch ein Pluspunkt für Dallas, denn in Texas müssen Privatpersonen im Normalfall keinen Cent an den Staat abdrücken.

Über das Gehalt müssen die Mavs und Whiteside ohnehin nicht verhandeln. Mark Cuban wird allerhöchstens ein Wort sagen: "Max." Denn dass der Center am Ende der Free Agency einen Maximalvertrag unterschreibt, ist so sicher wie ein Elbow-Jumper von Nowitzki.

Hollywood lockt

Die Konkurrenz ist überschaubar. Neben Miami buhlen angeblich noch die Celtics, Lakers, Trail Blazers und Hornets um die Dienste des 2,13-Meter-Mannes. Doch Boston hat wie die Heat das KD-Problem. Charlotte hat zwar Michael Jordan, aber weder einen attraktiven Markt noch ein wirklich attraktives Team. Los Angeles ist der gefährlichste Mitbewerber der Mavs, der zusätzlich auch noch Hollywood-Glamour bieten kann. Für einen Geschäftsmann durchaus verlockend.

Portland klingt auf den ersten Blick nach einer guten Option, doch in Oregon ist man auch hinter Dwight Howard her. Dazu haben die Blazers in Damian Lillard bereits einen Franchise-Player, mit C.J. McCollum einen Co-Star. Letzteres möchte Whiteside aber nicht sein. Wie einst DeAndre Jordan zieht er aus, um bei einem Team die erste Option und zum All-Star zu werden. Im Gegensatz zu Jordan stehen die Chancen, dass er diesen Weg in Dallas bestreitet, nicht schlecht.

Athletische Alternativen

Sollte sich Whiteside für eine andere Stadt entscheiden, gibt es einige Alternativen für die Fünf. Ein Beispiel wäre Al Horford, doch der Center wird eher von anderen Franchises als Plan A ins Visier genommen. Schwer vorstellbar, dass die Mavs ihn verpflichten können, sollten sie bei Whiteside scheitern.

Bismack Biyombo (Toronto Raptors), Festus Ezeli (Golden State Warriors, restricted) oder Ian Mahinmi (Indiana Pacers) wären athletische und günstigere Lösungen. Ein weiteres Jahr mit Zaza Pachulia eine andere, aber ernüchternde.

Conley und die Verehrer

Das Mavs-Ziel Nummer zwei spielt derzeit in Memphis und hört auf den Namen Mike Conley. Als einziger Point Guard in dieser Free Agency mit Star-Kaliber hat er einige Verehrer. Die Grizzlies wollen den 28-Jährigen unbedingt halten und haben für ihn sogar schon ein Tribute-Video gedreht.

Mit 17,5 Punkten, 3,4 Rebounds und 7 Assists pro Spiel hatte Captain Clutch großen Anteil daran, dass Memphis auch dieses Jahr in die Playoffs einzog. Doch in keinem der letzten sechs Jahre waren die Grizzlies wirklich gut genug, um in der Postseason schlussendlich um den Titel mitzuspielen. Es heißt, dass Conley seine Franchise daher aufgefordert hat, für Verstärkung zu sorgen.

Memphis hat keine echte Alternative, daher werden sie auf dem Markt aggressiv sein und ihrem Spielmacher zudem einen Maximalvertrag über fünf Jahre anbieten. Sollten sich die Grizzlies allerdings die Zähne an den Free Agents ausbeißen und Conley in einer anderen Stadt eine für sich bessere Situation vorfinden, könnte er diesen durchaus in den Wind schießen.

In Dallas würde man Conley mit Kusshand nehmen und ihm den maximal möglichen Vierjahresvertrag ohne zu zögern anbieten. Ein abgeklärter, aber tödlicher Point Guard wie Conley würde perfekt ins System von Carlisle passen. Eine Audienz am 1. Juli sollen sie Gerüchten zufolge schon einmal klargemacht haben.

Rückzieher der Spurs?

Neben den Avancen der Milwaukee Bucks und der Houston Rockets galt das Interesse von San Antonio lange Zeit als verbrieft. Doch ESPN berichtete jüngst, dass man am Alamo gar nicht wirklich hinter Conley her sei. Anscheinend plane Gregg Popovich demnach, mit seiner rechten Hand Tony Parker auch die nächsten zwei Jahre bestreiten zu wollen.

Die Tendenz bei Conley geht Richtung Memphis, doch gerade im Falle einer Whiteside-Verpflichtung hätte Dallas gute Karten. Und zusammen mit Dirk und Wes Matthews wären die Mavs durchaus in der Lage, bei den anderen Teams der Western Conference für Sorgenfalten auf der Stirn zu Sorgen.

Die Causa Parsons

Was wird eigentlich aus Chandler Parsons? Der Swingman war in zwei verletzungsgeplagten Saisons nicht der erhoffte neue Star. Er ließ diese Sommer seine Spieleroption verstreichen und ist auf dem Markt, allerdings nicht die Priorität der Mavs.

Parsons wird definitiv nichts anderes als einen Maximalvertrag unterschreiben und es wird einige Teams geben, die ihm ein solches Arbeitspapier unter die Nase halten werden. Die Mavs werden nur dazugehören, wenn sie in der ersten Welle der Free Agency keine zwei besseren Optionen (s.o.) finden. Dann könnte es aber bereits zu spät sein.

Dirk und die Dubs

Auch Dirk Nowitzki ist offiziell Free Agent, nachdem er aus seinem Vertrag ausgestiegen ist. Allerdings zweifelt wie immer kaum jemand daran, dass Dirk auch 2016/2017 das Jersey der Mavs tragen wird.

Doch auch die Geduld eines Nowitzki ist irgendwann aufgebraucht. Und falls Dallas erneut daran scheitern sollte, einen namhaften Free Agent zu verpflichten und auch Parsons Big D den Rücken kehrt - dann wird Dirk mindestens zwei Gedanken an einen Karriereausklang auf der Bank der Golden State Warriors verschwenden.

Ein Flash aus dem Nichts?

Damit konnte bis vor wenigen Tagen niemand rechnen, doch Dwyane Wade hat sich mit den Heat noch immer nicht auf einen Vertrag geeinigt. Laut ESPN-Informationen hat sein Lager die Mavs und Spurs darüber informiert, dass er sich vorstellen könnte, bei ihnen zu spielen.

Das wäre natürlich ein echter Hammer, wenn der große Rivale, der Nowitzki 2006 den Titel verwehrte, nach Big D kommen würde. Seine starke Saison hat gezeigt, dass er trotz seiner 34 Jahre noch immer in der Lage ist, ein Team zu tragen.

Allerdings ist fraglich, ob die Personalie Whiteside mit Wade zu vereinbaren ist. Der Grund für die stockenden Verhandlungen am South Beach ist die Zukunftsplanung der Franchise und es ist nicht klar, ob Wade weiterhin mit seinem Center zusammenspielen möchte.

Falls ja, könnte Dallas aber gleich zwei Spieler aus Miami stehlen und wäre auf einen Schlag ein echter Anwärter auf die Championship. Es ist jedoch äußerst schwer vorstellbar, dass Flash und die Heat das Tischtuch bei ihren Verhandlungen derart zerschneiden, dass The Flash seine Franchise wirklich verlässt.

Lösungen auf der Eins

Sollte dieser Fall wirklich eintreten, wäre kein Geld mehr für Conley da. Dann - und natürlich auch, wenn Mavs ihn einfach nicht von den Grizzlies loseisen können - sollte Cuban Deron Williams halten. Nach seiner soliden Saison ist er trotz seiner Verletzungsanfälligkeit und seines steigenden Gehalts Dallas' beste Option auf der Eins.

Eine Alternative oder Ergänzung für die Bank könnten Jarrett Jack oder Trey Burke sein, die von den Brooklyn Nets bzw. Utah Jazz gerade überall angeboten werden wie einst Luke Ridnour.

Flügelspieler gesucht

Aus dem restlichen Kader der Mavs werden David Lee, Charlie Villanueva und Raymond Felton ebenfalls Free Agents - von diesem Dreigespann ist einzig Felton ein Kandidat für die Rotation. Doch stattdessen sollte Cuban seine hart verdienten Dollar lieber in einen Shooter oder Three-and-D-Spieler investieren.

Courtney Lee (Charlotte Hornets) wird vermutlich für die Second Unit zu teuer sein, Jared Dudley (Washington Wizards) oder Allen Crabbe (Portland Trail Blazers, Restricted) wären da schon eher erschwinglich und eine gute Ergänzung zu den bisher feststehenden Reservisten J.J. Barea und Devin Harris.

Auch über den gealterten Ex-Maverick Jason Terry sollte Cubes nachdenken, schließlich würde er sofort auch für kleines Geld zurückkommen und weiß, wie der Hase in Dallas läuft. Und offene Würfe von der Bank treffen kann der Jet immer noch.

Bitte nicht Crawford!

Matt Barnes ist ein Spieler, gegen den man ganz und gar nicht spielen möchte - auf dem eigenen Flügel stellt er aber durchaus eine spannende Alternative dar. Neben dem jungen Justin Anderson ist er ein möglicher Backup-Kandidat.

Jamal Crawford hat zwar ein Treffen mit Dallas in seinen Kalender geschrieben, doch Mr. Crossover und seine Isolation-Plays passen nicht wirklich zur Mentalität in Dallas. Es stimmt, die Produktivität der Bank ist im vergangenen Jahr etwas gesunken, doch der dreifache und eindimensionale Sixth Man ist gerade defensiv sein Geld nicht wert. Und gerade in der Nähe des eigenen Korbes müssen sich die Mavs verbessern.

Auf den großen Positionen fehlte vergangene Saison die Tiefe, hier herrscht Handlungsbedarf. Dwight Powell ist Restricted Free Agent und wird aufgrund seiner Entwicklung und der geringen Kosten vermutlich gehalten werden, dazu könnte ein weiterer Backup für den Frontcourt nicht schaden. Trevor Booker (Utah Jazz) und Darrell Arthur (Denver Nuggets) scheinen hier günstige, defensiv solide und vielseitige Optionen.

Kartentricks für Fortgeschrittene

Wie so oft fallen in der Free Agency mit dem ersten Dominostein weitere an ihren Platz. Da sich Kevin Durant mit seiner Entscheidung vermutlich einige Tage Zeit lassen wird, könnte die gute Ausgangsposition der Mavericks gegenüber manchem Konkurrenten wirklich einen Vorteil bedeuten. Dazu müssen sie ihre Karten aber auch clever ausspielen.

Einen Doppelschlag mit Whiteside und Conley zu landen, wäre der Traum von Mark Cuban. Chandler Parsons würde dann wohl kaum jemand nachtrauern. Doch die erneute Jagd nach den dicken Fischen birgt auch das Risiko, am Ende gänzlich ohne Unterstützung für Nowitzki dazustehen. Aber wie immer gilt in jeder Free Agency: Die Hoffnung der Mavs-Fans stirbt zuletzt.

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