Mit Dirk Nowitzki holte er 2011 den Titel, mit den Phoenix Suns revolutionierte er die NBA. SPOX traf Shawn Marion im Rahmen der Global Games in Madrid und sprach mit "The Matrix" über ein spezielles Mavs-Team, Defense gegen alle Positionen - und seine kuriose Wurftechnik.
SPOX: Shawn, Sie gehörten zu Ihrer Zeit zu den einzigartigsten Spielern der Liga. Sie konnten alle Positionen verteidigen und waren auch offensiv sehr vielseitig. Wenn man sich heute in der Liga umblickt, sind derartige Schweizer Taschenmesser überall zu finden, gerade auf der Drei und Vier. Haben Sie da einen Trend geschaffen?
Shawn Marion: Das würde ich nicht sagen, denn wenn man heute 'alle Positionen verteidigt', bedeutet das etwas ganz Anderes als zu meiner Zeit.
SPOX: Wie meinen Sie das?
Marion: Richtige Post-Player kann man doch heute an einer Hand abzählen. Ich konnte tatsächlich alle Positionen verteidigen und das nicht nur gelegentlich für ein paar Minuten, sondern ganze Spiele über. Dabei half mir meine Verbissenheit - und natürlich auch meine Athletik. Aber das war ganz anders als heute. Jetzt laufen nur noch wenige echte Bigs herum, dafür sind die Positionen Eins bis Vier nahezu austauschbar. Wer diese Vier nach Switches mal übernimmt und ordentlich verteidigen kann, macht meiner Meinung nach etwas völlig Anderes als ich damals. Es gibt jetzt vielleicht zwei Spieler in der Liga, die tatsächlich das tun könnten, was ich früher tat - Draymond Green beispielsweise. LeBron James wäre auch dazu in der Lage, aber in seinem Alter und bei seiner Verantwortung in der Offensive wäre es natürlich keine gute Idee, so viel Energie zu investieren. Denn es war hart, das kann ich Ihnen sagen. (lacht)
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SPOX: Als Sie mit Phoenix Ihre beste Zeit erlebten, sahen die Power Forwards etwas anders aus als heute.
Marion: Das kann man so sagen! Es gab Dirk Nowitzki, Tim Duncan, Kevin Garnett, Chris Webber - die Jungs spielten auch noch alle in meiner Conference! Dazu kamen Leute wie Rasheed Wallace oder Karl Malone, der zwar aufs Ende seiner Karriere zuging, aber immer noch unheimlich stark und schwer zu verteidigen war. Die Vier war damals die vielleicht am besten besetzte Position in der NBA - an fast jedem Abend wartete eine Herkulesaufgabe auf mich.
SPOX: Wer hat Ihnen die meisten Probleme bereitet?
Marion: Nun, da können Sie sich eigentlich einen der 7-Footer aussuchen. Ich war 2,01 m (6'7") groß, da war es gegen keinen der Jungs leicht, die 2,13 m oder größer waren. Dirk, Duncan, KG... ich weiß es gar nicht. Sie waren alle hart für mich, aber das Team brauchte das von mir, daher habe ich es getan. Und immerhin war ich in der Offense dann ja auch zu schnell für sie und konnte punkten. Es hat sich also ausgeglichen. (lacht)
SPOX: Wussten Sie von Anfang an, dass Sie das hinkriegen würden? Oder gab es bei Ihnen auch mal Zweifel, wenn es gegen die Giganten der Liga ging?
Marion: Zweifel gab es nur von anderen. Mich hat jede Herausforderung angestachelt, die sich mir geboten hat. Umso mehr, wenn irgendjemand meinte, ich wäre einer Aufgabe nicht gewachsen. Ich hatte einfach immer riesigen Spaß am Wettbewerb, und es hat dann ja in der Regel auch ganz gut funktioniert.
SPOX: Ihre Vielseitigkeit war einer der Schlüssel für die revolutionären '7 Seconds or Less'-Suns. Heute findet man bei fast allen erfolgreichen Teams Elemente des damaligen Suns-Stils. Wird das Team für seine Pionier-Rolle ausreichend wertgeschätzt?
Marion: Ich glaube schon. Die Leute wissen, wie es angefangen hat und wo es angefangen hat. Und es stimmt, dass man überall Elemente davon sieht, aber man stellt auch immer wieder fest, dass es dafür das richtige Personal braucht. Man braucht Spieler, die kein Problem damit haben, eine Position aufzurücken und sich defensiv fürs Team zu opfern, selbst wenn man gegen jemanden ran muss, der einen Kopf größer und 40 Kilo schwerer ist als man selbst. Wenn Einstellung und Vielseitigkeit nicht gegeben sind, kannst du so viel rennen und Dreier ballern wie du willst - du wirst trotzdem nichts gewinnen.
SPOX: Sie haben in Phoenix und auch in Ihrer späteren Karriere viele verschiedene Situationen erlebt - mit sehr erfolgreichen, aber auch mit Lottery-Teams. Welches Team hat Ihnen rückblickend am meisten Spaß gebracht?
Marion: Nun, für mich repräsentiert jedes Team einen Teil meiner Karriere, deswegen haben alle eine gewisse Bedeutung. Da ich immer gewinnen wollte, waren einige Erfahrungen natürlich nicht so schön, aber ich habe aus jeder einzelnen Situation etwas gelernt und möchte sie deshalb nicht missen. Ich habe es überall genossen, Basketball zu spielen und mich mit den Besten der Welt zu messen. Aber wenn ich jetzt zurück denke, sind natürlich Phoenix und Dallas ganz vorne. Es wurmt mich noch immer, dass wir damals mit Amar'e Stoudemire, Steve Nash und mir keinen Titel gewinnen konnten. Aber das ist mir 2011 dann ja zum Glück mit den Mavs gelungen.
SPOX: Ein Team, an das sich in Deutschland vermutlich noch jeder Basketball-Fan gut erinnert. Gab es damals für Sie einen spezifischen Moment, an dem Sie dachten: 'Dieses Jahr kann es wirklich mal klappen!'?
Marion: Wir wussten es schon im Training Camp vor der Saison
SPOX: Erklären Sie.
Marion: Wir haben gemerkt, was für eine spezielle Gruppe an Jungs wir da hatten. Wir hatten Dirk, noch immer in seiner Prime, aber ohne Ring. Wir hatten Jason Kidd und mich, die langsam älter wurden, aber noch Feuer hatten und ebenfalls ohne Titel dastanden. Und das zog sich so durch den gesamten Roster. Eine überragende Gruppe an Leuten, die sich von Anfang an dem einen Ziel untergeordnet haben. Wir dachten: 'Bleiben wir gesund, können wir es schaffen!' Ich kriege noch immer Gänsehaut, wenn ich an diese Saison zurückdenke.
SPOX: Was für eine Beziehung hatten Sie zu Nowitzki, den Sie schon lange als Gegenspieler kannten?
Marion: Eine gute Beziehung, aber auch eine sehr wetteifernde. Wir haben im Training häufig gegeneinander gespielt und aufgrund unserer vorigen Erfahrungen auch nie an Sprüchen gespart. Mit einem Witzbold wie Dirk geht das natürlich überragend.
SPOX: Was war der beste Trash-Talk Moment mit Dirk, an den Sie sich erinnern können?
Marion: Da gab es zu viele. Und jugendfrei waren sie auch nicht unbedingt immer. Also behalte ich sie lieber für mich. (lacht)
SPOX: Nachdem Kobe, Duncan und nun auch Garnett aufgehört haben, ist Dirk fast der letzte verbliebene Spieler, der in den Neunzigern gedraftet wurde. Wie lange geben Sie ihm noch?
Marion: Sie haben Recht, das war mir noch gar nicht bewusst. (lacht) Jetzt ist er auf jeden Fall der 'Father Time' der Liga. Im Ernst: Das liegt ganz bei ihm. Er spielt ja immer noch sehr gut und effektiv, von daher kann das schon noch einige Jahre so weitergehen. Aber das Gute ist ja, dass er auf nichts mehr angewiesen ist. Wenn er merkt, dass er keinen Spaß mehr daran hat, kann er einfach aufhören und ein neues Kapitel in seinem Leben beginnen.
SPOX: Viele NBA-Fans sind mit Kobe und Co. aufgewachsen, nicht nur für sie geht eine Ära zu Ende - ist die Liga Ihrer Meinung nach dennoch in guten Händen?
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Marion: Definitiv. Natürlich werde auch ich die Jungs vermissen, aber sie alle haben sich den Ruhestand verdient und mehr als genug für das Spiel getan. Dass es in guten Händen ist, sieht man doch bestens am neuen TV-Vertrag und der ist nicht zuletzt ihr Verdienst. Aber an eine große Ära wird sich jetzt die nächste anschließen. Wir haben überragende Talente in der Liga und viele Spieler, bei denen Fans eines Tages ähnlich empfinden werden wie jetzt bei Kobe oder Duncan. Das ist einfach der Lauf der Dinge.
SPOX: Dann habe ich jetzt nur noch eine Frage, die Sie mir bitte nicht übel nehmen.
Marion: Schießen Sie los.
SPOX: Wer hat Ihnen diese merkwürdige Wurftechnik beigebracht?
Marion (lacht): Merkwürdig? Die war überragend!
SPOX: Das finden aber nur Sie.
Marion: Mag sein, aber Sie hat funktioniert! (lacht) Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Ich habe Sie mir selbst beigebracht. Jeder fängt doch irgendwie an, und meine Würfe sahen einfach so aus. Da ich von Anfang an einigermaßen erfolgreich damit war, habe ich sie nie verändert. Egal, wie oft meine Coaches mich dazu zwingen wollten. (lacht)