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Gordon Hayward - Superstar?

Von Dirk Funk/Arne Taegen
Gordon Hayward spielt mit jeder Saison bei den Jazz besser
© getty

Gordon Hayward spielt bei den Utah Jazz eine starke Saison, der viele Fans bis zu seiner All-Star-Nominierung wenig Beachtung geschenkt haben. Aber ist der Flügelspieler vom Großen Salzsee wirklich ein Superstar? Die Kollegen vom NBA-Podcast insgesichtvonstoudemire haben eine Antwort auf diese Frage gesucht - und gefunden.

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4. März 2015. Die Utah Jazz zu Gast im TD Garden bei den Boston Celtics. Noch knapp acht Sekunden auf der Uhr, die Gastgeber führen mit 83:82. Gordon Hayward, der bis dahin - wie die meisten seiner Kollegen auf dem Court - kein besonders gutes Spiel macht, bekommt den Ball an der Dreierlinie. Screen von Rudy Gobert, Drive an den rechten Zonenrand, Fade-Away-Jumper über die ausgestreckten Arme von Tyler Zeller. Money. Utah führt mit einem, nur um das Spiel dank schläfriger Defense bei nur noch 1.7 Sekunden trotzdem zu verlieren. Hayward schleicht enttäuscht vom Platz, Boston-Coach Brad Stevens atmet erleichtert durch.

Fünf Jahre zurück. NCAA Championship Game 2010 - Butler gegen Duke. 13 Sekunden zu spielen, Duke mit einem vorn. Der damalige Butler-Star Gordon Hayward bekommt den Ball. Drive an den rechten Zonenrand, Fade-Away-Jumper über die ausgestreckten Arme von Brian Zoubek. Miss. Wenige Sekunden und einen absichtlich vergebenen Freiwurf von Zoubek später bekommt Hayward per Halfcourt-Heave die Chance zum Sieg. Der Wurf ist knapp, verdammt knapp sogar, aber dennoch daneben. Duke ist Champion, Butler am Boden zerstört.

Haywards damaliger Coach Brad Stevens bemüht sich direkt, seine Jungs wieder aufzurichten, doch die Enttäuschung sitzt tief. In den folgenden Tagen verliert sich die Basketball-Welt in What If-Szenarien über Haywards letzten Wurf. Fragt man den heutigen Jazz-Star selbst, ist es viel mehr der Wurf zuvor, der ihm schlaflose Nächte bereitet.

Ein Wurf, von dem er sagt, er hätte ihn treffen müssen. Ein Wurf, der über die Jahre zu einer Art Signature-Shot Haywards werden sollte. Ein Wurf, den er noch unzählige Male treffen sollte - so wie 2015 gegen seinen Ex-Coach Stevens, der keinen Hehl aus seiner Sympathie für seinen Ex-Schützling macht: "Er wird jedes Jahr besser. Als wir ihn damals rekrutiert haben, war er ein dünner Tennis-Spieler, der ein paar Dinge auf dem Platz konnte. Heute hat er ein komplettes Spiel und ist ein richtig guter Spieler."

Elitäre Gesellschaft

Es passt ins Bild, dass Hayward ausgerechnet diesen Wurf mittlerweile so selbstbewusst nimmt und trifft. Da ist einerseits der akribische Arbeiter Hayward, der unzählige einsame Stunden in der Halle verbringt und Wurf um Wurf nimmt, bis er den eigenen, hohen Ansprüchen genügt:

"Ich denke, du kannst immer ein noch besserer Werfer sein, bis du 100 Prozent deiner Versuche triffst. Also habe ich dieses Jahr eine Menge Würfe genommen", so Hayward im Trainingscamp der Jazz 2015.

Da ist andererseits das natürliche Talent und Ballgefühl Haywards, das für Jedermann sichtbar ist und mit dem er es wohl auch im Tennis zum Profi gebracht hätte. Unbändiger Wille, eiserne Akribie, ein gesundes Selbstvertrauen und die nötige Portion Talent - eigentlich die perfekte Formel auf dem Weg zum absoluten Superstar. Aber ist Gordon Hayward das wirklich, ein Superstar?

Nimmt man die laufende Saison 2016/17 als Maßstab, lautet die Antwort ganz klar: Ja. 22,2 Punkte, 5,7 Rebounds, 3,5 Assists bei starken Quoten von 46,5 Prozent aus dem Feld, 39,7 Prozent von der Dreierlinie und 87,1 von der Freiwurflinie. Ganze fünf Spieler der NBA können solche Zahlen pro Spiel mit einer True Shooting Percentage von mindestens 60 Prozent ihr eigen nennen: LeBron James, Kevin Durant, Kawhi Leonard, Giannis Antetokounmpo und Hayward.

Drei MVP-Kandidaten, ein historisches Talent und eben Hayward selbst. Natürlich bedeutet das auch ein Career High Player Efficiency Rating von knapp 23. Und es ist gut für Platz sechs unter allen Small Forwards der Liga, klar vor Paul George und Carmelo Anthony, ihres Zeichens Abo-All-Stars der letzten Jahre. Unter den besten Forwards der Liga treffen nur Durant, Leonard und Hayward derart häufig und effizient aus dem Feld und von draußen.

Brotlose Kunst?

Nun sind individuelle Statistiken alleine noch lange kein ausreichendes Argument, um ein Superstar zu sein. Beispiele für gute Statistiken in schlechten Teams gibt es schon immer zur Genüge. Doch auf Hayward und seine Utah Jazz trifft das nicht zu. Im Gegenteil.

Die zweitbeste Defensive vereint sich mit der neuntbesten Offensive der Liga. Zieht man das Net Rating zu Rate, sind die Jazz das fünftbeste Team der NBA. Noch vor den Los Angeles Clippers, Boston Celtics und Champion Cleveland. Nun würde wohl niemand die Jazz für besser als die Cavaliers halten. Eines der besten zehn Teams an beiden Enden des Courts sind außer ihnen dennoch nur die Warriors, Spurs und die Clippers.

Klar ist also: Utah ist ein Spitzenteam. Und das trotz bisher beispiellosem Verletzungspech in dieser Saison. Kaum ein Team musste derart viele verschiedene Lineups auf den Platz schicken. Dass es bei den Jazz dennoch so gut läuft, liegt - neben dem sensationell starken Rudy Gobert - vor allem an Hayward, der trotz seiner ruhigen Art vorangeht.

"Gordon ist ein toller Anführer. Er ist ein ruhiger Kerl, aber jeder kann sehen, wie unglaublich hart er arbeitet. Er ist ein Typ, der immer mit gutem Beispiel vorangeht", sagt beispielsweise George Hill über Haywards Rolle bei den Jazz.

Der Kopf eines Spitzenteams

Die sechs besten Lineups der Jazz 2016/17 mit relevanten Minuten haben allesamt ein Net Rating von mindestens +31. Nur zwei Namen finden sich in jedem dieser Lineups wieder: Rudy Gobert und Gordon Hayward. Verlässt Hayward den Platz, sinken das Net Rating, die Assist Percentage und die Scoring Effizienz der Jazz signifikant. Er ist einer von nur acht Spielern, die sich in den Top 20 in offensiven und defensiven Win-Shares der Liga wiederfinden.

Mit anderen Worten: Hayward macht sein Team besser und ist für viele der Siege in hohem Maße verantwortlich. Kaum ein Flügel ist dabei derart effizient und übernimmt nebenbei große Teile des Playmaking seines Teams. Kurzum: Gordon Hayward ist der Anführer eines sehr guten NBA-Teams, das aktuell auf Kurs ist, 53 Siege einzufahren und vielleicht sogar mit Heimvorteil in die Playoffs der Western Conference einzuziehen. Dabei legt er Karriere-Bestwerte in praktisch allen individuellen Statistiken auf und muss auch den Vergleich mit den etablierten Stars der Liga mittlerweile kaum noch scheuen.

Auf dem Weg an die Spitze?

Natürlich hat Haywards Spiel trotz aller verdienter Lobeshymnen noch klar erkennbare Schwächen. Mitunter fehlt das Selbstverständnis eines absoluten Superstars, der das Team auf seine Schultern nimmt, wenn es nötig ist. Der Abstand zu den Kevin Durants und Kawhi Leonards der Liga ist nach wie vor klar erkennbar und wird es wahrscheinlich auch immer bleiben. Doch Hayward spielt erst seine siebte Saison in der Liga und hat in Quin Snyder dabei bereits den dritten Coach an seiner Seite. Und trotzdem ist von Jahr zu Jahr eine klare Entwicklung Haywards zu erkennen.

Die bisher stärkste Saison seiner Karriere wurde vor wenigen Tagen mit der ersten Nominierung für das All-Star Game belohnt, das dieses Jahr in New Orleans stattfindet. Hayward scheint fürs Erste angekommen, im Konzert der Großen. Fragt man Teamkollegen und Coach Snyder, war die Wahl die richtige Entscheidung.

"Der Glaube, den seine Mitspieler, das Trainerteam und die Organisation in ihn haben - wir sind alle wirklich glücklich, dass er auf solche Art und Weise gesehen wird." (Coach Quin Snyder)

"Ich freue mich sehr für ihn - er hat es verdient." (Jazz-Center Rudy Gobert)

Ob man Hayward schon für einen Superstar hält, hängt nicht zuletzt davon ab, wie eng man die Definition solcher Stars zieht. Zumindest auf dem Weg dahin ist der Jazz-Vorzeigeprofi aber in jedem Fall.

Gordon Hayward im Steckbrief

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