Die Toronto Raptors sorgen für einen Paukenschlag in der NBA. Mit Serge Ibaka verpflichten sie sich genau den Power Forward, den sie seit Jahren gesucht haben, und müssen dafür kaum etwas abgeben. Doch wie beeinflusst der Trade das System der Raptors? Wie hat sich die Rolle in der Eastern Conference geändert? Und was bedeutet der Wechsel für Ibaka selbst? SPOX hat den Trade aus fünf Blickwinkeln analysiert.
Was bedeutet der Trade für die Raptors?
Fans der Raptors dürften sich wohl noch immer kneifen. Der Trade von Serge Ibaka im Tausch mit Terrence Ross und dem eigenen Erstrunden-Pick 2017 ist ein absoluter Traum-Deal für Kanadas einzige NBA-Franchise. Bereits seit Jahren suchen die Verantwortlichen in Toronto nach einem geeigneten Power Forward. Nicht wenige waren der Meinung, dass den Raptors nur ein starker Vierer fehlt, um die Cavs endgültig attackieren zu können.
Genau der kommt nun und ergänzt ein Team, das schon in der letzten Saison bis in die Conference Finals eingezogen ist und sich trotz der derzeitigen Formkrise nicht signifikant verschlechtert hat. Torontos General Manager Masai Ujiri hat schon seit längerer Zeit ein Auge auf Ibaka geworfen. Ein Trade im Sommer wurde besprochen, scheiterte aber wohl daran, dass die Thunder im Gegenzug Cory Joseph, Norman Powell, Patrick Patterson und einen Pick haben wollten.
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Nun hat der GM es geschafft, den Spanier für einen Bruchteil dieses Wertes an den Ontariosee zu holen. Auf der einen Seite sollte der Veteran den zuletzt strauchelnden Raptors umgehend helfen, auf der anderen Seite ist er in höchstem Maße playofferprobt und dürfte die Kanadier damit vor allem in der Postseason einen Schritt nach vorne bringen.
Gleichzeitig eröffnet der Trade aber eine weitere offene Aufgabe für Ujiri in diesem Sommer, denn der 27-Jährige wird Free Agent und schaut sich mit Sicherheit nach einem guten Deal um. Die Raptors werden aber gewillt sein, den Power Forward weiterzuverpflichten, sollte dieser nicht völlig unerwartet in seiner Prime als Raptors-Spieler massiv abbauen.
Wie wirkt sich der Trade in Toronto auf dem Feld aus?
In der gesamten Liga gab es wohl nur wenige Spieler, welche in dieser Situation besser nach Toronto gepasst hätten. Toronto wurde mit mehreren namhaften Power Forwards in Verbindung gebracht, unter anderem stand auch ein Trade von Paul Millsap im Raum. Seit Jahren schon ist die Vier in Kanada nicht optimal besetzt.
Patrick Patterson, der in dieser Saison die meisten Starts erhielt, ist nicht mehr als ein ordentlicher Rollenspieler, der mit seinem soliden Dreier aber wichtig für das System der Raptors war. Rookie Pascal Siakam ist gerade im Hinblick auf die Playoffs zu unerfahren, Lucas Nogueira eher ein Center. Jared Sullinger ist dagegen kein guter Fit neben Jonas Valanciunas, der vor allem einen Stretch-Vierer an seiner Seite braucht. Sie alle können nun für eine gute Big-Man-Rotation von der Bank sorgen.
Ibaka ist ein in der NBA extrem rarer Spielertyp auf den großen Positionen. In der Offensive kann er das Feld mit seinem soliden Distanzwurf (38 Prozent verwandelte Dreier in Orlando) auseinander ziehen, in der Defensive zeichnet er sich vornehmlich als Rim-Protector in der Zone aus. Wenn man so will, lässt sich Ibaka als deutlich bessere Version von Patterson betiteln. Er dürfte umgehend beginnen und mit Lowry, DeRozan, Carroll sowie Valanciunas eine bärenstarke und vor allem ausgewogene Starting Five bilden.
Wichtig in einem System mit Lowry und DeRozan: Ibaka braucht den Ball nicht, um effektiv zu sein. Sein Impact in der Defensive dürfte gleichwohl noch größer sein. Seine Rim Protection und sein Rebounding sind weitaus besser als das aller bisheriger Power Forwards in Toronto. Er ist also genau der Spielertyp, den Toronto auf dem Court gebraucht hat. Angenehmer Nebeneffekt zudem: Durch den Abgang von Ross dürfte der talentierte Norman Powell mehr Spielzeit erhalten.
Was bedeutet der Trade für Ibaka selbst?
Selbstverständlich dürfte sich auch der Spanier über den Trade freuen. Aus dem Niemandsland in Orlando steigt er gleich wieder in die Spitze der Eastern Conference auf und dürfte sich, ähnlich wie in Oklahoma City, auf einen langen Playoff-Run einstellen. Gleichzeitig ist der Wechsel aber wohl auch ein Eingeständnis, dass er nicht als erste Option eines Teams geeignet ist.
Durchschnittlich 15,1 Punkte, 6,8 Rebounds und 1,6 Blocks legte der 27-Jährige in Florida auf. Das sind solide Zahlen. Gleichzeitig war er aber auch einer der Faktoren einer dysfunktionalen Offensive in Orlando. Gerade im Angriff sind seine Fähigkeiten in gewisser Hinsicht beschränkt. Sie passen eben vielmehr zu einem Team mit mindestens einem Star-Spieler.
"Iblocka" muss sich nun also wieder hinter zwei Stars einordnen, so wie er es aus den langen Jahren neben Kevin Durant und Russell Westbrook gewöhnt ist. Das ist allerdings sicherlich kein Rückschritt, wenn man bedenkt, dass er nun schon wieder im Frühling um eine Championship mitspielen kann.
Während ein Verbleib in Orlando über diesen Sommer hinaus schon länger unrealistisch erschien, könnte der Spanier zudem eine neue Heimat gefunden haben. Ein Verbleib in Kanada dürfte bei passender Bezahlung auch im Sinne von Ibaka liegen.
Welche Folgen hat der Trade für die Eastern Conference?
Natürlich verändert sich das Kräfteverhältnis im Osten nicht grundlegend, doch der Ibaka-Trade ist definitiv ein Statement an die Konkurrenz. Die mittlerweile auf Rang fünf abgefallenen Raptors dürften nach dem All-Star-Break definitiv noch einmal einen Angriff auf die an zweiter Stelle positionierten Celtics wagen.
Abgesehen davon dürfte sich Toronto nun noch mehr als Nummer-eins-Verfolger der Cavs sehen. Das bedeutet aber auch, dass sich Ibaka schnell in Toronto zurechtfinden muss. Für dieses nun sehr stark bestückte Raptors-Team wäre es auf jeden Fall eine Enttäuschung, sollte schon das Heimrecht in der ersten Playoffrunde verpasst werden.
Gleichzeitig dürfte man sich in Cleveland, Boston und Washington gegebenenfalls auch noch einmal Gedanken um einen Deal vor der Deadline machen. Gerade mit einem von der Bank kommenden Patterson als Energizer dürfte die Second Unit der Raptors den Bankspielern der Wizards beispielsweise überlegen sein.
Die Celtics dagegen dürften wohl vor allem noch auf einen Big Man schielen, der rebounden kann. Den Cavs dürfte angesichts eines möglichen Conference Finals gegen die Kanadier nicht Angst und Bange werden, doch sicherlich wird man auch in Cleveland registriert haben, dass Ibaka den Raptors gerade hinsichtlich der direkten Matchups weiterhilft.
Was bedeutet der Trade für die Magic?
Während man die Raptors und GM Masai Ujiri zum Trade nur beglückwünschen kann, herrscht auf den Seite der Magic Ernüchterung. Isoliert betrachtet ist der Ibaka-Trade kein schlechter für Orlando. Für einen Spieler, der Florida im Sommer sowieso verlassen hätte, haben die Magic immerhin noch einen passablen Gegenwert erhalten.
Ein First-Round-Pick sowie der athletische Scorer Terrence Ross sind wohl das beste, was GM Bob Hennigan noch herausholen konnte. Wirklich bitter wird der Trade aber im Lichte des letzten Sommers. Die Magic haben durch den Wechsel zugegeben, dass die Verpflichtung von Ibaka ein Fehler war.
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Für den auslaufenden Vertrag des Spaniers haben sie, wohl in der Hoffnung, dass dieser in Orlando verlängert, Victor Oladipo, den Nummer-11-Pick, mit dem OKC Domantas Sabonis wählte, und Ersan Ilyasova abgegeben. Ein gutes halbes Jahr später haben sie also im Tausch für diese Assets nur noch Ross und einen höchstwahrscheinlich späten Erstrunden-Pick.
Insgesamt also ein furchtbarer Deal und ein riesiges Verlustgeschäft, das den in der Kritik stehenden GM Hennigan weiter unter Druck setzt. Auf dem Court dürfte vor allem die jungen Spieler um Aaron Gordon, Mario Hezonja und Co. profitieren, da sie so noch mehr Spielzeit erhalten. Gordon dürfte nun endlich auf die Vier rücken, auf der er wohl ohnehin besser aufgehoben ist.