Warum nicht einfach Eins-gegen-Eins?

Martin Klotz
14. April 201712:41
Die spannendste Serie der ersten Runde? Westbrook vs. Harden!getty
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Ob nun die zwei MVP-Kandidaten James Harden und Russell Westbrook im direkten Duell, das Aufeinandertreffen von zwei der stärksten Verteidigungen, Oakland gegen Oakland oder das Matchup der Geheimfavoriten - die erste Runde der West-Playoffs hat es in sich. SPOX nimmt jede Serie unter die Lupe und macht den Check.

Golden State Warriors (1) - Portland Trail Blazers (8)

Saisonbilanz: 4-0 (127:104, 135:90, 125:117, 113:111)

Ausgangslage

Die Warriors sind ohne größere Schwächephase durch die Saison gerauscht und sicherten sich früh den Top-Seed mit starken 67 Siegen. Selbst ohne Kevin Durant gab es eine Serie von 14 Erfolgen, nachdem Golden State kurzzeitig mit der Umstellung klarkommen musste. Stephen Curry agierte anschließend wieder wie in seinen beiden MVP-Jahren. Klay Thompson musste - entgegen den Erwartungen - die gesamte Saison über nicht zurückstecken, Andre Iguodala unterstrich gerade in den vergangenen Wochen seinen Wert als Sixth Man.

Bis auf Matt Barnes, der Spiel 1 mit einer Knöchelverletzung verpassen wird, ist die gesamte Truppe von Steve Kerr gesund, das Transition Game und das Lineup of Death mit KD noch stärker als zuvor. Kurzum: Die Dubs gehen als Topfavorit auf den Titel ins Rennen.

Portland wiederum lag Ende Februar elf Siege unter .500 und viele Beobachter sahen den Stuhl von Terry Stotts nach der überraschend starken Vorsaison schon gefährlich schwanken. Doch die Blazers antworteten mit einem starken Schlussspurt und sicherten sich im Duell mit den Denver Nuggets wenige Tage vor Saisonende den Playoff-Einzug.

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17 Siege aus den letzten 23 Spielen geben Portland nun die Chance, sich an den Dubs für das Aus in den Conference Semifinals im Vorjahr zu rächen. Die Verpflichtung von Jusuf Nurkic (15,2 Punkte, 10,4 Rebounds, 3,2 Assists, 1,3 Steals, 1,9 Blocks) entpuppte sich dabei als Game Changer, ein kleiner Knochenbruch im Wadenbein bremste den Center aber gegen Ende der Regular Season aus. Mit ein wenig Glück ist er aber schon im ersten Spiel der Playoffs wieder dabei. Und: Er könnte neben den starken Guards Lillard und McCollum eine wichtige Waffe in der Zone werden.

Die Defense ist inzwischen im Vergleich zu Saisonbeginn stark verbessert. Über die letzten 15 Spiele liegt Portland ligaweit immerhin auf Rang sieben (Defensiv-Rating 102,9), Golden State stellt in diesem Zeitraum allerdings die beste Verteidigung (98,7) und die beste Offensive (Offensiv-Rating 115,9).

Player to watch

Kevin Durant. Zwei Spiele brauchte KD, um nach der Verletzung seinen Rhythmus wiederzufinden. In der abschließenden Partie der Regular Season schraubte er dann aber gleich wieder 5 seiner 7 Dreier durch die Reuse. Durant wird so dominant wie vor seiner Meniskusverletzung auftreten und gibt den Dubs eine starke Isolation-Option in engen Situationen. Diese fehlte im vergangenen Jahr und macht das Team noch vielseitiger. Nach dem Wechsel aus OKC ist niemand motivierter als Durant, es seinen Kritikern in der Postseason zu beweisen.

Damian Lillard. Der aus Oakland stammende Lillard lieferte sich schon vergangenes Jahr einige heiße Duelle mit Steph Curry, gerade in seiner Heimatstadt will er zeigen, dass er inzwischen mit den besten Point Guards der Liga mithalten kann. Seine 59 Punkte vor wenigen Tagen gegen die starke Defense der Jazz waren mehr als ein Ausrufezeichen. Big Game Dame kann jederzeit explodieren, daher wird auch Curry in der Verteidigung richtig arbeiten müssen. Die kleine Verletzung am rechten Fuß, wegen der Lillard die letzten beiden Spiele verpasste, sollte ihn nicht beeinträchtigen.

Prognose

Ein Spiel können Dame und Co. vor heimischem Publikum klauen, doch insgesamt ist Golden State einfach deutlich zu dominant. Die klaren Siege der Regular Season-Serie beider Teams sind auch in der Postseason zu sehen. Warriors in 5.

San Antonio Spurs (2) - Memphis Grizzlies (7)

Saisonbilanz: 2-2 (78:89, 96:104, 97:90, 95:89 OT)

Ausgangslage

Kawhi Leonard ist zwar noch stiller als Tim Duncan, doch genau wie sein Vorgänger lässt er auf dem Court laute Taten sprechen. Der beste Individualverteidiger der Liga hat sein Spiel nun auch in der Offensive auf MVP-Niveau gehoben und bestach das gesamte Jahr über mit Eiseskälte, Siegeswillen und fast schon unheimlicher Konstanz.

Gregg Popovich hat es dazu mal wieder geschafft, für sein System perfekte Rollenspieler zu finden. Dewayne Dedmon, Davis Bertans und Jonathan Simmons werden auch in der Postseason wichtige Minuten sehen. Auf seine alten Finals-Helden Tony Parker, Manu Ginobili und Danny Green kann Pop nur noch sporadisch bauen. Dennoch gab es 61 Siege und mit großem Vorsprung den zweiten Platz im Westen. Und wie immer fliegen die Spurs unter dem Radar. So mag man es in San Antonio an liebsten.

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Die Grizzlies sind ein solides Playoff-Team, allerdings sehr abhängig von den beiden Stars Marc Gasol und Mike Conley. Die aktuelle Form lässt zu wünschen übrig: Von den letzten zwölf Spielen gewann das Team von Rookie-Coach David Fizdale lediglich drei. In der Defensive haben die Grizzlies ihre größte Stärke, die besonders in den Playoffs noch mehr zum Tragen kommen sollte.

Allerdings wird es die überschaubare Offensive gegen die ebenfalls starke Spurs-Verteidigungsreihe schwer haben. Da Chandler Parsons die gesamte Saison nicht fit geworden ist, wird Vince Carter auch mit 40 Jahren noch eine wichtige Rolle zukommen. In den letzten beiden Playoff-Serien gegen die Spurs (2016, 2014) gewann Memphis nicht ein Spiel.

Dennoch waren Conley, Gasol, Zach Randolph und auch Tony Allen Teil des Grizzlies-Teams, das San Antonio 2011 als 8-Seed sensationell aus der Postseason warf. Allen wird die Serie aber mit einer Wadenverletzung verpassen. Ohne seinen besten Perimeter-Defender muss das ganze Team nun deutlich mehr leisten.

Player to watch

LaMarcus Aldridge. Der Power Forward ist nach dem Wechsel zu den Spurs ein wenig untergetaucht, das ist aber gar nicht unbedingt negativ gemeint. Eifrig und ohne großes Aufsehen zu erregen erfüllt er seine Aufgaben im System Pop, doch jeder weiß, dass LMA zu mehr imstande ist. Wenn Kawhi gedoppelt wird, muss Aldridge die Kohlen aus dem Feuer holen. In mindestens einem Spiel wird er den Ausschlag geben.

Mike Conley. Der Spitzenverdiener der Grizzlies hat in dieser Saison noch einmal eine Schippe draufgelegt und Karrierebestwerte in Punkten (20,5), Wurfquote (45,9 Prozent) und Dreierquote (40,7 Prozent) aufs Parkett gezaubert. Mit ihm ist Memphis stark. Ohne ihn fehlt die Struktur völlig. Fizdale braucht seinen Strippenzieher am besten 48 Minuten auf dem Parkett, um die lahme Offense am Leben zu halten.

Prognose

Die Grizzlies kratzen und beißen und nehmen den Spurs ein Spiel ab, in dem Carter zur dritten Option neben Conley und Gasol wird und mehrere Dreier versenkt. Ohne Allen fehlt ihnen sonst aber die Wild Card, um Leonard aus dem Spiel zu nehmen. Spurs in 5.

Houston Rockets (3) - Oklahoma City Thunder (6)

Saisonbilanz: 3-1 (103:105, 102:99, 118:116, 137:125)

Ausgangslage

Houston lebt von der Offensive, vom Spacing, vom Dreier. Erstaunlich souverän haben die Rockets die gesamte Saison agiert. Einmal eingestellt, geriet das Visier der Scharfschützen nie ab vom Ziel. Ob Ryan Anderson, Eric Gordon oder die starke Nachverpflichtung Lou Williams - sie alle Leben von den Pässen, mit denen James Harden sie füttert.

Er ist Ausgangspunkt für jeden Angriff und im System von Mike D'Antoni der Einzige, der komplette Narrenfreiheit besitzt. Mit dem Bärtigen am Steuer der wilden Rockets machen auch die Playoffs Spaß ohne Ende. Noch nie hat ein Spieler bei so vielen Dreiern assistiert wie Harden in dieser Saison.

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Die Thunder sind derweil das schlechteste Team der gesamten Liga von der Dreierlinie (32,7 Prozent), dafür holen sie sich die meisten Rebounds aller Teams (35,1 pro Spiel). Das hängt unter anderem mit den Fähigkeiten der Big Men zusammen, die allesamt für Inside-Game stehen. Small Ball ist für OKC kaum eine Option.

MVP-Favorit Russell Westbrook hat gerade in der Schlussphase der Saison bewiesen, dass seine Triple-Doubles nicht nur Effekthascherei sind, sondern er das Spiel in den wichtigen Minuten dominieren kann. Alle Mann sind an Bord, lediglich bei Doug McDermott zwickt noch das Knie.

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James Harden. Ist nicht schon alles über den Bart gesagt worden? Vielleicht. Dennoch steht und fällt Houston ganz allein mit dem Superstar. Seine Drives reißen die Lücken, seine Aktionen bringen die Punkte, seine Ideen die Siege. Nicht nur Russell Westbrook kann Triple-Doubles, sondern auch Harden, der sich mit Russ ein packendes Duell auf der Eins liefern wird.

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Russell Westbrook. Der Lichtkegel taucht Hauptdarsteller RW0 Abend für Abend in gleißendes Licht, während seine Mitspieler 90 Prozent der Zeit auf dem Court im Schatten agieren. Das Spotlight scheint nur auf sie, wenn sie dran sind, einen der unzähligen Durchstecker von Westbrook in Punkte umzuwandeln. Ähnlich wie in Houston stellt sich Russ als Ein-Mann-Armee gegen den Gegner. Warum lässt man Harden und Westbrook die Serie nicht einfach im Eins-gegen-Eins über 48 Minuten austragen? Es wäre episch.

Prognose

Spektakuläre Individual-Leistungen auf beiden Seiten wechseln sich ab, Harden und Westbrook steigern beide noch einmal ihre absurden Zahlen aus der Regular Season. Am Ende hat Harden aber den Heimvorteil - und neben ihm können auch Gordon oder Williams mal eskalieren. Rockets in 7.

Los Angeles Clippers (4) - Utah Jazz (5)

Saisonbilanz: 3-1 (88:75, 88:72, 108:114, 108:95)

Ausgangslage

Bleiben die Clippers endlich mal fit? Eigentlich müssten die Basketball-Götter nach so viel Pech in den letzten Jahren nun Erbarmen haben. Aber auch in dieser Saison lief es bisher nicht rund für die Kalifornier. Erst verletzte sich Blake Griffin, dann - nach seiner Rückkehr - fiel Chris Paul aus.

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Die 51 Siege (so viele hat Cleveland auch) sind gerade deshalb nicht zu verachten. Aktuell sieht es gut aus im Lazarett, auch im Regular Season Finale hat sich keiner der Stars verletzt. Lediglich Austin Rivers (Oberschenkelverletzung) muss um die Erstrundenserie bangen. Ärgerlich, aber zur Not legt Dauerbrenner Jamal Crawford (82 Saisonspiele mit 37 Jahren!) noch einen Holzscheit auf.

Mit zuletzt elf Siegen aus 13 Partien hat sich L.A. früh in den Postseason-Modus gespielt. Der Flow ist da. Seit der Rückkehr von CP3 läuft es im Team, das ausgewogen zusammengestellt ist und bessere Chancen auf den großen Wurf hat als vergangene Saison. Geheimfavorit ist ein Status, den man den Clippers nicht absprechen kann.

In Utah konnte man in den vergangenen Jahren die stetige Entwicklung beobachten - der Lohn in diesem Jahr ist Rang fünf nach der Regular Season. Großes Kompliment an Quin Snyder und das, was seine Jungs aus der Chance gemacht haben. Rudy Gobert hat sich in die Diskussion um den DPoY-Award gespielt, Neuzugang George Hill hat voll eingeschlagen und Gordon Hayward ist dank erneuter Verbesserung ist zum ersten Mal All-Star geworden.

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Mit der ekligen Defense, die Memphis bald den Grit-and-Grind-Status kosten könnte, hat sich Utah still und heimlich wie die Clippers zu einem Geheimfavoriten gemausert. Wenn das keine Ausgangslage für eine intensive Serie ist...

Player to watch

Blake Griffin. Paul hat schon gezeigt, dass er weiß, wie der Hase in den Playoffs läuft. Griffin kann zwar inzwischen auch vielseitiger scoren, doch wirkliche Dominanz und unbändigen Willen strahlt der Power Forward nicht aus. Da muss mehr kommen - und da wird mehr kommen. Griffin muss den Rost der Verletzung, der ihm immer noch anhaftet, abschütteln und sich wieder auf seine Stärken besinnen. Als Blocksteller mit Pop-Option enorm wichtig für die Halfcourt-Offense.

Rodney Hood. Zu Saisonbeginn deutete Hood an, dass er der zweite 20-Punkte-Scorer der Jazz sein kann, seit seiner Verletzung ist er aber nicht mehr der Alte. Das Selbstbewusstsein ist flöten gegangen - und damit auch die guten Leistungen. Wenn er in den Playoffs sein Mojo wiederfindet, könnte das die Unterstützung sein, die Hayward und Gobert benötigen, um Los Angeles zu schocken.

Prognose

Die Serie wird heiß umkämpft sein, ausnahmsweise schießen sich die Clippers aber mal nicht selbst in den Fuß. Der Heimvorteil und die signifikant höhere Playoff-Erfahrung macht am Ende den Unterschied. Clippers in 6.

Die Playoffs in der Übersicht