Die Dallas Mavericks haben eine Offseason vor sich, in der sie viele Entscheidungen treffen müssen. Dabei geht es zum einen um die Zukunft von Dirk Nowitzki und Nerlens Noel, zum anderen um die Art des Rebuilds und die Richtung der Franchise.
Das Verlieren ist man in Dallas nicht unbedingt gewohnt. Die vergangene Saison war die erste seit der Saison 1999/00, in der die Mavs weniger als 41 Siege einfuhren. Das war die Saison, in der Mark Cuban die Franchise übernommen hat.
In der abgelaufenen Saison war das teilweise kalkuliert, setzte man in Dallas doch auf jüngere Spieler und entschied sich nach dem schwachen Start, in der zweiten Saisonhälfte eher in Richtung Zukunft zu denken.
Mit Nerlens Noel wird lediglich ein Spieler zum Free Agent, allerdings ist das nur die offizielle Zahl. Entscheidungen haben die Mavs nämlich eine Menge zu treffen - unter anderem über die Zukunft von Dirk Nowitzki und sechs weiteren Spielern.
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Salary Cap: Dallas wäre drüber
Der Salary Cap in Höhe von 101 Millionen Dollar schränkt Dallas dabei ein wenig ein, obwohl das Team aktuell weit davon entfernt ist, sich Contender nennen zu dürfen. Würden alle Spieler im Roster bleiben, stünden die Mavs inklusive des Gehalts von Nowitzki und des Cap-Holds für Noel dennoch schon bei 107 Mio. Dollar.
Im Gegensatz zu den letzten Saisons ist Dallas allerdings nicht den einen dicken Fisch der Free Agency davon entfernt, wieder mehr als die erste Playoff-Runde in Angriff nehmen zu können.
Ungewohnt und irgendwie auch erfrischend, dass die Verantwortlichen sich nicht wieder auf die jährliche (und in der Regel erfolglose) Suche nach dem Erlöser begeben, sondern akzeptieren, dass sie einfach gerade mal zu schlecht sind, um ein mögliches Ziel für Stars zu sein.
Einen kompletten Rebuild schlossen aber sowohl Cuban als auch Nowitzki aus. "On the fly" soll es passieren. Dafür müssen sich die Mavs aber erst einmal ein paar Fragen stellen - und darauf Antworten finden.
Was passiert ...
... mit Dirk Nowitzki?
Die Mavs besitzen bei Nowitzkis 2016 abgeschlossenem Vertrag (2 Jahre/50 Mio.) eine Team-Option, die den Star für eine weitere Saison und erneut 25 Mio. Dollar an die Franchise binden würde. Dass Dirk weitermachen möchte, steht außer Frage.
Warum überhaupt das Team und nicht Nowitzki die Option hält, beantwortete Cuban jüngst im Brown and Scoop Podcast: "Wir wollten einen Zweijahresvertrag mit einer Team-Option machen, damit die Leute nicht ständig spekulieren, ob Dirk nach der Saison seine Karriere beendet. Er hätte es gehasst, wenn er in jeder Stadt gefragt worden wäre, ob er aufhört. Denn er hatte keine Intention, dem Sport schon nach dieser Saison den Rücken zu kehren."
Ok, das ist die eine Seite. Die andere erklärte Cubes allerdings auch: "Mit der Team-Option haben wir Flexibilität behalten. Wenn wir jemanden finden, den Dirk mag, und dem wir sein Gehalt zahlen wollen, dann tun wir es. Wenn nicht, geben wir es wieder Dirk. Damit habe ich auch überhaupt kein Problem."
Heißt also im Klartext: Wenn die Mavs eine Chance auf einen Spieler haben, der ein üppiges Salär verlangt, würde sie es mit Nowitzkis Hilfe theoretisch auf den Tisch legen können. Ob Nowitzki dafür einen Paycut von 10, 15 oder 20 Millionen in Kauf nehmen muss, spielt für ihn eigentlich keine Rolle.
Die 25 Millionen, die er in dieser Saison kassiert hat, waren eine kleine Entschädigung für die zwei Verträge, in denen er zu geringeren Bezügen in Dallas verlängert hat. Dass er dieses Gehalt auf dem Court inzwischen nicht mehr wirklich "wert" ist, weiß Nowitzki selbst. Auch, wenn man mit dieser Formulierung vorsichtig sein muss.
Dirk wird also einen neuen Vertrag in Dallas unterschreiben - und Cuban im Nachhinein das Gehalt eintragen. Je nachdem, was nach der Free Agency noch übrig ist.
... mit Nerlens Noel?
Noel ist in diesem Sommer die wichtigste Personalie für die Mavs. Als Restricted Free Agent kann er ein Offer Sheet eines anderen Teams unterschreiben, das Dallas allerdings matchen kann. Und wird. Die Mavericks haben Noel nicht zur Trade-Deadline von den Philadelphia 76ers geholt, um ihn diesen Sommer wieder gehen zu lassen.
Sie sehen ihn als essenziellen Bestandteil des Rebuilds. Ein junger, defensiv-orientierter Center mit einer Menge Potenzial - darauf lässt sich aufbauen.
Noel selbst hätte über seinen Tapetenwechsel von Philadelphia nach Dallas nicht glücklicher sein können. Unter Rick Carlisle ist er als Starter gesetzt, hat die Chance, sich zu beweisen und zu verbessern. Im Front Office pflegt man zudem ein gutes Verhältnis zu Noels Agent Happy Walters, daher sollte es eigentlich kein Szenario geben, in dem der 23-Jährige kommende Saison nicht das Mavs-Trikot trägt.
Das Gute ist, dass der Cap Hold von Noel lediglich 11 Millionen beträgt, sein künftiges Gehalt wird definitiv darüber liegen. Dementsprechend kann Dallas damit warten, Noels Vertrag zu finalisieren, bis das Roster Form angenommen hat. Bis dahin zählen nur die 11 Millionen gegen den Salary Cap.
Natürlich hoffen die Mavs, dass kein Team ihm einen Max-Deal anbieten wird, denn so viel Geld würden sie ungern investieren. In Noels Fall wären das in der kommenden Spielzeit 25,5 Millionen. Realistischer scheint allerdings ein Gehalt im Bereich zwischen 15 und 20 Millionen pro Saison.
... mit Yogi Ferrell?
Einer der Lichtblicke der Saison war Yogi Ferrell, der sich während eines Zehntages-Vertrags ins Rampenlicht spielte. Die Mavs behielten ihn und nach dem Abgang von Deron Williams überließ ihm Carlisle testweise sogar die Schlüssel zur Offensive und die Starterrolle auf der Eins.
Als Point Guard der Zukunft ist Ferrell ungeeignet, eine solide Backup-Rolle traut man ihm in Dallas aber zu. Sein Gehalt steigt von rund 200.000 Dollar auf 1,3 Mio. und auch wenn diese Summe nicht garantiert ist, wird ihn Dallas mit Sicherheit halten.
... mit Devin Harris?
Harris' Deal mutet auf den ersten Blick ein wenig seltsam an. Der 34-jährige Backup-Guard hat einen nur teilweise garantierten Vertrag für die kommende Saison, der ihm 4,4 Millionen Dollar einbringen kann. Aber eben nur kann, denn lediglich 1,4 Millionen davon sind garantiert.
Hintergrund ist die Verletzungsanfälligkeit von Harris, wegen der er in seinen vier Jahren bei den Mavs im Schnitt rund ein Viertel aller Spiele verpasste.
Dallas muss sich erst im Januar entscheiden, ob sie Harris bis zum Saisonende halten. Eine äußerst komfortable Situation für das Team, weniger für Harris. Der hat aber bereits angekündigt, geduldig der Dinge zu harren, die in der Offseason passieren. Er weiß, was er in Dallas hat.
... im Draft?
Die Mavs ziehen im Draft an Position neun und freuen sich über die Tiefe des Jahrgangs, besonders auf der Eins. Denn das ist Dallas' größte Baustelle. Sollten Dennis Smith oder Frank Ntilikina noch auf dem Board sein, wenn die Mavs an der Reihe sind, ist es die wahrscheinlichste Option, dass sie hier zuschlagen.
Point Guards sind in der Free Agency allerdings einige auf dem Markt, darunter Jrue Holiday, Jeff Teague und George Hill. Auch über einen Trade für Ricky Rubio wird bereits spekuliert.
Die Alternative wäre, einen der besten besten Big Men der Draft-Class zu draften, die in diesem Jahr wahrscheinlich später als die besten Guards gepickt werden. Lauri Markkanen oder Zach Collins könnten an neunter Stelle noch zu haben sein.
In Runde zwei werden die Mavs nicht picken, da sie ihre Auswahl-Möglichkeit im Zuge des Noel-Trades an Philly abgegeben haben.
Wer sind die Trade-Kandiaten?
Dwight Powell (noch 3 Jahre/29 Mio.)
Der Big Man konnte in der vergangenen Saison nicht überzeugen - ärgerlich vor allem deshalb, weil er erst 2016 einen neuen Vertrag unterschrieben hatte.
Da Barnes vermehrt auf der Vier spielt und Nowitzki dank Noel nur noch selten auf die Fünf rutschen muss, sind nicht mehr viele Minuten für Powell vorhanden. Ein Trade könnte Dallas Cap Space verschaffen, auch für Powell könnte ein Neuanfang sinnvoll sein.
Devin Harris (noch 1 Jahr/4,4 Mio.)
Coach Carlisle weiß die Dienste des Veteranen zu schätzen, auch abseits des Courts. Mit seinem speziellen Vertrag ist Harris allerdings ein guter Kandidat für einen Trade.
Das aufnehmende Team müsste nur wenig Geld in die Hand nehmen und könnte Harris bei Nichtgefallen oder einer erneuten Verletzung einfach entlassen.
Was passiert mit den restlichen Spielern?
Nicolas Brussino hat gerade gegen Ende der Saison vielversprechende Ansätze gezeigt. Sollten die Mavs ihn nicht vor dem 6. Juli waiven, wird sein Gehalt in Höhe von 1,3 Millionen Dollar garantiert. Er wird sich in einer Backup-Rolle auf dem Flügel in Ruhe weiterentwickeln dürfen.
Dorian Finney-Smith verdient kommende Saison 1,3 Millionen, die nicht garantiert sind. Dank seiner starken Defensiv-Arbeit ist es für die Mavs aber ein No-Brainer, ihn weiter zu beschäftigen. Gleiches gilt für Salah Mejri, dessen 1,5 Millionen ebenfalls nicht garantiert sind. Als Backup-Center wird Dallas ihn aber definitiv im Roster behalten und nicht vor dem 12. Juli waiven.
DeAndre Liggins haben die Mavs erst kurz vor Saisonende verpflichtet, um ihn zu testen. Er wird sich vermutlich im Training Camp beweisen dürfen. Rund 26.000 Dollar seines Vertrags in Höhe von einer Million Dollar sind garantiert.
Jarrod Uthoffs Arbeitspapier ist gestaffelt und je nachdem, ob und wann die Mavs ihn entlassen, bekommt er unterschiedlich viel Geld. Sollte er es ins Team schaffen und nicht vor dem ersten Spiel gewaivt werden, winken ihm 1,3 Millionen für die kommende Saison.
Mavs: Wo geht die Reise hin?
Weder das aktuelle Roster noch der neunte Pick des Drafts werden die Elite der Western Conference vor Angst erstarren lassen, nicht einmal die Playoff-Teams. In den nächsten zwei Saisons ist mit den Mavs - sollten sie keinen Monster-Trade einfädeln - nicht zu rechnen. Aber Dallas befindet sich dennoch auf einem guten Weg.
Mit Harrison Barnes hat man ein Zugpferd für die nächsten Jahre, Seth Curry und Noel sind auf dem Weg, sich zu Leistungsträgern zu entwickeln. Darüber hinaus haben die Mavs auch 2018 und 2019 ihren eigenen Erstrundenpick.
Zwar hat Dallas nicht gerade die beste Draft-Bilanz, aber das konnte man von den Golden State Warriors auch nicht behaupten, bevor sie mit Stephen Curry, Draymond Green und Klay Thompson drei Mal voll ins Schwarze trafen.
Eine ähnliche Erfolgsgeschichte zu schreiben, ist eher unwahrscheinlich. Doch mit ein wenig Glück, ein paar guten Entscheidungen und konsequenter Spielerentwicklung könnten die Mavs genau dann wieder um 50 Siege spielen, wenn die Dominanz der Warriors und Cavs zu bröckeln beginnt.