Lieber ein Ende mit Schrecken ...

Ole Frerks
08. November 201714:01
Eric Bledsoe getty
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Die Milwaukee Bucks haben sich per Trade die Dienste von Eric Bledsoe gesichert. Was bedeutet der Deal für die Bucks und den Greek Freak? Wie schneiden die Phoenix Suns ab - und was passiert nun mit Greg Monroe? SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist passiert?

Nach seinem fast schon legendären "I don't wanna be here"-Tweet und der anschließenden Degradierung fand die Posse um Eric Bledsoe am Dienstag endlich ihr Ende: Die Suns tradeten den Point Guard zu den Milwaukee Bucks und schlossen damit ein schon lange ziemlich unglückliches Kapitel.

Als Gegenwert für Bledsoe wandern Big Man Greg Monroe sowie geschützte Erst- und Zweitrundenpicks nach Phoenix. Wie gut diese Picks tatsächlich sein werden, hängt stark mit der Performance der Bucks in den nächsten Jahren zusammen.

Den Erstrundenpick der Bucks 2018 erhalten die Suns nur, wenn er zwischen den Positionen 11 und 16 landet. Im folgenden Jahr müsste der Pick zwischen Platz 4 und 16, im Jahr 2020 zwischen 8 und 30 landen. Sollte keines dieser Szenarien eintreten, wäre der Pick im Sommer 2021 komplett ungeschützt.

Der darüber hinaus involvierte 2018er Zweitrundenpick der Bucks ist derweil bis Draftposition 47 geschützt. Sollte er nicht in diesem Sommer nach Arizona gehen, bleibt er allerdings in Milwaukee.

Was bedeutet der Deal für Eric Bledsoe?

In seinen eigenen Worten (gegenüber ESPN): "Es bedeutet mir viel. Ich befinde mich in meinen besten Jahren und gehe zu einem konkurrenzfähigen Team in der Eastern Conference. Ich hatte das Gefühl, dass ich eine andere Richtung einschlagen musste."

Das könnte man so stehen lassen. Die Suns haben in den letzten Jahren zwei ziemlich deutlich gemacht, dass sie einen langsamen Wiederaufbau präferieren, was für den 27-jährigen Bledsoe nicht allzu sinnvoll war. Insbesondere in der letzten Saison verärgerte die Franchise ihn, als sie ihn vor den letzten 15 Saisonspielen de facto heimschickten, um möglichst wenige davon zu gewinnen. Die Draftposition war ihnen wichtiger.

Das habe ihm die Augen geöffnet, sagte Bledsoe, zumal das Team dann durchsickern ließ, Bledsoe würde wegen Knieproblemen pausieren. "Ich war zu dem Zeitpunkt zu 100 Prozent gesund", stellte der Point Guard nun abermals klar. Vor allem deshalb hatte er bereits in der Offseason um einen Trade gebeten.

Mit etwas Verspätung wurde ihm dieser Wunsch nun erfüllt. Nachdem er nun beinahe zwei Wochen auf dem Abstellgleis verbrachte, wird er bei den Bucks sofort gebraucht und soll seine Qualitäten einbringen.

Milwaukee hat mit Giannis Antetokounmpo einen der aufregendsten jungen Spieler der gesamten Liga, zuletzt geriet das Team nach gutem Saisonstart aber ins Stocken und verlor gleich vier Spiele in Folge. Dabei sind die Playoffs in der Bierstadt nicht mehr nur ein Ziel, sondern eigentlich Pflicht.

So eine Situation hatte Bledsoe zuletzt 2013 erlebt, als er noch bei den Clippers spielte. Mit Phoenix erreichte er in vier Jahren keinmal die Playoffs, knapp war es auch lediglich 2014. "Ich hatte eine tolle Zeit in Phoenix, aber es war an der Zeit weiterzuziehen", sagte Bledsoe.

Auf die Vorwürfe von Suns-GM Ryan McDonough, Bledsoe sei schlecht beraten, nicht immer ehrlich und kein guter Anführer, wollte dieser derweil nicht groß eingehen: "Die Situation ist abgeschlossen, was vorbei ist, ist vorbei. Ich freue mich auf die Bucks. Aber ich bin kein Lügner."

Wenngleich die Suns in der ganzen Angelegenheit wohl das schlechteste Bild abgaben, zumal bei ihnen schon einige Spieler "vergrault" wurden, hat auch Bledsoes Ruf zuletzt ein wenig Schaden genommen. In Milwaukee erhält er nun die Chance, diesen zu rehabilitieren, indem er sich in den Dienst der Mannschaft stellt und endlich wieder Basketball spielen kann.

Was bedeutet der Deal für die Bucks?

Unmittelbar nach Bledsoes Tweet wurden die Bucks als einer der Kandidaten genannt, für die der Point Guard in Frage kommen würde. Insbesondere defensiv passt der langarmige Top-Athlet super ins Konzept, wobei sich noch herausstellen muss, ob er in den letzten Jahren nur keine Lust hatte oder ob er womöglich einen Schritt langsamer geworden ist. Vor allem zu Clippers-Zeiten galt er noch als Pitbull in der Defense.

Für die Bucks ist Bledsoe ein Gewinn und jemand, der eine Lücke füllt, zumal man ihn so günstig bekommen konnte. Monroe war zwar ein wertvoller Backup-Center, dafür durften die Bucks aber die vielversprechenden Thon Maker, Malcolm Brogdon und Jabari Parker allesamt behalten. Noch besser hätte es ihnen sicherlich gefallen, einen Langzeit-Deal a la Matthew Dellavedova, Mirza Teletovic oder John Henson loszuwerden, aber wie gesagt: Über den Preis kann man sich nicht beschweren.

Wie gut Bledsoe offensiv reinpasst, muss sich indes noch zeigen. Ein zusätzlicher Playmaker neben Giannis und Khris Middleton wurde definitiv benötigt und Bledsoe dürfte sich recht gut mit Brogdon ergänzen, ein Upgrade gegenüber Dellavedova ist er sowieso. Gerade in puncto Shooting gibt es jedoch Fragezeichen.

Bledsoe ist eigentlich dann am besten, wenn er den Ball in der Hand hält und zum Korb ziehen kann, den Dreier trifft er über seine Karriere unterdurchschnittlich (33,4 Prozent). Er ist aus den Phoenix-Tagen neben Goran Dragic, Isaiah Thomas und Brandon Knight zwar gewohnt, auch abseits des Balles zu spielen, so richtig maximiert wurden seine Talente dadurch aber nicht. Wobei er auch noch mit niemandem zusammengespielt hat, der gegnerische Defensivreihen dermaßen verängstigt hat wie Antetokounmpo.

Milwaukee kann und wird darauf hoffen, dass Bledsoe zusätzliche Räume für den Greek Freak schafft. Bei der Niederlage gegen Cleveland etwa sah man, wie die Cavs sich am Ende nahezu ausschließlich auf Antetokounmpo konzentrierten und kein anderer Buck dies bestrafen konnte, zumal sich fast niemand im Kader ansonsten Freiwürfe regelmäßig erarbeiten kann. Genau diese Komponente bringt Bledsoe mit.

Ein Homerun im Sinne von "Jetzt sind die Bucks ein Contender" ist der Trade indes nicht. Er dürfte das Team mit Sicherheit besser machen, gerade der Frontcourt ist nun aber ziemlich dünn besetzt und das Spacing-Problem bleibt vorerst ungelöst. Die Bucks werden zusätzlichen Punch bekommen, wenn Parker im Februar von seinem Kreuzbandriss zurückkommt, auch dann fehlt es aber an Erfahrung, um realistisch mehr als etwa die zweite Playoff-Runde ins Visier zu nehmen.

Dass Bledsoe noch für zwei Jahre für 14,5 beziehungsweise 15 Millionen Dollar unter Vertrag steht, ist einerseits gut, weil es ein faires Gehalt für einen guten Point Guard darstellt, andererseits verschärft es die Salary-Cap-Problematik der Bucks ein wenig.

Für das kommende Jahr zahlen die Bucks Stand jetzt schon über 104 Millionen Dollar an Gehältern, dabei muss Restricted Free Agent Parker erst noch bezahlt werden. Sollte Parker wiederum kommenden Sommer einen lukrativen Deal erhalten, wird es ein Jahr später extrem schwer für Milwaukee, Bledsoe überhaupt zu halten.

Es bleibt also nur begrenzt Zeit, um das Maximum aus diesem Experiment herauszuholen, wenngleich es den Versuch auf jeden Fall wert ist. Man weiß es ja nie, wie Bledsoe sagte: "Einige Teams brauchen einige Zeit, andere funktionieren sofort. Wir werden sehen, wie gut wir sein werden. Ich will gewinnen. Ich bin bereit."

Was bedeutet der Deal für die Suns?

Kaum zu glauben: Es ist nicht einmal drei Jahre her, dass die Suns Bledsoe, Dragic und Thomas im Kader stehen hatten. Seit Dienstag sind sie nun alle weg und es wird somit noch stärker auf den Aufbau junger Talente gesetzt: Wichtig sind in Phoenix Devin Booker, Josh Jackson, Dragan Bender und T.J. Warren, mit Abstrichen vielleicht auch noch Alex Len. Dazu natürlich auch noch die altbekannten Superstars "Draft-Picks" und "Future Cap Space".

Dass die Suns bei Bledsoe die Reißleine gezogen haben, ist dabei vollkommen richtig, auch die Rebuild-Ausrichtung ist korrekt. Man muss ihnen aber vorwerfen, dass sie so lange gewartet haben - Bledsoe hätte schon im Sommer getradet werden müssen, bevor die Situation eskalierte. Die letzten Wochen haben seinen Trade-Wert logischerweise in den Keller getrieben.

Der Erstrundenpick ist logischerweise nett, aufgrund der zahlreichen Protections ist es aber gut möglich, dass man ihn erst in einigen Jahren bekommen wird, je nachdem, wie gut die Bucks in den nächsten Saisons abschneiden werden. Es fällt schwer zu glauben, dass man vor wenigen Monaten nicht etwas mehr bekommen hätte - es ist für Phoenix allerdings nicht das erste Mal in den letzten Jahren, dass eine solche Situation nicht optimal gelöst wurde.

Unterm Strich stehen für die Suns so (noch) mehr Draft-Picks, die Option, Monroe direkt weiterzutraden (siehe Frage 5) und mehr Cap-Space im kommenden Sommer sowie vor allem 2019, wenn die Langzeit-Verträge der Veteranen Tyson Chandler und Jared Dudley auslaufen. Unter ebendiesem Strich steht aber auch die Frage, wer dann bei den Suns unterschreiben soll.

Wenngleich Bledsoe sich sicherlich nicht ideal verhalten hat, ist er doch nur ein weiterer Spieler, der in Phoenix unglücklich wurde - in den letzten Jahren waren dies außerdem Dragic, Thomas, die Morris-Brüder, Channing Frye und auch Marcin Gortat. Wo Rauch aufsteigt, ist üblicherweise auch irgendwo Feuer.

Dass McDonough es zudem für richtig hielt, mehrfach explizit gegen Power-Agent Rich Paul zu ledern, der bekanntlich unter anderem einen gewissen LeBron James vertritt, könnte die Suns bei einigen Meetings in der Zukunft noch in den Allerwertesten beißen. Der Trade an sich ist also in Ordnung für Phoenix, die begleitenden Umstände sind es höchstwahrscheinlich nicht.

Was geschieht nun mit Greg Monroe?

Schon bitter: Da war Moose vor knapp drei Jahren der erste namhafte Free Agent, der Milwaukee den typischen Destinationen wie New York vorzug, weil er dort Teil von etwas Großem werden wollte, nun wurde er zu einem Team verschifft, das weiter entfernt von "etwas Großem" ist als fast jedes andere in der Liga.

Sein Wert ist in den letzten Jahren gefallen, in der sich die NBA immer mehr in Big Men mit Distanzwurf verliebte, trotzdem hat er sich in Milwaukee mit der Rolle als Scorer von der Bank abgefunden und ging darin sogar auf - er war trotz seiner reduzierten Spielzeit der effizienteste Center, den sie hatten. Auch defensiv ist er in den letzten Jahren enorm weit gekommen.

Nun trifft er in Phoenix auf einen ohnehin überfüllten Frontcourt, in dem sich diverse junge Talente um Minuten kloppen. Mit dem Mitleid sollte man aber wohl warten: Es ist gut möglich, dass Monroe nur sehr wenig Zeit in der Wüste Arizonas verbringen wird. Die Optionen eines Trades oder eines Buyouts stehen beide im Raum.

Die Suns werden zunächst mit Sicherheit versuchen, einen Trade-Partner zu finden, um ihren Ertrag aus dem Bledsoe-Trade zu maximieren. Angesichts des 17,8-Millionen-Dollar-Vertrags von Monroe könnte das aber schwer werden, die Gehälter müssen ja einigermaßen passen, sollte das potenziell aufnehmende Team nicht über signifikante Trade Exceptions verfügen.

Ein Buyout ist aber auch durchaus möglich. Einerseits würde ein weiterer Kaderplatz den Suns die Option geben, den Two-Way-Deal von Mike James in einen regulären Vertrag umzuwandeln, ohne dafür jemanden entlassen zu müssen. Andererseits könnte dies auch relevant werden, wenn sie sich tatsächlich um einen Trade für Sixers-Center Jahlil Okafor bemühen wollen, wie ESPN berichtet.

In jedem Fall muss man nicht davon ausgehen, dass Monroe über die Trade Deadline im Februar hinaus in Phoenix bleiben wird. Sein Skillset mag nicht mehr so richtig zeitgemäß sein, als Banger von der Bank könnte er einem Contender aber trotzdem noch helfen.