5 Beobachtungen zu Cavs vs. Warriors: Keine Lücke, sondern ein Graben

Ole Frerks
16. Januar 201810:53
LeBron James erzielte wie Kevin Durant 32 Punkte.getty
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Der 118:108-Sieg der Golden State Warriors über die Cleveland Cavaliers hat zu einigen Erkenntnissen geführt: Während das Duell zwischen LeBron James und Kevin Durant immer noch seinesgleichen sucht, ist zwischen den Teams mittlerweile ein großer Qualitätsunterschied zu erkennen. Kann Cleveland dies noch ändern?

LeBron James vs. Kevin Durant: Das Duell der Besten

Nicht erst seit den vergangenen Finals weiß man, dass LeBron James zwar immer noch der beste Spieler der Welt ist - aber dass Kevin Durant zumindest in ähnlichen Sphären wandelt beziehungsweise näher am King dran ist als wohl jeder andere NBA-Spieler. Den beiden Protagonisten scheint das ebenfalls ziemlich bewusst zu sein.

Wann immer die beiden sich mittlerweile gegenüberstehen, wirkt es persönlich - nicht bösartig, aber eben wetteifernd. Gerade im direkten Duell versuchen beide immer wieder, gewissermaßen ihr Revier zu markieren. Das war auch in dieser Partie offensichtlich, fast alle der vielen Highlights involvierten James und Durant.

Einmal brachte Durant James beispielsweise aufs Poster (inklusive anschließendem Urschrei), einmal gelang LeBron auch einer seiner patentierten Chasedown-Blocks gegen einen Leger des amtierenden Finals-MVPs. Beide zeigten individuell starke Partien und beendeten den Abend mit der exakt gleichen Punktzahl (32).

LeBron James erzielte wie Kevin Durant 32 Punkte.getty

Natürlich erzählt diese aber nur die halbe Wahrheit: James musste, das kennt man bei diesen Teams, wesentlich mehr für seine Punkte arbeiten und generell eine größere Last schultern als KD. Er hat damit zwar genug Erfahrung, aber in der zweiten Hälfte ging ihm trotzdem langsam die Energie aus - nach dem Pausentee kamen nur noch 12 Punkte, dafür aber reihenweise Ballverluste (insgesamt 8).

KD derweil lief erst im dritten Viertel richtig heiß und drehte mit 16 Punkten in diesem Abschnitt das Spiel (gemeinsam mit Stephen Curry). Man hatte nicht das Gefühl, dass er sich dafür verausgaben musste - wobei man das bei Durant ja ohnehin selten hat. Natürlich betreibt auch er großen Aufwand, aber die Dubs kommen zumeist auch klar, wenn er unauffälliger spielt oder mal auf der Bank sitzt. Die Cavs sind häufig Toast, wenn LeBron mal ein paar Minuten pausiert.

Es mag ein bisschen schade sein, dass die Teams um sie herum sich nicht auf Augenhöhe begegnen. Wie sich Durant und James gegenseitig anstacheln, darf man als Basketball-Fan trotzdem genießen. Individuell gibt es in der Liga aktuell kein hochklassigeres Matchup.

Die Rolle von Isaiah Thomas

Isaiah Thomas hat mit dem Spiel gegen Golden State nun fünf Spiele für Cleveland absolviert, die 32 Minuten Einsatzzeit waren dabei mit Abstand Höchstwert nach seiner Hüftverletzung. Offensiv war durchaus zu erkennen, dass IT Fortschritte macht. Der Wurf will zwar noch nicht fallen, wie man es aus der letzten Saison kennt (8/21 FG), Thomas kam aber schon wieder deutlich besser in die Zone und offenbarte ein ums andere Mal, dass das Pick'n'Roll mit LeBron eine sehr gefährliche Waffe werden könnte.

Er wird noch etwas Zeit brauchen, aber offensiv wird er den Cavs eine Dimension verleihen, die sie so seit dem Kyrie-Irving-Trade nicht hatten. Damit durfte aber natürlich auch gerechnet werden. Die Frage dagegen ist: Kann Cleveland gegen Golden State überleben, wenn Thomas und Kevin Love gleichzeitig auf dem Court stehen?

Nun mag der eine oder andere Cavs-Sympathisant einwerfen, dass Irving ja auch kein guter Verteidiger war; häufig war er das auch nicht. Irving konnte aber in Hochdruck-Situationen defensiv liefern - man denke nur an die Finals 2016. Und eine ganz simple Tatsache kommt hinzu: Thomas ist eben noch mal einen Kopf kleiner. Ihn zu verstecken, wird demnach deutlich schwerer.

Die Warriors waren dabei in dieser Partie noch relativ gnädig mit ihm. Das Pick'n'Roll mit Curry und Durant, welches Golden State in der Regular Season sowieso selten spielt, wurde nur in Halbzeit zwei ein paar Male gesucht - dann zeigte sich aber auch sofort, wie massiv die Probleme sind, die dadurch für Cleveland verursacht werden können. Man sollte sicherlich nicht davon ausgehen, dass Golden State auch in einem potenziellen Finals-Rematch so kulant sein wird.

Kerr werkelt noch an seiner Rotation

Auch die Warriors haben bis zu den Playoffs natürlich noch ein paar Themen, die sie klären müssen. Allen voran ist die Position des Centers interessant, da Steve Kerr hier immer noch ziemlich viel rumprobiert. Die meisten Starts bekommt wie gehabt Zaza Pachulia, gegen die Cavs aber der Georgier bekam wie schon beim ersten Duell ein DNP-CD - übrigens genauso wie JaVale McGee.

Stattdessen durften sich Jordan Bell und Kevon Looney auf der Position versuchen. Gerade Bell ist schnell und sehr athletisch, weswegen er gegen den Cavs-Smallball mit Love auf der Fünf theoretisch die beste Lösung darstellt. In dieser Partie zeigte sich aber stärker als am Christmas Day, dass er in diesem Duell auch noch ziemlich viel Lehrgeld zahlt.

Das hatte mit Love zu tun, aber nicht nur. Auch LeBron attackierte den Rookie nach Switches immer wieder und hatte damit Erfolg. Dass Bell zudem auf ein Pump Fake von Love hereinfiel und diesem drei Freiwürfe schenkte, zeugte ebenfalls von seiner Unerfahrenheit.

Andererseits: Es ergibt Sinn für Kerr, Bell zu diesen Zeitpunkt in diese Situationen zu bringen. Ebenso, wie es auch bei Patrick McCaw Sinn ergibt. Um ihr Star-Quartett herum haben die Dubs ja nicht allzu viele junge Spieler, für die mittelfristige Selbsterhaltung sind diese aber umso wichtiger.

Für den Moment sind die älteren Rollenspieler aber natürlich auch immer noch ziemlich gut. Anfang des vierten Viertels saßen Durant und Curry, aber ein Lineup aus Klay Thompson, Draymond Green, David West, Andre Iguodala und Shaun Livingston baute dann eben die Führung aus.

Hier zeigte sich dann auch wieder einer der großen Unterschiede zwischen den beiden Teams: Die Warriors sind zum großen Teil eine sehr gut eingespielte, homogene Truppe, die im Kern seit Jahren zusammenspielt. Bei den Cavs wurde hingegen bekanntlich mal wieder ziemlich viel auf links gedreht. Und bei den allermeisten Spielern, die nicht LeBron oder Love heißen, hat man meistens keine Ahnung, was man tatsächlich von ihnen bekommen wird.

Cavs: Mangel an Two-Way-Playern

Das gilt insbesondere auf dem Flügel. Wenn von der miesen Defense der Cavs gesprochen wird, stehen ja üblicherweise Love und Thomas im Fokus - aber hat in den letzten Wochen eigentlich auch mal jemand J.R. Smith und Jae Crowder spielen sehen? Beide sollten nominell 3-and-D-Spieler sein, aber Smith (35 Prozent 3FG) und Crowder (30 Prozent 3FG) agieren beide bei weitem nicht auf dem gewohnten Niveau. Weder offensiv noch defensiv.

Das ist problematisch, denn ... nun ... Two-Way-Player wachsen in Cleveland nicht gerade auf Bäumen. Von der Bank kommen bei den Cavs Dwyane Wade, der bei aller Cleverness seit Jahren kein guter Verteidiger mehr ist, Kyle Korver, der noch nie einer war, und Jeff Green, der Jeff Green ist. Iman Shumpert ist derzeit verletzt, aber wenn er die Antwort sein soll, dann haben die Cavs ziemlich große Probleme.

Was uns zum nächsten Punkt führt ...

Cavs: Wann kommt die Kavallerie?

Auch wenn die Cavs das Spiel über drei Viertel lang offen gestalten konnten, war der Qualitätsunterschied insbesondere in der Breite am Ende doch sehr gut sichtbar. Zumal es jederzeit schien, als könnten die Dubs mindestens noch einen Gang hochschalten, wenn es hätte sein müssen. Derzeit liegt keine Lücke zwischen diesen beiden Teams, sondern eher ein Graben.

Dementsprechend fragt man sich natürlich, ob und inwiefern die Cavs noch nachbessern können. Nach Informationen von Marc Stein wird es vor der Deadline am 8. Februar "definitiv" noch mindestens einen Move von den Cavaliers geben. Fraglich ist aber: Gibt es denn den einen Spieler, mit dem man tatsächlich wieder signifikant Boden auf Golden State gut machen könnte?

Namen wie DeAndre Jordan werden gehandelt, Brian Windhorst von ESPN brachte auch Kent Bazemore von den Hawks ins Gespräch. Verkompliziert wird das Ganze wiederum durch die Tatsache, dass Cleveland abgesehen von dem Brooklyn-Pick 2018 nicht allzu viele Assets hat, die es traden könnte. Und dieser galt wiederum mal als Absicherung beziehungsweise als Kickstarter für den Rebuild, wenn LeBron im Sommer wechseln sollte ...

Bevor Cleveland kein längerfristiges Commitment von James hat, wäre es eigentlich Wahnsinn, diesen Pick zu traden. Dieses Commitment wird es aber aller Voraussicht nach nicht geben. Wenn man wiederum aber nichts tut und dann im Sommer in den Finals deutlich verliert, falls man sie überhaupt erreicht, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass James dann bleiben möchte.

Klingt kompliziert? Willkommen in der Welt von Cavs-GM Koby Altman. Der 35-Jährige wusste (hoffentlich), worauf er sich einließ, als er im vergangenen Sommer die Nachfolge von David Griffin antrat; die nächsten drei Wochen dürften die anspruchsvollsten seiner jungen Karriere werden. Durch dieses Spiel sind sie noch ein kleines bisschen anspruchsvoller geworden.