J.J. Redick meistert bei den Philadelphia 76ers den Spagat zwischen NBA-Karriere, Erziehung junger Kinder und einem eigenen Podcast.SPOX und DAZN sprachen mit dem Scharfschützen über seine Neugierde, die Rolle in Philly und das grenzenlose Potenzial von Joel Embiid und Ben Simmons.
SPOX/DAZN: Mr. Redick, neben der aktiven NBA-Karriere betreiben Sie seit einiger Zeit einen eigenen, sehr hörenswerten Podcast. Wann kam Ihnen die Idee dazu und wie schaffen Sie es, überhaupt die Zeit dafür zu finden?
J.J. Redick: Das muss im Sommer 2015 gewesen sein. Damals redete ich mit Woj [NBA-Insider Adrian Wojnarowski, d. Red.] über die Möglichkeit, als er sich gerade darauf vorbereitete, seine Webseite The Vertical bei Yahoo! Sports auf den Markt zu bringen. Er wechselte dann eine Weile später zu ESPN und auch mein Podcast ist umgezogen. Ich hatte ein kurzes Gastspiel bei Uninterrupted, jetzt bin ich fest bei The Ringer gelandet. Was die Zeit angeht: Ich genieße es, den Podcast zu machen, aber ich habe im Laufe der letzten Jahre auch gemerkt, dass ich mit meinem Zeit-Management sehr effektiv sein muss. Ich habe Kinder und spiele eben auch noch in der NBA - da kommt der Podcast natürlich nicht an erster Stelle, die anderen Sachen sind irgendwie etwas wichtiger. Aber wenn ich die Zeit finde, habe ich Spaß daran. Und danke fürs Zuhören!
gettySPOX/DAZN: Mussten Sie es erst üben, Interviews zu führen, oder kam das natürlich?
Redick (lacht): Ich weiß nicht, ob man das natürlich nennen kann. Aber ich habe es vorher nicht geübt, sondern mit dem Podcast angefangen und es einfach ausprobiert. Ich hatte zuvor keine Erfahrung darin. Aber was mir sehr hilft, ist die Tatsache, dass ich sehr neugierig bin, was viele verschiedene Dinge angeht. Ich stelle viele Fragen. Ich würde es so ausdrücken: Ich bin süchtig nach Informationen. Und was mir am Podcast so Spaß macht, ist die Möglichkeit, Leute etwas auszuhorchen, die ich bewundere und von denen ich lernen kann.
SPOX/DAZN: Sie sprechen dabei mit Leuten aus allen möglichen Branchen, aber auch mit vielen NBA-Spielern. Früher gab es ja mal die Wahrnehmung, dass NBA-Spieler Rivalen sein und sich im Idealfall hassen sollten. Ist es manchmal merkwürdig, mit Spielern von anderen Teams so offen und ehrlich zu sprechen?
Redick: Ich verstehe, was Sie meinen, aber mir ist es bisher eigentlich ziemlich leicht gefallen. Mit einigen der Jungs hatte ich ohnehin schon sehr gute Freundschaften aufgebaut, andere kenne ich vielleicht nicht so gut, habe aber trotzdem Interesse an dem, was sie zu sagen haben. In meiner Generation und noch stärker in der Generation, die nach uns kommt, wachsen einfach extrem viele Spieler quasi gemeinsam auf, spielen AAU [Amateur Athletic Union, US-Jugendliga, d. Red.] zusammen oder sind bei Sneaker-Circuits zusammen unterwegs. Wir kennen uns häufig, seitdem wir 14 oder 15 Jahre alt sind. Da wäre es ja Quatsch, dann als Profi mit 22 Jahren die Freundschaft zu beenden, weil man nicht mehr im gleichen Team ist. Wir erleben ja in gewisser Weise alle das Gleiche, werden erwachsen, machen Erfahrungen mit Familie, mit Coaches und so weiter - und wir können da schon gemeinsam drüber reden.
SPOX/DAZN: Dann kommen wir nun zu Ihrer aktuellen Situation in der NBA. Sie sind in Philly einer der "Erwachsenen" in einem ziemlich jungen Team - wie würden Sie Ihre Rolle selbst beschreiben?
Redick: Auf dem Court spiele ich soweit ich weiß die zweitmeisten Minuten im Team und mache eigentlich genau das, was ich am liebsten mache: Ich score ein wenig, ich passe, und ich versuche zu verteidigen. Abseits des Courts ... wissen Sie, die Leute reden von Veteran Leadership, aber ich habe keine Ahnung, was das bedeuten soll. Das ist ein sehr willkürlicher Begriff. Es kann alle möglichen Sachen für alle möglichen Leute bedeuten. Ich denke, dass es mein Job ist, den Jungs zu zeigen, wie man sich als Profi verhält, wie ich arbeite und wie ich mich auf Spiele vorbereite. Dafür bin ich hier.
SPOX/DAZN: Inwiefern unterscheidet sich die Situation in Philadelphia von den letzten Jahren, die Sie bei den L.A. Clippers verbracht haben?
Redick: Nun, in L.A. hatten wir ein Team voller Profis. Als ich nach L.A. kam, war es das erste Mal in meiner Karriere, dass ich von Leuten umgeben wurde, die es genauso geliebt haben wie ich, ihre Fähigkeiten zu perfektionieren. Es war sehr leicht für mich in dieser Umgebung - wir haben eigentlich gar nicht trainiert, weil jeder so viel an seinen eigenen Sachen gearbeitet hat. Hier ist es anders, einfach weil die Spieler hier jünger sind. Sie wissen es noch nicht - ich wusste es mit 22 Jahren auch nicht, als ich noch neu in der Liga war. Man hat einfach noch keine Ahnung, deswegen braucht man einen oder mehrere ältere Spieler, die einem den Weg weisen können.
SPOX/DAZN: Sie haben gesagt, dass Sie nicht wissen, was Veteran Leadership ist, aber das klingt nach einer ziemlich guten Definition. Sie haben ja 2010 mit den Magic die Finals erreicht, in den Clippers-Jahren war dann in den Playoffs immer wieder der Wurm drin. Hilft es Ihnen zumindest ein wenig, dass Sie diese Erfahrungen gemacht haben?
Redick: Man bekommt dadurch auf jeden Fall ein neues Verständnis dafür, wie wichtig jeder Ballbesitz ist und welchen Stellenwert jedes einzelne Spiel haben kann. Gerade zum Ende der Saison hin denkt man schon viel an die Playoffs, an Seedings, Matchups und all solche Dinge - diese Konversationen werden mit der Zeit immer detaillierter. Ich hoffe sehr, dass wir die Playoffs erreichen, damit ich meine Erfahrungen ein bisschen mit den anderen teilen kann. Aber dafür müssen wir uns noch steigern [die Sixers stehen mit einer 20-20-Bilanz auf Platz 9 der Eastern Conference, d. Red.].
SPOX/DAZN: Ich habe leider schon das Signal bekommen, aber eine letzte Frage habe ich noch: Sie haben davon gesprochen, wie Sie Ihre Fähigkeiten perfektionieren wollen und wie wichtig Ihnen das ist. Mit Ben Simmons und Joel Embiid stehen bei den Sixers zwei der größten Talente der NBA im Kader. Haben sie auch diesen Antrieb?
Redick: Sie wollen beide großartig sein, Superstars in dieser Liga. Ich denke, dass sie beide eines Tages in die Hall of Fame aufgenommen werden, so groß ist bei beiden das Talent. Ich hoffe einfach, dass ich ihnen in der Zeit, die wir gemeinsam haben, ein bisschen auf ihrem Weg helfen kann. Von den Skills her können sie alles erreichen.