Daniel Theis hat sich einen Meniskusriss zugezogen und fällt für die restliche Saison aus. Sein äußerst erfolgreiches Rookiejahr endet damit tragisch, passt aber zur Seuchensaison der Boston Celtics - die auch um Kyrie Irving sowie Marcus Smart bangen und sich irgendwie Richtung Playoffs schleppen.
Als Head Coach Brad Stevens seine Jungs am Montag zum Training versammelt hatte, begann er mit einer Ansprache, die er in dieser Saison schon viel zu oft halten musste: Er klärte die Spieler - zumindest die, die derzeit fit sind - darüber auf, dass es zwei neue Ausfälle zu beklagen gibt: Marcus Smart und Daniel Theis.
"Ihr kennt es ja schon aus der ganzen Saison", sagte er dem Boston Globe zufolge vor versammelter Runde, "aber nun gilt es mehr denn je: Wir zählen auf jeden Einzelnen von euch." Was wie eine Standard-Floskel klingt, ist bei den Celtics bittere Realität - kaum ein Team wird in der laufenden Saison so von Verletzungen heimgesucht, kaum ein Team musste so oft das Lineup durchrotieren und sich von Spiel zu Spiel etwas Neues ausdenken.
Das Drama nahm bekanntlich schon am Opening Day seinen Lauf, als sich Neuzugang Gordon Hayward gegen die Cavaliers äußert schwer am Bein und Knöchel verletzte und - auch, wenn er selbst die Hoffnung diesbezüglich noch nicht aufgegeben hat - für den Rest der Saison ausfiel. In der Folgezeit schulterte Kyrie Irving das Team und führte es zu 16 Siegen in Folge, wovon die Celtics bis heute zehren. Den Top Seed haben sie zwar an die Raptors verloren, doch dahinter sitzen die Kobolde auf Rang zwei fest im Sattel.
gettyCeltics: Daniel Theis erleidet Meniskus-Riss
Das ist beachtlich, wenn man die zahlreichen Ausfälle, die es auch abseits von Hayward gab und vor allem derzeit gibt, berücksichtigt. Irving verpasste schon mehrere Spiele mit seinem Problem-Knie, Al Horford fehlte bereits sieben Mal, Smart schnitt sich zwischenzeitlich die Hand an einem Glasstück von einem Bild auf, Jaylen Brown hatte bei seinem schweren Sturz gegen die Timberwolves zwar Glück im Unglück, durchläuft derzeit aber das Concussion Protokoll. Diese Liste könnte noch lange fortgeführt werden - und nun muss auch Theis darauf gesetzt werden.
Der deutsche Big Man hatte sich am Sonntag in der Schlussphase gegen die Pacers am Knie verletzt. Der Medizinstab des Teams war zunächst davon ausgegangen, dass es sich bloß um einen klassischen "Knie-an-Knie"-Zusammenstoß von besonders schmerzhafter Sorte handeln würde. Eine spätere MRT-Untersuchung belehrte sie allerdings eines Besseren. Diagnose: Meniskusriss im linken Knie.
Die Franchise hat bereits kommuniziert, dass sie von einem Saison-Aus des Rookies ausgeht. Dass noch ein "wahrscheinlich" mit im Spiel ist, hängt damit zusammen, dass die Art der Behandlung und Reha noch nicht festgelegt worden ist. Theis wägt ESPN zufolge noch verschiedene Behandlungs-Optionen ab, ehe eine endgültige Prognose gegeben werden kann. Rechnen tut mit ihm in dieser Spielzeit aber niemand mehr.
Daniel Theis ist ein wertvoller Rollenspieler der Celtics
Das bedeutet für Theis und sein Team einen großen Einschnitt. Schließlich hat es der 25-Jährige geschafft, sich zu einem sehr wertvollen Rotationsspieler von Stevens zu entwickeln. Durchschnittlich 15 Minuten pro Abend hatten ihm vor der Saison nicht viele Experten zugetraut. Doch der der Big Man hatte keine Probleme, sich an den NBA-Basketball zu gewöhnen und entwickelte sich zum besagten Teil der erfolgreichen Rotation - und zu einem Publikumsliebling obendrein.
"Er ist wie ein Schwamm", analysierte kürzlich sein Teamkollege Terry Rozier. "Er lernt unglaublich schnell, dabei war es sicherlich nicht einfach, aus Europa rüberzukommen und hier zu spielen. Er macht das Beste draus."
Daniel Theis' Rookie-Statistiken
Spiele | Minuten | Punkte | Assists | Rebounds | Blocks | FG% | 3FG% |
63 | 14,8 | 5,3 | 0,9 | 4,3 | 0,8 | 54,1 | 31,0 |
"Das Beste" wird vermutlich auch dazu führen, dass Theis trotz dieses Rückschlags auch über den Sommer hinaus ein Kobold bleibt. Sein Gehalt für 2018/19 (1,3 Millionen Dollar) wird zwar erst ab dem 10. Juli garantiert, doch nach aktuellem Stand gibt es wenig Argumente für die Celtics, sich von ihm zu trennen.
Denn in den Minuten, in denen Theis auf dem Feld stand, brachte er immer das Maximum seiner Energie ein. In der Offensive bestach er als konsequenter und harter Abroller im Pick-and-Roll, später streute er auch das Pick-and-Pop ein und profitierte von seinem Touch bis hinter die Dreierlinie. Auch nach Offensiv-Rebounds war Theis immer wieder zur Stelle und punktete durch teilweise spektakuläre Putbacks, wodurch er seinem Team oftmals entscheidendes Momentum generierte.
Auch die Ankunft von Greg Monroe im Februar bedeutete keinen Einschnitt für Theis in seiner Spielzeit. Coach Stevens ist ohnehin jemand, der seine Rotation von Spiel zu Spiel an den Gegner anpasst und die Minuten-Regler beliebig oft verschiebt, und oft genug erwies sich Theis als besserer Baustein. Er selbst hatte die Verpflichtung Monroes ohnehin nicht als allzu "bedrohlich", sondern als positiv für die Mannschaft empfunden: "Er ist ein komplett anderer Spielertyp und ich kann dadurch auch auf der Position 4 spielen. Er ist ein exzellenter Post-Spieler und wird uns noch viel helfen können", schrieb er jüngst in der neusten Ausgabe seiner Kolumne auf SPOX.
Celtics: Die jungen Spieler müssen es richten
Ohnehin schätzte Stevens die defensiven Fähigkeiten von Theis noch mehr als die offensiven. Besonders die Variante eines Small-Ball-Lineups mit Theis auf der Fünf hatte es ihm angetan: "Es gefällt mir, dass er in der Lage ist, zu switchen und kleinere Spieler aufzunehmen", meint der Coach.
Deshalb könne es sein, dass nun Guerschon Yabuseles Minuten einen Sprung nach oben machen werden, da er in der Verteidigung Theis' Ausfall eher auffangen kann als Monroe. Yabusele wurde jüngst - genau wie Two-Way-Player Kadeem Allen - aus der G-League von den Maine Red Claws zurückbeordert, um den ausgedünnten Celtics-Kader aufzufüllen.
Ohnehin wird die restliche Saison mehr denn je im Zeichen der jungen Spieler stehen. Dabei kommt den Celtics zugute, dass ihr Vorsprung auf Rang 3 (mittlerweile die Pacers) noch komfortable sieben Spiele beträgt. Da brennt vermutlich nichts mehr an, weshalb besonders bei Irving und seinem Knie Zeit für eine halbwegs ausführliche Reha ist.
Der Kader der Boston Celtics
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
Kyrie Irving (verletzt) | Jaylen Brown (verletzt) | Jayson Tatum | Al Horford (krank) | Aron Baynes |
Terry Rozier | Marcus Smart (verletzt) | Semi Ojeleye | Marcus Morris | Greg Monroe |
Shane Larkin | Gordon Hayward (verletzt) | Guerschon Yabusele | Daniel Theis (verletzt) | |
Kadeem Allen |
Laut ESPN-Insider Adrian Wojnaworski macht man sich innerhalb der Franchise bezüglich Uncle Drews Knie nicht wirklich Sorgen. Irving selbst hatte angekündigt, dass "ein paar Spiele Pause" vermutlich das Beste für sein lädiertes Knie seien, um eine OP zu verhindern. Eine solche steht aber nicht im Raum - es bleibt bei der Diagnose einer Tendinitis im Knie, also einer entzündeten Sehne. Mit etwas Ruhe sollte sich dies geben und Irving in den Playoffs nicht mehr beeinflussen.
Bei Smart sieht die Sache etwas anders aus. Er hatte sich, genau wie Theis im Spiel gegen die Pacers, bei einem Hustle-Play am Daumen wehgetan und in diesem eine Bänderverletzung davongetragen. Sein Status lautet zunächst mal "fehlt auf unbestimmte Zeit." Auch hier hängt viel davon ab, für welche Behandlungsmethoden sich die Ärzte letztlich entscheiden werden.
NBA Playoffs: Kommen die Celtics-Stars rechtzeitig zurück?
Viele Leistungsträger sind also nicht mehr übrig, sodass die Celtics die verbleibende Saison eben nicht dafür nutzen können, ihren Rhythmus zu finden und weiteres Selbstvertrauen zu tanken. Den einzigen Sieg in diesem Kalenderjahr gegen einen Contender gab es am 3. Januar gegen krisengebeutelte Cavaliers, ansonsten hagelte es Pleiten gegen die Warriors, Rockets, Raptors und die "neuen" Cavs.
Auch das jüngste Spiel gegen die Pacers hat gezeigt, dass die Celtics auf dem Zahnfleisch gehen. Nach einer 10-Punkte-Führung zur Halbzeit ging es nach dem Seitenwechsel ohne Irving weiter, Horford und Brown waren ohnehin nicht dabei. So ging der Vorsprung schnell flöten. Am Ende war es dann Rozier, der den Buzzer Beater zur potentiellen OT nehmen musste, um den Abend zu retten - ohne Erfolg.
Nun heißt es hoffen, dass sich zu den Playoffs das Lazarett etwas leert. Wenn alles gut läuft, fehlen in der Postseason "nur" noch Hayward und Theis. Eine erhebliche Schwächung wäre dies natürlich immer noch, im Vergleich zur bisherigen Celtics-Saison allerdings fast schon eine Luxus-Situation. Sollte es doch zu noch mehr Ausfällen kommen, muss Stevens halt wieder seine Rede halten: "Ihr kennt es ja schon..."