Zudem erklärte Pöltl, wie sich die NBA in seiner zweiten Saison verändert hat und welche Rolle die Aussagen von DeMar DeRozan innerhalb der Liga spielen könnten.
SPOX: Jakob, Glückwunsch erstmal zu dieser wirklich guten Saison - wenn Sie jetzt ein Fazit ziehen, was ist als Sophomore der größte Unterschied zu Ihrem Rookie-Jahr?
Jakob Pöltl: Vielen Dank. Das ist nicht so leicht zu beantworten. Für mich persönlich macht die Erfahrung, die ich mittlerweile gesammelt habe, alles etwas einfacher, was mit Basketball zu tun hat. Es gibt ja dieses Klischee, dass je länger man spielt, das Spiel ein Stück weit langsamer wird, und bis zu einem gewissen Grad trifft das sicherlich zu. Es wird leichter, die richtigen Entscheidungen zu treffen, ich fühle mich ein bisschen freier auf dem Court und das erleichtert mir alles andere. So einfach das klingt, die Erfahrung ist einfach der Schlüssel.
SPOX: Sie hatten in dieser Saison schon einige individuell auffällige Spiele, beispielsweise gegen die Warriors, als Sie 11 Offensiv-Rebounds holten und Kevin Durant Sie danach als "Biest" bezeichnete. Was ging Ihnen da durch den Kopf?
Pöltl: Wir hatten in dem Spiel ein paar Verletzungsprobleme - Jonas Valanciunas hat nicht gespielt und es war daher klar, dass wir nicht so tief besetzt waren wie sonst auf den großen Positionen. Die Warriors wiederum spielen ja sehr oft mit eher kleineren Lineups, weil sie ihre Stärken beim Wurf und im Fastbreak damit ausspielen wollen. Ich habe das mehr oder weniger als Challenge gesehen: Na gut, wenn ihr da mit vier oder fünf Kleinen auf dem Court steht, dann hole ich mir dafür so viele Rebounds wie möglich. So ungefähr bin ich dann auch aufgetreten und das hat mich und das ganze Team ein bisschen gepusht. Aufgrund der Energie ist da ein wirklich gutes Spiel zustande gekommen. Wir haben leider knapp verloren, aber das war trotzdem ein sehr lustiges Spiel.
SPOX: Haben Sie das Gefühl, dass Sie mittlerweile auch eher auf den Scouting-Bögen der Gegner auftauchen, etwa mit der Stärke beim Offensiv-Rebound? Planen gegnerische Teams für Sie?
Pöltl: Ich gehe schon davon aus, dass ich irgendwo auf dem Bogen auftauche. Wobei ich bezweifle, dass sie ihre Defense auf mich einstellen. (lacht) Ich habe offensiv ja keine tragende Rolle bei uns. Aber ich sehe das nicht als Nachteil. Die Räume und den Platz, den ich dadurch bekomme, versuche ich einfach immer zu nutzen.
SPOX: Was waren abgesehen von dem Warriors-Spiel bisher die Highlights für Sie in Jahr zwei?
Pöltl: Meine Lieblingsspiele waren immer die, in denen wir von der Bank komplett das Duell für uns entschieden haben. Das erste Spiel gegen Cleveland zum Beispiel, da haben wir von der Bank einfach die ganze Zeit Vollgas gegeben und entscheidend zum Sieg beigetragen. Das ist im Laufe der Saison ja einige Male so passiert - daran erinnere ich mich definitiv gerne zurück.
SPOX: Toronto hat in dieser Saison wahrscheinlich die beste Bank der Liga. Warum funktioniert der Bench-Mob so gut?
Pöltl: Es hängt stark damit zusammen, dass wir einfach immer mit großer Energie spielen und Vollgas geben. Uns ist klar, dass das unsere Stärke ist und dass vielleicht nicht jedes Team so tief besetzt ist. Wir haben vier ganz junge Spieler im Bank-Lineup, die natürlich nicht viel Erfahrung in der NBA haben, aber das wettmachen, indem sie umso härter spielen und beispielsweise über das ganze Feld verteidigen, um die Gegner zu frustrieren. Unsere Hartnäckigkeit zeichnet uns aus.
Die Statistiken von Jakob Pöltl
Saison | Minuten | Punkte | Rebounds | Blocks | FG% |
16/17 | 11,6 | 3,1 | 3,1 | 0,4 | 58,3 |
17/18 | 18,3 | 6,6 | 4,7 | 1,2 | 64,3 |
SPOX: Der vielleicht wichtigste Bankspieler ist dabei der ungedraftete und bis vor wenigen Monaten fast komplett unbekannte Fred VanVleet. Hätten Sie jemals kommen sehen, dass so eine gute Saison in ihm steckt?
Pöltl: Jein. Ich habe grundsätzlich gewusst, dass Fred diese Fähigkeiten hat, aber dass für ihn alles so gut zusammenläuft, hätte ich nicht kommen sehen. Das ist schon eine tolle Geschichte. Er stand nie oben auf dem Zettel irgendwelcher Scouts und wurde beim Draft wirklich von allen Teams übersehen, aber er hat nie aufgegeben, obwohl er sich immer härter durchkämpfen musste als jeder andere. Und dieses Jahr war es im Prinzip wieder genau das Gleiche. Am Anfang wurde er nicht wirklich respektiert, aber er hat das von Spiel zu Spiel immer wieder bestraft und sich durchgesetzt. Er hat die Gegner sozusagen dazu gezwungen, sich auf ihn vorzubereiten, und er ist auch damit zurechtgekommen, als sie das dann versucht haben.
SPOX: Es gibt ja immer wieder Stimmen, die sagen, dass in den Playoffs die Rotationen schrumpfen und die Bank daher nicht mehr so wichtig ist. Wie sehen Sie das?
Pöltl: Zunächst einmal: Selbst, wenn wir in der Postseason reduzierte Minuten spielen sollten, haben wir unseren Job in der Regular Season schon dadurch erfüllt, dass unsere Starter viel mehr Pausen bekommen haben als in den letzten Jahren, ohne dass Spiele dadurch verloren gingen. Und ich glaube auch, dass wir gut genug sind, um auch in den Playoffs eine gute Rolle zu spielen. Es werden dort ohnehin diejenigen eingesetzt, die gut drauf sind, ob das nun die Starter sind oder wir von der Bank. Die Rotation ist da natürlich nicht so wichtig wie die Zielsetzung, dass wir das jeweilige Spiel gewinnen.