In der Nacht auf Dienstag beginnen die Eastern Conference Semifinals mit der Serie der Boston Celtics gegen die Philadelphia 76ers (Spiel 1: Di., 2 Uhr live auf DAZN). Dabei trifft ein Team, das nahezu am Stock geht, auf das womöglich gefährlichste in der gesamten Conference. Können die Celtics Joel Embiid und Co. die Party verderben?
Boston Celtics vs. Philadelphia 76ers: Die Ausgangslage
Dass die Celtics in der Regular Season mehr Spiele gewonnen haben als Philadelphia, ist längst vergessen - denn Boston tritt mittlerweile mehr und mehr mit einer Rumpftruppe an. Die Langzeitverletzten Kyrie Irving, Gordon Hayward und Daniel Theis unterstützten schon in Runde eins nur im Geiste, aber das Lazarett ist auch jetzt noch für Neuaufnahmen geöffnet.
Während der Abnutzungsschlacht gegen Milwaukee kam zwar mit Marcus Smart ein ganz wichtiger Spieler zurück, in Game 7 verletzte sich dann allerdings Jaylen Brown, der bis dahin eine waschechte Breakout-Performance in der Serie abgeliefert hatte. Brown ist für Spiel 1 gegen Philadelphia fraglich, weil ihm der Oberschenkel weiter zu schaffen macht. Brad Stevens sagte am Sonntag, dass der Sophomore durch Smart, Marcus Morris, Semi Ojeleye oder Shane Larkin in der Starting Five ersetzt werden könnte.
Schon gegen die Bucks waren die Celtics nicht das talentiertere, aber das diszipliniertere Team. Offensiv sind sie viel vom Shotmaking von unerfahrenen Spielern wie Terry Rozier, Jayson Tatum oder eben Brown abhängig, weshalb der Heimvorteil wie schon gegen Milwaukee wichtig sein könnte - Boston hat zuhause noch nicht verloren und wird dort klar vom Publikum getragen.
Eins ist aber klar: Die Sixers sind ein besseres Team als die Bucks. Das bekam in Runde eins Miami zu spüren, das überraschend deutlich in nur fünf Spielen geschlagen und zum Ende der Serie hin auch dominiert wurde. Seit der Jahreswende sind die Sixers eins der besten Teams der Liga und auch die fehlende Erfahrung ihrer besten Spieler Ben Simmons und Joel Embiid scheint sie keineswegs zu behindern.
In Runde eins hatte Philly das drittbeste Offensiv- und das drittbeste Defensiv-Rating, besser in beiden Kategorien war lediglich Golden State. Dabei kam Maskenträger Embiid sogar erst im dritten Spiel von seiner Augenhöhlenfraktur zurück. Gerade in Transition ist Philly eigentlich nicht zu verteidigen, weil Simmons in seiner ersten Saison schon so gute Entscheidungen trifft.
Das erkannte unlängst auch Bostons einziger verbliebener All-Star Al Horford an: "Wir müssen gegen Simmons so diszipliniert bleiben wie nur irgendwie möglich. Er ist ein sehr kluger Spieler und nimmt sich jeden Vorteil, den die Defense ihm gibt." Davon haben die Sixers mit ihrem balancierten Lineup inklusive der Shooter wie J.J. Redick und Marco Belinelli, der in Runde eins durchgängig on fire war, allerdings einige.
Boston Celtics vs. Philadelphia 76ers: Die Ergebnisse der Regular Season
Datum | Heimteam | Auswärtsteam | Ergebnis |
20.10.2017 | Philadelphia | Boston | 92:102 |
30.11.2017 | Boston | Philadelphia | 108:97 |
11.01.2018 | Philadelphia (in London) | Boston | 103:114 |
18.01.2018 | Boston | Philadelphia | 80:89 |
NBA Playoffs 2018: So gewinnen die Celtics die Serie
Im Prinzip kann es nur gehen, wenn Boston das Rezept gegen die Bucks mit dem Faktor 5 multipliziert und den Sixers nach Strich und Faden auf die Nerven geht. Boston muss das Spiel möglichst langsam und hässlich machen und es den Sixers verbieten, ins Laufen zu kommen.
Das fängt schon in der Offense an, die diszipliniert genug auftreten muss, um Turnover zu verhindern. Gegen die Bucks schafften sie das immerhin schon gut: Von den noch aktiven Playoff-Teams hatte nur Houston in Runde eins eine niedrigere Turnover-Rate. Und so plump das klingt: Sie müssen hoffen, dass ihre Würfe fallen - die Celtics haben nicht die dynamischen Playmaker, die die ganze Zeit offene, hochwertige Looks kreieren können, deswegen sind sie mehr als alle verbleibenden Teams darauf angewiesen, dass auch Contested Shots von Rozier und Co. reinfallen.
Auch das Rebound-Duell wird ein Schlüsselduell sein: Boston war bisher das stärkste Team beim Defensiv-Rebound, Philly wiederum holte sich prozentual die meisten Offensiv-Rebounds. Es sind diese Hustle-Kategorien, in denen sich die Celtics einen Vorteil verschaffen können.
Smart wird wohl auch relativ viel gegen Simmons verteidigen - er ist zwar deutlich kleiner als der Australier, aber auf dem Court eben die personifizierte Nervensäge, die man auf fast jeden Spielertyp (abgesehen von Embiid) loslassen kann. Und abgesehen von Horford die beste Option im Eins-gegen-Eins; Boston wird darauf hoffen, dass sie Simmons primär zum Scorer machen können. Wenn sein Verteidiger aber stets Hilfe braucht und Simmons die offenen Schützen finden kann, könnte dies eine kurze Serie werden.
Der Kader der Boston Celtics
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
Terry Rozier | Jaylen Brown (fraglich) | Jayson Tatum | Al Horford | Aron Baynes |
Shane Larkin | Abdel Nader | Semi Ojeleye | Marcus Morris | Greg Monroe |
Marcus Smart | Jonathan Gibson | Gordon Hayward (verletzt) | Guerschon Yabusele | Daniel Theis (verletzt) |
Kyrie Irving (verletzt) |
NBA Playoffs 2018: So gewinnen die Sixers die Serie
Philadelphia hat sein Rezept in Runde eins gefunden. Gerade offensiv passte der Mix wunderbar und nahm fast schon Rockets-artige Ausmaße an - kein Team ging prozentual häufiger an die Freiwurflinie, nur drei Teams nahmen gemessen an ihren Gesamt-Abschlüssen mehr Dreier. Was natürlich vor allem daran lag, dass Miami kein Gegenmittel gegen das brillante Playmaking von Simmons hatte.
Kaum zu glauben, dass der Mann seine ersten Playoffs spielt: Simmons war nicht nur statistisch überragend (18,2 Punkte, 10,6 Rebounds, 9 Assists), sondern auch seine mentale Stärke war beeindruckend. Gerade Heat-Forward James Johnson versuchte immer wieder, Simmons mit teils dreckigen Fouls zu provozieren, aber das ließ diesen völlig kalt. Das dürfte auch im vergleichsweise hitzigen TD Garden für die Sixers von Vorteil sein.
Philly sollte das Tempo pushen, wann immer dies möglich ist. Im Setplay ist dann natürlich auch Embiid wieder stärker gefragt - einen adäquaten Verteidiger für einen fokussierten Embiid im Post hat Boston nicht, spätestens dann, wenn Aron Baynes wie in jedem Spiel Foul-Trouble bekommt. In der Regular Season konnte Embiid das gegen Boston nicht immer beweisen, auch weil er sich teils zu sehr auf den Dreier verließ, das vierte Duell dominierte er aber mit 26 Punkten, 16 Rebounds und 6 Assists. Mehr davon!
Zu kompliziert muss man hier aber nicht überlegen: Wenn Philly sich auf die eigenen Stärken konzentriert und weiter so balanciert auftritt wie in Runde eins, sind sie ganz klarer Favorit in dieser Serie.
Der Kader der Philadelphia 76ers
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
Ben Simmons | J.J. Redick | Robert Covington | Dario Saric | Joel Embiid |
Markelle Fultz | T.J. McConnell | Marco Belinelli | Ersan Ilyasova | Amir Johnson |
Jerryd Bayless | Timothe Luwawu-Cabarrot | Justin Anderson | Richaun Holmes |
Celtics vs. Sixers: Wer gewinnt die Serie?
Die ganze Saison über hat Boston Verletzungen weggesteckt und sich entgegen aller Erwartungen trotzdem durchgesetzt, Talentdefizit hin oder her. Aber gegen Philadelphia endet die Saison der tapferen Celtics. Philly ist zu sehr im Rhythmus und einfach wesentlich besser darauf eingestellt, die Schwächen der Rumpf-Celtics zu bestrafen als die chaotischen Bucks - und selbst gegen die brauchte Boston sieben Spiele. In Boston werden die Celtics mindestens ein Spiel holen, aber mehr ist wohl nicht drin. Der Weg, den "Prophet" Embiid seinem Team vor dem Playoff-Start bei Instagram vorausgesagt hat, geht vorerst weiter. Prognose: Sixers in 5.