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NBA Playoff Preview: Raptors vs. Cavs - Das (erneute) Ende der LeBron-Ära in Cleveland?

LeBron James und die Cleveland Cavaliers sind gegen Toronto wohl nur Außenseiter
© getty

Wie im vergangenen Jahr treffen in der zweiten Playoff-Runde die Cleveland Cavaliers auf die Toronto Raptors - diesmal aber unter anderen Voraussetzungen. Die Kanadier genießen diesmal den Heimvorteil. Können sie dies nutzen und damit womöglich die Ära von LeBron James bei den Cavs beenden?

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Toronto Raptors vs. Cleveland Cavaliers: Die Ausgangslage

Etwas überraschend hatten beide Teams einige Probleme mit ihren Matchups in der ersten Runde. Toronto tat sich zwar in den Playoffs traditionell schwer, doch nach der überzeugenden Regular Season und einer 2-0-Serienführung gegen die Washington Wizards gingen viele von einer lockeren Angelegenheit für die Kanadier aus. Die an acht gesetzten Wizards kamen aber zurück und gestalteten die Serie offen, letztlich brachen die Hauptstädter in den letzten beiden Spielen aber jeweils spät ein und Toronto schnappte sich das Ticket für die nächste Runde in sechs Spielen.

Vor allem im Closeout-Spiel bewiesen die Raptors in D.C., was sie in der Regular Season ausgezeichnet hatte - nämlich die unglaubliche Kaderbreite. So saß DeMar DeRozan, der seine erste Off-Night erwischte (16 Punkte, 6/18 FG), für den Großteil des Schlussviertels auf der Bank. In der Zwischenzeit setzten sich die Reservisten um Fred VanVleet und Pascal Siakam im Zusammenspiel mit Kyle Lowry entscheidend ab.

Die Wizards hatten womöglich in der Spitze mehr Talent, doch da vor allem der Backcourt um John Wall und Bradley Beal unzählige Minuten abspulen musste, ließ Raptors-Coach Dwane Casey Lowry und DeRozan nur knapp über 30 Minuten aufs Feld. Es mag stimmen, dass in der Postseason die Rotationen kürzer werden, doch wenn man dennoch auf mindestens zehn Akteure im Kader setzen kann und Vertrauen hat, ist dies ein riesiges Plus.

Nun steht aber der ultimative Elchtest für dieses Toronto-Team an. Es gilt, den Dämon der Eastern Conference, LeBron James und seine Cleveland Cavaliers, zu bezwingen, und nie schien die Zeit reifer zu sein als in diesem Kalenderjahr. Schon die Indiana Pacers bereiteten dem dreifach amtierenden Ost-Champion enorme Schwierigkeiten, weswegen die Serie über die volle Länge ging. Am Ende setzten sich die Cavs mit der schlechtesten Punktedifferenz der NBA-Geschichte durch, wenn es über sieben Spiele ging (-40).

Zu verdanken war dies einmal mehr LeBron, der in der Crunchtime - wie schon so oft in der Regular Season gesehen - den Unterschied ausmachte. In Clutch-Momenten erzielten die Cavs ein Netrating von 59,0, letztlich der entscheidende Vorteil gegen ein Pacers-Team, welches ansonsten auf Augenhöhe und teils darüber agierte.

Doch nicht erst in der Crunchtime dominierte James das Geschehen. Über die Serie legte der King 34,4 Punkte im Schnitt bei 55 Prozent aus dem Feld auf. Auch bei allen weiteren wichtigen Statistiken (Rebounds, Assists, Steals, Blocks) führte er seine Farben an. Das war auch bitter nötig, denn der komplette Rest der Cavs traf gerade einmal 38,8 Prozent aus dem Feld, Kevin Love war nach James mit 11,4 Zählern der einzige Akteur mit zweistelliger Ausbeute.

Toronto Raptors vs. Cleveland Cavaliers: Die Ergebnisse der Regular Season

DatumHeimteamAuswärtsteamErgebnis
11.01.2017TorontoCleveland133:99
21.03.2018ClevelandToronto132:129
03.04.2018ClevelandToronto112:106

NBA Playoffs 2018: So gewinnen die Raptors die Serie

Toronto muss sich auf seine Stärken aus der Regular Season besinnen, das heißt, weniger Pick'n'Roll der Guards und mehr Ball Movement, das alle Spieler auf dem Court involviert. So steigerten die Raptors ihre Assist Percentage innerhalb einer Saison von 47,2 Prozent (Platz 30) auf 59,0 Prozent. Gegen die Wizards fiel der Wert ein wenig ab (56,6), war aber noch immer ansehnlich.

Die Cavs zeigten sich zwar gegen Indiana defensiv im Halbfeld deutlich verbessert, doch wenn man sie zum Rotieren bringt, stimmt aufgrund der vielen neuen Spieler oft die Abstimmung nicht. Vor allem wenn Lowry oder DeRozan auf der Bank sitzen, müssen die Backups den offensiven Rhythmus aufrecht erhalten.

War die Second Unit der Raptors in der Regular Season noch die beste Reserve der Liga (Netrating: 8,3), machte sich das Fehlen von VanVleet in den ersten fünf Spielen deutlich bemerkbar (Netrating: -9,9). VanVleet wird in dieser Serie nicht den Unterschied machen, doch er ist der Alleskleber der Second Unit und hält die Offense am Leben, eine Qualität, die zum Beispiel Delon Wright abgeht, der eher auf der anderen Seite des Feldes seine Stärken hat.

Einfache Offense muss zudem durch Transition generiert werden - egal ob Starter oder Reservisten. Indiana machte es mit durchschnittlich 17 Punkten pro Spiel im Fastbreak vor und bewies, dass die Cavs nicht plötzlich den Schalter umlegen können und auf einmal in den Playoffs solide im defensiven Umschalten sind. Gleichzeitig war dies aber auch eine Schwäche Torontos gegen Washington, wo John Wall immer wieder pushte (18 zugelassene Transition-Zähler pro Partie).

Schiebt man sämtliche Zahlenspiele aber beiseite, wird auch der mentale Aspekt eine wichtige Rolle spielen. Mit welchem Selbstbewusstsein gehen die Kanadier in diese Serie? Glauben sie selbst daran, dieses LeBron-Team zu schlagen, gegen das in den vergangenen beiden Jahren deutlich verloren wurde (2-4 und 0-4)? Erhält man hier positive Antworten und behält man in engen Spielen die Nerven, sind die Raptors das deutlich bessere Team in dieser Serie.

Der Kader der Toronto Raptors

Point GuardShooting GuardSmall ForwardPower ForwardCenter
Kyle LowryDeMar DeRozanOG AnoubySerge IbakaJonas Valanciunas
Fred VanVleetC.J. MilesNorman PowellPaskal SiakamJakob Pöltl
Delon WrightMalachi RichardsonNigel Hayes Lucas Nogueira

NBA Playoffs 2018: So gewinnen die Cavs die Serie

Kann LeBron noch einmal über eine Serie ein solches Niveau anbieten? Wer möchte da schon dagegen wetten? Zumal die Raptors wahrscheinlich mit Rookie O.G. Anunoby gegen den Mega-Star beginnen werden. Gegen den Top-Seed im Osten wird nur LeBron aber wohl nicht reichen, vor allem Love muss - trotz Problemen mit dem Daumen - langsam beginnen, seine Würfe zu treffen. Eine Quote von 33,3 Prozent aus dem Feld ist für einen Spieler seiner Klasse viel zu wenig, wenngleich das letzte Viertel gegen Indiana wenigstens Hoffnung bereitete.

Anders als Indiana besitzen die Raptors mehr Optionen im Angriff, es erscheint fraglich, ob Cleveland diese teils hochexplosive Offense beständig unter 100 Zählern halten kann. Deswegen muss das Team von Ty Lue nun zeigen, dass es tatsächlich in der Lage ist, gegen jedes Team unzählige Punkte auf die Anzeigetafel zu bringen.

Dafür müssen die Spieler, die nicht die Nummer 23 tragen, endlich beginnen, ihre Würfe zu versenken. Love und Kyle Korver treffen zwar exakt 40 Prozent aus der Distanz, danach wird es aber finster, vor allem für ausgewiesene Spezialisten wie J.R. Smith (31,3), Jose Calderon (26,7) oder Rodney Hood (16,7). Über die Dreierquote von Jordan Clarkson (14,3 Prozent) sollte ohnehin der Mantel des Schweigens gelegt werden.

Dabei ist es nicht einmal so, dass Cleveland keine offenen Dreier erspielen kann. Über 12 Versuche pro Spiel sind laut stats.nba.com völlig frei (also mindestens 6 Feet Abstand), so ist eine Quote von 40 Prozent fast schon ein wenig dürftig.

Mit George Hill kehrte in Spiel 7 zumindest ein wichtiger Rotationsspieler zurück. Kann er nach seinen Rückenproblemen gut 30 Minuten spielen, ist den Cavs an beiden Enden des Feldes extrem geholfen. Defensiv könnte er Lowry oder DeRozan checken und vorne James mit seinem Ballhandling ein wenig entlasten. Als LeBron mit Krämpfen gegen Indy behandelt werden musste, hielt er den Angriff im Zusammenspiel mit Love am Leben. Das konnte sonst kein Cavs-Spieler im Laufe der Serie von sich behaupten.

Der Kader der Cleveland Cavaliers

Point GuardShooting GuardSmall ForwardPower ForwardCenter
George HillKyle KorverLeBron JamesKevin LoveTristan Thompson
Jordan ClarksonJ.R. SmithCedi OsmanJeff GreenAnte Zizic
Jose CalderonRodney Hood Larry Nance Jr.Kendrick Perkins

Raptors vs. Cavs: Wer gewinnt die Serie?

Es spricht diesmal wahnsinnig viel dafür, dass ausgerechnet die lange auf Playoffs allergisch reagierenden Raptors Cleveland in den Urlaub schicken und damit womöglich die zweite LeBron-Ära bei den Cavs beenden. Die ersten beiden Spiele könnten dabei schon für eine Vorentscheidung sorgen. Gibt sich Toronto daheim keine Blöße, könnte dies gegebenenfalls existierende mentale Blockaden lockern. Entführen aber die Cavs ein Spiel, könnte sich die Dynamik wieder schnell zu Gunsten der Franchise aus Ohio drehen. Die Wettanbieter dürften sich nach diesem Matchup die Finger lecken - jedes Szenario scheint möglich. Am Ende des Tages gilt aber dann doch die alte Regel: Wette niemals gegen LeBron James in der Eastern Conference. Prognose: Cavs in 6.