Spiel 4 der Golden State Warriors gegen die Los Angeles Clippers wird am kommenden Sonntag ab 21.30 Uhr live auf DAZN sowie im kostenlosen LIVESTREAM auf SPOX übertragen.
Mit 94:63 führten die Dubs in eigener Halle bei noch 7:31 Minuten im dritten Viertel, als Kevin Durant ein And-1 veredelt hatte. So ziemlich jeder in der Halle hatte das Spiel da wohl abgehakt, die Warriors würden eine 2-0-Führung nach Los Angeles nehmen, um dort dann per Sweep locker in die nächste Runde zu spazieren.
Auf Seiten der Clippers fanden einige dieses Szenario aber wenig schmackhaft. Es begann mit Patrick Beverley, der sich bereits in Spiel eins ein Privat-Duell mit Durant geliefert hatte, was dazu führte, dass beide Akteure nach einem Techtelmechtel in der Schlussphase aus der Partie geworfen wurden. Und auch zwei Tage später sollte diese Angelegenheit ein großer Faktor werden.
Der Clippers-Guard verteidigte bei diesem Rückstand, als ob es um Leben oder Tod gehen würde, checkte Durant aggressiv an der Mittellinie und erzwang (mit ein wenig Schauspieltalent) das Offensiv-Foul. Es sollte die Marschrichtung für den Rest des Spiels vorgeben. Während sich Golden State auf dem Mega-Vorsprung ausruhte, bissen sich die Gäste wieder ins Spiel und knabberten Stück für Stück am Rückstand.
Lou Williams war von den Warriors nicht zu stoppen
"Wir haben aufgehört, zu spielen", stellte Warriors-Coach Steve Kerr nach dem Spiel ernüchtert fest. "Mitte des dritten Viertels haben wir komplett unseren Faden verloren, vor allem defensiv." 85 Punkte und 67 Prozent aus dem Feld genehmigten die Dubs ihrem Gegner, wobei Lou Williams gefühlt bei jedem Score der Clippers seine Finger im Spiel hatte.
Ganz so drastisch war es natürlich nicht, aber Sweet Lou verbuchte nach schwacher erster Halbzeit trotzdem unglaubliche 29 Punkte (12/18 FG) und 7 Assists in seinen 20 Minuten Spielzeit im zweiten Durchgang. Der beste Sixth Man aller Zeiten filetierte die Warriors nach allen Regeln der Kunst, sein Pick'n'Roll mit Big Montrezl Harrell wirkte teilweise wie das tödlichste Play, das die NBA je gesehen hatte.
"In der Halbzeit haben wir uns gesagt, dass wir noch einmal alles raushauen und dann schauen, was dabei herausspringt", erklärte Williams die schwer zu greifende Moral, welche die Clippers an den Tag legten. "Selbstvertrauen und Momentum kann so viel verändern, das haben wir heute gesehen." Sweet Lou fügte auch an, dass er gar nicht mehr aufs Scoreboard blickte. Erst als die Gäste auf drei Zähler dran waren, realisierte er, dass der Underdog hier tatsächlich um das größte Comeback der Playoff-Geschichte spielte.
Clippers: Rookie Landry Shamet versenkt Golden State
Dass es gelang, spiegelt auch perfekt die Saison der Clippers wieder. Bereits in Boston holte das Team von Coach Doc Rivers den exakt gleichen Rückstand auf, die Mannschaft ist gespickt mit ehrgeizigen Charakteren und Kämpfern, die diese vielleicht nicht unbedingt großartig talentierte Truppe so besonders macht.
"Unser Wille und unsere Einstellung hat uns diesen Sieg beschert", berichtete ein stolzer Rivers nach der Partie. "Alle haben geackert, haben die Veränderungen im dritten Viertel aus dem Stegreif angenommen."
Noch mehr dürfte es Rivers gefreut haben, dass dann ausgerechnet einer der jungen Wilden die Überraschung perfekt machte. Nach einem feinen Kick-Pass von Williams war Rookie Landry Shamet völlig offen und der Rookie netzte den Wurf, als ob er sein Leben lang nichts anderes getan hätte. Auch dies war mal wieder typisch für die neuen Clippers. Das Team lebt nicht von Namen, diese sind nach den Trades von Blake Griffin und Tobias Harris lange Geschichte.
Warriors: Stephen Curry findet keinen Rhythmus mehr
Die großen Namen standen dagegen auf der anderen Seite und ließen sich leichtfertig die Butter vom Brot nehmen. 16 Turnover erzwangen die Clippers und wandelten diese in 29 Punkte um. Vor allem Durant wurde von Beverley komplett entnervt, aber auch Harrell setzte mit einem harten Foul ein Zeichen.
Es war ein weiterer Faktor, der den Warriors den Zahn zog. Insgesamt wurden satte 64 Fouls auf beiden Seiten gepfiffen, bei strengerer Auslegung hätten es auch deutlich mehr sein können, doch genau so kann man die Warriors aus dem Konzept bringen. KD nahm gerade einmal acht Würfe (dazu zwölf Freiwürfe) und auch Stephen Curry (2/9 FG im vierten Viertel) war nach seinem vierten Foul im dritten Viertel eiskalt.
Selbst ein Roboter wie Klay Thompson zeigte Nerven und vergab in der Schlussphase einen völlig offenen Dreier, der die Dubs 33 Sekunden vor dem Ende mit vier Zählern in Front gebracht hätte. Thompson selbst schob es dann aber auf höhere Mächte: "Wir hatten es nicht verdient, dieses Spiel zu gewinnen. Die Basketball-Götter haben das wohl auch so gesehen, als mein offener Dreier rausgesprungen ist", fasste der Shooting Guard die Szene zusammen.
Nein, verdient hatten sie es wahrlich nicht, zu lasch agierten die Warriors, die nun in den beiden Spielen zusammengerechnet 43 Turnover angesammelt haben. Schon in Spiel eins war nur wenig Gold, was glänzte, letztlich täuschte die Explosion von Curry mit 38 Punkten und acht verwandelten Dreiern ein wenig über die Schwächen (und Konzentrationsschwächen) der Warriors hinweg.
Am Wochenende wurde noch viel über das holprige Playoff-Debüt von DeMarcus Cousins diskutiert und ob der Center dem Team nicht eher schaden würde, hatten die Clippers Boogie doch als die klare Schwachstelle ausgemacht. Der Fünfer verletzte sich aber diesmal früh am Oberschenkel, es droht sogar das Saisonaus. Es ist also nicht so einfach zu sagen, dass die Probleme bei Cousins anfangen und enden.
Warriors-Coach Kerr nicht überrascht über Leistung
Vielmehr war es ein Versagen auf vielen Ebenen, natürlich vor allem bei der Einstellung. "Es war nicht wirklich seltsam", sagte Kerr noch kryptisch zum Auftritt seiner Spieler. "Inzwischen überrascht mich bei unserem Team überhaupt nichts mehr."
Diese Aussage kann man in verschiedene Richtungen interpretieren und es sollte auch ein Warnzeichen sein, wenn Thompson nach dem Spiel erklärt, dass man in Spiel drei mit mehr Leidenschaft auftreten wird, im Prinzip ein Eingeständnis für die mangelnde Einstellung an diesem Abend. Jener Thompson war es übrigens auch, der vor einigen Monaten die Fans dafür kritisierte, dass diese ihr Team nicht genug unterstützen.
Immerhin muss man Thompson zu Gute halten, dass er sich nach dem Spiel überhaupt äußerte, was man nicht von allen Stars der Warriors behaupten konnte. Sowohl Green als auch Durant verließen wortlos die Oracle Arena und überließen die unangenehmen Fragen der Journalisten lieber anderen.
Auch Beverley beantwortete zunächst keine Fragen der Presse, stattdessen legte der Guard noch ein paar Fitnessübungen in der Kabine ein. So marschierte Sweet Lou auf das Podium, um dort erstaunt festzustellen: "Hier wird viel mehr gefragt, wenn wir gewinnen." Dann verschwand er mit einem Grinsen. Der Underdog findet wohl langsam Gefallen an den großen Spielen, während die Warriors die erste Runde bisher wie eine lästige Pflichtaufgabe angingen.
Dass sich so eine Einstellung schnell rächen kann, haben die Dubs nun auf äußerst schmerzhafte Art und Weise erfahren müssen. Vielleicht kommt man damit in der regulären Saison noch durch. Doch die Playoffs sind, egal gegen welchen Gegner, bekanntermaßen ein ganz anderes Kaliber.