In der zehnteiligen MJ-Doku "The Last Dance", die am späten Sonntagabend Ortszeit in den USA Premiere feierte und ab Montag auch in Deutschland auf Netflix zu sehen sein wird, geht es nicht allein um Michael Jordan und dessen Bedeutung für die Chicago Bulls und die NBA. Dies wurde direkt in der ersten Episode deutlich.
Der damalige General Manager der Bulls Jerry Krause stellte vor dem Start der Saison 1997/98, die im Mittelpunkt der Doku steht und gleichzeitig die letzte Spielzeit von Jordan im Bulls-Trikot war, klar, dass es nach der Saison einen Umbruch in Chicago geben würde.
"Mir ist es egal, ob du 82 Spiele in Folge gewinnst, das wird dein letztes Jahr hier sein", wird Krause vom damaligen Bulls-Coach Phil Jackson zitiert. Entsprechend angekratzt soll die Beziehung zwischen Jackson und seinem GM gewesen sein, doch auch die Spieler hegten wohl einigen Unmut gegenüber Krause. Das wird in der ersten Episode von "The Last Dance" ausführlich thematisiert.
Zwar wird in der MJ-Doku angedeutet, dass Krauses berühmtes Zitat "Organisationen gewinnen Titel, nicht die Spieler" falsch wiedergegeben wurde, nichtsdestotrotz kamen die Worte bei MJ nicht gut an. "Wir wissen, dass das Team viel größer ist als die 15 Spieler", sagte Jordan. "Die Leute, die im Front Office arbeiten, sind gute Leute. Aber das wichtigste sind die Spieler. So etwas zu sagen, ist für mich beleidigend."
Michael Jordan lobt Bulls-Teamkollege Pippen
In den verschiedensten Situationen habe sich MJ über Krause lustig gemacht, auch andere Teamkollegen hatten ein getrübtes Verhältnis mit ihrem GM. So zum Beispiel Scottie Pippen. "Wann auch immer sie über Michael Jordan sprechen, sollten sie auch über Scottie Pippen sprechen", betonte Jordan die Bedeutung seines Mitspielers. "Er ist der großartigste Teamkollege aller Zeiten."
Dennoch war Pippen Zeit seiner Karriere in Chicago unterbezahlt, fühlte sich schlecht behandelt und forderte 1997 sogar einen Trade. Dazu wollten die Bulls den Forward ohnehin loswerden.
"Nach der fünften Championship 1997 haben wir uns das Team angeschaut und realisiert, dass abgesehen von Michael alle anderen Spieler wahrscheinlich am Ende ihrer produktiven Jahre angekommen sind", erklärte Bulls-Eigentümer Jerry Reinsdorf. "Wir haben realisiert, dass es vielleicht an der Zeit für einen Rebuild ist, anstatt einen sechsten Titel zu gewinnen."
Später habe Reinsdorf seinem GM gesagt, er solle mit dem Rebuild noch warten, doch unter anderem aufgrund Krauses Gespräch mit Jackson sei die Beziehung zwischen Coach und Spielern mit dem Front Office nicht mehr zu retten gewesen. "Er hatte eine Art an sich, sich von den Leuten zu entfremden", sagte Reinsdorf über Krause.
Michael Jordan nach Verletzung: "Das Glas ist halb voll"
Von Seiten Jordans gab es schon viel früher gewisse Spannungen mit dem Front Office. Nachdem er sich 1985/86 im dritten Spiel der Saison den Fuß gebrochen hatte, war er unzufrieden damit, wie die Bulls mit seiner Verletzung umgingen. Jordan wollte so früh wie möglich wieder aufs Parkett, die Ärzte hatten aber Sorge vor einer Folgeverletzung, die seine Karriere bedrohen könnte.
Die Chance liege bei 10 Prozent, dass Jordan seine Karriere womöglich beenden müsste, sagten die Ärzte. "Da war ich von der Rolle. Das bedeutet, dass es eine 90-prozentige Chance gibt, dass das nicht der Fall ist", erinnerte sich Jordan. "Jeder denkt nur an das Negative. Aber ich denke, dass das Glas halb voll ist. Jeder andere denkt, dass es halb leer ist."
Reinsdorf entgegnete jedoch: "Wenn du schreckliche Kopfschmerzen hast und ich gebe dir ein paar Pillen. Neun von diesen Pillen würden dich heilen und eine würde dich töten. Würdest du die Pille nehmen?" Jordans Antwort: "Das kommt darauf an, wie schlimm die Kopfschmerzen sind."
Später in der Saison kam MJ zurück, in den Playoffs zauberte er sogar sein berühmtes 63-Punkte-Spiel gegen die Celtics aufs Parkett ("Das war Gott verkleidet als Michael Jordan"). So nehmen auch die Anfangszeiten von Jordans Karriere in der NBA sowie seine Zeit an der High School und am College Platz in den ersten beiden Episoden von "The Last Dance" ein.
Die Folgen sind ab Montag bei Netflix zu sehen, in der kommenden Woche setzt sich die Doku-Serie mit den Episoden drei und vier fort.