Die NBA-Saison 2019/20 ist zwar noch nicht vorbei, für einige Teams richtet sich der Fokus aber trotzdem schon jetzt auf die Offseason. Das gilt vor allem für die Golden State Warriors. Ein Blick auf die Situation der einstigen Dynastie.
Während die Titelanwärter der NBA noch darauf hoffen, dass die Saison irgendwie fortgesetzt werden kann, haben die Warriors sie schon abgehakt: Als einziges Team ligaweit sind sie mit einer 15-50-Bilanz bei noch 17 ausstehenden Spielen bereits aus dem Playoff-Rennen eliminiert. Ihnen wäre es somit recht, wenn sie an einem potenziellen "Bubble-Turnier" in Disney World gar nicht erst teilnehmen müssten.
Die Saison war eine zum Vergessen für Golden State, allerdings auch eine, um die Akkus nach fünf Finals-Teilnahmen in Folge wieder aufzuladen. Klay Thompson verpasste mit einem Kreuzbandriss die komplette Spielzeit, Stephen Curry absolvierte fünf Spiele, Kevon Looney war 20-mal dabei, Draymond Green machte immerhin 45 Spiele. Damit sind auch schon alle Leistungsträger der letzten Finals-Saison genannt, die noch in der Bay Area weilen.
Neu hinzu kam unter anderem Andrew Wiggins, der per Trade aus Minnesota geholt wurde und immerhin noch zwölf Spiele mit seinem neuen Team absolvieren konnte. Gemeinsam mit Spielern wie Eric Paschall oder Jordan Poole soll der einstige Nr.1-Pick den Kader verjüngen und das Titelfenster des Curry-Klay-Draymond-Kerns somit noch ein bisschen länger offen halten.
Warriors in der Saison 2019/20: Worum es noch geht
Als derzeit wahrscheinlichstes Szenario kalkuliert die NBA mit einer Rest-Portion der Saison, an deren Ende alle Teams bei 70 absolvierten Regular-Season-Spielen stehen sollen. Die Warriors hätten somit noch fünf Partien vor sich. Einen sportlichen Wert hätten diese nur bedingt, The Athletic zufolge wird das Disney-World-Szenario bei den Dubs verächtlich als "Replacement Summer League" betitelt.
Immerhin könnten aber Wiggins und Curry ein paar gemeinsame Spiele absolvieren und einander kennenlernen. Dass Thompson mitwirken würde, ist dagegen wohl auszuschließen. Der Fokus richtet sich damit bei den Dubs schon auf die Offseason.
gettyDie finanzielle Situation: Welchen Spielraum haben die Warriors?
Hier wird es insofern spekulativ, da die NBA ihre Salary-Cap-Projektionen inmitten der Coronavirus-Pandemie noch nicht aktualisiert hat und somit nicht klar ist, wie viel weniger Geld die Teams in der Offseason zur Verfügung haben werden. Klar ist allerdings, dass die Warriors selbst bei der ursprünglichen Cap-Vorhersage (115 Mio. Dollar) im Luxussteuer-Bereich operiert hätten.
Curry nennt den teuersten NBA-Vertrag sein Eigen (43 Mio. in 20/21), Thompson, Wiggins und Green haben allesamt ebenfalls Top-50-Gehälter. Mit allen garantierten Verträgen für die kommende Saison stehen die Dubs bereits bei einem Gesamtvolumen von knapp 149 Mio. Dollar. Stand jetzt müsste man allein dafür noch knapp 26 Mio. Luxussteuer hinzuzählen.
Die Möglichkeiten, das Team zu verstärken, sind daher limitiert. Aus dem Trade von Andre Iguodala haben die Warriors noch eine saftige Trade Exception (gut 17 Mio.), die allerdings im Juli ausläuft und nur per Trade für einen Spieler eingesetzt werden kann, der schon unter Vertrag steht. Sign-and-Trades kommen nicht mehr in Frage.
In der Free Agency hat Golden State somit nur folgende Möglichkeiten: Die Taxpayer Mid-Level Exception, die sich auf rund 6 Mio. Dollar belaufen sollte (dank COVID-19 aber sinken dürfte), sowie natürlich Minimalverträge, um den Kader aufzufüllen.
Golden State Warriors 20/21: Diese Spieler stehen unter Vertrag
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
Stephen Curry | Klay Thompson | Andrew Wiggins | Draymond Green | Kevon Looney |
Jordan Poole | Ky Bowman | Eric Paschall | Marquese Chriss | |
Alen Smailagic |
NBA Draft 2020: Welche Picks haben die Warriors?
Der wichtigste Neuzugang der Dubs wird somit wohl per Draft ins Team gespült werden. Da die Lottery noch nicht stattgefunden hat, sind die exakten Picks der Warriors noch nicht bekannt. Bleiben sie jedoch bei der schlechtesten Bilanz der Liga, womit zu rechnen ist, werden sie in jedem Fall einen der ersten fünf Picks haben. Neben dem Erstrundenpick werden die Dubs auch noch zweimal in der zweiten Runde picken.
Team Needs: Welche Spielertypen braucht Golden State?
Blickt man auf den Kader, haben die Warriors vor allem im Front Court Bedarf. Head Coach Steve Kerr würde gerne mit Looney als Center planen, dieser kämpft jedoch mit Verletzungen und wurde während der Coronavirus-Auszeit ein weiteres Mal operiert. Hinter ihm hätte Golden State Stand jetzt nur Marquese Chriss (ungarantierter Vertrag) und Eric Paschall (eigentlich zu klein) als Fünfer zur Verfügung. Wird Dragan Bender günstig gehalten, wäre er noch eine weitere unbewiesene Option.
Ein Spieler wie der potenzielle Nr.1-Pick James Wiseman könnte diese Lücke stopfen, allerdings ist es angesichts des Alters der Kern-Akteure Golden States auch möglich, dass General Manager Bob Myers lieber einen fertigen Spieler holen möchte. Ein Mittel dafür wäre ein Trade des Picks im Gegenzug für einen gestandenen Big Man. Natürlich kann aber auch versucht werden, einen solchen (günstig) in der Free Agency zu bekommen.
Auch auf dem Flügel brauchen die Dubs indes noch Leute. Nicht zuletzt deshalb soll auch Anthony Edwards ein Draft-Kandidat für Golden State sein. Auf dem Free-Agency-Markt könnten Spieler wie Jae Crowder, Mo Harkless oder DeMarre Carroll in ihren Fokus rücken, die dem Kader ein wenig zusätzliche Toughness verleihen würden. Eine A-Lösung kann sich Golden State nicht leisten, B- oder C-Lösungen sollten auf dem Markt aber zuhauf vorhanden sein.
Das gilt auch für die Position des Backup-Einsers. Hinter Curry steht für kommende Saison kein bewiesener Aufbau im Kader. Sollten die Dubs nicht mit einem Point-Guard-Pick überraschen (LaMelo Ball? Tyrese Haliburton? Killian Hayes?), könnten sie beispielsweise D.J. Augustin oder sogar die alte "Nemesis" Matthew Dellavedova kontaktieren.
imago imagesAusblick: Was können die Warriors kommende Saison reißen?
Curry hat kürzlich betont, dass man die Dynastie der Warriors nicht für beendet erklären sollte. Tatsächlich ist damit zu rechnen, dass ihnen dieses "Sabbat-Jahr" am Ende zugutekommt. Gerade Curry und Thompson dürfte diese Pause helfen. Die Körper der meisten Sportler (LeBron vielleicht ausgenommen) sind nicht zwingend dafür gemacht, jedes Jahr um die 100 Spiele zu absolvieren.
Sind beide kommende Saison gesund, muss man sich um die Offense Golden States keine großen Sorgen machen. Es wird spannend zu sehen, ob Wiggins sich gewinnbringend eingliedern kann, sein Skillset passt aber zumindest theoretisch besser zu den Splash Brothers als das von Vorgänger D'Angelo Russell. Fragezeichen stehen eher hinter der Tiefe und vor allem der Defense.
Green, Looney und Thompson könnten nach wie vor ein starkes Defensiv-Team verankern, Looneys Status ist jedoch ungewiss und auch Draymond zeigte seine Klasse in der 19/20er Saison eher selten. Die Klasse von Kevin Durant, aber auch Andre Iguodala oder sogar Shaun Livingston haben die Dubs auf dem Flügel nicht mehr. Upgrades des Kaders sind in dieser Hinsicht zwingend notwendig.
Mit dem Draft-Pick haben die Warriors dafür zumindest ein extrem wertvolles Mittel - und dazu den Ruf einer Top-Organisation, der dem einen oder anderen Veteranen vielleicht reichen wird, um auf Geld zu verzichten. Vermutlich ist das auch nötig, um wieder echten Contender-Status zu erlangen.
Sicher ist, dass es teuer wird. Das Besitzer-Team um Joe Lacob hat über die vergangenen Jahre keine Kosten gescheut, die Ausgaben für die kommende Saison könnten aber potenziell alles Bisherige in den Schatten stellen. Bleibt der großspurige Lacob sich jedoch treu, sind die Dubs aller Voraussicht nach kommende Saison wieder mittendrin in der Verlosung.