Die Oklahoma City Thunder sind zum vierten Mal in Folge in der ersten Playoff-Runde gescheitert (hier gibt es die Highlights von Spiel 7 gegen die Rockets). Dennoch ist die Saison als unerwarteter Erfolg zu werten. Wie es nun weitergeht, ist aber völlig offen, nicht zuletzt Chris Paul und Dennis Schröder könnten gegen Houston das letzte Mal ein OKC-Jersey getragen haben. Wo könnte es die beiden hinziehen? SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was ist passiert und wie ist die Saison der Thunder einzuschätzen?
Und täglich grüßt das Murmeltier für OKC. Seit dem Abgang von Kevin Durant im Jahr 2016 sind die Thunder jedes Jahr in der ersten Playoff-Runde ausgeschieden, in dieser Postseason war das Scheitern aber so knapp wie nie zuvor. Erst in den letzten Sekunden von Spiel 7 wurde das vierte Erstrunden-Aus in Folge besiegelt, wobei ausgerechnet Chris Paul keine gute Figur abgab.
Dabei war der Point God über die komplette Saison die treibende Kraft der Thunder. Vor der Spielzeit zweifelten viele daran, dass der aus Houston getradete Spielmacher die Saison im Jersey der Thunder beenden würde. ESPN gab OKC eine Chance von 0,2 Prozent auf die Postseason, eben auch weil jeder davon ausging, dass General Manager Sam Presti das Team noch während der Spielzeit komplett aufbrechen und damit den endgültigen Neuaufbau einleiten würde.
Es kam komplett anders. Trotz der Abgänge der beiden All-Stars Russell Westbrook und Paul George wurde OKC zu einer Feel-Good-Story, nach Thanksgiving waren die Thunder sogar hinter Milwaukee und den Lakers das beste Team der Liga. OKC gewann angeführt vom dreiköpfigen Guard-Monster bestehend aus CP3, Shai Gilgeous-Alexander und Dennis Schröder reihenweise enge Spiele und kletterte nach einem klassischen Fehlstart klammheimlich in die Spitzengruppe des Westens.
Nun verließ die Thunder ausgerechnet in Spiel 7 gegen Houston das Glück. Zuvor hatte man drei klare Niederlagen eingesteckt, aber eben auch im OKC-Style drei Spiele hauchdünn gewonnen. So bitter das auch ist, dürfte sich die Enttäuschung in Grenzen halten.
SGA deutete sein Potenzial an, dazu fand Coach Billy Donovan in Darius Bazley und Harden-Albtraum Luguentz Dort zwei Youngster, die in der Zukunft womöglich das seit Jahren andauernde Casting auf dem Flügel beenden könnten.
Gerade Dort erlebte in der Serie gegen Houston seinen Durchbruch und beackerte Harden leidenschaftlich. Offensiv gibt es noch viel Luft nach oben, auch wenn er in Spiel 7 mal eben 30 Punkte auflegte.
Thunder vs. Rockets: Die Serie im Überblick
Spiel | Datum | Uhrzeit | Team 1 | Team 2 | Ergebnis |
1 | 19. August | 0.30 Uhr | Houston Rockets | Oklahoma City Thunder | 123:108 |
2 | 20. August | 21.30 Uhr | Houston Rockets | Oklahoma City Thunder | 111:98 |
3 | 23. August | 0 Uhr | Oklahoma City Thunder | Houston Rockets | 119:107 OT |
4 | 24. August | 22 Uhr | Oklahoma City Thunder | Houston Rockets | 117:114 |
5 | 30. August | 0.30 Uhr | Houston Rockets | Oklahoma City Thunder | 114:80 |
6 | 1. September | 3 Uhr | Oklahoma City Thunder | Houston Rockets | 104:100 |
7 | 3. September | 3 Uhr | Houston Rockets | Oklahoma City Thunder | 104:102 |
Wie geht es mit Chris Paul weiter?
Es lässt sich nicht leugnen, dass die Thunder versucht haben, CP3 bereits vor der laufenden Saison zu traden. Die Miami Heat wurden immer wieder ins Spiel gebracht, ein Deal kam aber aufgrund von Pauls Vertrag nie zustande. Langfristig ist das verständlich, schließlich stehen ihm in den kommenden beiden Jahren noch insgesamt satte 85,5 Millionen Dollar zu (Paul wird die Spieleroption für das zweite Jahr in Höhe von 44,2 Mio. Dollar sicherlich nicht verstreichen lassen).
Diese Saison zeigte aber eben auch, dass Paul weiter einer der drei besten Spielmacher der Liga ist, was zurecht mit dessen zehnter All-Star-Berufung nach drei Jahren Pause belohnt wurde. CP3 blieb erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit fit und verpasste nur ein einziges Spiel und das auch nur, weil er nach dem Tod von Kobe Bryant um seinen guten Freund trauerte.
Ansonsten zeigte sich, dass Pauls Spiel gut altert. CP3 war stets schnell, aber nie der Schnellste. Auch seine Athletik war nie elitär, von seiner fehlenden Größe ganz zu schweigen. Dafür war er schon immer hellwach, dachte wie ein Coach und war meist einfach cleverer als all seine Gegenspieler.
"Er ist der geborene Anführer", befand Nuggets-Coach Michael Malone, der als Assistant Paul in New Orleans coachte. "Er geht in dieser Rolle auf und hat keine Angst davor." Nur: Paul wird nicht bis zum Ende seiner Karriere in OKC den Leader und Mentor geben, dafür fehlt ihm in seiner Karriere ein Aspekt - der Playoff-Erfolg.
Sollte Paul keinen Trade direkt fordern, wird OKC den Spielmacher aber nicht verscherbeln. Die Thunder haben genug Picks, um an einem Team für die Zukunft zu basteln, während man im Westen weiter um die Playoffs mitmischt. Die Frage ist auch, wer die gut 40 Millionen pro Jahr von Pauls Vertrag absorbieren kann. Philadelphia würde ein All-Star-Guard gut zu Gesicht stehen, die Sixers haben aber nur wenig anzubieten.
Interessanter könnten die Denver Nuggets sein, die zum Beispiel ein Paket aus Gary Harris, Will Barton und Michael Porter Jr. schnüren könnten, wenn sie tatsächlich All-In gehen wollen. Ähnlich verzweifelt könnte auch Milwaukee sein, wenn es diese Saison wieder nichts wird mit dem Titel. Abschließend sollten auch die New York Knicks nicht ausgeschlossen werden, es wäre passend, wenn diese sich einen teuren Star nach dessen Blütezeit angeln würden.
Wird Dennis Schröder nun getradet?
Womöglich würden sich die Knicks aber auch mit einer etwas kleineren Lösung in Person von Schröder zufrieden geben. Der Deutsche spielte eine herausragende Saison und wurde völlig zurecht unter die Top 3 der besten Sixth Man der Saison gewählt. Dass diese Rolle für den deutschen Nationalspieler keine Lösung auf Dauer ist, deutete er bereits mehrfach an.
Es sollte Coach Donovan angekreidet werden, dass er Schröder im Laufe der Rockets-Serie nicht starten ließ. Der frühere Hawks-Guard war OKCs beste Waffe in der Offensive und mit seiner Schnelligkeit von den Rockets nicht einzufangen. Hier zwei Zahlen: Ohne Schröder erzielte Houston auf 100 Ballbesitze hochgerechnet 28 Punkte mehr als OKC. Der Grund ist einfach: Ohne DS17 sank das Offensiv-Rating der Thunder auf miserable 86,6, mit ihm betrug es 107,7.
Und dennoch dürfte Schröders Name in den kommenden Monaten häufiger in Trade-Gerüchten vorkommen. Sein Vertrag über 15,5 Millionen Dollar läuft 2021 aus, weswegen die Thunder spätestens zur kommenden Trade Deadline mit Argusaugen Angebote für ihn prüfen werden.
Schröder ist ehrgeizig und will um den Titel mitspielen. In wenigen Wochen wird der Braunschweiger 27 Jahre alt, dazu will er sich für einen gut dotierten Anschlussvertrag empfehlen. Die Frage bleibt jedoch, welches Team einen soliden Starter für die Eins gebrauchen könnte.
Der Großteil der Spitzenteams ist gut bestückt, womöglich könnte Miami Interesse haben, wenn der Vertrag mit Goran Dragic nicht verlängert wird. Auch Milwaukee könnte einen scorenden Guard gebrauchen, wenn man mit Eric Bledsoe nicht mehr zufrieden ist.
Ansonsten dürfte der Markt jedoch recht dünn sein. Den Knicks wurde Interesse an Schröder nachgesagt, Orlando könnte neben Markelle Fultz noch einen Scorer gebrauchen. Danach wird es aber auch schon recht dünn. Dass Schröder über 2021 hinaus in OKC bleiben würde, erscheint aber unwahrscheinlich.
Die Statistiken von Dennis Schröder in der NBA
Saison | Team | Spiele | Punkte | Assists | FG% | 3FG% |
19/20 | Thunder | 65 | 18,9 | 4,0 | 46,9 | 38,5 |
18/19 | Thunder | 79 | 15,5 | 4,1 | 41,4 | 34,1 |
17/18 | Hawks | 67 | 19,4 | 6,2 | 43,6 | 29,0 |
16/17 | Hawks | 79 | 17,9 | 6,3 | 45,1 | 34,0 |
15/16 | Hawks | 80 | 11,0 | 4,4 | 42,1 | 32,2 |
14/15 | Hawks | 77 | 10,0 | 4,1 | 42,7 | 35,1 |
13/14 | Hawks | 49 | 3,7 | 1,9 | 38,3 | 23,8 |
Was bekommt Danilo Gallinari in der Offseason?
Immer wieder wird betont, dass die kommende Free Agency wenig namhafte Akteure anbietet. Gallinari zählt definitiv zu den besten zehn verfügbaren Spielern. Dass Gallo nun ein ein (weiterer) warmer Geldregen bevorsteht, ist jedoch ein Trugschluss. Die meisten Teams haben keinen Cap Space, vor allem nicht die potenziellen Top-Teams.
Vor der Corona-Pandemie wurde spekuliert, dass der Italiener mindestens 20 Millionen Dollar pro Jahr fordern könnte, bei der ungewissen finanziellen Zukunft dürfte diese Summe eher vom Tisch sein. Stand jetzt könnten sich ohnehin nur neun Teams den 32-Jährigen leisten.
Für Franchises wie Atlanta, New York, Detroit, New Orleans oder Charlotte ergibt Gallinari aber keinen Sinn, da er eher als eine kurzfristige Lösung angesehen werden sollte, der aus einem guten ein sehr gutes Team machen kann.
Daher stechen zwei Kandidaten ins Auge: Miami und Phoenix. Die Heat versuchten bereits im Februar für Gallo zu traden, der Deal platzte erst in letzter Sekunde. Allerdings schielen Pat Riley und Co. auch in Richtung 2021, wenn ein gewisser Giannis Antetokoumpo erstmals frei auf dem Markt sein könnte. Miami würde Gallinari wohl nur ein Jahr anbieten.
Anders verhält es sich mit Phoenix, die nach ihrem 8-0-Auftritt in der Bubble Blut geleckt haben dürften und nach zehn langen Jahren wieder in die Playoffs wollen. Als werfender Vierer würde der Forward gut ins Konzept passen.
Starten die Thunder nun einen Neuanfang?
Und dann wäre da noch die Möglichkeit, dass OKC den Italiener mit Bird Rights (sie können also für eigene Free Agents über den Cap gehen) für mindestens ein weiteres Jahr halten. Dies würde Sinn ergeben, wenn OKC vor allem CP3 hält und sich noch ein weiteres Jahr daran versucht, eine Playoff-Runde zu gewinnen.
Es gibt durchaus gute Argumente dafür. Oklahoma City bleibt trotz vergangener Erfolge der Durant/Westbrook-Jahre ein kleiner Markt, der vor allem von Zuschauereinnahmen lebt. Es dürfte im Interesse der Franchise liegen, wenn die Thunder weiterhin relevant bleiben.
CP3 könnte - wenn er das möchte - SGA weiter anleiten und für größere Aufgaben vorbereiten. Sollte dann doch ein gutes Angebot kommen, werden die Thunder darüber nachdenken.
Presti wird aber keine Trades einfädeln, nur damit er Spieler loswird. Neben Paul und Schröder dürfte auch Steven Adams ein Thema werden, dessen deutlich zu hoher Vertrag (27,5 Mio. Dollar) ebenfalls 2021 ausläuft. Danach sind die Bücher der Thunder blitzsauber (wenn Paul weg ist) und es wartet ein ganzer Container voller Draft-Picks auf OKC.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt würde der richtige Neuanfang beginnen, sollten die Thunder nicht wider Erwarten in die Free Agency 2021 eingreifen wollen. Das Geld dafür wäre da, nur dürfte der Standort an der Route 66 für die ganz großen Namen wenig attraktiv sein.
Egal, wie man sich letztlich entscheiden wird: OKC ist gut für die Zukunft aufgestellt, nicht nur weil Gilgeous-Alexander sein enormes Potenzial andeutete. Presti hat sich durch die Trades von Westbrook und George sein persönliches Schlaraffenland geschaffen, in den kommenden Jahren kann er so die Weichen für das nächste große Thunder-Team stellen.
gettyOKC Thunder: Das sind die Draft-Picks der nächsten Jahre
Jahr | Eigene Picks | Eingehend | Ausgehend |
2020 | 2nd | 1st von DEN (25. Pick) | 1st an Philadelphia (21. Pick) |
2021 | 1st & 2nd | Pick-Swap: OKC erhält besten 1st aus OKC/MIA/HOU | |
2022 | 2nd | 1st von LAC | 1st an Atlanta (Top-14-geschützt, sonst 2 2nds) |
2023 | 1st & 2nd | 1st von MIA (Top-14-geschützt), Pick-Swap mit LAC | |
2024 | 1st & 2nd | 1st von HOU (Top-4-geschützt), 1st von LAC, 2nd von MEM | |
2025 | 1st & 2nd | 1st von HOU oder LAC (Pick-Swap) | |
2026 | 1st & 2nd | 1st von HOU (Top-4-geschützt), 1st von LAC |