NBA - Derrick Rose kehrt zu den New York Knicks zurück: Der Trade in der Analyse

Ole Frerks
08. Februar 202111:39
Zum zweiten Mal in seiner Karriere wird Derrick Rose für die New York Knicks auflaufen.getty
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Die New York Knicks haben sich in Derrick Rose einen alten Bekannten zurückgeholt, der ihnen im Kampf um die Playoffs helfen kann. Obwohl sie dafür nicht viel abgeben mussten, kann der Trade ein alarmierendes Zeichen für sie sein. Der Trade in der Analyse.

Bis zur Trade Deadline am 25. März ist es zwar noch lange hin, mit einer Rückholaktion haben die Knicks die vermutlich recht aktive Post-James-Harden-Trade-Phase nun aber schon ziemlich früh eingeleitet. Mit Derrick Rose kommt ein Spieler zurück in den Big Apple, der schon in der 2016/17er Saison für die Knicks spielte.

Der wohl noch wichtigere Aspekt dieser Rückholaktion ist jedoch, dass Rose damit zum bereits zweiten Mal mit seinem alten Coach Tom Thibodeau wiedervereint wird. Thibs coachte Rose in Chicago zum jüngsten MVP der NBA-Geschichte (2010/11), später trafen sich beide in Minnesota wieder, als anscheinend nur Thibs seinem Schützling nach einem Missverständnis in Cleveland noch eine Chance geben wollte.

Thibodeau wollte den kolportierten Trade am Sonntag im Rahmen der Partie gegen Miami nicht kommentieren und verwies auf Teampräsident Leon Rose, dessen Zuständigkeitsbereich solche Angelegenheiten in New York sind. Das ist an und für sich richtig, trotzdem trägt diese Transaktion explizit die Handschrift des Head Coaches.

Derrick Rose: Der Trade im Detail

  • New York Knicks erhalten: Derrick Rose, knapp 2 Mio. Dollar
  • Detroit Pistons erhalten: Dennis Smith Jr., Zweitrundenpick 2021 (via Charlotte)

Das bedeutet der Derrick Rose-Trade für die Detroit Pistons

Die Pistons und ihr neues Front Office um Troy Weaver begeben sich einen Schritt weiter in den Rebuild, der in erster Linie mit jungen Spielern stattfinden soll. Bisher ist der Kader zwar nicht übermäßig jung und Veteranen wie Mason Plumlee oder Wayne Ellington dürften weiterhin ihre Rollen spielen, mehr als Rose sind sie aber auch dafür da, um als Mentoren zu dienen.

Dass der frühere Superstar getradet werden könnte, stand schon vergangene Saison zur Debatte, als er von der Bank kommend richtig stark spielte, sein Team jedoch nur selten konkurrenzfähig wirkte. Damals wollte Rose keinen Szenenwechsel und die Pistons respektierten dies. Angesichts der neuen Situation, in der Detroit trotz der starken Saison vom Neuzugang als schwächstes Team der Eastern Conference angesehen wird, hat sich seine Meinung nun geändert.

Welche Angebote den Pistons für Rose nun vorlagen, ist nicht bekannt - gemeldet haben sollen sich unter anderem die Clippers, Nets, Bucks und Heat, was nach Roses guter Vorsaison nicht verwunderte (18,1 Punkte, 55,5 Prozent True Shooting). Gemessen an diesem Interesse sind Smith und ein Zweitrundenpick vermutlich in den niedrigen 40ern kein enormer Gegenwert.

Was bringt Dennis Smith Jr. den Pistons?

Smiths Zeit in der NBA und insbesondere bei den Knicks muss bisher als Missverständnis gesehen werden. Der hochveranlagte Guard ließ in Dallas zeitweise sein Potenzial durchblitzen, in New York kam er nach dem Trade (Smith wurde unter anderem für Kristaps Porzingis getauscht) nie richtig in Tritt und bat nach diversen Verletzungen zuletzt sogar selbst darum, in die G-League geschickt zu werden, um sein Selbstvertrauen wiederzufinden.

Die Pistons wiederum sehen laut ESPN im noch immer erst 23-Jährigen ein Projekt; einen talentierten Spieler, der ohne großen Druck vielleicht doch noch die Möglichkeit hat, seine Karriere in den Gang zu kriegen. Ähnlich sind sie auch schon mit anderen Lottery-Picks der letzten Jahre verfahren, schließlich stehen Jahlil Okafor und Josh Jackson auch bereits im Kader. Speziell Jackson wurde schon abgeschrieben, hat unlängst etwa gegen die Lakers aber gezeigt, dass er durchaus noch Potenzial besitzt, als er von der Bank kommend 28 Punkte erzielte.

Detroit ist in einer Situation, in der es an Talent mangelt und in der man sich solche Experimente erlauben kann, zumal in Killian Hayes der etatmäßige Point Guard der Zukunft noch eine Weile verletzt fehlen wird. De facto ist Delon Wright momentan ansonsten der einzige Point Guard im Kader, Minuten für Smith wären also da.

Dennis Smith Jr. stand vergangene Saison nur in 34 Partien auf dem Parkett und erzielte 5,5 Punkte im Schnitt.getty

Detroit hat kein Risiko

Wenn Smith nicht einschlägt, was realistisch betrachtet die wahrscheinlichste Option ist, ist das nicht problematisch: Nach dieser Saison wird er Restricted Free Agent. Es besteht also kein Risiko, auch mit Rose wurde ja nicht langfristig geplant. Smith hat in den letzten Jahren offenbar komplett das Vertrauen in seinen Wurf verloren, findet er dies jedoch wieder, könnte sich der Move rentieren.

Die Pistons haben zusätzlich etwas Geld gespart und sich eben den Pick gesichert. Aufgrund des Blake Griffin-Trades muss Detroit in den kommenden Jahren noch etliche eigene Picks abgeben, insofern ist auch dieses Asset gerne gesehen. Einen Erstrundenpick hätte man sicherlich gern gesehen, diesen hätten viele der anderen interessierten Teams allerdings gar nicht anbieten können.

Im Großen und Ganzen hat Detroit mit einem seiner letzten Assets also gut abgeschnitten, Rose hat den Pistons immerhin mehr eingebracht als Andre Drummond im vergangenen Jahr. Blickt man auf den verbliebenen Kader (Griffin!), muss dieser Trade nicht der letzte gewesen sein.

Das bedeutet der Derrick Rose-Trade für die New York Knicks

Vor der Saison gab es nicht wenige Beobachter, die die Knicks in etwa auf einer Qualitätsstufe mit den Pistons gesehen haben. Der Saisonstart verlief jedoch anders, derzeit rangiert New York mit einer 11-14-Bilanz sogar auf dem achten Platz und träumt daher von der ersten Playoff-Teilnahme seit 2013. Rose soll der stolzen Franchise dabei mehr als beim ersten Versuch helfen.

Auf den ersten Blick ist das nur logisch: New York musste kaum etwas abgeben, Extra-Picks hat man in den kommenden Jahren zur Genüge und Smith spielte in den Planungen keine Rolle mehr. Die Point Guard-Position galt vor Saisonstart als Problemzone und Rose ist nominell ein Upgrade gegenüber dem derzeitigen Starter Elfrid Payton. Es gibt jedoch komplizierte Begleitumstände.

Die wichtigste Frage lautet, wen Rose in der Rotation eigentlich ersetzen wird, denn Payton ist dafür womöglich nicht der (aus Thibodeau-Sicht) logischste Kandidat. In der bisherigen Saison war Rookie Immanuel Quickley der Lichtblick und der Point Guard, der den Knicks die meiste Produktion brachte, Thibodeau bevorzugte jedoch als Starter den Veteranen Payton, der zumindest in der Theorie etwas mehr Playmaking liefern und verlässlicher spielen sollte.

Wen soll Derrick Rose ersetzen?

Das ist nur bedingt der Fall gewesen und viele Knicks-Fans forderten zuletzt, dass Quickley, der ein wesentlich besserer Shooter ist, Payton als Starter ersetzen sollte, Thibs gewährte diesen Wunsch jedoch nicht; tatsächlich spielte der Nr.25-Pick in den vergangenen beiden Partien nur 13 beziehungsweise 12 Minuten.

Thibodeau ist berüchtigt dafür, nicht allzu viel Geduld mit jungen Spielern zu haben - Quickleys Leistungen schwanken recht stark, auf sein 31-Punkte-Career-High gegen Portland etwa folgte ein 6-Punkte-Outing (inklusive 1/11 Würfen) gegen Utah. Seine True Shooting-Werte schlagen die von Payton trotzdem um Längen (55,8 zu 47,1 Prozent), der Wurf macht ihn auf dem Papier zu einem besseren Fit neben Julius Randle und R.J. Barrett, bisher hat ihm das jedoch keine größere Rolle beschert.

Die Frage ist nun: Soll Rose, der genau wie Quickley eher Scorer denn Vorbereiter ist, Payton oder Quickley in der Rotation ersetzen? Ersteres könnte ein Upgrade darstellen - auch wenn es dann vermutlich am meisten Sinn ergeben würde, Quickley starten und Rose von der Bank kommen zu lassen, wo er sich seit mittlerweile drei Jahren am wohlsten fühlt.

Was ist die Priorität der Knicks?

New York lässt bei seinen Startern viel Offense über Julius Randle laufen, der vom Post aus initiiert, Quickley kann dafür mit seinem Wurf das Feld breiter machen und sich abseits des Balles gut bewegen. Rose ist vom Typ her selbst eher ein Spieler, der viel den Ball in der Hand hat und lieber den Korb attackiert als von draußen zu werfen; sein Wurf ist, abseits von einer Ausreißer-Saison in Minnesota mit 37 Prozent, eine traditionell wacklige Angelegenheit.

Passt Thibs die Rotation auf diese Weise an, könnte sich der Deal für New York lohnen - blickt man auf die Geschichte des Coaches, ist aber die andere Lösung naheliegender: Rose nimmt einen Großteil der Minuten von Quickley, dessen Rolle schwindet. Der Lieblingsschüler soll Thibodeau dann dabei helfen, direkt im ersten Jahr die Playoffs zu erreichen, gemeinsam mit anderen Veteranen.

Es lässt sich einerseits darüber streiten, wie groß der Mehrwert wäre, den Rose in dieser Saison gegenüber Quickley darstellt; das ist aber nicht die wichtigste Frage. Diese muss vielmehr lauten: Wer ist langfristig wichtiger? Und ist das Erreichen des Play-In-Turniers, was für New York ohnehin das Höchste der Gefühle wäre, wirklich die oberste Priorität?

Die Point Guards der Knicks und ihre Statistiken

SpieleMinutenPunkteTS%AssistsTurnoverOff-Rtg.
Elfrid Payton2528,511,947,13,7297
Immanuel Quickley2118,91255,82,71,1114
Derrick Rose (DET)1522,814,251,74,21,9104

Die New Yorker Blues Brothers

Die Knicks wurden in der Offseason teils dafür gelobt, endlich etwas geduldiger zu agieren, im Gegensatz zu früheren Jahren. Mit Quickley ist ihnen im Draft offenbar ein Glücksgriff gelungen, auch wenn der 21-Jährige seine Leistungen natürlich auch noch bestätigen und stabilisieren muss. Sollte ihm nun aber wirklich der 32-jährige Rose vor die Nase gesetzt werden, wäre das ein Verfall in alte Gewohnheiten.

Mit Taj Gibson haben die Knicks bereits einen alten Thibs-Vertrauten zurückgeholt, Rose ist nun der nächste. Jimmy Butler witzelte am Sonntag bereits, dass Thibodeau wie einst die Blues Brothers "die Band wieder zusammenkriegt". Auf dem Papier wurde für diese Aktion kein hoher Preis gezahlt und da Rose via Cap Space aufgenommen wurde, könnte er sogar vor der Deadline noch wieder getradet werden. Im Vakuum ist der Trade also vollkommen in Ordnung.

Die Frage ist nur eben, wie es jetzt weitergeht. Und das kann bei Thibs und bei den Knicks gleichermaßen Sorgen machen. Eigentlich ist es jedem klar, dass die Entwicklung junger Talente momentan an erster Stelle stehen sollte. Aber ihnen auch?