Die L.A. Clippers dominierten gegen die Utah Jazz in Spiel 3 und sicherten sich den Heimsieg mit 132:106. Die Jazz sind mit der 2-1-Führung in der Serie weiter im Vorteil, stehen jedoch mehreren Besorgnis erregenden Trends gegenüber.
Ein Held reicht nicht für Heroball
Donovan Mitchell sammelt nach seiner überragenden Postseason in der letztjährigen Bubble auch in diesem Jahr weiter fleißig Argumente, um vom Ansehen her in die Reihe der Superstars aufzusteigen. Seine 32,7 Punkte und 5,3 Assists pro Spiel bei Shooting-Splits von 48/42/88 belegen das genau wie der Eindruck des Zuschauers. Mitchell hat die Fähigkeit, einem gegnerischen Lauf mit einem lächerlich schwierigen Stepback-Dreier den Wind aus den Segeln zu nehmen, er startet dann eventuell noch einen Lauf seinerseits mit dem nächsten Triple oder einem sauberen Pass heraus aus dem Double-Team.
Außerdem gelingt es Mitchell regelmäßig, mittelmäßige oder sogar schlechte Leistungen über zwei oder drei Viertel mit einer spektakulären Phase von fünf Minuten vergessen zu machen, da er das Spiel in diesen fünf Minuten zu Gunsten seines Teams entscheidet, wie etwa in Spiel 3 der ersten Runde gegen die Memphis Grizzlies. Den Ball in den entscheidenden Minuten in Mitchells Hände geben zu können, macht die insgesamt sehr teamorientierten Jazz noch einmal stärker.
Clippers vs. Jazz, Spiel 3: Die Highlights der Partie im Video!
Verhängnisvoll wird es nur, wenn Mitchell schon im zweiten Viertel Heroball spielen muss, um die Offense seines Teams zu retten. So kam es in Spiel 3 gegen die Clippers, als Mitchell 16 Jazz-Punkte in Folge erzielte und L.A. den Abschnitt mit 37:26 für sich entschied. Für diese Art von Basketball hat Head Coach Quin Snyder über längere Phasen nicht das Personal, mit oder ohne Conley.
Utah war in der Regular Season sehr erfolgreich damit, gegnerische Verteidigungen in Rotation zu bringen und sie nicht mehr vom Haken zu lassen, bis der Ball im Idealfall von hinter der Dreierlinie in den Korb befördert wurde. Aktuell werden der Ball und damit auch die gegnerischen Beine zu oft gestoppt, und das nicht erst seit Spiel 3. Im ersten Spiel kamen 18 ihrer 37 Körbe nach einem Assist, in Spiel 2 waren es nur 15 Assists bei 42 Field Goals. Spiel 3: Wieder 15 Assists, diesmal bei 36 Treffern.
Für den Basketball, den die Jazz in ihrer Bestform spielen, brauchen sie wiederum Mike Conley. Joe Ingles, Bojan Bogdanovic, Jordan Clarkson und Georges Niang verstehen es alle, die Verteidiger um die Birne laufen zu lassen, sobald sie einmal in Bewegung sind. Wirklich konstant in Bewegung bringen können sie jedoch nur Mitchell und Conley, Ingles ist in diesem Fall zu abhängig von seiner Tagesform.
Der erfahrene Conley war über die ganze Saison, wenn er gesund war, ein perfekter Gegenpart für Mitchell, weil auch er durch den Drive und seine gute Übersicht Druck auf den Gegner ausübt. Ob und wann mit dem 33-Jährigen wieder zu rechnen ist, vermochte Snyder aber nicht zu sagen: "Es hat nichts damit zu tun, dass wir uns in irgendeiner Form sicher oder erfolgreich fühlen, weil wir zwei Spiele gewonnen haben. Mike ist noch nicht bereit", sagte der Coach vor Spiel 3.
Utahs Dreierquote hat kaum Luft nach oben
17/50 (34 Prozent), 20/39 (51,3 Prozent) und 19/44 (43,2 Prozent). Das sind die Dreierquoten der Jazz in den ersten drei Spielen der Serie, insgesamt ziemlich gut bei hohem Volumen. Das bedeutet allerdings auch, dass in diesem Bereich der Jazz-Offense wenig Raum zur Verbesserung ist, die Gefahr geht eher in die andere Richtung. Aber dass Utah unabhängig vom Gegner stark abhängig vom Dreier sein wird, ist keine eine neue Kenntnis.
Beim aktuellen Stand der Jazz ohne Conley ist jedoch zu bedenken, dass deutlich weniger Dreier so frei herausgespielt werden wie noch in der Regular Season. Das macht es noch unwahrscheinlicher, dass Utah seine guten Quoten über den Rest der Serie aufrechterhalten kann.
Im Umkehrschluss bedeutet das auch, dass der Raum zur Verbesserung der Jazz-Offense hauptsächlich in Korbnähe liegt. Utah erzielte gegen die Clippers bisher 34, 32 und 34 Punkte in der Zone, obwohl L.A. nur für kurzen Teile der Spiele einen klassischen Ringbeschützer auf dem Parkett stehen hatte. Und Ivica Zubac ist bei weitem kein unüberwindbares Hindernis vor dem Korb.
Den Clippers gelang es in Spiel 3 sehr gut, die Drives am Angriffspunkt zu stoppen und die Jazz erst gar nicht in Ringnähe gelangen zu lassen. Das liegt neben ihrer individuellen Klasse eben auch an ihren kleinen Lineups.
Der Small-Ball der Clippers funktioniert wieder
Ty Lue scheint seine Rotation nach zwei sehr experimentell wirkenden Spielen wieder in den Griff bekommen zu haben. Keine Minuten mehr für DeMarcus Cousins, deutlich weniger Marcus Morris Sr. (20 statt 37 Minuten) und viel mehr Terance Mann (22 statt 1 Minute) klappte in Spiel 3 gut. Rajon Rondo stand nach seinen 28 Minuten in Spiel 1 keine Sekunde mehr auf dem Feld.
Dass Zubac in diesem Spiel von der Bank kam und nicht startete, machte von den Minuten her (jeweils knapp 13) keinen Unterschied. Fest steht: Die Clippers spielen spätestens seit Spiel 3 hauptsächlich mit einem nominellen Wing/Forward als Center und haben damit auch den meisten Erfolg, denn diese Lineups haben offensiv den meisten Punch und defensiv die besten Möglichkeiten, um die switchlastige Defense wirklich umzusetzen.
Das ist erstmal gut zu wissen für L.A. Falls Utah seinerseits jedoch eine taktische Anpassung findet, um den fehlenden Ringschutz der Clippers zu bestrafen und um Lue zu mehr Zubac-Minuten zu zwingen, könnte das die Clippers vor fatale Probleme stellen.
Die Mavs fanden in Runde eins keine ausreichende Antwort auf die kleinen Lineups, Utah hat jedoch ein variableres Team und so vielleicht andere taktische Ansätze. Fest steht: Mehr Zubac oder sogar Cousins auf dem Feld könnten unter anderem Rudy Gobert stark helfen, sowohl defensiv als auch offensiv.
Rudy Gobert war in Spiel 3 kein Faktor
Die Auswirkungen gegnerischer Smallball-Lineups auf Gobert als Verteidiger sind bekannt. An der Dreierlinie neben einem Batum oder Morris Sr. ist Gobert nicht nur deutlich weniger effektiv als in Korbnähe neben einem klassischen Center als Gegner, er ist sogar teilweise angreifbar.
Für regelmäßiges Switching ist er nicht geeignet, weswegen er meist in einer Drop-Defense mit einer Rückwärtsbewegung zurück in Richtung Korb verteidigt. Das gibt Spielern wie Reggie Jackson, Paul George und Kawhi Leonard regelmäßig die Möglichkeit, bei Pick'n'Rolls freie Dreier aus dem Dribbling zu nehmen.
Offensiv ist Gobert trotz seiner Körpergröße kein Spieler, der kleinere Gegenspieler mit Postmoves bestrafen kann. Am ehesten kann er seine Gegner noch am offensiven Brett bestrafen, aber mit 4 Offensivrebounds wie in Spiel 3 können die Clippers leben. L.A. schaffte es überwiegend gut, Gobert auszuboxen und dessen Größenvorteile so zu negieren.
Dafür nimmt L.A. ihm mit den kleinen Lineups seine größte offensive Stärke weg, nämlich die als abrollender Spieler bei einem Pick'n'Roll. Durch das konstante Switching ergeben sich seltener die Zwischenräume oder 2-gegen-1-Situationen, in denen Gobert im Idealfall per Lob angespielt werden kann, den der Franzose dann nur noch durch den Ring hauen muss. Auch in diesem Bereich vermissen die Jazz und vor allem Gobert Conley extrem.