Dennis Schröder vor der Trade Deadline - Nächster Halt: Championship?!

Gianluca Fraccalvieri
09. Februar 202211:01
Dennis Schröder wird die Boston Celtics wohl bald verlassen.getty
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Dennis Schröder ist vor der Trade Deadline einer der am meisten diskutierten Spieler und soll vor allem von den Milwaukee Bucks und den Chicago Bulls großes Interesse auf sich ziehen. Doch wie würde der Deutsche überhaupt in die jeweiligen Teams passen und warum wollen die Boston Celtics ihn überhaupt abgeben?

Die National Basketball Association ist schon ein merkwürdiger Ort. Fast die gesamte Saison lang gibt sie ihr Bestes, die Liga als eine Wohlfühloase darzustellen mit elektrisierten Spielern, sich in den Armen liegenden Fans, Halbzeitbespaßung bis zum Abwinken und bedeutungsschwere Respektsbekundungen zwischen den Spielern. Dann steht allerdings die Trade Deadline vor der Tür und der gesamte NBA-Zirkus wirkt wie ausgewechselt.

Außer den größten Stars der Liga scheint kein Spieler vor den gierigen Klauen rivalisierender GMs sicher zu sein und mit Loyalität ist es im harten Business der NBA bekanntermaßen ohnehin nicht weit her - da helfen auch gute Leistungen und Liebesbekundungen gegenüber der eigenen Franchise nichts. Das erfährt gerade auch Dennis Schröder am eigenen Leib.

"Ich mag die Jungs hier und die Franchise - ich liebe sie", sagte der Braunschweiger in Anbetracht seines wahrscheinlichen Boston-Abgangs jüngst. Das klingt zwar ein bisschen wie ein letzter verzweifelter Versuch, die Verantwortungsträger doch noch von seiner Person zu überzeugen, wird aber schlichtweg auch die Wahrheit sein. Viel helfen wir es ihm trotzdem nicht.

Schröder muss den Celtics danken

Nach der ewigen Tirade um Schröder in der Offseason kann er sich bei den Celtics gar nicht genug bedanken, ihm diese Chance gegeben zu haben. Sein Wert war nach den verkorksten Playoffs mit den Lakers im Keller, aufgrund der Verletzung von Jaylen Brown und den Corona-Ausfällen bekam er in Boston dann sogar eine viel größere Rolle zugedacht, als eigentlich vorgesehen war.

Mehr als die Hälfte seiner 48 Spiele stand Schröder in der Starting Five, steht im Schnitt 29,5 Minuten auf dem Court und darf zwölfmal pro Partie abdrücken. Sein Erfolg ist dabei überschaubar (43,8 Prozent), aber dass aus Schröder plötzlich ein Elite-Shooter wird, erwartet ja auch niemand. Oft genug zeigte er dafür, warum die Lakers ihm vergangenen Saison 84 Mio. Dollar über vier Jahre anboten.

Der Point Guard ist einer der schnellsten Spieler der Liga, hat einen starken Drive zum Zug und immer ein gutes Auge für seine Mitspieler. Auch in der Defensive ist er oft bemüht und hat insgesamt ein gutes Spielverständnis. Natürlich hat er auch seine Mängel mit nach Massachusetts gebracht, allerdings ist nichts davon für die Bosse sonderlich überraschend oder ausschlaggebend dafür, dass der Deutsche bald wieder seine Koffer packen wird.

Dennis Schröder wird die Boston Celtics wohl verlassen.getty

Schröder vor Celtics-Abgang: Das gute alte Geld

Der Grund ist vielmehr wie so oft ganz einfach: das Geld. Die Celtics sind bemüht, nicht in die Luxussteuer abzurutschen. Diese paar Millionen mehr mögen in Anbetracht der aberwitzigen Summen, die jedes Jahr in Spielergehälter fließen, wie Peanuts erscheinen - so einfach ist es allerdings nicht.

Teams, die unter der Luxussteuergrenze bleiben, sparen nicht nur ordentlich in der aktuellen Saison, sondern sind auch für die Zukunft besser aufgestellt. Wenn eine Franchise in drei der vier vergangenen Jahre Luxussteuern zahlt, werden die Strafen für die "Wiederholungstäter" noch höher. Zuletzt zahlten die Celtics in der Irving-Saison 2018/19 Luxussteuern, alleine für 2023/24 stehen aber schon knapp 100 Mio. in den Büchern - für vier Spieler. Spätestens ab dann ist die Steuer also unausweichlich, weshalb die Kelten bis dahin ihre Bücher möglichst sauber halten wollten.

Die Formel dabei ist recht simpel. Je länger die Celtics die Kosten niedrig halten können, desto offener können sie das Championship-Fenster halten. Hinzu kommt, dass alle Teams, die keine Luxussteuern zahlen, die Strafen der restlichen Teams unter sich aufteilen. Bei alleine rund 400 (!) Mio. Luxussteuern für die Warriors, Nets und Clippers kann man sich selbst ausrechnen, wie finanziell lohnenswert das ist.

Schröder: Keine Zukunft in Boston

Hinzu kommt dann aber auch der sportliche Aspekt. Die Celtics stehen nach guten Leistungen in den vergangenen Wochen zwar mittlerweile auf Platz 8 im Osten (30-25), von einem Championship-Team ist der 17-fache Meister aber weiter entfernt als gedacht. Wenn schon darüber diskutiert wird, das Duo Tatum-Brown aufzusplitten, ist es definitiv nicht der richtige Zeitpunkt, Schröder um jeden Preis zu halten.

Selbst falls sie den Deutschen über die Trade Deadline hinaus halten würden, wäre er dann ziemlich sicher ab Sommer weg. Trotz aller Liebesbekundungen für die Franchise wird Schröder nicht erneut einen Minimalvertag unterschreiben, sondern vielmehr etwas in Richtung 20 Mio. pro Jahr anstreben, was ihm Boston einfach nicht zahlen kann.

Da ist es rein rechnerisch einfach klüger, einen Draft-Pick oder Ähnliches als Gegenwert abzustauben. Vor allem für Contender ist Schröder dabei ein interessanter Spieler. Konkret sollen die Chicago Bulls und Milwaukee Bucks schon Angebote für Schröder auf den Tisch gelegt haben.

Dennis Schröders Fit bei den Chicago Bulls

  • Möglicher Deal: Schröder für Troy Brown Jr. und einen Zweitrundenpick

Der Deal würde dann Sinn ergeben, wenn sich OKC daran beteiligt und die 5,1 Mio. Gehalt von Brown aufnimmt, was ihnen mit einem Zweitrundenpick schmackhaft gemacht werden könnte. Dann würden die Celtics Schröder zwar für "nichts" abgeben, würden aber das angesprochene Luxussteuerproblem umschiffen.

Schröder selbst würde bei den Bulls auf einige alte Bekannte treffen. Coach Billy Donovan kennt er aus seiner OKC-Zeit bestens, als er unter anderem gemeinsam mit Chris Paul und Shai Gilgeous-Alexander ein historisch gutes Drei-Guard-Line-Up bildete. Damals kam Schröder ausschließlich von der Bank - wie es auch in Chicago der Fall wäre - und wusste genau, was Donovan von ihm erwartete.

Bei den Bulls würde ihn dennoch eine andere Situation erwarten. Die Bulls haben einen starken Backcourt um Schröders alten Lakers-Kollegen Alex Caruso, Lonzo Ball, Zach LaVine, Ayo Dosunmu und Coby White, die allesamt vor ihm in der Rangliste stehen würden. Schröder würde nicht annähernd so viel Spielzeit und so viele Würfe sehen, wie er das in den vergangenen Jahren gewohnt war.

Dennis Schröder: Die Probleme als Bankspieler

Schröder könnte sich schwer tun, sich mit einer Rolle so weit abseits des Rampenlichts wohlzufühlen. Schaut man auf seine Zahlen bei den Celtics, bestätigt sich der Trend. Schröder in der Starting Five und Schröder von der Bank sind zwei komplett verschiedene Spieler. Auf 36 Minuten gerechnet sinkt seine Punkteausbeute von der Bank kommend um 19,3 auf 15,0 und auch seine Wurfquote bricht dramatisch ein (48,6 Prozent auf 36,2 Prozent)

In der Abstinenz der verletzten Ball, Caruso und Derrick Jones Jr. könnte Schröder defensiv sowie offensiv ohne Frage einige Lücken stopfen, sobald die beiden aber zurück sind, würden seine Minuten deutlich zurückgehen. Und da Schröder ja immer noch um einen dicken Vertrag im Sommer spielt, würde ihm das sicherlich nicht so recht schmecken.

Aus Bulls-Sicht würde der Deal mehr Sinn ergeben, falls man White vor der Trade Deadline noch verscherbeln würde, um den Frontcourt zu verstärken. Entsprechende Gerüchte halten sich hartnäckig. Für den explosiven White wäre Schröder ein ordentlicher Ersatz und er würde dazu auch seine +- 25 Minuten pro Spiel sehen.

Dennis Schröders Statistiken für die Boston Celtics

Starting PositionSpieleMinutenPunkteReboundsAssistsFeldwurfquoteDreierquoteOffensiv-RatingDefensivrating
Starter2534,818,63,95,048,638,1110,4107,5
Bank2323,79,92,73,536,229,6103,7101,5

Dennis Schröders Fit bei den Milwaukee Bucks

Mögliche Deals:

  • Schröder für George Hill und Jordan Nwora
  • Schröder für Donte DiVincenzo

Um Schröders Gehalt zu matchen und den Celtics den Deal schmackhaft zu machen, müssten die Bucks eines ihrer Assets nach Boston schicken. Das wäre in Option eins neben George Hill Youngster Jordan Nwora, in Option zwei Guard DiVincenzo.

Der junge Forward Nwora (23) hat in seinen zwei Jahren bei den Bucks einige gute Ansätze gezeigt, an der Seite von Giannis und Co. aber schlichtweg zu wenige Möglichkeiten, sich zu entfalten. Die Celtics könnten ihn als interessanten Perspektivspieler sehen, der mit einem Gehalt von 1,5 Mio. risikofrei wäre.

Der Deal um DiVincenzo, der übereinstimmenden Medienberichten zufolge auch schon diskutiert wurde, würde Boston dagegen sofortige Abhilfe schaffen. Der bullige 25-Jährige kommt in dieser Saison noch nicht ins Rollen und findet vor allem von Downtown keinen Rhythmus (28,6 Prozent). Ein Tapetenwechsel könnte da Abhilfe schaffen.

Dennis Schröder als Probleme als Bankspieler.getty

Dennis Schröder als Upgrade auf der Eins

Bei den Bucks würde Schröder dann die Rolle von Veteran Hill oder eben DiVincenzo übernehmen, der in dieser Saison deutlich abgebaut haben. Von Hills 46 Prozent von Downtown in der Saison 2019/20 kann man in Milwaukee derzeit nur träumen (31,6 Prozent aktuell). Schröder hat zwar auch keinen überragenden Dreier (34,9 Prozent), ist im Vergleich zu Hill aber deutlich explosiver und kann sich im Gegensatz zu DiVincenzo seinen eigenen Wurf erarbeiten.

Aus Milwaukee-Sicht wäre es rein sportlich gesehen ein absoluter Steal, einen Ballhandler wie Schröder als Option von der Bank zu bringen, ohne dabei DiVincenzo abgeben zu müssen. Falls dies aber nicht gelingen sollte, wäre Schröder immer noch ein deutliches Upgrade gegenüber dem formschwachen DiVincenzo.

Schröder müsste sich allerdings im Klaren darüber sein, dass er - wie in Chicago - nur ein Nebendarsteller wäre und liefern muss, wenn er gebraucht wird. Im Gegensatz zur Situation bei den Bulls ist der Bucks-Backcourt jedoch deutlich dünner besetzt, weshalb Schröder direkt zu zweiten Option auf der Eins werden würde.

Ein langer Playoff-Run wäre zudem wohl garantiert und damit auch die Chance für Schröder, die vergangenen Playoffs vergessen zu machen. Im Idealfall würde er dabei eine bessere Version von Jeff Teague im vergangenen Jahr abgeben, der in seinen limitierten Minuten stets einen guten Eindruck machte. Und wer weiß, vielleicht würde am Ende als Belohnung sogar die Championship bei rausspringen.