Die National Basketball Association ist schon ein merkwürdiger Ort. Fast die gesamte Saison lang gibt sie ihr Bestes, die Liga als eine Wohlfühloase darzustellen mit elektrisierten Spielern, sich in den Armen liegenden Fans, Halbzeitbespaßung bis zum Abwinken und bedeutungsschwere Respektsbekundungen zwischen den Spielern. Dann steht allerdings die Trade Deadline vor der Tür und der gesamte NBA-Zirkus wirkt wie ausgewechselt.
Außer den größten Stars der Liga scheint kein Spieler vor den gierigen Klauen rivalisierender GMs sicher zu sein und mit Loyalität ist es im harten Business der NBA bekanntermaßen ohnehin nicht weit her - da helfen auch gute Leistungen und Liebesbekundungen gegenüber der eigenen Franchise nichts. Das erfährt gerade auch Dennis Schröder am eigenen Leib.
"Ich mag die Jungs hier und die Franchise - ich liebe sie", sagte der Braunschweiger in Anbetracht seines wahrscheinlichen Boston-Abgangs jüngst. Das klingt zwar ein bisschen wie ein letzter verzweifelter Versuch, die Verantwortungsträger doch noch von seiner Person zu überzeugen, wird aber schlichtweg auch die Wahrheit sein. Viel helfen wir es ihm trotzdem nicht.
Schröder muss den Celtics danken
Nach der ewigen Tirade um Schröder in der Offseason kann er sich bei den Celtics gar nicht genug bedanken, ihm diese Chance gegeben zu haben. Sein Wert war nach den verkorksten Playoffs mit den Lakers im Keller, aufgrund der Verletzung von Jaylen Brown und den Corona-Ausfällen bekam er in Boston dann sogar eine viel größere Rolle zugedacht, als eigentlich vorgesehen war.
Mehr als die Hälfte seiner 48 Spiele stand Schröder in der Starting Five, steht im Schnitt 29,5 Minuten auf dem Court und darf zwölfmal pro Partie abdrücken. Sein Erfolg ist dabei überschaubar (43,8 Prozent), aber dass aus Schröder plötzlich ein Elite-Shooter wird, erwartet ja auch niemand. Oft genug zeigte er dafür, warum die Lakers ihm vergangenen Saison 84 Mio. Dollar über vier Jahre anboten.
Der Point Guard ist einer der schnellsten Spieler der Liga, hat einen starken Drive zum Zug und immer ein gutes Auge für seine Mitspieler. Auch in der Defensive ist er oft bemüht und hat insgesamt ein gutes Spielverständnis. Natürlich hat er auch seine Mängel mit nach Massachusetts gebracht, allerdings ist nichts davon für die Bosse sonderlich überraschend oder ausschlaggebend dafür, dass der Deutsche bald wieder seine Koffer packen wird.
Schröder vor Celtics-Abgang: Das gute alte Geld
Der Grund ist vielmehr wie so oft ganz einfach: das Geld. Die Celtics sind bemüht, nicht in die Luxussteuer abzurutschen. Diese paar Millionen mehr mögen in Anbetracht der aberwitzigen Summen, die jedes Jahr in Spielergehälter fließen, wie Peanuts erscheinen - so einfach ist es allerdings nicht.
Teams, die unter der Luxussteuergrenze bleiben, sparen nicht nur ordentlich in der aktuellen Saison, sondern sind auch für die Zukunft besser aufgestellt. Wenn eine Franchise in drei der vier vergangenen Jahre Luxussteuern zahlt, werden die Strafen für die "Wiederholungstäter" noch höher. Zuletzt zahlten die Celtics in der Irving-Saison 2018/19 Luxussteuern, alleine für 2023/24 stehen aber schon knapp 100 Mio. in den Büchern - für vier Spieler. Spätestens ab dann ist die Steuer also unausweichlich, weshalb die Kelten bis dahin ihre Bücher möglichst sauber halten wollten.
Die Formel dabei ist recht simpel. Je länger die Celtics die Kosten niedrig halten können, desto offener können sie das Championship-Fenster halten. Hinzu kommt, dass alle Teams, die keine Luxussteuern zahlen, die Strafen der restlichen Teams unter sich aufteilen. Bei alleine rund 400 (!) Mio. Luxussteuern für die Warriors, Nets und Clippers kann man sich selbst ausrechnen, wie finanziell lohnenswert das ist.
Schröder: Keine Zukunft in Boston
Hinzu kommt dann aber auch der sportliche Aspekt. Die Celtics stehen nach guten Leistungen in den vergangenen Wochen zwar mittlerweile auf Platz 8 im Osten (30-25), von einem Championship-Team ist der 17-fache Meister aber weiter entfernt als gedacht. Wenn schon darüber diskutiert wird, das Duo Tatum-Brown aufzusplitten, ist es definitiv nicht der richtige Zeitpunkt, Schröder um jeden Preis zu halten.
Selbst falls sie den Deutschen über die Trade Deadline hinaus halten würden, wäre er dann ziemlich sicher ab Sommer weg. Trotz aller Liebesbekundungen für die Franchise wird Schröder nicht erneut einen Minimalvertag unterschreiben, sondern vielmehr etwas in Richtung 20 Mio. pro Jahr anstreben, was ihm Boston einfach nicht zahlen kann.
Da ist es rein rechnerisch einfach klüger, einen Draft-Pick oder Ähnliches als Gegenwert abzustauben. Vor allem für Contender ist Schröder dabei ein interessanter Spieler. Konkret sollen die Chicago Bulls und Milwaukee Bucks schon Angebote für Schröder auf den Tisch gelegt haben.