Am Ende war es eine Nervenschlacht, das Wie und Warum spielte für die Mavs aber keine Rolle. "Es war ein schlimmes Spiel", gab auch Luka Doncic zu Protokoll und hatte damit nicht Unrecht. In Spiel 6 und auch über die Serie waren die Texaner das klar bessere Team und doch hätte es am Ende ganz anders ausgehen können, mehrfach.
Da war der Schrittfehler von Mike Conley (war das wirklich einer?) fünf Sekunden vor dem Ende, nachdem Rudy Gobert grandiose Defense gegen Doncic spielte und da war natürlich auch der völlig offene Dreier von Bojan Bogdanovic (Karriere: 39 Prozent von Downtown) mit der Sirene, der nur auf den Ring klatschte. Es wäre nicht der erste Gamewinner des sonst so treffsicheren Kroaten gewesen.
"Mein Herz ist stehen geblieben", sagte Doncic im Anschluss. "Der Wurf war gefühlt 15 Sekunden in der Luft (:..) Normalerweise vergibt er nicht viele von solchen Versuchen." Tat er aber und die Mavs erzitterten sich einen hart umkämpften 98:96-Sieg in Salt Lake City.
"Als er verfehlt hat, habe ich tief durchgeatmet", gab auch Jalen Brunson zu, der nach seinem vergebenen Freiwurf die Tür für die Jazz offen gelassen hatte. "Das war ein guter Wurf für ihn." Durchatmen ist das richtige Stichwort, denn die Jazz schienen zum Schluss noch etwas mehr im Tank zu haben.
Dallas Mavericks: Small Ball bringt die Wende
Reggie Bullock und Dorian Finney-Smith spielten erneut über 44 Minuten, auch Doncic spielte so viel wie zuletzt im Februar (42 Minuten) und bekam in der zweiten Halbzeit überhaupt keine Pause mehr. Der Slowene wirkte in den Schlussminuten sichtlich müde und traf im vierten Viertel nur noch einen seiner sechs Würfe, dafür bediente der Superstar dreimal die offenen Schützen am Perimeter.
Dies machte auch den Unterschied aus. In der ersten Halbzeit fielen die Dreier nicht, nach dem Wechsel dann schon. 14 von 25 Triples gingen durch die Reuse, während Utah wie schon in Spiel 5 von draußen kalt blieb. Im vierten Viertel traf nur noch Bogdanovic einen Dreier, ansonsten hagelte es wieder Backsteine (1/10).
Das spielte den Mavs in die Karten, die in dieser Serie schon deutlich besser verteidigt hatten. 35 Versuche aus der Distanz für die Jazz werden Head Coach Jason Kidd nicht geschmeckt haben, Utah scheiterte aber in diesem Spiel wieder an sich selbst und hatte vor allem im dritten Viertel keine Antwort auf den Small Ball der Mavs mit Finney-Smith auf der Fünf.
"Wir haben die Bretter in dieser Phase kontrolliert und so den Rückstand aufgeholt", fasste es Kidd passend zusammen. Utah führte noch zur Pause mit 12 Zählern, dann drehte Dallas mit dem Three-Guard-Lineup mit Spencer Dinwiddie für Dwight Powell auf. Acht von zwölf Dreiern waren drin, die Jazz erzielten in diesem Viertel nur 6 Punkte in der Zone und holten nur einen Offensiv-Rebound.
Dallas Mavericks: Die Team-Chemie stimmt
Diese zwölf Minuten zeigten, wozu Dallas fähig ist, dann werden nicht nur die Jazz mit dem Kidd-Team Probleme bekommen. "Wir haben mit Tempo gespielt und genau das müssen wir so beibehalten", befand auch Doncic, der nicht nur offensiv in dieser Phase stark war.
Selten sah man den 23-Jährigen auch auf der anderen Seite des Courts so engagiert. Zum Beispiel hier, als er beim Drive gegen den deutlichen schnelleren Jordan Clarkson im Play blieb und einen vergebenen Korbleger forcierte.
Doch es war keine One-Man-Show des Slowenen. Brunson traf den entscheidenden Dreier in der Crunchtime, Reggie Bullock, Finney-Smith und Maxi Kleber rieben sich defensiv auf, dazu erwischte auch Dinwiddie mal wieder einen guten Tag. "Es ist eine besondere Gruppe", freute sich der Guard, der in Brooklyn und Washington schon ganz andere Situationen erlebt hat. "Von der Eins bis zur 15, jeder mag den anderen. So etwas kommt nicht häufig vor."
Dallas Mavericks: Jason Kidd zieht Vergleiche zu 2011
Diese Mischung hat den Mavs nun die erste Conference-Semifinals-Teilnahme seit 2011 beschert - trotz des Fehlens von Doncic in den ersten drei Partien. Das hätten vor der Serie wohl die Wenigsten für möglich gehalten.
Kidd zog deswegen sogar Parallelen zum Meisterjahr, als er selbst noch die Sneaker schnürte und Dirk Nowitzki mit Pässen fütterte. "Damals dachten auch viele, dass wir in der ersten Runde ausscheiden. Ich denke, dass wir in diesem Jahr in einer ähnlichen Situation waren."
Damals wurden die Portland Trail Blazers mit 4-2 geschlagen, auch vor elf Jahren gewannen die Mavs die Serie in einem knappen Spiel 6, in welchem sie im zweiten Viertel mit 12 Zählern hinten lagen.
Zufrieden ist die diesjährige Ausgabe der Mavs mit dem Erreichten aber noch nicht. Finney-Smith berichtete aus der Kabine, dass dort bereits ein Teil der Video-Analyse stattfand und heruntergebrochen wurde, wie man den letzten Wurf von Bogdanovic hätte besser verteidigen können. "So einen offenen Wurf hätten sie nicht bekommen dürfen", merkte DFS an.
Dallas Mavericks: Nun warten die Phoenix Suns
Gegen die Jazz ging es letztlich gut, nun wartet aber ein anderes Kaliber auf die Mavs. Das beste Team der Liga: Phoenix. Seit der Ankunft von Chris Paul bei den Suns wartet Dallas auf einen Sieg gegen die Franchise aus Arizona (0-6), letztmals gewannen die Texaner im November 2019 gegen den Angstgegner.
Trotzdem waren bereits erste forsche Töne aus dem Lager der Mavs im Hinblick auf die zweite Runde zu hören. "Wir haben heute einen Sieg erwartet und sind bereit für Phoenix. Wir werden es vor allem Chris Paul im vierten Viertel so schwierig wie möglich machen müssen", blickte Finney-Smith schon ein wenig voraus.
Zu verlieren haben die Mavs in dieser Serie ohnehin nichts. Phoenix war über die Saison eine Siegmaschine und Topstar Devin Booker ist nach seiner Oberschenkelverletzung auch wieder mit dabei. Die Suns sind deutlich stabiler als die Jazz, sie werden schwache Phasen der Mavs gnadenlos bestrafen.
Mit dem ersten Seriensieg seit elf Jahren ist der Druck für Dallas jedoch weg, vor allem für Doncic, der nun im dritten Anlauf endlich seine erste Playoff-Serie gewinnen konnte. Dem Slowenen werden die drei Tage Pause guttun, vermutlich wird es mehr vom ihm gegen die Suns brauchen, damit die Mavs gegen den Top-Seed eine Chance haben. "Wir sind nicht fancy und wir haben keine großen Namen", betrieb Kidd dennoch Understatement. "Luka bekommt natürlich die meiste Aufmerksamkeit. Wir glauben aber wirklich an unser Team und das war es auch, was uns geholfen hat, diese Serie zu gewinnen."
Mavericks vs. Jazz: Die Serie im Überblick
Spiel | Datum | Uhrzeit | Heim | Auswärts | Ergebnis |
1 | 16. April | 19 Uhr | Dallas Mavericks | Utah Jazz | 93:99 |
2 | 19. April | 2.30 Uhr | Dallas Mavericks | Utah Jazz | 110:104 |
3 | 22. April | 3 Uhr | Utah Jazz | Dallas Mavericks | 116:124 |
4 | 23. April | 22.30 Uhr | Utah Jazz | Dallas Mavericks | 100:99 |
5 | 26. April | 3.30 Uhr | Dallas Mavericks | Utah Jazz | 102:77 |
6 | 29. April | 4 Uhr | Utah Jazz | Dallas Mavericks | 96:98 |