Donovan Mitchell verlässt nach fünf Jahren die Utah Jazz, der dreimalige All-Star wechselt aber nicht via Trade zu den New York Knicks, sondern zu den Cleveland Cavaliers. Was bedeutet das nun für Utah, die Knicks und Cleveland? Der Trade in der Analyse.
Mitchell-Trade: Das bedeutet der Deal für die Cavs
Die NBA interessiert sich nur bedingt für die EuroBasket 2022. Während das DBB-Team in Köln an einer Überraschung arbeitete, fädelten die Cavs einen Blockbuster-Deal ein. Cleveland schnappt sich in einem Sign-and-Trade-Deal den dreifachen All-Star Donovan Mitchell, dafür geben die Cavs laut Adrian Wojnarowkski Lauri Markkanen, Restricted Free Agent Collin Sexton, Rookie Ochai Agbaji sowie drei ungeschützte Erstrundenpicks und zwei Pick-Swaps ab.
Vergangene Saison waren die Cavs noch eine der positiven Überraschungen der NBA. Cleveland war auf Kurs direkter Playoff-Platz, bevor zahlreiche Verletzungen das Team dezimierten. Am Ende stand Platz acht im Osten, die Cavs unterlagen dann im Play-In den Atlanta Hawks. Das Gerüst war jedoch erkennbar. Darius Garland, inzwischen mit einer Rookie Extension ab 2023 ausgestattet, zog die Fäden in der Offense, Rookie Evan Mobley sowie Center Jarrett Allen hielten defensiv den Laden zusammen.
Trotz aller Widrigkeiten stellten die Cavs am Ende der Saison eine Top-5-Defense, während die Offense nur zu Platz 20 reichte. Mit Mitchell erhalten die Cavs nun einen explosiven Guard, der jederzeit für sich selbst einen Wurf kreieren kann. Dieser Typ Spieler fehlte Cleveland bisher, da Garland zwar auch scoren, letztlich aber eher ein guter Pullup-Schütze mit elitären Playmaking ist.
Durch diesen Trade hat man sich dem Kern Garland-Mitchell-Mobley-Allen verschrieben, da Cleveland alle Erstrundenpicks, die man zur Verfügung hatte, abgegeben hat. Im kommenden Jahr zieht Indiana für die Cavs (der LeVert-Trade im Februar), es bleibt ein First Rounder 2024 sowie die Picks nach dem Tauschrecht mit Utah in den Jahren 2026 und 2028.
Für ein Team, welches eher als Small-Market-Franchise anzusehen ist, birgt das ein gewisses Risiko, auch weil Erfolg keineswegs garantiert ist. Dafür reicht ein Blick auf die Landkarte der Eastern Conference mit nicht weniger ambitionierten Teams wie Boston, Milwaukee, Philadelphia, Brooklyn oder dem letztjährigen Conference-Finalisten aus Miami.
Mitchell hat noch einen Vertrag bis 2026 und hält eine Spieler-Option für das letzte Jahr, sodass Cleveland nun zumindest einmal zwei Jahre für das Experiment hat, bevor der Guard in sein letztes Vertragsjahr geht. Eine Versicherung, dass Mitchell darüber hinaus bleibt, gibt es nicht und hier liegt auch das Risiko.
Zwar sind Garland (2027), Mobley (2025) und Allen (2026) langfristig gebunden, doch durch den sich anbahnenden neuen TV-Deal dürfte es beinahe unmöglich werden, Mitchell vor seiner Free Agency zu verlängern. Dennoch: Picks hin oder her, die Cavs haben für einen All-Star keinen Spieler abgegeben, der langfristig eine Rolle spielen sollte.
Donovan Mitchell nach Cleveland: Der Trade in der Übersicht
Cavs erhalten | Donovan Mitchell |
Jazz erhalten | Collin Sexton, Lauri Markkanen, Ochai Agbaji, 3 First Rounder (2025, 2027, 2029), 2 Pick Swaps (2026, 2028) |
Wie passt Donovan Mitchell zu den Cavs?
Das ist eine sehr interessante Frage, die sich so noch nicht beantworten lässt. Zunächst einmal bringt Mitchell Cleveland mehr Punch und wird damit Garland entlasten können, der offensiv im Vorjahr vieles schultern musste. In Sachen Spacing dürfte Mitchell ebenso helfen, auch wenn er in Salt Lake City selten als Spot-Up-Schütze in Erscheinung trat.
Das wird Mitchell in Cleveland aber häufiger tun müssen. Garland ist ein deutlich besserer Playmaker als der alternde Mike Conley, neben dem Mitchell zuvor in Utah spielte. Kann Mitchell beweisen, dass er auch ohne den Ball effizient scoren kann, ist das ein großer Gewinn für die Cavs. Interessant dürfte auch das Zusammenspiel mit Mobley werden, der als spielmachender Big mit einem lockeren Händchen offensiv recht gut zu Mitchell passen sollte.
Gleichzeitig ist Mobley auch der Grund, warum die Cavs diesen Deal überhaupt machten. Selbst wenn der Big nicht Rookie of the Year wurde, dürfte es unstrittig sein, dass der frühere Nr.3-Pick von allen Top-Rookies das meiste Potenzial hat. Schon jetzt agiert Mobley beinahe auf All-Defense-Level, kann werfen, passen und abschließen. Er alleine sorgte dafür, dass die komischen Jumbo-Lineups mit Markkanen auf der Drei funktionierten.
Defensiv wird es in Zukunft viel aufzuräumen geben für Mobley, da muss er sich nur bei Rudy Gobert erkundigen. Utah scheiterte in den Playoffs auch daran, dass der kleine Backcourt in der Defense eine große Schwäche war. Der Aufbau Garland/Mitchell (beide 1,85 Meter) könnte ähnliche Probleme aufweisen. Zwar kam Mitchell mal als möglicher Guard-Stopper in die Liga, gesehen hat man bis heute davon recht wenig.
gettyMit einer kleineren offensiven Last könnte sich das zumindest ändern, womöglich ist auch der Stolz etwas angekratzt. Die Kritik an Mitchell war zumindest während der Playoff-Serie gegen die Dallas Mavericks enorm, es zirkulierten zahlreiche Clips in den sozialen Medien, die wenig schmeichelhaft für den 25-Jährigen waren.
Vielleicht spielt es aber auch keine Rolle, wenn Mobley den nächsten Schritt in Richtung All-Star macht, Garland sich weiter steigert und Mitchell offensiv weiter produzieren kann. Es ist nicht unmöglich, dass die Cavs in der kommenden Saison an einer Top-10-Offense und -Defense kratzen, das ist traditionell die Latte für echte Contender.
Ein Problem bleibt jedoch und das ist die Situation auf dem Flügel. Markkanen war im Vorjahr der Starter, nun könnte diese Rolle Isaac Okoro zukommen, der zwar den Ruf eines guten Verteidigers hat, dies in seinen zwei NBA-Jahren nur bedingt bestätigen konnte. Der Nr.5-Pick von 2020 kann zwar auf dem Flügel spielen, ist aber ebenfalls etwas klein (1,96 Meter). Dazu bleibt die Frage, ob er seinen Wurf verbessern kann. 35 Prozent von Downtown klingen zwar ordentlich, aber gefühlt jeder Versuch war komplett offen. Das wird so bleiben, solange Okoro nicht zeigt, dass er dies konsequent bestrafen kann.
Der Kader der Cleveland Cavaliers in der Übersicht
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
Darius Garland | Donovan Mitchell | Isaac Okoro | Evan Mobley | Jarrett Allen |
Raul Neto | Caris LeVert | Cedi Osman | Dean Wade | Kevin Love |
(Ricky Rubio) | - | Dylan Windler | Lamar Stevens | Robin Lopez |
Donovan Mitchell: Das bedeutet der Trade für die Jazz
Es ist schon lustig, dass die Jazz letztlich für Mitchell ein kleineres Paket als für Gobert bekommen haben, dennoch kann Utah mit dem Gegenwert mehr als zufrieden sein. Picks sind eine tolle Sache, am Ende ist aber auch die Qualität der Auswahlrechte ein Faktor. Cleveland schickt alle seine Erstrundenpicks ungeschützt, das gab vermutlich den Ausschlag dafür, dass Jazz-Boss Danny Ainge endgültig auf den roten Knopf drückte.
Damit wir nicht den Überblick verlieren, gibt es hier noch einmal die Auflistung, was die Jazz aus den Deals für Royce O'Neale, Gobert und Mitchell alles erhalten hat - es ist jede Menge.
O'Neale-Trade | Gobert-Trade | Beverley-Trade | Mitchell-Trade |
1 Erstrundenpick | Malik Beasley | Talen Horton-Tucker | Collin Sexton |
- | Patrick Beverley | Stanley Johnson | Lauri Markkanen |
- | Jarred Vanderbilt | - | Ochai Agbaji |
- | Leandro Bolmaro | - | 3 Erstrundenpicks ('25, '27, '29) |
- | Walker Kessler | - | 2 Pick Swaps ('26, '28) |
- | 3 Erstrundenpicks ('23, '25, '27) | - | - |
- | 1 Erstrundenpick Top-5 geschüzt ('29) | - | - |
- | 1 Pick Swap ('26) | - | - |
Mit Collin Sexton bekommen die Jazz dazu einen jungen Guard zu einem sehr moderaten Preis (4 Jahre, 72 Millionen Dollar), der für einen Rebuild eine gute Option ist. Auch für Markkanen ist es eine gute Situation. Der Finne kann endlich wieder auf seine angestammte Position auf die Vier und sich neu beweisen. Die Situation in Cleveland war für seine Entwicklung nie die Beste.
Utah nähert sich damit weiter dem kompletten Ausverkauf (dazu gleich mehr) und hat auch die eigenen Bücher wieder im Griff. Dennoch ist es interessant, dass das Angebot der Cavs präferiert wurde. Über Wochen wurde vom Interesse der New York Knicks berichtet, die sich jedoch weigerten, den aufgeforderten Preis zu zahlen.
Ainge nahm schließlich das Angebot Clevelands an, was mit Hinblick auf die Zukunft eine durchaus interessante Wahl ist. An dieser Stelle darf sich jeder die Frage stellen, ob er lieber die Picks der Cavs oder Knicks in seinem Portfolio haben möchte. Das kann kontrovers diskutiert werden, Ainge setzte lieber auf Cleveland und erhielt dafür die Picks 2025, 2027 und 2029.
Diese Rechnung kann aufgehen, auch wenn der Kern der Cavs mit Garland (22), Mitchell (25), Mobley (21) und Allen (24) sehr jung ist. Sie alle haben langfristige Verträge, aber in drei, fünf und sieben Jahren können sich viele Dinge ändern und Free Agents, die nicht LeBron James heißen. lockten die Cavs ohnehin noch nie an.
Auf der anderen Seite lässt sich aber auch argumentieren, dass die Knicks auch mit Mitchell ein schwächeres Team gehabt hätten und die Chance auf einen neuerlichen Rebuild höher gewesen wären.
Utah Jazz: Diese Spieler könnten noch getradet werden
Fertig sind die Jazz damit noch nicht, im Kader stehen noch weitere Veteranen, die entweder zu gut sind oder für die Utah keine Verwendung mehr hat. Zuerst ist hier Bojan Bogdanovic zu nennen, der in sein letztes Vertragsjahr geht und dafür moderate 19,5 Millionen Dollar erhält. Der Kroate dürfte als scorender Flügelspieler das Interesse von Contendern auf sich ziehen, zuletzt zeigten sich angeblich die Los Angeles Lakers interessiert.
Durch den Trade von Patrick Beverley ist diese Nummer wohl durch, aber es wird sich bestimmt noch das ein oder andere Team finden, welches für Bogdanovic einen Pick auf den Tisch legt.
Etwas schwieriger könnte es sich bei Mike Conley gestalten, der bis 2024 unter Vertrag steht und 22/23 21 Millionen bekommt. Im Jahr darauf sind auch noch zumindest 14,3 Millionen garantiert. Das ist jede Menge Holz für einen fast 35-Jährigen, der eine sehr durchwachsene Saison hinter sich hat. Womöglich behalten die Jazz ihn auch, damit dieser sein Wissen an Sexton weitergibt.
Und dann wäre da noch Jordan Clarkson, der in den vergangenen Jahren zu den besten Sixth Man der NBA gehört. Seine Stärken und Schwächen sind bestens dokumentiert, der Nationalspieler der Philippinen ist ein ausgewiesener (Iso-)Scorer, der aber Probleme hat, einen Stuhl zu verteidigen. Auch sein Vertrag läuft noch bis 2024 (Option für 23/24), 13,3 Millionen Dollar Gehalt sind moderat.
Die Jazz werden von hier an vermutlich auch nicht mehr um jeden Pick feilschen, da sie für ihre Stars schon mehr als genug bekommen haben. Das Ziel für die kommende Saison kann nur sein, so schlecht wie möglich zu sein, da mit Victor Wembenyama im Draft 2023 ein echter Hauptgewinn wartet. Und mit französischen Big Men kennen sie sich am Salzsee sowieso bestens aus ...
Donovan Mitchell: Die Knicks müssen kein Verlierer sein
Auf dem Papier sind die Knicks der große Verlierer des Trades. Es war bezeichnend, dass die Knicks direkt nach der Nachricht des Mitchell-Trades via Statement bekannt gaben, dass sie sich nun auch offiziell mit R.J. Barrett auf eine vorzeitige Vertragsverlängerung geeinigt haben.
Laut Adrian Wojanrowski (ESPN) hatten die Knicks die Assets, um einen Trade mit Utah einzufädeln, doch die Knicks waren nicht gewillt, allen Forderungen zuzustimmen. Die Jazz wollten neben Barrett auch Quentin Grimes, die Knicks wollten dagegen lieber Immanuel Quickley neben Barrett abgeben.
Letztlich gab es verschiedene Angebote, New York bot aber nie die oft zitierten sieben verfügbaren Erstrundenpick. Stattdessen waren die Knicks nur gewillt, drei First Rounder zu involvieren. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, wie sehr New York Mitchell wirklich haben wollte. Gleichzeitig wäre es falsch zu sagen, dass sich New York einfach verzockt hat.
Monatelang wurde nur von New York gesprochen, Cleveland, Washington und Charlotte galten als Außenseiter. Teams, die nur als Interessenten genannt wurden, um den Knicks Druck zu machen. Letztlich war es kein Bluff, Mitchell landete bei den Cavs und die Knicks schauen etwas dumm aus der Wäsche.
gettyEs lässt sich aber auch argumentieren, dass dies für New York eine positive Sache ist. Der Fit zwischen Jalen Brunson, Mitchell und Julius Randle wäre fragwürdig und weniger erfolgsversprechend als die Combo in Cleveland gewesen. Klar, Mitchell wäre der erste Schritt zu einem möglichen weiteren Superstar-Trade gewesen (darum boten die Knicks auch nicht alles), dieser hätte sich aber auch erst einmal finden lassen müssen. Hätten die Knicks nun Haus und Hof für Mitchell abgegeben, wären sie zwar stärker, jedoch weiterhin weit vom Contender-Status entfernt gewesen.
Stattdessen sollten die Knicks an dieser Stelle auch gelobt werden. Trotz all des öffentlichen Drucks (vor allem in den New Yorker Medien) ließen sich die Verantwortlichen nicht beirren und zahlten keinen absurden Preis, nur damit Mitchell kommt. Dass es nun nicht geklappt hat, ist aus Knicks-Sicht schade, aber kein Weltuntergang.
Die Knicks bleiben im starken Osten eher eine Randnotiz, mit diesem Kader wäre Stand jetzt eine Playoff-Teilnahme schon als Erfolg zu werten. Knicks-Fans werden sich in Geduld üben müssen. Die Picks sind weiter da, mit Derrick Rose, Julius Randle, Evan Fournier sowie jungen Spielern wie Immanuel Quickley, Obi Toppin oder Quentin Grimes lässt sich das ein oder andere Trade-Paket schnüren - nur eben nicht mehr für Donovan Mitchell.
Der Kader der New York Knicks für die Saison 22/23
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
Jalen Brunson | Evan Fournier | R.J. Barrett | Julius Randle | Mitchell Robinson |
Derrick Rose | Immanuel Quickley | Quentin Grimes | Obi Toppin | Isaiah Hartenstein |
Miles McBride | - | Cam Reddish | - | Jericho Sims |