Die Sacramento Kings schwächelten in den ersten Saisonwochen, doch seither läuft es - aktuell hat die Franchise aus Kalifornien sieben Spiele in Folge gewonnen. Sind De'Aaron Fox & Co. auf einmal wirklich so gut?
Vor 18 Jahren war die Welt noch eine andere. George W. Bush hatte zum zweiten Mal die US-Wahlen gewonnen, "Call On Me" von Eric Prydz führte die deutschen November-Charts an und in der NBA startete LeBron James gerade in seine zweite Saison. In Sacramento starteten Chris Webber und Peja Stojakovic zum letzten Mal gemeinsam in eine Spielzeit, bevor dieses legendäre Duo im Februar auseinander gebrochen wurde.
Es ist lange her, was nicht zuletzt dadurch deutlich wird, dass der heutige Kings-Rookie Keegan Murray damals vier Jahre alt war ... und dass es heute schier unvorstellbar wirkt, dass die Kings mal (regelmäßig) zu den besten Teams der Liga gehörten. Ihre besten Jahre waren 2004 zwar schon vorbei, trotzdem endete diese Spielzeit immerhin mit einer Playoff-Teilnahme, der siebten von acht in Serie.
Am 26. November holten die Kings damals durch einen Sieg bei den Lakers ihren siebten in Folge, es sollte ihre längste Serie der Saison bleiben. Und es sollte eben besagte 18 Jahre dauern, bis die seither leidgeplagte Franchise mal wieder eine solche Serie aufstellen konnte.
Es ist eine neue Zeit angebrochen. Nach dem knappen Sieg bei den Memphis Grizzlies stehen die 22/23 Kings bei 7 in Serie - und damit auch bei der derzeit längsten Siegesserie der NBA. Sacramento stellt das heißeste Team der Liga. Light the Beam!
Sacramento Kings: Offensiv erstklassig
Vorweg: Der Spielplan hat den Kings bei dieser Serie sicherlich nicht geschadet. Vor dem Memphis-Spiel waren fünf der sechs Siege Heimspiele, in der kommenden Nacht gibt es in Atlanta eine schwere Aufgabe. Es wird sich zeigen, ob die Serie dort hält, natürlich wird diese nicht ewig andauern. Es gibt aber so oder so Gründe zur Hoffnung, dass der Höhenflug der Kings keine Eintagsfliege bleiben muss.
Die Entwicklung dieses Teams wirkt real - mindestens in der Offensive. Hier hatten die Kings Boston sogar kurzzeitig überholt und waren auf Kurs für das beste Rating der NBA-Geschichte, bevor sie gegen Memphis ein bisschen abkühlten. 118 Punkte pro 100 Ballbesitze sind dennoch eine Ansage, über die Serie waren es sogar 126 Punkte.
Kein Spiel demonstrierte ihr offensives Potenzial so sehr wie das gegen Brooklyn, ihrem ersten auf TNT gezeigten Heimspiel seit 2018, in dem die Kings 153 Punkte erzielten. "Wir brauchen mehr Spiele im Fernsehen", verkündete Terence Davis danach. Dem konnte man nur beipflichten.
Sacramento Kings: Alle Siege im Streak
Datum | Gegner | Heim/Auswärts | Ergebnis |
9.11. | Cavaliers | H | 127:120 |
11.11. | Lakers | A | 120:114 |
13.11. | Warriors | H | 122:115 |
15.11. | Nets | H | 153:121 |
17.11 | Spurs | H | 130:112 |
20.11 | Pistons | H | 137:129 |
22.11 | Grizzlies | A | 113:109 |
Kings: Das Two-Man-Game im Zentrum
Die Kings spielen einen sehr schönen Basketball, der sich auf viele Schultern verteilt. Die Starting Five (De'Aaron Fox, Kevin Huerter, Harrison Barnes, Murray, Domantas Sabonis) gehört mit einem Net-Rating von +22,4 laut Cleaning the Glass zu den besten Lineups der NBA, von der Bank bringen vor allem Malik Monk oder auch Davis zusätzliche Firepower.
Im Zentrum steht das Two-Man-Game von Fox und Sabonis - der Center ist wie zuvor in Indiana ein exzellenter Pick'n'Roll-Big, der Mismatches im Post gnadenlos ausnutzen, vor allem aber auch als Facilitator auftreten kann. Sabonis ist der beste Passer im Team, findet immer wieder die Cutter auf dem Weg zum Korb oder die Schützen an der Dreierlinie.
Kein Team hat mehr Erfolg nach Dribble-Hand-Offs, auch daran hat Sabonis mit seinen Screens und Pässen einen sehr großen Anteil. Er ist ein sehr guter Partner für insbesondere Fox, der neben Sabonis endlich den Sprung zum All-Star zu machen scheint, der vom Point Guard schon seit einigen Jahren erwartet wurde.
Fox profitiert vom Spacing und der klaren Struktur, die ihn neuerdings umgibt. Er hat mehr Balance in seinen eigenen Abschlüssen, weiß besser als früher, wann er aufs Tempo drücken und wann er das Spiel auch mal verlangsamen kann. Vor allem aber ist er on fire: Der Dreier ist nach drei miesen Jahren endlich wieder gut (38 Prozent), was ihm gleichzeitig Platz für alles andere schafft.
Abhängig vom Dreier ist Fox nämlich keineswegs - die Hälfte seiner Würfe kommen aus der Mitteldistanz, gerade lange Zweier liebt er. Das ist auch kein Wunder, solange er 47 Prozent davon trifft (54 Prozent Mid-Range insgesamt!) ... und auch am Ring nicht zu stoppen ist (85 Prozent!). Kurz gesagt gehört Fox aktuell zu den effizientesten Scorern der Liga.
"Wenn De'Aaron seine Würfe trifft und man ihn am Perimeter verteidigen muss, ist er einer der schnellsten Spieler der Liga. Dann geht er an dir vorbei und ist wirklich schwer zu stoppen", erklärte Warriors-Coach Steve Kerr kürzlich. "Wenn er nicht so gut trifft, ist er leichter zu verteidigen. Dann verstopft man die Zone. Jetzt trifft er, also ist es sehr schwer."
Kevin Huerter: Auch Durant schwärmt
Es muss sich noch zeigen, ob Fox, der vergangene Saison bei der effektiven Wurfquote noch 10 Prozent schwächer unterwegs war, dieses Shooting bestätigen kann, insbesondere in "Clutch"-Minuten, in denen er bisher die meisten Punkte ligaweit erzielt hat (bei 65-57-100-Splits ...). Aber bisher zeigt der 24-Jährige recht eindeutig den besten Basketball seiner Karriere, wirkt auch defensiv deutlich engagierter als noch in der Vorsaison.
Und er trägt die Offense nicht alleine. Abgesehen von Sabonis und Fox stehen überwiegend brauchbare bis gute Schützen auf dem Feld, auch wenn Barnes seinen Wurf noch sucht. Mit Huerter, der in der Offseason aus Atlanta losgeeist wurde, spielt sogar auch einer der derzeit absolut besten NBA-Schützen in der Hauptstadt Kaliforniens.
Um es mit Kevin Durant (via "The ETCs") zu sagen: "Kevin Huerter spielt gerade wie Klay, wie Steph. [...] Ihr müsst euch unbedingt ansehen, wie Kevin Huerter gerade den Ball wirft." Das sind wahre Worte. Huerter trifft aktuell exakt die Hälfte seiner Dreier und feuert aus allen Lagen, aus der Bewegung und mit einem Volumen, das ihm in Atlanta nie vergönnt war.
Sacramento Kings: Ist das haltbar?
Die Kings sind als Team derzeit kollektiv brandheiß. Kein Team trifft ligaweit am Ring besser, kein Team ist so effizient aus der Mitteldistanz. Von der Dreierlinie ist es sogar "nur" Platz 10, weil interessanterweise ausgerechnet Eckendreier bisher nicht fallen wollen. Wichtiger als die Quoten wirkt aktuell aber, dass die Kings stets in der Lage sind, sich gute Würfe herauszuspielen. Es ist ein teamdienlicher Basketball mit viel Bewegung und einer guten Balance, das wirkt haltbarer als die unfassbare Quote von Huerter.
Die Defense ist ein anderes Thema, das Head Coach Mike Brown logischerweise deutlich mehr umtreibt. Momentan erlauben die Kings 115 Punkte pro 100 Ballbesitzen, "gut" für Platz 26 ligaweit. Es bleibt eine Schwachstelle, teilweise auch durch das Personal bedingt; auch wenn er sich bemüht, wird Sabonis eher kein elitärer Ringbeschützer mehr (es ist übrigens auch nach wie vor in Ordnung, den Tyrese Haliburton-Trade aus Kings-Sicht zu kritisieren. Auch wenn Sabonis sehr gut zu Fox passt).
Teilweise ist es jedoch auch eine Frage der Aufmerksamkeit. Dass die Defense besser sein kann als auf "Sieb"-Niveau, zeigten die Kings nun auch schon mehrfach am Ende von engen Spielen, in denen sie durchaus Stops generieren konnten. "Die Jungs spüren es am Ende, dass die Defense wichtig ist. Man sieht die Intensität am Ende des Spiels - das ist kein Vergleich", merkte auch Brown kürzlich an.
Mehr als eine Serie ist in Gefahr
Das Thema Shooting Luck spielt auch hier womöglich eine Rolle. Sacramento erlaubt die zweitwenigsten Dreier und nur durchschnittlich viele Abschlüsse am Ring - das sind eigentlich gute Indikatoren. Gegnerische Teams sind hier nur dummerweise genau so heiß wie die Kings auf der anderen Seite.
Es wird sich zeigen, welche Zahlen sich über den Saisonverlauf bestätigen und wo sich diese Quoten einpendeln. Doch obwohl es hier um die Kings (die Kangz!) geht, ist für den Moment Optimismus angebracht. Sacramento hat noch viel Arbeit vor sich, aber es geht offensichtlich endlich mal wieder in die richtige Richtung.
Wenn die Kings so weitermachen, reißt vielleicht auch endlich die unrühmlichste Serie im US-Sport: Seit 2006 gab es kein Playoff-Spiel mehr in Sacramento. Eigentlich - eigentlich! - sind die Kings längst überfällig.