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NBA - Durchfall, Gesichtsfrakturen, Virus: Der Playoff-Fluch von Joel Embiid

Von Robert Arndt
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Die Philadelphia 76ers stehen vor Spiel 3 bereits mit dem Rücken zur Wand. Setzt sich der Playoff-Fluch von Joel Embiid fort? Selten hatte ein Superstar in der Postseason so viel Pech wie der Kameruner.

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Es war fast schon ein gewohntes Bild, dass Joel Embiid nach der bitteren Pleite in Spiel 2 bei den New York Knicks abgab. Da saß der Center mit hängendem Kopf und musste mal wieder eine Niederlage der Sixers in den Playoffs erklären, auch wenn es die meiste Zeit um die kontroverse Schlussphase ging. 55 Partien hat Embiid nun in der Postseason absolviert, nur 27 davon konnte Philadelphia für sich entscheiden.

Playoffs und Embiid? Bislang ist das keine Liebesgeschichte. Für den Moment ist der Center der einzige MVP, der es noch nicht einmal in die Conference Finals schaffte. Eigentlich unglaublich, schließlich ist Embiid seit Jahren einer der besten zehn Spieler der NBA und wird mit seinen Teams Jahr für Jahr als Mitfavorit gehandelt.

NBA - Knicks vs. Sixers: Die Serie im Überblick

SpielDatumUhrzeitHeimAuswärtsErgebnis
121. April (So)0 UhrNew York KnicksPhiladelphia 76ers111:104
223. April (Di)1.30 UhrNew York KnicksPhiladelphia 76ers104:101
326. April (Fr)1.30 UhrPhiladelphia 76ersNew York Knicks
429. April (Mo)1 UhrPhiladelphia 76ersNew York Knicks
5*1. Mai (Mi)1 UhrNew York KnicksPhiladelphia 76ers
6*3. Mai (Fr)tbaPhiladelphia 76ersNew York Knicks
7*5. Mai (So)tbaNew York KnicksPhiladelphia 76ers

* wenn benötigt

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Diese Saison ist das ein bisschen anders. Zwar gibt es Argumente, dass Philly wieder eines der drei besten Teams im Osten ist, doch Embiids Meniskusverletzung brachte die Sixers ins Taumeln, nur über den Umweg Play-In konnte die siebte Postseason-Teilnahme in Folge (nur Boston und Milwaukee haben mit 10 bzw. 8 Jahren längere Serien) dingfest gemacht werden.

So war zwangsläufig klar, dass Philadelphia ein schweres Matchup blühen würde, die ersten beiden Spiele in New York wurden knapp verloren, sodass der Druck in Spiel 3 schon enorm ist. "Wir werden diese Serie gewinnen", gab sich Embiid kämpferisch. "Wir wissen, was wir besser machen müssen (...) Wir sind das bessere Team und wir werden dafür kämpfen."

Rein auf dem Papier hat Embiid wohl recht, auch weil New York ein Schlüsselspieler in Julius Randle abgeht, doch wenn die ersten beiden Spiele eines gezeigt haben, dann, dass Embiid selbst noch immer mit den Folgen seiner Verletzung zu kämpfen hat - mal wieder.

Es ist fast schon tragisch, wenn man auf Embiids Verletzungspech in den Playoffs schaut. Vor allem Sixers-Fans verweisen gerne (nicht zu Unrecht) darauf, dass der Center immer mit körperlichen Problemen zu kämpfen hatte, teilweise aus völlig kuriosen Gründen. Hier mal eine Liste:

Joel Embiid: Seine Verletzungshistorie in den Playoffs

  • 2018: Augenhöhlenverletzung nach einem Zusammenprall mit Mitspieler Markelle Fultz Ende März. Der Center verpasste die ersten beiden Partien der ersten Runde und unterlag in den Semifinals gegen die Boston Celtics mit 1-4.
  • 2019: In den Semifinals gegen Toronto infiziert sich Embiid mit einem Virus, hat Durchfall und die Sixers verlieren mit ihrem wohl besten Team mit 3-4 durch einen ikonischen Buzzerbeater von Kawhi Leonard in Spiel 7.
  • 2020: Embiid ist fit, doch diesmal erwischt es Point Guard Ben Simmons (Knie) in der Bubble. Die Sixers sind in Runde eins gegen Boston völlig chancenlos und werden gesweept
  • 2021: In der ersten Runde zieht sich Embiid einen kleinen Meniskusriss zu, spielt aber trotzdem. Dennoch ist wieder in den Conference Semifinals Schluss. Simmons wird aufgrund seines verweigerten Dunks in Spiel 7 gegen die Hawks zum Sündenbock und wird in der Folge nie mehr für Philadelphia auflaufen.
  • 2022: In Runde eins gegen Toronto verletzt sich Embiid am Daumen, wenig später zieht er sich eine weitere Augenhöhlenverletzung sowie eine leichte Gehirnerschütterung zu. Die ersten beiden Spiele in Runde zwei in Miami fehlt Embiid, die Sixers sind jeweils chancenlos und geben die Serie mit 2-4 ab.
  • 2023: In diesem Jahr gab es dagegen keine Ausreden (auch wenn Embiid zwei Spiele mit Knieproblemen verpasste), stattdessen verspielten die Sixers in Spiel 6 eine späte zweistellige Führung und wurden in den Conference Semifinals in Spiel 7 von Boston abgeschossen. Es hagelt Kritik für den frisch gewählten MVP Embiid und dessen Co-Star James Harden, die beide im entscheidenden Spiel komplett abtauchen.
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Und in diesem Jahr? Hier ist die Ausgangslage etwas anders. Zum ersten Mal hat ein Embiid-Team keinen Heimvorteil in Runde eins (in der Theorie war man das Auswärtsteam in der Bubble), dennoch gingen die Sixers als leichter Favorit in die Serie, auch weil Embiid bis zu seiner Verletzung im Januar eine der besten Scoring-Saisons aller Zeiten hinlegte und wieder der Frontrunner auf den MVP-Award war.

Und in Spiel 1 zeigte Embiid das auch sofort. Der Kameruner war die gewohnte Scoring-Maschine - bis er kurz vor der Pause sich dazu entschloss, den Ball gegen das Brett zu werfen und dann selbst per Dunk abzuschließen. Embiid landete hart auf seinem lädierten Knie und wirkt seither wieder deutlich eingeschränkter. Seither ist er kaum noch gesprungen, hat sein Spiel mehr nach draußen verlagert.

Seinem Scoring schadete das nur bedingt (die Quoten sind im Keller), schließlich ist Embiid ein grandioser Schütze, doch es limitiert eben auch seine Möglichkeiten, New Yorks Defense unter Druck zu setzen. 29 Würfe nahm Embiid in Spiel 2, 20 davon waren Jumper. Nur acht Versuche nahm der Big Man direkt unter dem Korb. Das ist deutlich unter seinen Splits aus der Regular Season, wo Embiid seinen Gegenspieler noch reihenweise in der Gegend herumschubste.

Natürlich hat daran auch die physische Defense der Knicks seinen Anteil - mit Isaiah Hartenstein und Mitchell Robinson haben die New Yorker gute Center in ihren Reihen, die Embiid das Leben schwer machen können -, dennoch zeigten die ersten Minuten von Spiel 1, dass Embiid im Normalfall dennoch dominieren sollte. Das scheint der inzwischen 30-Jährige nun aber nicht zu können, zumindest nicht über 48 Minuten.

Der Spielraum für Fehler ist für die Sixers kleiner geworden, in den ersten beiden Partien reichte es deswegen. Hier drei Dinge, mit denen die Sixers wieder in die Spur kommen können:

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Sixers: Die Schlüssel für die kommenden Spiele

Sixers: Die Rollenspieler müssen mehr bringen

Philly hatte genügend Qualität, um diese Spiele zu gewinnen. Embiid plus MIP Tyrese Maxey, das sind fast immer mindestens 50 bis 60 fest eingeplante Punkte, in Spiel 2 waren es sogar 69. Es war eine Two-Men-Show mit zu vielen Komparsen, zumindest was den Angriff betrifft. Die Knicks haben bislang keine Antwort auf Maxey, das ist einer der Trümpfe, dazu fehlt auf der Gegenseite ein Spieler, der den Sixers-Guard ordentlich testen kann.

Außer Kyle Lowry scort aber niemand im Schnitt zweistellig, mit Ausnahme von Backup-Center Paul Reed trifft keiner der verbleibenden sechs eingesetzten Akteure mehr als 39 Prozent aus dem Feld. Der Blick richtet sich vor allem gen Tobias Harris, der bislang eine enttäuschende Serie spielt und eigentlich jene dritte Option sein sollte. Von einem 39-Millionen-Dollar-Spieler muss einfach mehr kommen.

Sixers: Zupacken an den Brettern

Die Knicks stehen bei 35 Offensiv-Rebounds in gerade einmal zwei Partien. Zugegeben, nach 23 abgegebenen Rebounds waren es in Spiel 2 "nur" 12 zweite Chancen, aber zwei davon griff sich Isaiah Hartenstein in der Crunchtime ab. Hier muss man auch Embiid kritisieren, der zwar irgendwie an vielen Bällen ist, aber einfach nicht entschlossen genug zugreift.

Gleichzeitig haben die Sixers auch nicht das Personal dazu. Maxey und Oubre sind keine guten Rebounder, Lowry einfach zu klein. Dass allerdings gleich 5 Offensiv-Rebounds an Jalen Brunson abgegeben werden, darf einfach nicht passieren.

Sixers: Ist es Zeit für einen Strategie-Wechsel?

Wenn die Sixers etwas gut machen, dann wie sie Brunson verteidigen. Philadelphia schaffte es immer wieder, Brunson zu etwas überhasteten Würfen zu zwingen, weil sie vor allem von hinten für Druck sorgen, wenn der All-Star sein Büro in der Mitteldistanz betritt. Vor allem Maxey gelangen so schon Blocks, allerdings sorgte es auch dafür, dass Spieler wie Josh Hart an der Dreierlinie völlig frei blieben.

Aufgrund seiner Quote von 30 Prozent während der Saison ein guter Schachzug, doch derzeit steht Hart bei 8/15 von draußen. Vermutlich wird es Coach Nick Nurse zunächst einmal dabei belassen, auch weil Rollenspieler traditionell auswärts schlechter treffen.

2-0 klingt aus Sixers-Sicht zwar nicht gut, doch von all den Serien, die bislang so gelaufen sind, ist diese enger als keine andere. Philly ist nun Außenseiter, wirklich zu verlieren haben sie nichts mehr. Und vielleicht ist es genau das, was Joel Hans Embiid braucht, um endlich den Playoff-Fluch zu besiegen.