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Die Feuertaufe für die OKC Thunder: Wie SGA und Co. den Dallas Mavericks den Zahn zogen

Von Robert Arndt
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Mit einer beeindruckenden Vorstellung in der zweiten Halbzeit haben die Oklahoma City Thunder die Serie mit den Dallas Mavericks ausgeglichen. Vor allem Shai Gilgeous-Alexander stellte noch einmal unter Beweis, dass er ein absoluter Superstar ist.

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Außerdem: Die Thunder haben womöglich endlich ihren fünften Starter gefunden.

OKC besteht den Härtetest

So sehr sich die Mavericks nach der Partie über ihre vergebenen Freiwürfe auch ärgerten, in den meisten Fällen hätte es für Dallas keine Rolle gespielt. Die Thunder waren in diesem Spiel mehrfach kurz vor dem Umkippen, nur fielen sie nicht, was durchaus beeindruckend war.

Ein junges Team, das in der Regular Season famos spielte und dann unter den grellen Lichtern der Playoffs Probleme bekommen sollte - das hat man alles zur Genüge gesehen und auch in Dallas wirkte es so, als ob dies der Fall sein würde. OKC wurde reihenweise am Ring abgeräumt (13 Blocks der Mavs!), fand gegen die Switch-Defense keine Lösungen und schoss zu allem Überfluss in den ersten 36 Minuten gerade einmal 3/19 von der Dreierlinie.

Vieles, was Oklahoma in der Regular Season ausmachte, funktionierte nicht mehr. Die Thunder bekamen kaum schnelle Abschlüsse, Dallas nahm das Transition Game fast komplett weg, und erzielten in den Vierteln zwei und drei genau ein Field Goal in direkter Korbnähe (1/9 FG) - und doch waren die Thunder irgendwie im Spiel.

OKC ist das jüngste Team dieser Playoffs, zeigte aber eine Widerstandsfähigkeit, die so nicht zu erwarten war. In der Crunchtime standen mit Chet Holmgren und Cason Wallace zwei Rookies auf dem Feld, mit Jalen Williams ein weiterer Sophomore, kein Spieler war älter als 25 Jahre. OKC ließ sich von Dallas' Physis nicht einschüchtern, spielte in der zweiten Halbzeit selbst famose Defense und hatte zudem den besten Spieler der Partie in den eigenen Reihen ...

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OKC Thunder: Shai Gilgeous-Alexander im Stile eines Superstars

Sollte jemand noch Restzweifel an SGA gehabt haben, sind diese nun weggewischt. Was der Kanadier in der zweiten Halbzeit veranstaltete, dürfte Mavs-Fans an die Vorstellung von Kawhi Leonard in Spiel 6 vor drei Jahren erinnert haben. Nach der Pause erzielte SGA 22 seiner 34 Punkte und ließ es aus der Mitteldistanz Jumper regnen.

Es war genau das, was die Thunder an diesem Abend brauchten. Im Kampf der Schwergewichtler war es der Guard, der immer wieder kleine Jabs setzte und die Führung Stück für Stück schmelzen ließ. Die Treffer waren teils spektakulär, aber lange herrschte nicht das Gefühl vor, dass Dallas deswegen in Not geraten würde.

Doch SGA traf und traf und traf, egal, wer der Gegenspieler war. Ähnlich wie Doncic hat der 25-Jährige sein ganz eigenes Tempo, spielt stets unter Kontrolle und findet immer wieder Wege, um sich Platz zu verschaffen. Hier und da wäre ein Pullup-Dreier auch nicht schlecht, doch wenn SGA 7/11 wie nach der Pause aus der Mitteldistanz trifft (dieser Wurf war unfassbar), dann wird die Defense irgendwann reagieren müssen.

Dallas tat es nicht, selbst beim möglichen vorzeitigen Dagger schickten die Mavs keine Hilfe und hatten unfassbares Glück, dass SGAs eigentlicher Money Shot irgendwie wieder heraus rollte. "Vielleicht müssen wir früher oder später schneller Hilfe schicken", mutmaßte Luka Doncic. "Er ist einfach zu gut. Jeden Wurf, den er genommen hat, haben wir eigentlich gut verteidigt."

Das ist die Gretchenfrage für die Texaner. Dallas nahm OKC außer Shais Mitteldistanz-Wurf fast alles weg. Der Ring wurde beschützt, dazu nahm man in Kauf, dass Lu Dort einen Dreier nach dem anderen nahm - und meist verfehlte. Die eigentliche Thunder-Offense mit vielen Drives, Kick-Outs und schneller Offense kam dagegen nie wirklich ins Rollen.

Dallas vertraute darauf, dass SGA die Mavs nicht im Alleingang schlagen könne, letztlich war es genau das, was er machte. "Manchmal bin ich während des Spiels einfach nur ein Fan", meinte Mitspieler Chet Holmgren. "Er macht das jetzt schon das ganze Jahr so."

Thunder vs. Mavs: Die Serie im Überblick

SpielDatumUhrzeitHeimAuswärtsErgebnis
18. Mai (Mi)3.30 UhrOklahoma City ThunderDallas Mavericks117:95
210. Mai (Fr)3.30 UhrOklahoma City ThunderDallas Mavericks110:119
311. Mai (Sa)21.30 UhrDallas MavericksOklahoma City Thunder105:101
414. Mai (Di)3.30 UhrDallas MavericksOklahoma City Thunder96:100
516. Mai (Do)3.30 UhrOklahoma City ThunderDallas Mavericks-
619. Mai (So)2.30 UhrDallas MavericksOklahoma City Thunder-
7*21. Mai (Di)2.30 UhrOklahoma City ThunderDallas Mavericks-

* wenn benötigt

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OKC Thunder: Cason Wallace muss starten

Zweitbester Thunder-Spieler war an diesem Abend übrigens Cason Wallace, der mit seiner Vorstellung womöglich die Frage des fünften Starters für die Thunder geklärt hat. Im Boxscore stehen zwar nur 6 Punkte (2/2 3P), 1 TO und 1 Block in 18 Minuten, doch von allen Optionen, die Thunder-Coach Mark Daigneault über die Serie ausprobierte, war er bislang der verlässlichste Akteur.

Anstelle von Giddey sind die Thunder somit zwar klein, da auch Wallace nur 1,90 Meter misst, doch der Vorteil mit Wallace auf dem Feld ist, dass Jalen Williams dann nicht Kyrie Irving verteidigen muss und sich Lu Dort voll auf Doncic konzentrieren kann. Wallace machte es gegen Uncle Drew exzellent und blockte sogar einen Dreier des Guards, auf der anderen Seite verwandelte der Rookie seine Distanzwürfe eiskalt.

OKCs Prämisse war es erneut, dass man sich von den beiden Stars nicht schlagen lassen wollte. Das gelang, zusammen kamen Doncic und Irving nur auf 27 Zähler (10/31 FG), mit Wallace auf dem Feld musste weniger ausgeholfen werden und es war kein Zufall, dass sowohl Doncic als auch Irving in den letzten sieben Minuten der Partie ohne ein einziges Field Goal blieben.

"Ich kann ihm jederzeit vertrauen", lobte Daigneault. "Er setzt immer genau das um, was wir im Spiel mit unserem System erreichen wollen." Letztlich halten eben SGA und Williams den Ball zumeist in der Hand, das Playmaking von Josh Giddey ist in dieser Serie nicht gefragt. Wallace passt hier deutlich besser. Er steht geduldig in der Ecke, ist stets bereit und eben ein ekelhafter Verteidiger. So wie dieses Spiel gelaufen ist, wäre es eine Überraschung, wenn Wallace in Spiel 5 nicht deutlich mehr Minuten sehen würde.

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Dallas Mavericks: Eine Niederlage der Superstars

Es dürfte also nicht leichter für Dallas werden, die hier eindeutig einen Sieg aus der Hand gaben. Nach der Pause trafen die Texaner nur noch 34 Prozent aus dem Feld, Doncic und Irving kamen zusammen auf magere 11 Zähler (4/14 FG). Neben den Freiwürfen war das das Spiel für Dallas. Hätte man vor einigen Wochen gesagt, dass Dallas ein Spiel verliert, in dem Derrick Jones Jr. und P.J. Washington zusammen 38 Punkte erzielen und Dallas den Gegner bei 38 Prozent aus dem Feld hält, dann hätte jeder gesagt, dass dies ein klarer Sieg sein würde.

Es kam anders und es war schon sehr verwunderlich, dass die Mavs am Ende keinerlei Plays mehr hatten, um Doncic oder Irving gute Positionen zu verschaffen. OKC warf den beiden alles entgegen und doch gab es zu wenige Räume. Doncic spielte zwar im Schlussviertel 7 Assists und war an 9 der 10 Mavs-Körbe direkt beteiligt, dennoch hatte man nicht das Gefühl, dass dieser die Kontrolle über das Spielgeschehen hatte.

Vielmehr war Doncic wieder damit beschäftigt, sich bei den Referees über die Spielweise von Dort zu beschweren und versuchte ständig Fouls zu schinden. Dazu kamen 7 Turnover, 6 davon in der ersten Halbzeit, als es Dallas verpasste, OKC schon hier komplett den Zahn zu ziehen. Ein Blowout wäre möglich gewesen, doch dafür machte Doncic zu viele Fehler und Irving war in Halbzeit eins fast nur darauf bedacht, seine Mitspieler zu finden, anstatt den Abschluss zu suchen.

Die teils grandiose Team-Defense tat alles dafür, den beiden Stars das Spiel auf dem Silbertablett zu servieren, doch sowohl Doncic als auch Irving waren in diesem so wichtigen Spiel 4 nicht in der Lage zuzugreifen. Das könnte sich nun rächen, da Dallas erneut ein Spiel in der Fremde gewinnen muss, um nach 2022 erneut die Conference Finals zu erreichen.