Es umschmeichelte nicht die Ohren. Dieses krächzende, schiefe Etwas, das entfernt an Gesang erinnerte. Aber immerhin geschah es in guter Absicht, als Mark Cuban bei den Meister-Feierlichkeiten im American Airlines Center vor fast 20.000 Besuchern und Millionen weiterer TV-Zuschauer Dirk Nowitzki ein Ständchen hielt.
"Happy birthday to you
happy birthday to you
happy birthday dear Dirk
happy birthday to you."
Im Vorgriff auf Nowitzkis 33. Geburtstag am Sonntag nahm Cuban dem Moderator des Events das Mikrofon ab und genoss es sichtlich, seinem liebsten Spieler die Ehre zu erweisen - und sich selbst in den Mittelpunkt zu rücken. "Das war ziemlich süß", sagte Nowitzki mit einer Spur Ironie.
Weniger exaltiert denn gerührt trat Cuban wenig später beim Interview auf. Immer wieder musste er sich unter dem Jubel der Fans die Tränen aus den Augenwinkeln wischen, bevor er die Geschichte erzählte, wie er erstmals einen schlecht frisierten und mit einem Ohrring verzierten Nowitzki angesprochen und ihn sofort ins Herz geschlossen hatte, obwohl er von ihm brüsk abgewiesen wurde.
Cuban: "Yo, ich kauf' dir ein Bier"
Es musste der 3. Januar 2000 gewesen sein, als Cuban den Vertrag unterzeichnete, wonach er für 285 Millionen Dollar die Mavs aufkaufte. Der Abschluss sollte erst am Tag darauf verkündet werden, um diesen jedoch schon zu feiern, ging Cuban in eine Bar.
"Ich sah dort einen großen, komisch aussehenden Deutschen und ich wusste, dass ich zukünftig sein Chef sein werde. Er hingegen hatte keinen Plan. Ich bin also zu ihm hin und sage: 'Yo, ich kauf' dir ein Bier.' Dirk, schaut mich an, schüttelt nur den Kopf und geht einfach weg", erinnerte sich Cuban.
"Am folgenden Tag wurde ich dem Mavs-Team vorgestellt. Ich komme durch die Tür, ich schaue zu Dirk - und er schüttelt schon wieder nur den Kopf. So lässt sich unsere Beziehung in all den Jahren zusammenfassen."
Die Meisterspieler in Kurzporträts: Der menschliche Tyrannosaurus Rex
Dirk und Mark: Gegensätzlicher geht es nicht
Der Titelgewinn der Mavs ist eine Geschichte zweier Männer, die grundverschieden und doch so eng miteinander sind, wie es nur beste Freunde oder Brüder sein können.
Der eine ist riesig, blond, zurückhaltend und bescheiden.
Der andere ist klein, dunkelhaarig, schrill und protzig. Und er ist charismatisch, frech, überdreht und infantil. Alles auf einmal, alles extrem.
Elf Jahre mussten beide gemeinsam reisen, um nach vielen Höhen und einschneidenden Erlebnissen das Ziel zu erreichen.
Cuban gibt Ausschlag für Nowitzki-Verlängerung
2003 überwarf sich Cuban mit seinem bis dahin befreundeten Headcoach Don Nelson, weil sich beide nicht darauf einigen konnten, ob der am Knie verletzte Nowitzki in Spiel 6 der Conference Finals gegen San Antonio auflaufen soll oder nicht.
Cuban sprach sich nach eingehender ärztlicher Beratung für einen Einsatz aus, Nelson widersprach jedoch und beließ Nowitzki - angeblich gegen dessen Wunsch - auf der Bank. Dallas schied aus und der Streitfall um Nowitzki leitete eine Entfremdung zwischen Cuban und Nelson ein, die in der Entlassung und einem hässlichen Gerichtsstreit endete.
Es folgte die Finals-Pleite 2006, das Erstrunden-Aus 2007 und 2008, Nowitzkis private Probleme nach der Verhaftung seiner kriminellen Freundin mitten in den Playoffs 2009. Doch statt sich von den Krisen auseinandertreiben zu lassen, wurde der Bund zwischen ihnen immer stärker - weswegen Nowitzki seinen Vertrag im vergangenen Sommer um vier weitere Jahre verlängerte.
"Mark stand immer loyal zu mir. Wir sind durch dick und dünn gegangen. Als ich offiziell Free Agent wurde, bin ich zu seinem Haus gefahren und wir haben uns gesagt: 'Wir sitzen im gleichen Boot.' Es war sehr emotional", sagte Nowitzki.
Erstaunlich: Mark Cuban hält sich zurück
Mit der Zeit hat sich das Verhältnis der beiden verändert. Cuban ist nicht mehr eindeutig der Boss, Nowitzki nicht mehr eindeutig der unerfahrene Jüngling mit dem seltsamen Akzent. Sie begegnen sich auf Augenhöhe, sind nahezu gleichberechtigte Partner.
Nowitzki war es auch, der gemeinsam mit Coach Rick Carlisle den zum Überdrehen neigenden Cuban davon überzeugte, sich während den Playoffs doch bitte zurückzunehmen. Die Vergangenheit hätte doch gezeigt, dass Cubans Verrücktheiten und teils abenteuerlichen Interviews die eigene Mannschaft ablenken und die Gegner motivieren würden. "Es soll immer um die Spieler gehen, nie um die Besitzer", so Nowitzkis klare Ansage.
Cuban hielt sich an die Direktive und gab ab der Blazers-Serie keine Interviews - was dem sonst so renitent Umtriebigen angesichts der Provokationen der gegnerischen Fans einige Mühe gekostet haben dürfte. "Je leiser ich wurde, desto häufiger gewannen wir. Ich wollte unser Karma nicht zerstören", sagte Cuban.
Mark Jackson, NBA-Experte und zukünftiger Warriors-Coach, sagte: "Der große Unterschied zwischen dem jungen Mark Cuban und dem alten Mark Cuban ist die Reife. Er hat verstanden, dass er sich gewisse Dinge ersparen muss, um dem Team nicht zu schaden."
Mark Cuban schreibt Erfolgsstory
Cubans Gesicht während eines Mavs-Spiels mag noch immer von Anspannung gezeichnet sein, doch er ist nicht mehr so hibbelig und vom Erfolgsgedanken besessen. Er hält etwas mehr Distanz zur Mannschaft und nimmt nicht vor lauter Begeisterung an jedem Training teil und fordert die Spieler zum H-O-R-S-E-Duell.
Mittlerweile verzichtete er während der Regular Season sogar auf den Besuch einiger Spiele, um sich seiner Familie zu widmen: "Ein Sieg war früher mein ultimatives Highlight, aber wenn ich heute nach Hause komme und meine Kinder sehe, bin ich hin und weg."
Doch seine Entschlusskraft bleibt die selbe: Kein Besitzer hat so viel Herz und Feuer für seinen Klub. Kein Besitzer zeigt einen derartigen Innovationswillen, um Dallas populärer zu machen. Das kostspielige Entertainment-Paket der Mavs inklusive Cheerleader und Jumbotron-Videoleinwand setzte Maßstäbe und zeichnet mit dafür verantwortlich, dass das American Airlines Center seit 399 Spielen ausverkauft ist - NBA-Rekord.
Der Wert der gesamten Franchise stieg innerhalb von elf Jahren um über 150 Millionen Dollar auf nun 438 Millionen Dollar, der Gewinn des Titels noch nicht einberechnet. Die Entwicklung ist imposant - und doch geht Cuban noch immer der Respekt ab.
Ex-MLB-Boss: Cuban wie George Steinbrenner
Mit Commissioner David Stern verbindet Cuban eine Art Hassliebe. Stern gefällt Cubans Passion für den Sport, ihm ist jedoch das Gezeter und Kritisieren des Mavs-Besitzers zuwider, weil diese die so heile Welt der NBA verstören würden. Wegen allzu forscher Schiedsrichterkritik bekam Cuban bereits Strafen in Höhe von 1,7 Millionen Dollar auferlegt.
Zuletzt verglich der frühere MLB-Commissioner Fay Vincent Cuban mit dem verstorbenen Yankees-Besitzer George Steinbrenner: "Für einen Team-Besitzer ist es am wichtigsten, wie ein Gentleman aufzutreten, nach den Regeln zu spielen und die Autoritäten zu respektieren. Es darf nicht immer um den Erfolg gehen. Ich glaube: Mark Cuban ist ein echtes Problem für den Basketball wie es Steinbrenner für den Baseball war."
Selfmademan & Sonderling
Cuban ist und bleibt in der Welt des US-Sports ein Außenseiter. Ein 52-Jähriger, der in Jeans, zu engen T-Shirts und Turnschuhen direkt am Spielfeldrand sitzt, statt wie die anderen Oberen hergemacht im VIP-Bereich zu logieren.
Ein Selfmademan, der als Niemand anfing und laut "Forbes" mit einem Vermögen von 2,5 Milliarden Dollar der 459. reichste Mensch der Welt ist. Ein Sonderling, der darüber spricht, dass er nach dem Rat seiner ersten Freundin Fußcreme ins Gesicht schmiert und deswegen so jugendlich aussieht.
Ein Mavs-Fan der Anfangsstunde, der einst zwar von Ehrgeiz zerfressen war, bei der Trophy-Übergabe jedoch freimütig Don Carter, dem ersten Besitzer der Mavs, den Vortritt ließ.
"Mark hat Stil. Das ist das Entscheidende: Er hat die Mavs an die Spitze geführt - und das immer mit Stil", sagte Carter.
Cuban: "Macht euch bereit!"
Was immer Cuban macht, es ist eine Mischung aus Aufopferung und Größenwahn, aus befremdlichen Extravaganzen und amüsanten Idiotien.
Erst kündigt er an, die Kosten für die zwei Millionen Dollar teure Championship Feier in Dallas zu übernehmen, um die Stadt finanziell zu entlasten. Später erzählt er großspurig, wie er in der Nacht des Triumphs in einem Club in Miami 90.000 Dollar für eine Champagner-Flasche ausgab und den Kellnern ein Trinkgeld von 20.000 Dollar gab.
Beim Auftritt der Mavericks bei David Letterman sagte Cuban: "Ihr dachtet, ich war vorher schon eingebildet und unausstehlich? Macht euch bereit!"
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