Ein alter Mann im Texas-Rodeo

Thorben Rybarczik
24. Oktober 201619:35
Dirk Nowitzki konkurriert in der Southwest Division unter anderem mit den San Antonio Spursgetty
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Die Dallas Mavericks erwartet in der Southwest Division ein knallharter Kampf um die Playoff-Plätze. Wie stehen die Chancen von Dirk Nowitzki und Co.? Wie kommen die San Antonio Spurs ohne Tim Duncan zurecht - und wie weit trägt die neue Offense die Houston Rockets? Außerdem: Die Memphis Grizzlies hoffen auf Chandler Parsons und den New Orleans Pelicans droht eine Chaos-Saison. Die Preview.

Dallas Mavericks

POINT GUARD: Deron Williams, J.J. Barea, Seth Curry

SHOOTING GUARD: Wesley Matthews, Devin Harris

SMALL FORWARD: Harrison Barnes, Justin Anderson, Nicolas Brussino, Dorian Finney-Smith

POWER FORWARD: Dirk Nowitzki, Dwight Powell, Quincy Acy

CENTER: Andrew Bogut, Salah Mejri, A.J. Hammonds

Darum wird die Saison ein Erfolg: Auch, wenn es Harrison Barnes in der Preseason noch nicht zeigen konnte: Er entwickelt sich im Saisonverlauf zur lang ersehnten Scoring-Option neben Dirk Nowitzki. Er profitiert von den Guard-Kreationen von Deron Williams, J.J. Barea und Co. und verleiht der Offense auch mit seinem Slashing eine neue Dimension.

Auch der andere Neuzugang entwickelt sich zu einem Steal. Andrew Bogut bleibt endlich mal konstant fit, hält den Laden in der Defensive zusammen und reboundet, was das Zeug hält. Dritte und vierte Chancen für den Gegner? Nicht mit dem Australier! Darüber hinaus ist er auch im Angriff der optimale Sidekick für Dirk im Frontcourt.

Rick Carlisle schafft es wieder mal, eine der besten Offensiven der Liga zu kreieren. D-Will und Barea lassen den Ball laufen, Wesley Matthews und Barnes treffen ihre Dreier. Ein zweiter Verteidiger gegen Dirk? Wird sofort bestraft. Und: Die Bank um Seth Curry, Devin Harris, Justin Anderson und Co. startet durch. Optimisten behaupten: Der Heimvorteil in den Playoffs ist drin.

Darum wird die Saison ein Misserfolg: Barnes kommt mit dem Druck seines Monstervertrags nicht klar. Es stellt sich heraus, dass er völlig zu Recht nur die vierte Option der Warriors war und schafft es nicht, sich eigene Würfe zu kreieren. Dadurch geht sein Selbstvertrauen den Bach runter, sodass auch die offenen Würfe nicht reinfallen.

Bogut macht seinem Ruf alle Ehre und verletzt sich schon früh in der Saison. Mit dem fehlenden Defensiv-Anker und einem Salah Mejri in der Starting Five verkommen die Mavs zur Schießbude. Selbst ein Dirk in Topform kann das nicht kompensieren, erst Recht nicht, wenn - wie letzte Saison - der Starting Backcourt regelmäßig mit Verletzungen zu kämpfen hat.

Und die Bank? Barea wird defensiv überrannt, Curry kann seine Form aus der Preseason nicht konservieren, Powell und Anderson schaffen es nicht, die oftmals verletzten "Vorgesetzten" adäquat zu ersetzen und entwickeln sich unter dem Druck, liefern zu müssen, nicht weiter. Die Folge: Das nächste frühe Playoff-Aus gegen einen Contender.

Prognose: 4. Platz in der Southwest Division
SPOXperform

Houston Rockets

POINT GUARD: James Harden, Patrick Beverley, Pablo Prigioni, Bobby Brown, Gary Payton II, Tyler Ennis

SHOOTING GUARD: Eric Gordon , K.J. McDaniels,

SMALL FORWARD: Trevor Ariza, Corey Brewer, P.J. Hairston, Sam Dekker

POWER FORWARD: Ryan Anderson, Montrezl Harrell, Kyle Wiltjer

CENTER: Clint Capela, Nene Hilario, Chinanu Onuaku

Darum wird die Saison ein Erfolg: Head Coach Mike D'Antoni hat einen für seine Vorstellungen optimalen Kader zur Verfügung. Wie einst die Suns rennen die Rockets mit ihrem Tempo-Basketball alles in Grund und Boden, wobei James Harden als Playmaker und Anführer MVP-Zahlen auflegt.

Die Neuzugänge Ryan Anderson und Eric Gordon bleiben fit und schießen von Downtown die Lichter aus. Die Taktik, Harden bei dessen Drives zu doppeln oder gar zu tripplen, wird gnadenlos bestraft. Dadurch werden auch die Defizite in der Verteidigung kompensiert. Wen stören schon 110 gegnerische Punkte, wenn man selber 115 macht?

Auf der neuen Erfolgswelle reitend ist auch die Teamchemie wieder im Lot. Der Abgang vom nörgelnden Dwight Howard bewirkt diesbezüglich Wunder, sodass die Rockets jede Menge Spaß haben. Außerdem: Der Bart will unbedingt MVP werden und hat erkannt, dass Verteidigen durchaus zielführend ist. Spielen sich die Raketen in einen Rausch, gehören sie zu den Top-Teams im Westen.

Darum wird die Saison ein Misserfolg: Weil ohne Defense eben doch nichts geht. Howard hat eine Lücke in der Zone hinterlassen, die Jungspund Clint Capela nicht füllen kann. Anderson ist ebenfalls kein Faktor. Deshalb hat in der vorderen Big-Men-Rotation nur Nene halbwegs Potential zum Ringbeschützer - und der hat zuletzt 2010 eine verletzungsfreie Saison gespielt.

Auch auf dem Flügel sieht es nicht besser aus. Trevor Ariza kann gar nicht so hart verteidigen, dass Jungs wie Harden und Gordon erfolgreich versteckt werden können. Einzig Patrick Beverley könnte als Giftzwerg Unruhe bei gegnerischen Guards stiften, doch der fällt erstmal aus.

Und die Bank? Von ihr sollte nicht zu viel erwartet werden. Nene wurde bereits erwähnt, Corey Brewer glänzt in den meisten Spielen nur mit seinem Grinsen, McDaniels wartet noch auf seinen Durchbruch und Pablo Prigioni ist 39 Jahre alt. Die Playoffs sollten zwar trotzdem drin sein, doch zur Spitze gehört dieses Team unter solchen Umständen nicht.

Prognose: 2. Platz in der Southwest Division

Memphis Grizzlies

POINT GUARD: Mike Conley, Wade Baldwin IV, Andrew Harrison

SHOOTING GUARD: Tony Allen, Vince Carter, Troy Daniels

SMALL FORWARD: Chandler Parsons, James Ennis, Troy Williams

POWER FORWARD: JaMychal Green, Zach Randolph, Deyonta Davis, Jarell Martin

CENTER: Marc Gasol, Brandan Wright

Darum wird die Saison ein Erfolg: Chandler Parsons hat seine Verletzung komplett auskuriert und gibt den Grizzlies endlich Scoring vom Flügel. Tony Allen kann sich dadurch noch mehr auf die Defense konzentrieren und vorne in einer Ecke seiner Wahl rumstehen, ohne den Spielfluss zu stören.

Auf der Vier nutzt JaMychal Green seine Chance als Starter und geht steil. Auch sonst hat Neu-Coach David Fizdale ein Händchen für Spieler mit Entwicklungspotential: Jungs wie James Ennis oder Wade Baldwin beleben endlich die Bank. Selbiges gilt für Zach Randolph, der in seinem letzten Vertragsjahr steckt und noch einmal zeigt, dass er nicht zum alten Eisen und schon gar nicht zur Second Unit gehört.

Der Grit'n'Grind-Kern will beweisen, dass er weiterhin jedem Gegner Probleme bereiten kann. Das Duo Mike Conley/Marc Gasol verteidigt auf hohem Niveau und der Spanier trotzt seiner Verletzungshistorie mit einer letzten Saison auf DPOY-Level. Und: Fizdale garniert den Oldschool-Style mit modernen Small-Ball-Elementen, die das Team in die zweite Playoff-Runde spülen.

Darum wird die Saison ein Misserfolg: Wieder mal machen jede Menge Verletzungen den Grizzlies einen Strich durch die Rechnung. Auch Parsons ist traditionell ein Pechvogel und entwickelt sich nicht zur lang ersehnten Lösung. Stattdessen hat er Probleme mit seinem Wurf, da er oft der einzige Flügel-Schütze auf dem Feld ist und entsprechend bewacht wird.

Ohne konstante Gefahr von draußen hilft auch die Qualität im Frontcourt nichts. Gasol und Randolph kämpfen vergebens gegen ihr Alter an und kommen mit Double-Teams nicht mehr zurecht. Fizdale hat kaum Ideen, wie er die vorhandenen Probleme lösen soll - es ist schließlich seine erste Station als Head Coach, wobei ihm seine Fähigkeiten als Spieler-Entwickler nicht viel helfen.

Nach einer erneut verkorksten Saison bricht der Grit'n'Grind-Kern auseinander. Für den nötigen Neuaufbau fehlt dann aber die entsprechende Kohle, die für Conley und Parsons investiert wurde. Die Grizzlies bleiben deshalb im Mittelmaß stecken.

Prognose: 3. Platz in der Southwest Division

New Orleans Pelicans

POINT GUARD: Tim Frazier, Jrue Holiday, Langston Galloway

SHOOTING GUARD: E'Twaun Moore, Buddy Hield, Lance Stephenson

SMALL FORWARD: Tyreke Evans, Solomon Hill, Quincy Pondexter, Dante Cunnigham, Alonzo Gee

POWER FORWARD: Anthony Davis, Terrence Jones, Chieck Diallo

CENTER: Ömer Asik, Alexis Ajinca

Darum wird die Saison ein Erfolg: Anthony Davis legt eine weitere Schippe drauf und steigt endgültig in den elitären Kreis der MVP-Anwärter auf. Mit ihm als Fixpunkt ist Alvin Gentry in der Lage, eine gefährliche Offense zu etablieren, in der die vielen Rollenspieler ihren Stärken entsprechend eingesetzt werden.

Auch Defensiv entwickelt sich Davis zu einer Macht. Zusammen mit Ömer Asik oder Alexis Ajinca entspricht dies zwar nicht den modernen Small-Ball-Regeln der Liga, das stellt defensiv aber kein Problem dar. Shotblocking und Rebounds gibt es zuhauf und Guards wie Jrue Holiday (nach seiner Rückkehr) oder Rookie Buddy Hield nutzen dies für Fastbreaks.

Apropos Hield: Buddyball war zuletzt der beste Shooter am College und überträgt diese Fähigkeiten auch in die NBA. Das Spacing-Problem der vergangenen Saison löst er praktisch im Alleingang. Die Bank wurde ebenfalls aufgewertet: Solomon Hill hält die defensive Qualität aufrecht und Lance Stephenson erinnert sich an seine Allrounder-Fähigkeiten aus alten Pacers-Tagen.

Darum wird die Saison ein Misserfolg: Mit Holiday (private Gründe) und Tyreke Evans (Blutgerinnsel) fehlen zwei Schlüsselspieler auf unbestimmte Zeit. Der Druck, der auf den Schultern von AD lastet, wird dadurch noch größer. Dem kann die Braue nicht standhalten und stagniert in seiner Entwicklung.

Die Center-Rotation Asik/Ajinca ist zwar körperlich und reboundtechnisch eine gute Sache, gehört basketballerisch aber zu den schlechtesten der Liga. Offensiv sind beide auf Durchstecker oder ähnliches angewiesen, die der limitierte Backcourt aber nicht liefern kann. Hield ist kein Playmaker und könnte zunächst überfordert sein.

Das trifft auch auf das Front Office zu, das es nicht geschafft hat, das Team nach der überraschenden Playoff-Teilnahme 2015 weiter zu entwickeln. Viele Trades und Free-Agency-Verpflichtungen wirkten hektisch. Daher ist es nicht unwahrscheinlich, dass Coach Gentry nach einem schwachen Saison-Start vor die Tür gesetzt wird und die Franchise vor einem Trümmerhaufen steht. Selbst ein Davis wird dann ungeduldig.

Prognose: 5. Platz in der Southwest Division

San Antonio Spurs

POINT GUARD: Tony Parker, Patty Mills, Dejounte Murray

SHOOTING GUARD: Danny Green, Manu Ginobili, Jonathan Simmons, Bryn Forbes

SMALL FORWARD: Kawhi Leonard, Kyle Anderson, Davis Bertrans

POWER FORWARD: LaMarcus Aldridge, David Lee

CENTER: Pau Gasol, Dewayne Dedmon

Darum wird die Saison ein Erfolg: Gregg Popovich ist der beste Head Coach der Liga. Die Umstellung von Tim Duncan auf Pau Gasol auf Center wird daher kein Problem sein. Im Gegenteil: Der Spanier harmoniert prächtig mit LaMarcus Aldridge und entlastet zudem Tony Parker als zweiter Playmaker von der Birne.

Mit Kawhi Leonard steht der - zusammen mit LeBron J. aus C. - beste Two-Way-Spieler der Liga bereit. Mit immer noch jungen 25 Jahren hat er den Zenit seiner Entwicklung noch lange nicht erreicht und wird mit LMA das gefürchtete Duo bilden, auf das schon viele in der letzten Saison gewartet haben.

Die Veteranen Parker und Ginobili zeigen, was mit Spielwitz und Erfahrung noch möglich ist und erklären den Jungspunden Kyle Anderson oder Dejounte Murray, worauf es ankommt. Die für Gasol geopferte Kadertiefe wird durch die Neuzugänge David Lee und Dewayne Dedmon zumindest im Frontcourt aufgefangen, während im Backcourt der Australier Patty Mills seine Olympia-Form konserviert hat und Danny Green nach seiner Rückkehr wieder zum gefürchteten Scharfschützen der vergangenen Jahre mutiert.

Darum wird die Saison ein Misserfolg: Auch mit seinen gefühlt 54 Jahren war Duncan immer noch ein defensiver Faktor, der nicht so einfach kompensiert werden kann. In dieser Hinsicht ist Gasol ein Downgrade, obwohl er mit seiner Spielintelligenz die fehlende Athletik wettmachen kann.

Stichwort Athletik: Diese fehlt im Roster an allen Ecken und Enden (Leonard mal ausgeklammert). Besonders der Backcourt hat Probleme gegen schnelle Gegenspieler, was gegen die Top-Teams des Westens tödlich ist. Bitter: Mit Green fällt ein starker Flügelverteidiger für mehrere Wochen aus. Mit einem vergleichsweise schweren Startprogramm sind viele Niederlagen vorprogrammiert.

Mit Boris Diaw fehlt nicht nur eine Espresso-Maschine im Locker Room, sondern auch eine Allzweckwaffe auf dem Court. Pop konnte die Spielzeit seiner Starting Five zuletzt immer wohl dosieren, da er sich auf seine Bank verlassen konnte. Diesen Luxus kann er sich in diesem Fall nicht mehr gönnen. Wollen die Spurs bis zuletzt an der Spitze mitmischen, müssen sie auch in der Regular Season ans Limit gehen.

Prognose: 1. Platz in der Southwest Division

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