Zwischen All-Star und Tal der Tränen

Ole Frerks
12. Oktober 201714:04
John Wall, Dennis Schrödergetty
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Die NBA-Saison steht vor der Tür - Zeit also für die alljährlichen Division Previews! Wir stellen sämtliche Teams vor, blicken auf den jeweiligen Best und Worst Case und wagen eine Prognose. Heute: Die Southeast Division.

Atlanta Hawks

Point Guard: Dennis Schröder, Malcolm Delaney, Quinn Cook

Shooting Guard: Kent Bazemore, Marco Belinelli, Tyler Dorsey, Nicolas Brussino

Small Forward: Taurean Prince, DeAndre' Bembry

Power Forward: Ersan Ilyasova, John Collins, Luke Babbitt

Center: Dewayne Dedmon, Miles Plumlee, Mike Muscala

Best Case

Die jungen Spieler machen Spaß. John Collins stellt sich als Draft-Steal heraus, der No.19-Pick nimmt Ersan Ilyasova den Starting Spot auf der Vier schnell ab und etabliert sich als Eckpfeiler der Zukunft. Auf dem Flügel bestätigt Taurean Prince seine guten Leistungen aus den Playoffs und der Preseason und lässt sich beim Wurf ein wenig von Marco Belinelli unter die Arme greifen. Ebenso wie Dennis Schröder hebt er den Distanzwurf auf knapp 40 Prozent an und wird damit der 3-and-D-Spieler, der Kent Bazemore eigentlich sein sollte.

Für Schröder verläuft das Jahr individuell sehr gut. Der Deutsche hebt abermals seine Statistiken an und minimiert die Ballverluste - zudem tritt er auch in Atlanta mehr und mehr als Leader auf. Die Hawks gewinnen zwar nicht viele Spiele, seine Leistungen werden dennoch mit einer Einladung als Reservist zum All-Star Game honoriert. Die Harmonie bei Lobs mit Dewayne Dedmon führt zu etlichen Auftritten im SportsCenter.

Nachdem die Playoffs erwartungsgemäß deutlich verpasst werden, haben die Hawks Glück in der Lottery und erhalten einen Top-3-Pick. In der Free Agency werden Fehlentscheidungen a la Dwight Howard vermieden, die Entwicklung der Hawks zeigt wieder klar in die richtige Richtung.

Worst Case

Nachdem sämtliche Veteranen das Team verlassen haben, verlangt Schröder von den jüngeren Spielern, dass sie ihn mit "Herr Schröder" ansprechen und Loyalität zur FlexGang bekennen. Das ärgert Mike Budenholzer, der allerdings ohnehin Probleme hat, sein Team noch zu erreichen.

Da die Hawks nur für die Lottery spielen, halsen sie sich während der Saison noch weitere auslaufende Verträge mieser Spieler mit Trades auf, die vielversprechenden Talente Prince, Collins, Tyler Dorsey und DeAndre' Bembry verschwinden hinter Belinelli, Ilyasova und Co. in der Rotation. Schröder legt dabei zwar gute Zahlen auf, Anerkennung bringt ihm das aber kaum ein, zumal die Hawks so dysfunktional wirken, als wäre Howard immer noch bei ihnen angestellt.

Trotz des letzten Platzes in der gesamten NBA erhält Atlanta nur den No.4-Pick. Die auslaufenden Verträge von Belinelli, Ilyasova und Luke Babbitt werden langfristig und lukrativ verlängert.

Prognose: 5. Platz in der Southeast Division.

Charlotte Hornets

Point Guard: Kemba Walker, Michael Carter-Williams, Julyan Stone

Shooting Guard: Nicolas Batum, Jeremy Lamb, Malik Monk, Dwayne Bacon

Small Forward: Michael Kidd-Gilchrist, Treveon Graham

Power Forward: Marvin Williams, Frank Kaminsky

Center: Dwight Howard, Cody Zeller, Johnny O'Bryant

Best Case

Die Verletzungspause von Nicolas Batum offenbart, dass die Hornets in den Rookies Malik Monk und Dwayne Bacon zwei Rohdiamanten im Kader stehen haben. Beide schlagen ein, insbesondere Monk etabliert sich sofort als dynamischer Scorer und unterstützt Kemba Walker als zweite Scoring Option. Auch in der Crunchtime müssen sich die Gegner nicht mehr nur auf Walker einstellen, sodass Charlotte am Ende von Spielen ein deutlich gefährlicheres Team wird.

Nach Batums Rückkehr entwickeln sich für Steve Clifford neue Möglichkeiten. Dwight Howard, der sich bis dahin erst dreimal öffentlich über zu wenig Touches beschwert hat, wird Ende November auf die Bank beordert, denn Charlotte modernisiert das Spiel und läuft fortan mit Walker, Monk, Batum, Michael Kidd-Gilchrist und Cody Zeller in der Starting Five auf. Fortan gehören die Hornets zu den besten Teams der Eastern Conference.

Dank der von Clifford geforderten Disziplin und der guten Balance im Kader reicht es im Osten letztendlich für einen Top-4-Platz und damit Heimvorteil in der ersten Playoff-Runde. Als Charlotte zum ersten Mal seit 2002 (!) in die Conference Semifinals einzieht, herrscht Euphorie in der Stadt. "The ceiling is the roof", verkündet Michael Jordan.

Worst Case

Auch sein alter Bekannter Clifford kann nichts daran ändern: Howard ist nach wenigen Wochen unzufrieden und vergiftet das Klima im Team. Die Hornets, die in den vergangenen Jahren noch als Einheit aufliefen, agieren auf einmal mehr wie ein Haufen Individualisten, die nur die eigenen Punkte im Sinn haben. Walker gibt nur noch im Notfall den Ball ab, Monk lässt den Ball immer sofort fliegen, wenn er ihn doch mal erhält.

Clifford hat zudem Lineup-Probleme. Wann immer Howard, MKG und MCW gemeinsam auf dem Court stehen, ist das Spacing überhaupt nicht existent. Eigentlich sollte Zeller mehr spielen, das verhindert Howard aber mit der Drohung, dann aus Trotz nur noch Dreier zu werfen. Batum braucht für seine Reha länger als angenommen, als er zurückkehrt, findet er ein Team vor, das nur noch gerade so um die Playoff-Plätze mitspielt.

Diese werden dann auch noch gerade so erreicht, in der ersten Runde wartet jedoch Cleveland und damit ein Sweep. Clifford wirft das Handtuch, als ihm bewusst wird, dass die Hornets auch für die nächste Saison bereits im Luxury Tax-Bereich sind und Howard noch ein Jahr unter Vertrag steht. Michael Jordan weint.

Prognose: 3. Platz in der Southeast Division.

Miami Heat

Point Guard: Goran Dragic, Tyler Johnson

Shooting Guard: Dion Waiters, Josh Richardson, Wayne Ellington

Small Forward: Rodney McGruder, Justise Winslow, Okaro White

Power Forward: James Johnson, Kelly Olynyk, Udonis Haslem, Jordan Mickey

Center: Hassan Whiteside, Bam Adebayo, A.J. Hammons

Best Case

Die Heat sind das Team, das in der zweiten Saisonhälfte 16/17 30 Siege bei nur 11 Niederlagen fabriziert hatte. Gepusht von Goran Dragic und Tyler Johnson spielt Miami bedingungslosen Tempo-Basketball, dank des beinharten Konditionstrainings kann niemand mit den Heat Schritt halten. Dion Waiters bestätigt sein Career Year und schafft es im Osten erstmals ins All-Star Game, wo er gemeinsam mit Dragic und Blocks- und Rebounds-Leader Hassan Whiteside für Furore sorgt.

Das tut auch Justise Winslow, dessen Re-Integration in die Rotation deutlich einfacher verläuft als erwartet. Der miese Wurf sieht besser aus, dazu glänzt Winslow mit seiner tollen Defense. Stehen er und James Johnson gemeinsam auf dem Court, sind die besten Flügelspieler des Gegners völlig abgemeldet. Werden beide noch durch Kelly Olynyk auf Center ergänzt, passt zudem das Spacing und die Heat können Small-Ball par excellence zelebrieren.

Coach of the Year Erik Spoelstra führt die Heat bis in die zweite Playoff-Runde, wo LeBron James, Dwyane Wade und die Cavaliers warten. Gegen diese zieht Miami zwar den kürzeren, beide sind aber so beeindruckt von Waiters und Co., dass sie in der Offseason zurück an den Südstrand wechseln.

Worst Case

Der 52-Millionen-Deal für Waiters stellt sich als Fehler heraus - denn mit finanzieller Sicherheit im Rücken legt "Philly Cheese Swag" sämtliche guten Angewohnheiten ab und wird wieder der alte Gunner, der jeden Mitspieler anschnauzt, der ihm nicht den Ball gibt. Angesichts ihrer Tiefe kommen die Heat zwar damit aus, ihn auf die Bank zu beordern, ein Go-To-Scorer geht ihnen damit allerdings flöten. Denn auch Dragic wird nach dem strapaziösen Sommer mit dem Sieg bei der EM eher einen Schritt langsamer.

James Johnson kann seine gute Vorsaison nur teilweise bestätigen, Winslow drängt sich allerdings auch nicht gerade als Ersatz für ihn auf. Rookie Bam Adebayo liefert sich mit Whiteside im Training hitzige Duelle, die teilweise ein bisschen zu weit gehen. Olynyk entpuppt sich als Fehlkauf, zumal er sich beim Surfen verletzt und damit einige Wochen ausfällt.

Die Kondition der Heat ist immer noch ein netter Vorteil, spielerisch kehren sie aber ins Mittelmaß zurück. Angesichts fehlender Konkurrenz im Osten reicht das wohl für die Postseason, aber nicht, um dort tatsächlich irgendjemanden zu gefährden. Pat Riley zieht sich nach Corleone in den Kreis der Famiglia zurück.

Prognose: 2. Platz in der Southeast Division.

Orlando Magic

Point Guard: Elfrid Payton, D.J. Augustin, Shelvin Mack

Shooting Guard: Evan Fournier, Jonathon Simmons, Wesley Iwundu

Small Forward: Terrence Ross, Mario Hezonja, Arron Afflalo

Power Forward: Aaron Gordon, Jonathan Isaac, Khem Birch, Damjan Rudez

Center: Nikola Vucevic, Bismack Biyombo, Marreese Speights

Best Case

Aaron Gordon blüht auf, nachdem er - endlich! - auf seine ideale Position Power Forward umgepflanzt wurde. Der Über-Athlet demonstriert seine Vielseitigkeit und mutiert zu einer Art Draymond Green (vorerst für Arme) und gibt den wenigen verbliebenen Magic-Fans endlich mal wieder einen Anlass, positiv gestimmt in die Zukunft zu blicken.

Das gilt auch für Rookie Jonathan Isaac, der voll einschlägt und zum Sixth Man der Magic wird. In ultra-kleinen Lineups experimentiert Coach Frank Vogel teilweise sogar mit Gordon und Isaac auf den großen Positionen - mit Erfolg. Mit der Zeit werden Nikola Vucevic und Bismack Biyombo mehr als entbehrlich und von den Magic in potenzielle Trade-Pakete mit einbezogen.

Orlando ist noch nicht so weit, dass man um die Playoff-Plätze mitspielen würde, es geht aber bergauf. Evan Fournier und Terrence Ross sind auf dem Flügel ein zumindest respektables Duo, Elfrid Payton bestätigt seine Form der letzten Saisonwochen 16/17 (16 Punkte, 9 Assists, 40 Prozent 3FG im April) und zeigt, dass sein Wurf doch kein Lost Cause ist. Mit einem weiteren hohen Lottery-Pick können die Magic im Jahr darauf dann mal wieder etwas weiter oben angreifen.

Worst Case

Da Orlando sich ohnehin seit Jahren im Niemandsland befindet, sind die sportlichen Resultate ohnehin eher nebensächlich - aber es müssten schon wenigstens Signale von den Spielern kommen. Das bleibt aber aus: Gordon stagniert auch auf der Vier, Isaac ist noch viel zu roh, Payton schmeißt wieder mit Backsteinen en masse um sich und Mario Hezonja, nun, "hält" sein Niveau (4,9 Punkte, 35,5 Prozent FG).

Dass in dieser Truppe fünf Top-10-Picks herumlaufen, ist kaum zu erkennen - es ist nicht klar, wer von ihnen überhaupt Starter-Potenzial bei einem guten NBA-Team hat. Jonathon Simmons reagiert angeekelt auf sein undiszipliniertes Team und telefoniert einmal pro Tag mit Gregg Popovich, der ihn im Februar per Trade "rettet".

Am Ende der Saison steht für Orlando ein hoher Pick bereit, womit ausnahmsweise ein wurfschwacher, roher Spieler ohne echte Position gedraftet wird. Restricted Free Agent Gordon erhält von den Nets einen Maximalvertrag, den Orlando matcht.

Prognose: 4. Platz in der Southeast Division.

Washington Wizards

Point Guard: John Wall, Tim Frazier, Tomas Satoransky, Donald Sloan

Shooting Guard: Bradley Beal, Jodie Meeks, Sheldon Mac

Small Forward: Otto Porter, Kelly Oubre

Power Forward: Markieff Morris, Jason Smith, Chris McCullough, Mike Scott

Center: Marcin Gortat, Ian Mahinmi, Daniel Ochefu

Best Case

Die Starting Five der Wizards etabliert sich als konstantestes Lineup der NBA, abgesehen vom Death Lineup der Warriors. John Wall spielt eine MVP-würdige Saison, Bradley Beal schafft zum zweiten Mal in Folge mindestens 75 Einsätze und wird erstmals ins All-Star Game berufen. Otto Porter bleibt hocheffizient von Downtown und toppt seine Quote aus dem letzten Jahr (43,4 Prozent 3FG) sogar noch einmal.

Die Bank ist zwar immer noch nicht großartig, aber zumindest besser besetzt als im letzten Jahr. Tim Frazier ist als Wall-Backup weniger überfordert als Brandon Jennings, auch von Tomas Satoransky kommt nun mehr als im seiner Rookie-Saison. Auf den großen Positionen feiert Ian Mahinmi seine Wiederauferstehung und Mike Scott liefert etwas Härte, dazu kommt dank Jodie Meeks ein Plus an Shooting auf dem Flügel. Kelly Oubre taucht in der Konversation um den besten Sixth Man der Liga auf.

In der Eastern Conference profitieren die Wizards davon, dass sie im Gegensatz zu den Celtics und Cavaliers über viel Kontinuität verfügen, und fahren dank guter Gesundheit ihre erste 50-Siege-Saison seit den 70er Jahren ein. In den Playoffs reicht es diesmal wirklich für die Conference Finals.

Worst Case

Die Regression zur Mitte setzt ein. Soll heißen: Nachdem in der Vorsaison kein Wizards-Starter mehr als sechs Spiele aussetzen musste, lässt sich dieses Wunder nun nicht einfach so wiederholen. Wann immer Beal, Morris oder Gortat ausfallen, verlieren die Wizards sofort ihr Mojo - denn so gut ist die Bank eben doch nicht besetzt.

Langfristige Ausfälle ihrer Leistungsträger können die Wizards nicht kompensieren, da es auch ein wenig an Disziplin fehlt. In Washington herrscht aus irgendeinem Grund die Überzeugung, man hätte schon viel erreicht, deswegen wird immer wieder Defense und Einsatz vernachlässigt. "Wir sind das beste Team der Liga", erklärt Beal im Februar, als Washington mit 28 Siegen und 27 Niederlagen Platz 7 im Osten belegt.

Mit dieser Überzeugung ziehen die Wizards auch in die Playoffs ein - dort werden sie aber schnell eines Besseren belehrt. In der ersten Runde ist Schluss, nachdem Washington von den Cavaliers gesweept wird. "Wir waren besser", verkündet Morris.

Prognose: 1. Platz in der Southeast Division.