Der Schock war Bruce Arians ins Gesicht geschrieben. Zu deutlich war die gerade erlittene Niederlage, zu groß der Klassenunterschied gegenüber Carolina an diesem Tag. Als sich der sonst so schlagfertige Coach der Arizona Cardinals an die versammelte Presse wandte, gab er also mit versteinerter Miene zu: "Mit so etwas haben wir niemals gerechnet."
Es dauerte allerdings nicht lange, bis er die richtigen Worte fand: "Wir haben heute nicht ansatzweise gut genug gespielt, um zu gewinnen. Das gilt insbesondere für unsere besten Spieler."
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Wie man es auch dreht und wendet, um Arians' Analyse kommt man nicht herum. Da wäre Cornerback Patrick Peterson, der, als das Spiel noch offen war, einen Punt fallen ließ und mehrfach von einem duchschnittlichen Receiving-Corps geschlagen wurde. Da wäre Larry Fitzgerald, der in seiner kompletten NFL-Karriere 24 Drops hatte - ehe am Sonntagabend zwei weitere in kritischen Momenten dazu kamen. Da wäre Calais Campbell, der zwei Offsides-Strafen kassierte und keinen Druck auf Cam Newton erzeugen konnte.
Über all dem aber stand mit weitem Abstand Quarterback Carson Palmer.
Palmer am Boden
Seine beiden Fumbles könnte man noch der O-Line ankreiden, die zum wiederholten Male in Pass Protection schlicht überfordert war. Die vier Interceptions aber waren mitunter haarsträubend. Palmer, das gab er anschließend offen zu, versuchte nach dem blitzschnellen 0:17-Rückstand immer und immer wieder, Big Plays zu erzwingen und warf den Ball regelmäßig in Double Coverage. Die Interceptions waren die logische Konsequenz, das Spiel geriet schnell außer Reichweite.
"Ich habe uns in ein immer tieferes Loch gebracht", erklärte der 36-Jährige kopfschüttelnd. "Wir, die Coaches und die Fans haben so viel investiert. Sie zu enttäuschen ist das schlimmste Gefühl überhaupt." Seit seinem Anfang November 2014 erlittenen Kreuzbandriss hatte man Palmer nicht mehr so niedergeschlagen gesehen. Vergessen war die beste Regular Season seiner Karriere, vergessen die zahlreichen Rekorde, die er in den vergangenen Wochen gebrochen hatte.
Am meisten dürfte er jenen Wurf kurz vor der Halbzeitpause bereuen. Nachdem Peterson Arizona per Interception tief in die Panthers-Hälfte gebracht hatte, hätten die Cardinals den Rückstand auf zehn Punkte verkürzen können. Es schien, als wäre ein offener Schlagabtausch im zweiten Durchgang möglich. Doch beim ersten Play warf Palmer einen furchtbaren Pass in Richtung John Brown, den Safety Kurt Coleman leicht abfing. Davon erholte sich Arizona nicht mehr, die zweite Hälfte wurde zum Panthers-Schaulaufen. "Wir wollten bei dem Spielzug zu viel", kritisierte auch Arians, der sich allerdings öffentlich klar vor seinen Quarterback stellte: "Carson hat uns dieses Spiel nicht verloren."
Bestätigung eines Negativtrends
Und doch war es auch die Fortsetzung eines Trends, der sich über die vergangenen vier Wochen herauskristallisiert hatte. Schon im Regular-Season-Finale gegen Seattle sowie im Divisional-Playoff-Spiel gegen die die Packers schien es, als hätte die Offense ihren Rhythmus verloren.
Da es gegen die Seahawks letztlich um nichts mehr ging und gegen Green Bay (es war Arians' erster Playoff-Sieg als Head Coach und Palmers erster Playoff-Sieg überhaupt) merklich die Nerven mitspielten, wurde dem in der Öffentlichkeit noch vergleichsweise wenig Beachtung geschenkt. Als drittes Team in Folge deckte Carolina jetzt aber die großen Probleme in Arizonas O-Line auf.
Gegen Green Bay kaschierte Fitzgerald eine ansonsten mäßige Leistung. Gegen Carolina hätte es einen Sahnetag des kompletten Teams und insbesondere der Stars gebraucht. Stattdessen fiel auch der Defense gegen Newton nichts ein und so musste ein sichtlich mitgenommener Fitzgerald konstatieren: "Wir sind stolz, es bis hierher geschafft zu haben. Aber natürlich wollten wir nicht, dass es so endet."
Der Blick geht nach vorne
Statt der Säulen des Teams war es ein Rookie, der für die wenigen Cardinals-Lichtblicke sorgte. Running Back David Johnson erlief 60 Yards und verzeichnete aufseiten der Gäste die meisten Catches (9). Johnson, eine der Entdeckungen dieser Saison, macht in der Wüste Hoffnung für die Zukunft. Der Kern des Teams bleibt für die kommende Spielzeit zusammen - auch wenn das Fenster gerade für Palmer und Fitzgerald immer kleiner wird. Jeder wusste am Sonntagabend: Hier wurde heute eine große Chance vergeben.
Allerdings ist es, seitdem Arians und Geschäftsführer Steve Keim das Ruder vor fast genau drei Jahren übernommen haben, eine Qualität der Cardinals, dass man schnell und mit Optimismus nach vorne schaut. Der Pass-Rush, so Keim bereits am Montagmorgen bei Arizona Sports 98.7, sei eine dringende Baustelle für die Off-Season. Schon auf dem Heimflug aus Charlotte beriet er sich mit Arians über diverse Kader-Pläne für die kommenden Wochen und Monate.
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Und Palmer? Für Keim eine klare Angelegenheit: "In einer Liga, in der viele Teams einen Quarterback suchen, bin ich stolz, dass er unser Mann ist. Wir wären ohne Carson Palmer gar nicht erst so weit gekommen. Ich glaube nicht, dass er sonderlich gut gespielt hat. Aber das gilt für viele unserer Stars."
Früher oder später wird auch den Leistungsträgern trotz des jähen Endes bewusst werden, was für eine große Regular Season sie ihren Fans geboten haben. "Wenn man zurückblickt, dann gab es viele positive Dinge. Wir haben 14 Partien, darunter ein Playoff-Spiel, gewonnen und standen hier im Championship Game", fügte schließlich auch Arians hinzu - allerdings nicht, ohne die neue Mentalität in Arizona jedem klar zu machen: "Darum geht es uns aber nicht. Wir wollen den Titel gewinnen."