Für die Cincinnati Bengals gab es im zweiten Spiel der noch jungen Saison das zweite Offensiv-Debakel. Maßgeblich geprägt durch eine desolate Offensive Line erlebte auch Quarterback Andy Dalton ein weiteres schlimmes Spiel - und so reihen sich die Bengals potentiell in eine mehr als interessante Liste ein: Schon jetzt verspricht der Quarterback-Markt 2018 Hochspannung.
Die Ansage von Bengals-Coach Marvin Lewis auf die Frage nach Daltons Job-Sicherheit war deutlich: "Ich mache mir keine Sorgen um Andy. In meinen Augen hat er keinen Schritt zurück gemacht. Wir müssen ihn weiter sein Ding machen lassen. Wir müssen uns um ihn herum steigern. Heute waren wir nicht gut genug, wir haben offensiv nicht gut genug gespielt."
Es war die Aussage, die man von einem Coach nach dem Spiel erwartet. Doch das Tape spricht eine andere Sprache: Dalton wirkt technisch extrem holprig, überwirft Receiver um mehrere Yards und kann Matchups in der Defense nicht nutzen. Das Play-Calling hilft ihm in jedem Fall wenig - Lewis' Job könnte eher früher als später am seidenen Faden hängen.
Bereits nach dem Spiel gegen Houston kursierte, nicht nur auf der Pressekonferenz, der Name A.J. McCarron, Daltons Backup. Es ist nicht auszuschließen, dass Lewis irgendwann - und wenn nur aus Verzweiflung - die Reißleine namens Quarterback-Wechsel zieht. Dalton könnte so im extremsten Fall ein interessanter Kandidat für einen ohnehin schon vollgepackten Quarterback-Markt 2018 werden: Die Bengals können ihn nach der Saison mit einem Dead Cap von nur 2,4 Millionen Dollar entlassen.
Dieser Markt könnte eine brisante Mischung aus ungewöhnlich hoher Qualität und gleichzeitig auch Teams auf konkreter Quarterback-Suche beinhalten, eine möglicherweise spannende Free Agency steht hier bevor. Und bei nicht wenigen Teams könnte der erste Blick - abgesehen vom Draft natürlich - in Richtung Minnesota gehen.
Minnesota Vikings: Bradford oder Bridgewater?
Es ist die große Frage im hohen Norden, die vielen Vikings-Fans schon jetzt Bauchschmerzen bereitet. Teddy Bridgewater ist ein absoluter Fan-Liebling und hat sehr vielversprechende Quarterback-Ansätze gezeigt - mindestens. Doch seine schwerwiegende Knieverletzung zwang ihn langfristig ins Lazarett, so verpasste er die komplette Vorsaison und steht auch aktuell nicht zur Verfügung. Ein Comeback im Laufe der Saison scheint möglich.
In seiner Abwesenheit aber hat sich Sam Bradford, nach Bridgewaters Verletzung wenige Tage vor dem Saisonbeginn 2016 als Last-Minute-Notlösung verpflichtet, in Minnesota etabliert. Hinter einer mitunter absurd schlechten Offensive Line holte Bradford in der vergangenen Saison das Maximum raus, der Auftakt gegen die Saints war - nach zunächst einigen altbekannten, frustrierenden Checkdown-Pässen - eine Show.
Das rückt den Blick auch schon auf die kommende Saison, dann nämlich laufen die Verträge beider Quarterbacks aus. Hält Bradford das Level, das er gezeigt hat, führt an ihm wohl tatsächlich kein Weg vorbei. Ist Bridgewater aber fit, wird er natürlich ebenfalls wollen spielen - und beide Quarterbacks sind noch unter 30 (Bridgewater 25, Bradford 29 Jahre alt).
Die Vikings werden sich früher oder später entscheiden müssen, und der Verlierer dieser Entscheidung könnte schnell eine Top-Option auf dem Markt werden.
Gleichzeitig hat diese Entscheidung einen zusätzlichen Twist: Die Vertragssituation ist etwas undurchsichtig, doch ist davon auszugehen, dass sich Bridgewaters letztes Vertragsjahr wiederholt, da er die ersten sechs Saisonspiele auf der PUP-Liste verbringt. Doch auch in diesem Szenario gilt: Mindestens im Fall Bradford muss Minnesota eine Entscheidung treffen, und das wird dann mutmaßlich auch Bridgewater beeinflussen. Auf die eine oder andere Art.
New Orleans Saints: Neuanfang oder nochmal Brees?
Auch in New Orleans steht womöglich ein interessanter Sommer bevor. Die Saints haben in den letzten Jahren zumindest im Draft Ressourcen in die Defense investiert, konstant mit dem Ziel, der stets exzellenten Offense eine halbwegs funktionale Defensive zur Seite zu stellen. Das könnte möglicherweise schon für die Playoffs reichen, der Saisonauftakt gegen die Vikings war in dieser Hinsicht jedoch ernüchternd.
Und so könnten die Saints nach der Saison an einem Scheideweg stehen. Drew Brees ist 38 Jahre alt, sein Vertrag endet nach der laufenden Spielzeit und Berichten zufolge enthält der Kontrakt eine Klausel, die es New Orleans verbietet, den Franchise Tag für Brees zu nutzen.
Brees gibt sich bislang, auf eine Vertragsverlängerung angesprochen, gelassen - ein Karriereende scheint für 2018 jedenfalls keine Option. Doch was, wenn die Saints erneut defensiv einbrechen? Wenn sich für Brees bei einem Team mit Contender-Defense und einer besseren Cap-Situation eine Chance bietet? Und vor allem: Was, falls Head Coach Sean Payton schließlich doch die Zelte in New Orleans abbricht? Die Saints könnten schließlich tatsächlich vor einem Neuanfang stehen.
New England Patriots: Garoppolo UND Brady?
Die absolute Luxus-Situation, die allerdings auch eine interessante Dynamik entwickeln könnte. Brady ist 40 Jahre alt, bislang zeigt er noch keine Anzeichen von körperlichem Abbau. Im Gegenteil: Über die letzten Jahre hat er etwa seine Bewegungen in der Pocket deutlich verbessert und auch bei der Auftakt-Pleite gegen die Chiefs zeigte er einige makellose lange Pässe.
Doch dahinter scharrt Jimmy Garoppolo mit den Hufen. Nachdem New England über den Sommer mutmaßlich mehrere Trade-Offerten für Garoppolo ablehnte, geht der jetzt in sein letztes Vertragsjahr in Foxborough. Ja, die Patriots könnten ihn mit dem Franchise Tag noch ein Jahr halten. In Kombination mit den 15 Millionen Dollar, mit denen Brady den Salary Cap 2018 belastet, würde New England dann aber für ein Jahr etwa 37 Millionen Dollar für die Quarterbacks ausgeben.
Mehr noch: Falls Brady tatsächlich abbaut - wann zieht man die Reißleine beim größten Spieler der Franchise-Geschichte? Eine Entlassung Bradys macht aus Cap-Sicht erst nach der 2018er Saison Sinn, wie lange hält Garoppolo dahinter noch die Füße still? Einigen sich die Patriots mit ihm auf einen langfristigen Vertrag? Oder kommt es zum undenkbaren Brady-Trade?
Bill Belichick ist bekannt dafür, dass er auch bei verdienten Spielern letztlich relativ emotionslos handelt. Brady aber ist in jederlei Hinsicht ein anderer Fall. Selbst für Belichick.
Washington Redskins: Was wird aus Cousins?
Die Situation in Washington sollte inzwischen jeder kennen. Die Kurzversion: Die Redskins gaben Kirk Cousins im zweiten Jahr in Folge den Franchise Tag, nachdem in einer turbulenten Offseason unter anderem der Offensive Coordinator und die beiden besten Wide Receiver die Hauptstadt verlassen hatten. Vor allem rund um die Free Agency ging es in Washington hoch her, immer wieder wurde über einen Trade des Quarterbacks spekuliert.
Stattdessen wird er sich in einer neuen Offense mit neuen Receivern und einem einmal mehr angeschlagenen Jordan Reed abermals beweisen müssen - ehe er dann auf dem freien Markt wohl seine Entscheidung treffen darf. Washington könnte Cousins auch mit dem Franchise Tag ein drittes Mal binden, müsste dann dafür aber 34 Millionen Dollar auf den Tisch legen (28 Millionen für den Transition Tag).
Die Gerüchteküche brodelt längst, viele Teams sehen Cousins als neuen Quarterback der San Francisco 49ers. Dort ist seit diesem Jahr Kyle Shanahan am Steuer, der Cousins bereits 2012 und 2013 in Washington trainiert hat.
Cousins kennt Shanahans Offense zumindest in den Grundzügen also bereits, und auch wenn ihn viele nach wie vor kritisch sehen: Cousins hat in den vergangenen Jahren unter Sean McVay gezeigt, dass er eine vom Scheme her starke Offense mit der nötigen Unterstützung seiner Mitspieler auf das Feld übertragen kann. Cousins ist nicht der Quarterback, der eine Offense im Alleingang trägt - doch braucht Shanahan das auch gar nicht.
Jaguars und Jets: Die großen Unbekannten
Beide Teams sind ganz heiße Kandidaten auf einen Quarterback im kommenden Draft. Insbesondere die Jaguars allerdings, die in vielen Teilen ihres Kaders mutmaßlich um die Playoffs mitspielen könnten, dürften aber auch den Free-Agency-Markt im Blick haben: Ein erfahrener Quarterback könnte mit diesem Team schnell Erfolge haben. Bei den Jets dagegen spricht die Marschroute der gesamten Offense Bände: Der komplette Umbruch, idealerweise garniert mit dem Nummer-1-Pick soll her.
Ein weiteres Team, das man hier auf dem Radar haben sollte, sind die Arizona Cardinals. Aus dem ersten Saisonspiel sollte man keine vorschnellen Schlüsse ziehen, Palmers Arm allerdings sah besorgniserregend aus. Ungenauigkeiten, schlechtes Timing, kein Touch - die Maßnahmen in der Offseason (Palmer hatte deutlich weniger geworfen, um den Arm nicht wie im Vorjahr zu überanstrengen) müssen ihre Wirkung jedenfalls erst noch zeigen.
Sollte im Laufe der Saison klar werden, dass Palmers Zeit in der NFL abläuft, dann wäre Arizona ein ganz konkreter Quarterback-Anwärter. Sowohl für den Draft, als auch für die Free Agency - der gegenüber Coach Bruce Arians gerade für Quarterbacks alles andere als abgeneigt ist. Arizona hat Palmers Nachfolge bislang nahezu komplett ignoriert, Arians macht keinen Hehl daraus, dass er die meisten College-Quarterbacks als langfristige Projekte ansieht. Ist Palmer aber plötzlich fertig, werden die Cards mindestens eine Übergangslösung brauchen.
Und auch die Buffalo Bills sind nach wie vor ein Kandidat für den Quarterback-Markt. Die Bills bauten ihre Offense über die vergangenen Wochen und Monate sichtbar um, vom Abgang der gefährlichsten Deep-Threats (Watkins, Goodwin) über die Verpflichtung von Slot-Waffen und Optionen für ein Kurzpassspiel (Matthews sowie der inzwischen zurückgetretene Boldin) bis hin zu einer scheinbar stärkeren Fokussierung auf Tyrod Taylor in der Pocket.
All das legt den Schluss nahe, dass Buffalo zumindest nicht abgeneigt wäre, sich auf der Quarterback-Position zu verändern - auch wenn das angesichts von Taylors Qualitäten zunächst eine eher fragwürdige Entscheidung wäre. Ein Spieler wie Bridgewater etwa könnte in dieser Offense Sinn machen. Sollte es dazu kommen, wäre mit Taylor ein weiterer hochinteressanter Quarterback auf dem Markt.
Cutler? Tannehill? Was passiert in Miami?
Auch die Miami Dolphins könnten nach der Saison möglicherweise vor eine Wahl stehen - dann nämlich, wenn Jay Cutler in South Beach unter Adam Gase tatsächlich seinen zweiten Frühling erlebt. Für Ryan Tannehill ist es eine bittere Saison: Der 29-Jährige hat in der vergangenen Saison deutliche Schritte nach vorne gemacht, verpasst allerdings die komplette Spielzeit mit einem Kreuzbandriss - und Miami könnte sich bei einem Dead Cap über 4,6 Millionen Dollar 2018 von ihm trennen.
Noch lukrativer: Die Dolphins könnten Tannehill via Trade abgeben. Von allen hier aufgelisteten Quarterback-Szenarien ist das das unwahrscheinlichste. Gleichzeitig aber ist auch klar: In der NFL kann sich das Blatt auch für einen QB schnell einmal wenden und falls Cutler tatsächlich eine gute Saison spielt (und den Rücktritt abermals aufschiebt) wäre zumindest ein interessanter Quarterback in Miami verfügbar.