Für vier Teams ist das Abenteuer Playoffs nach der Wild-Card-Runde schon wieder beendet. Die Kansas City Chiefs fragen sich, ob sie in den Playoffs generell zum Scheitern verurteilt sind. Die Bills freuen sich schlicht über die Teilnehmerurkunde. Die Rams blicken auf eine glänzende Zukunft und die Carolina Panthers wollen sich zumindest offensiv neu orientieren. SPOX blickt auf die Saisons der vier Teams zurück und gibt einen ersten Ausblick auf 2018.
Disclaimer: Wie schon in der vergangenen Saison betreibt SPOX bei den Teams, die (rechnerisch oder direkt) aus dem Playoff-Rennen ausgeschieden sind, eine Fehleranalyse - inklusive Blick in die Zukunft.
Teil I: Bears, Broncos, Texans, Buccaneers, Colts, 49ers, Giants und Browns
Teil II: Packers, Redskins, Cardinals, Jets und Bengals
Teil III: Dolphins, Raiders, Cowboys und Lions
Kansas City Chiefs
Die Saison 2017
Wieder können die Chiefs ihren eigenen Erwartungen nicht gerecht werden und scheitern im Januar an ihren Nerven und am Play-Calling. Dabei begann die Saison so vielversprechend: Beim 5-0-Start in das Jahr räumte man sogar die späteren Nummer-1-Seeds beider Conferences aus dem Weg. Andy Reid und seine Offense um Alex Smith, Rookie Kareem Hunt und Tyreek Hill wusste durch hervorragend umgesetzte Schemes zu begeistern, die sowohl auf dem Boden, durch kurze und auch durch lange Pässe Gefahr erzeugen konnten.
Doch so schnell wie die Favoritenrolle in der AFC den Mannen aus KC zugeschrieben wurde, so schnell war sie auch wieder weg. Die Chiefs fielen wie aus dem Nichts in ein unerklärliches Formtief. Die Offense agierte plötzlich einfallslos als sich Defenses an die Misdirection- und Option-Plays anpassten und konnte nicht mehr kompensieren, was eine im Pass-Rush harmlose und in der Secondary anfällige Defense zuließ. Man verlor sechs der nächsten sieben Spiele und Coach Reid sah sich zum Handeln gezwungen.
Ab Week 13 übernahm Offensive Coordinator Matt Nagy das Play-Calling und prompt schien die Offense wieder zu funktionieren. Nagy setzte vor allem Hunt wieder besser in Szene und mit Siegen in den letzten vier Spielen konnte man die AFC West schließlich für sich entscheiden. Das Momentum schien auch in die Post-Season überzugehen, zumindest für eine Halbzeit.
Denn in der zweiten Hälfte war es wieder das Play-Calling, welches gegen das stärker werdende Tennessee große Fragezeichen aufwarf. Trotz 18-Punkte-Führung wollte man den Ball nicht laufen und kassierte zum zweiten Mal in der Andy-Reid-Ära ein derart hohes Comeback in einem Playoff-Spiel. Die historischen Playoff-Probleme setzten sich so trotz einer alles in allem ansprechenden Saison fort. Auch Smith erklärte nach der Pleite, dass das Ergebnis der Saison den eigenen Erwartungen nicht gerecht geworden ist.
Was sind die Probleme?
Baustellen gibt es gerade auf der defensiven Seite jede Menge. Die ganze Saison hat man nach dringend benötigter Unterstützung auf der Cornerback-Position gesucht. Die Verpflichtung von Darrelle Revis konnte nicht die erhoffte Entlastung bringen. Seine Rückkehr ist indes fraglich. Desweiteren muss an der Defensive Line sowie im Pass-Rush gearbeitet werden. In beiden Kategorien gehört man zum schlechteren Drittel der Liga.
Teams können in der Offseason durch Free Agency und den Draft einige Dinge korrigieren und reparieren, schlechte Erinnerungen und daraus resultierende Nervenschwächen allerdings nur ganz schwer. Reid steht bei den Chiefs nun bei einer Bilanz von 1-4 in Postseason-Spielen.
Die zugelassene Aufholjagd von 18 Punkten war nach dem Kollaps in den Playoffs 2013, als man gegen die Colts noch eine 38:10-Führung aus dritten Viertel aus der Hand gab, bereits das zweite gegnerische Comeback in einer derartigen Höhe. Seit 1933 ist dies keinem Coach häufiger passiert. Reid hat aus einem miserablen Chiefs-Team eines gemacht, welches die Playoffs regelmäßig erreicht. Offenbar reicht es dann aber nicht zum nächsten Schritt.
Was passiert in Zukunft?
Als erstes musste man in Kansas City die Frage nach einem neuen Offensive Coordinator klären, nachdem sich Nagy offiziell auf zu seinem neuen Job in Chicago gemacht hat: Running Backs Coach Eric Bieniemy übernimmt. Darüber hinaus wird uns wohl über längere Zeit die Diskussion begleiten, ob die Chiefs mit Smith oder Patrick Mahomes in die neue Saison gehen.
Der Rookie ist der Hoffnungsträger der Franchise, allerdings glaubt man nicht ganz zu Unrecht, dass das Team aktuell doch eigentlich in der Lage ist, mit New England und Pittsburgh zu konkurrieren. Smith spielte die vermutlich beste Saison seiner Karriere. Ein Wechsel auf Mahomes dürfte zumindest kurzfristig einen Rückschritt bedeuten.
Im Hinblick auf die Kaderplanung für die nächste Saison muss man außerdem ohne Erstrunden-Pick im anstehenden Draft auskommen, nachdem man diesen in einen Deal im letzten Draft investierte, um an Mahomes zu kommen. Neben Smith könnten auch die Linebacker Derrick Johnson und Tamba Hali ihr letztes Spiel für KC gemacht haben.
Buffalo Bills
Die Saison 2017
Die Bills schafften den ersten Playoff-Einzug seit 1999, nur um dort mit drei erzielten Punkten gegen ein ebenfalls offensiv zahnloses Jaguars-Team auszuscheiden. Dennoch fällt das Fazit der Saison positiv aus: Nach dem Ende der letzten Saison, welche wie 15 der vorherigen 17 Jahre seit dem letzten Playoff-Einzug mit einer negativen Bilanz endete, trennte man sich in Buffalo von Head Coach Rex Ryan und General Manager Doug Whaley. Es sollte ein personeller Turnaround stattfinden, der auf radikale Art und Weise durchgesetzt wurde.
Sammy Watkins, Ronald Darby und Marcell Dareus verließen das Team unmittelbar vor oder während der Saison. Doch man startete entgegen aller Erwartungen dennoch mit fünf Siegen aus den ersten sieben Partien. Während der darauffolgenden Drei-Spiele-Niederlagenserie traf Head Coach Sean McDermott für eine weitere Entscheidung, die für alles andere als einen in Stein gemeißelten Kaderplan spricht.
Tyrod Taylor wurde für das Spiel gegen die Chargers auf die Bank gesetzt und Rookie Nathan Peterman stattdessen bevorzugt. Peterman zwang den Coach nach fünf Interceptions in der ersten Spielhälfte dann schon während der Halbzeit dazu, das Experiment als vorerst gescheitert zu betrachten. Daraufhin bewältigte man sein machbares Programm aber ordentlich und mit dem Arbeitsaufwand, der nötig war, um fleißig auf der Siegerstraße zu bleiben, wenn denn der Gegner nicht gerade New England hieß.
Mit neun Siegen war dem ewige Warten für die Franchise dann endlich ein Ende gesetzt. Mit einem Punkte-Verhältnis von -57, einer verheerenden Scoring-Offense und vieler riskanter Personalentscheidungen kam es zum Playoff-Comeback. McDermott wird dabei zwar nicht für seinen Quarterback-Wechsel positiv in Erinnerung bleiben, wohl aber für das Ende einer Kultur des Verlierens.
Was sind die Probleme?
Die einzige Konstante in Buffalos Offense war auch in diesem Jahr LeSean McCoy. Doch abgesehen vom Run Game werden bei den Bills weiterhin einige Personalentscheidungen zu erwarten sein: Eine der Problemstellen ist sicherlich die Quarterback-Position. Taylor kann das Spiel für die Bills zwar verwalten und verursacht keine Turnover, eine Entwicklung zu einem Top-QB ist allerdings nicht mehr zu erwarten. Ob Peterman nach seinem missglückten Einstand noch eine große Karriere einschlagen wird gilt es ebenfalls zu bezweifeln.
Auf der offensiven Seite gilt es ansonsten noch die Probleme auf der Receiver-Position zu nennen, die zwar zunächst mit Kelvin Benjamin teilweise adressiert, noch aber lange nicht gelöst worden sind. Defensiv mangelte es am Pass-Rush und Qualität gegen den Run, um die sehr gute Secondary zu unterstützen. Bis auf Matt Milano sind die Linebacker-Positionen womöglich alle zu ersetzen.
Was passiert in Zukunft?
Die Offseason der Bills trägt die Überschrift Taylor. Der Quarterback würde den Cap der Bills nächstes Jahr mit 18 Millionen Dollar belasten, würde nach einer Vertragsänderung in der letzten Saison aber relativ günstig im Falle einer Entlassung sein. Lediglich 3 Millionen Dollar an Dead Money würden in diesem Szenario anfallen. Nach den Handlungen während der Saison scheint die vorzeitige Trennung alles andere als unwahrscheinlich.
Mit dem 21. und 22. Pick in der ersten Runde des diesjährigen Drafts wäre man auch für einen Deal mit einem Team, welches gerne später und dafür häufiger ziehen würde, interessant. Extra-Picks hält Buffalo außerdem in der zweiten und in der fünften Runde. Eine weitere interessante Personalentscheidung könnte die des Offensive Coordinators sein. Doch auch die Entscheidung, ob es eine Zukunft mit Rick Dennison gibt, hängt zumindest teilweise mit der Quarterback-Position zusammen.
Los Angeles Rams
Die Saison 2017
Der Staffelstab in der NFC West wurde überreicht. Nun ist es wohl an den Rams, diesen in einer neuen Ära so lange wie möglich zu halten. Doch wie konnte es in der Kürze der Zeit so weit kommen, waren die Rams doch noch im Vorjahr unter Jeff Fisher die schlechteste Offense und starteten ihr Kapitel mit der zehnten Saison mit negativer Bilanz in Serie? Hauptanteil daran hatte Head Coach Sean McVay.
Der nämlich brachte eine komplett neue Mentalität und vor allem ein neues Scheme mit nach L.A. Ein Scheme, in dem der teilweise als Bust verschriene Jared Goff aufblühen sollte und gutes Quarterback-Play zeigte. Todd Gurley überragte in einer Saison, in der er sich in das MVP-Rennen einschleusen konnte und Aaron Donald steht im Rennen um den Defensive-Player-of-the-Year-Award. Aus vier Siegen in der Vorsaison wurden elf in dieser und aus der schlechtesten Scoring-Offense die Beste. Dies gab es in der Geschichte der Liga zuvor noch nie.
Den endgültigen Stempel legten die Rams ihrer Saison mit einem krachenden 42:7-Erfolg in Seattle auf. Man hat sich im zweitgrößten Fernsehmarkt des Landes endgültig positioniert und kann auf dem diesjährigen Jahr voller Stolz aufbauen. Im Wild-Card-Spiel gegen die Falcons merkte man dann an einigen Stellen die mangelnde Erfahrung. Vermeidbare Fehler kamen L.A. teuer zu stehen und die starke Playoff-Konkurrenz in der NFC weiß diese zu bestrafen. Ein weiterer Wermutstropfen ist der Abgang von QB-Coach Greg Olsen zu Jon Grudens Raiders.
Was sind die Probleme?
Die Rams weisen nicht allzu viele Probleme auf. Kleinigkeiten gilt es zu verbessern und auf mögliche Kaderänderungen zu reagieren. Möchte man auf der offensiven Seite nennen, so fällt die Tight-End-Position ins Auge. McVay war häufig dazu gezwungen aus dem 11-Personnel zu agieren. Die jungen Tight Ends Tyler Higbee und Gerald Everett müssen nicht zwangsläufig die Lösung sein.
Auf der defensiven Seite gilt es den Gesundheitszustand von Cornerback Kayvon Webster und Robert Quinn zu beobachten. Webster riss sich prompt nach der Vertragsunterzeichnung vor der Saison die Achillessehne. Quinn hingegen hat seit zwei Jahren mit wiederkehrenden Verletzungen zu kämpfen.
Was passiert in Zukunft?
Die wohl wichtigste Frage bleibt bei der neue Vertrag von Aaron Donald. Nach einer weiteren Wahnsinns-Saison und der vierten Pro-Bowl-Nominierung in vier Jahren geht Donald 2018 in das letzte Vertragsjahr seines Rookie-Kontraktes. Schon in der letzten Offseason setzte er die Workouts und das Training Camp aus, auf einen neuen Vertrag pochend. Donald wird der wohl teuerste Defensiv-Spieler der Liga. Die Frage bleibt allerdings, ob die Rams ihm dieses Geld schon nächstes oder erste übernächstes Jahr zahlen werden.
Die Cornerback-Positionen sind ein ebenfalls offenes Fragezeichen. Trumaine Johnson und Nickell Robey-Coleman werden beide Free Agents, hinter ihnen gibt es nicht gerade viel Breite. Safety Lamarcus Joyner würde man ebenfalls gerne halten. Bei Sammy Watkins wird über den Transition- oder Franchise-Tag diskutiert. Einen Mega-Vertrag dürfte Watkins in L.A. eher nicht bekommen.
Carolina Panthers
Die Saison 2017
Gerade die zweite Saisonhälfte der Panthers wusste zu überzeugen, als man vor dem Saisonfinale gegen die Falcons sieben von acht Spielen gewinnen konnte. Carolina glänzte insbesondere auf der defensiven Seite des Balls, zumindest immer dann, wenn es nicht gegen die Saints ging. Der Division-Rivale konnte sich in beiden Regular-Season-Duellen durchsetzen und schließlich auch die Saison der Raubkatzen beenden. New Orleans erzielte in allen drei Spielen mindestens 31 Punkte, dabei war im Laufe der Saison eigentlich die andere Seite die Schwachstelle.
Cam Newton zeigte nach einer Offseason mit einer weiteren Schulteroperation ein solides Jahr, doch konnte er nicht gerade auf großartige Unterstützung zählen. Christian McCaffrey war wohl die einzige verlässliche Waffe im offensiven Bereich. Bei den Panthers hatte man erst Ted Ginn ziehen lassen, eben jener, der im Wild-Card-Spiel einen 80-Yard-Touchdown für die Saints erzielte, und später auch Kelvin Benjamin nach Buffalo geschickt. Zweitrunden-Pick Curtis Samuel war wie Tight End Greg Olsen über weite Strecken des Jahres verletzt und so hing es an Newton und McCaffrey, die Offense zu bewegen.
Newton konnte sich in den letzten beiden Saisons statistisch gesehen nicht verbessern und zeigte sich immer wieder inkonstant. Diese Umstände führten nun zur Trennung von Offensive Coordinator Mike Shula und QB-Coach Ken Dorsey. Doch nicht nur dies spiegelt eine nicht ganz glücklich gelaufene Saison wieder. Auch die Probleme um Eigentümer Jerry Richardson und den entlassenen Geschäftsführer Dave Gettleman begleiteten das Team über das ganze Jahr. Es schien mehr drin gewesen zu sein für die Panthers, doch stand man sich teilweise eben selbst im Weg.
Was sind die Probleme?
Wie bereits erwähnt ist das Receiving-Corps nicht komplett dünn, aber definitiv auch nicht gut genug besetzt. Den Panthers fehlt die Nummer-Eins-Anspielstation, nachdem man Benjamin gehen hat lassen, um die Offense noch schneller zu machen. Will man mit den geladenen Offenses der NFC South konkurrenzfähig sein, so muss man sich hier verstärken. Selbiges gilt für die Running-Back-Position, falls Jonathan Stewart nicht zurückkommen sollte. Neben McCaffrey würde der Back für Short-Yardage-Plays fehlen.
Auf der defensiven Seite kann sich Carolina auf eine der besten Front-Sevens der Liga verlassen. Die Secondary fällt jedoch regelmäßig auseinander. Daryl Worley konnte kaum überzeugen, Mike Adams schon gleich gar nicht. Lediglich auf Kurt Coleman sowie meist auch auf James Bradberry scheint man zählen zu können.
Was passiert in Zukunft?
Die ersten beiden großen Punkte auf der Aufgabenliste sind es, einen neuen Eigentümer zu finden und auch in der Geschäftsführer-Rolle Klarheit zu bekommen. Zumindest bei Letzterem scheint die Übernahme von Interims-Geschäftsführer Marty Hurney aussichtsreich. Derartige Unruhen werfen aber sowohl kein gutes Licht auf die Franchise, wie sie auch in der Offseason wenig helfen. Im Hinblick auf den Offensive-Coordinator-Job scheint Norv Turner die besten Karten zu halten.
Die nächste Problemzone gilt es dann über Free Agency oder Draft im Hinblick auf die Receiver-Position anzugehen. McCaffrey und Olsen brauchen Unterstützung, mindestens ein Wide Out oder Tight End als Downfield-Threat sollte kommen. Neben Stewart könnte auch Julius Peppers seine Karriere beenden. Der 37-Jährige ist für die kommende Saison ebenso fraglich wie die Rückkehr von Free Agent Left Guard Andrew Norwell. Carolina müsste dem ungedrafteten Rookie einen teuren Vertrag aushändigen.