Im Juni 2018 ging für Kyler Murray ein Traum in Erfüllung. Der Outfielder des Baseball-Teams der Oklahoma Sooners wurde an neunter Stelle im MLB Draft gezogen. Dafür gab es obendrauf auch noch einen satten Signing Bonus in Höhe von 4,66 Millionen Dollar von den Oakland Athletics.
Doch darüber hinaus erfüllte sich Murray noch einen weiteren Traum 2018: Er wurde der Starting-Quarterback des Football-Teams der Oklahoma Sooners und trat die Nachfolge von Baker Mayfield, dem ersten Pick im NFL Draft 2018, an. Die A's gaben grünes Licht und ließen den Junior noch ein letztes Jahr College Football spielen.
Murray übertraf in diesem Jahr allerdings alle Erwartungen, knüpfte nahtlos an die grandiose finale Saison seines Vorgängers an und gewann wie Mayfield letztlich die Heisman Trophy sowie den Titel der Big 12 Conference.
Dann jedoch kam es zur mit Spannung erwarteten Kurswende. Der ursprüngliche Plan wurde verworfen - und Murray meldete höchst offiziell zum NFL Draft.
Kyler Murray auf den Spuren von Deion Sanders?
Eine Maßnahme, die keineswegs einzigartig wäre. Ein Deion "Primetime" Sanders oder Bo Jackson etwa spielten beide gewissermaßen gar parallel in MLB und NFL. "Neon Deion" ist sogar der einzige Mensch, der in einer Woche einen Homerun und einen Touchdown erzielte. Und er spielte sowohl in der World Series als auch im Super Bowl.
Ein Szenario, das allerdings für einen Quarterback ziemlich utopisch erscheint. Gerade in der heutigen Zeit muss ein solcher so dermaßen auf seinen Job fixiert sein, dass eine zweite professionelle Sportart nebenher nicht möglich erscheint. Das heißt, Murray wird sich entscheiden müssen. Und zwar bald.
Die spannende Frage nun wird über die kommenden Wochen sein, ob Murray letztlich in der NFL oder der MLB spielen wird. Und was spricht für welche Liga?
Grundsätzlich sind die Wege in diese Ligen grundverschieden. Entscheidet man sich für Baseball, dann geht es nach dem Draft erstmal in die Minor Leagues in das Farmsystem eines Teams. Dort verbringt man dann je nach gezeigtem Niveau und Fortschritt zwei bis fünf - oder mehr - Jahre.
In Ausnahmefällen geht es freilich schneller. Murray als Outfielder - Center Fielder, um genau zu sein - dürfte aber sicherlich wenigstens ein Jahr brauchen, um den Sprung nach Oakland zu schaffen. Während er defensiv sicherlich schon früh bereit wäre, stellt sich die Frage, wie er sich auf Profi-Ebene am Schläger anstellen würde - der schwierigste Part dieses Sports.
NFL: Der schnellere Weg für Kyler Murray
Wählt er dagegen Football, ist der Weg überschaubar: Vom Draft aufs Feld vergehen Monate, nicht Jahre. Und im Fall von Murray als Quarterback zeigen jüngste Beispiele, dass sogar schon in der Rookie-Saison Start-Einsätze durchaus drin wären.
Ein nicht zu verachtender Aspekt in dieser Thematik ist natürlich das liebe Geld. Von den A's bekam er bereits einen Signing Bonus in Höhe von 4,66 Millionen Dollar. Sein Gehalt in den Minor Leagues dagegen wäre im Verhältnis nicht der Rede wert. In den untersten Ligen wären es rund 1.300 Dollar pro Monat, in der höchsten rund 10.000 Dollar.
Erst wenn man den Sprung in die MLB schafft, wird "richtig" Geld ausgeschüttet - das Minimalgehalt in den Majors liegt bei derzeit 580.000 Dollar für Veteranen, bei Rookies etwas darunter. Das steigert sich dann sukzessive über die ersten drei Jahre, ehe dann per sogenannter Arbitration, also einem Schiedsgerichtsverfahren, die Millionengehälter anstehen.
Nach spätestens sechs Jahren gibt es dann die größeren langfristigen Verträge, die wirklich lebensverändernden Charakter haben können. Doch dafür sind eben einige Jahre Geduld und harte Arbeit nötig. Immer unter der Voraussetzung, dass man sich zu einem sehr guten Spieler, vielleicht sogar zum Star entwickelt.
In der NFL wiederum sieht es freilich anders aus. Derzeit gilt Murray vom Talent her für viele Experten als Zweit- oder Drittrundenpick, doch die stete Verzweiflung der Teams, den nächsten Franchise-Quarterback zu finden, legt die Vermutung nahe, dass Murray vielleicht sogar in der ersten Runde gezogen wird. Eventuell ist ein Pick in der Mitte der Runde - sagen wir Platz 15 - drin.
NFL Draft: Höherer Signing Bonus für Murray möglich
Im Vorjahr erhielt der 15. Pick im Draft - Kolton Miller (Oakland Raiders) - einen Signing Bonus in Höhe von knapp 8 Millionen Dollar und ein garantiertes Gehalt über vier Jahre in Höhe von insgesamt knapp unter 14 Millionen Dollar.
Sollte Murray in diesem Bereich gezogen werden, dann hätte er also auf einen Schlag mal einen höheren Signing Bonus zur Hand - allerdings stünde er unterm Strich mit weniger Cash da, weil die A's in dem Fall ihr Geld zurückfordern würden. Über vier Jahre wären seine Einnahmen in der NFL aber höher, auch wenn es Murray schon nach zwei oder weniger Jahren in die MLB schaffen würde. Zudem hätte sein Vertrag als Erstrundenpick eine Option für ein fünftes Jahr, die als Quarterback entsprechend lukrativ ausfiele.
Sollte Murray also ein guter NFL-Spieler werden, hätte er nach fünf Jahren vermutlich deutlich mehr verdient als bei einer Baseballkarriere nach fünf Jahren.
Freilich muss man auch erwähnen, dass eine Baseballkarriere in aller Regel länger geht als eine Footballkarriere, wobei Quarterbacks hier die Ausnahme bilden. Dennoch ist das Verletzungsrisiko im Football ungleich höher als im Baseball.
Jüngsten Gerüchten zufolge versuchten die A's und die MLB kürzlich noch, Murray von seinem NFL-Plan abzuhalten. Sogar die Forderung nach einem garantierten MLB-Vertrag stand Medienberichten zufolge im Raum. Es wäre ein seltener Schritt gewesen, denn die Regel ist es nicht, einem Spieler einen MLB-Vertrag zu geben, der noch nicht mal ein professionelles Spiel in seinem Leben absolviert hat.