Das SPOX Big Board für den 2019er Draft steht - aber was könnte am Ende des Drafts passieren? Redakteur Adrian Franke blickt auf Small-School-Prospects, Late-Round-Kandidaten und mögliche Sleeper, die spät an und nach Tag 3 ein Team finden und dennoch einen Impact haben könnten.
In jedem Jahr gibt es Late-Round-Picks, die überraschen - es macht den Draft so spannend und letztlich auch unberechenbar, denn auf einen längeren Zeitraum gesehen draftet kein Team signifikant besser als andere Teams; und immer wieder wird Talent übersehen.
Phillip Lindsay wurde letztes Jahr gar nicht gedraftet, genau wie Patriots-Cornerback J.C. Jackson oder Philadelphias Josh Adams. Niners-Tight-End George Kittle war ein Fünftrunden-Pick 2017, Falcons-Corner Brian Poole, Rams-Linebacker Cory Littleton und Jets-Receiver Robby Anderson allesamt Undrafted Free Agents 2016.
Welche Namen könnten für derartige Rollen dieses Jahr in Frage kommen? SPOX hat die kleinen Schulen unter die Lupe genommen.
Jamalcolm Liggins, CB, Dickinson State
Es gibt Spieler, bei denen sind nicht viele Tapes frei verfügbar, weil sie auf einer zu kleinen Schule waren und ihre Spiele auch schlicht kaum übertragen wurden. Und dann gibt es Spieler wie Jamalcolm Liggins, bei denen man auf die Football-Plattform Hudl gehen muss, um überhaupt irgendwelche Eindrücke zu bekommen.
Bei Liggins war es nicht so, dass er keine anderen Optionen gehabt hätte als Dickinson State in North Dakota. Doch erteilte er zunächst allen Anfragen eine Absage, weil er eine Karriere im Militär anstrebte - bis er seine Meinung änderte. Dann aber standen die meisten offenen Angebote nicht mehr zur Verfügung, und Liggins ging in die (Football-)Provinz - einige Jahre, nachdem seine Mutter ihn und seine zehn Geschwister bereits in die Provinz gebracht hatte.
Um der Gewalt auf den Straßen von Memphis in Tennessee zu entgehen, zog die gesamte Familie nach Bismarck in North Dakota. "So eine merkwürdige Entscheidung", meint Liggins noch heute. Seine Mutter zog später weiter nach Colorado, Liggins und einige seiner Geschwister blieben. Auf dem Small-School-Level dominierte er dann und wurde der wohl beste Spieler, den die Blue Hawks jemals hatten.
Sein Tape zeigt einen Corner mit sehr langen Armen, idealer Größe, guten Ball-Skills und Explosivität. Liggins hatte vier Interceptions in den Playoffs gegen Northwestern College, und langsam wird auch die NFL auf ihn aufmerksam: Obwohl er bei keinem Bowl oder All Star Spiel war, haben bereits mehr als zwölf Teams Kontakt zu ihm aufgenommen, darunter laut SI die Jaguars, Broncos, Chiefs, Eagles, Bills, Saints, Ravens, Cardinals, Buccaneers und Browns. Ein NFC-West-Team soll ihm bereits ein Playbook geschickt haben, so groß ist das Interesse.
Dickinson-State-Coach Pete Stanton verriet jüngst, dass bei ihm seit dem Start der vergangenen Saison inzwischen 20 NFL-Teams wegen Liggins angefragt haben. Er selbst wurde nach eigenen Angaben in den Gesprächen mit Teams mehrfach als "High-Priority Free Agent" bezeichnet. Also ein Spieler, der nach dem Draft als Undrafted Free Agent einen größeren Markt haben könnte. Vielleicht schlägt aber auch ein Team in Runde 7 einfach zu.
Es gibt heute nur noch wenige echte Sleeper, weil so vieles so gut dokumentiert wird - Liggins könnte ein solcher Sleeper sein.
Keelan Doss, WR, UC-Davis
3.744 Yards und 26 Touchdowns über drei College-Spielzeiten lesen sich zunächst einmal gut, wenngleich die Frage nach dem Level der Konkurrenz natürlich gestellt werden muss. Umso wichtiger war für Doss der Senior Bowl - bei dem er einen extrem guten Eindruck hinterließ.
Doss ist ein großer Receiver, der an Physis zugelegt hat und diese auch nutzt - seine Basketball-Erfahrung sieht man bei Contested Catches. Über die letzten beiden Jahre knackte er je die 115 Catches, er war Team-Captain bei UC-Davis und gilt als ein bodenständiger Typ. Er hat die Größe, um in der Red Zone zu gewinnen und er zeigt Spielverständnis beim Reagieren auf Coverages sowie technisch saubere Routes aus dem Slot und Outside mit guten Cuts und schnellen Bewegungen.
Wo könnte Keelan Doss vom Board gehen? Viele tippen ihn auf die fünfte, vielleicht sechste Runde. Er könnte sich als ein möglicher Late-Round-Steal entpuppen.
Austin Walter, RB, Rice
Gut möglich, dass Walter nicht gedraftet wird. Mir hat sein Tape allerdings nicht nur gefallen, es hat mich auch ein wenig an Chicagos Tarik Cohen erinnert: Walter ist ein kleiner Back, der als Receiver aber andauernd auffällt. Er läuft einen ausgeprägten Route Tree, läuft seine Routes mit Explosivität und nimmt schnell Tempo auf.
Bei Rice wurde er regelmäßig im Slot aufgestellt, ähnlich wie Miamis Kenny Young attackierte er aber auch vertikal. Walter hat auffallend gute Hände und war in der Lage, im Underneath Passing Game Contested Catches zu sichern. Seine 44 Catches für 525 Yards in der vergangenen Saison sind kein Zufall.
Er zeigt außerdem schnelle Richtungswechsel und fließende Bewegungen, generell hat er schnelle Füße. Als Runner ist er limitiert, vor allem seine Vision bei Inside-Runs gefiel mir nicht. Aber als gefährlicher Receiving-Back könnte er einen Platz in der modernen NFL finden.
Trey Brock, WR, Hillsdale College
Unheimlich produktiver Spieler bereits als 18-Jähriger - und dann hatte er in seiner zweiten Saison endgültig den Breakout. Hatte über die letzten drei Jahre 1.322, 1.174 und 1.422 Receiving-Yards sowie 12, 8 und 17 Touchdowns. Über die letzten drei Spielzeiten hatte er in je zehn bis zwölf Spielen nie unter 74 Receptions.
Brock trug die Offense und hatte konstant rund 40 bis 50 Prozent Anteil an der Receiving-Offense seines Teams - eine absolut enorme Zahl. Brock ist groß, er ist schnell, er verfügt über eine gute Körperkontrolle, er spielt physisch und man sieht Tendenzen eines guten Route-Runners.
Er wurde letztes Jahr als Division II First-Team All-American ausgezeichnet, nachdem er während der Saison acht 100-Yard-Spiele verzeichnet und dann in zwei Playoff-Spielen 342 Receiving-Yards und drei Touchdowns aufgelegt hatte. Brock verlässt die Chargers als Inhaber des Single-Game Receiving-Yards-Rekords (302 Yards gegen Indianapolis 2017), gilt als harter Arbeiter und könnte eine Late-Round-Überraschung für ein Team werden.
Ashton Dulin, WR, Malone
Die Kombination aus Speed, Explosivität und Größe dominieren Dulins Spiel - genau wie seine Vielseitigkeit. Dulin ist in seiner College-Karriere als Receiver, Runner und Returner in Erscheinung getreten. Die vergangene Saison beendete er mit spektakulären 1.947 All-Purpose-Yards und 15 Total Touchdowns. Dulin ist gefährlich nach dem Catch und sollte zumindest aufgrund seines Werts für ein Special Team eine echte Chance auf einen NFL-Kader haben - auch falls es als Undrafted Free Agent passiert.
Berichten zufolge waren nahezu alle Teams im Laufe der vergangenen Spielzeit früher oder später beim Malone-Training zugegen. Dulin verlässt seine Schule als Career-Leader in Receptions (189), Receiving-Yards (3.188) und All-Purpose-Yards (5.455) - und er war neben seiner Karriere auf dem Footballfeld auch ein erfolgreicher Leichtathlet für Malone.
Das bescherte Dulin eine seltene Ehre: Über die letzten vier Jahre wurden 1.321 Spieler zur Combine eingeladen, nur 15 davon waren Division-2-Spieler - Dulin gehört jetzt dazu. Und seine Rekorde für Malone könnten für die Ewigkeit stehen: Das Football-Programm wurde nach der vergangenen Saison eingestellt.
Connor Niles, WR, Morningside University
Auf der Suche nach möglichen Small-School-Stars findet man immer wieder absurde Statistiken; aber Connor Niles ist der diesjährige König der absurden Statistiken. 153 Catches für 2.639 Yards und 34 Touchdowns - alles nur im letzten Jahr! Und das in 15 Spielen! Auf seine gesamte College-Karriere (56 Spiele) kommt er auf 367 Catches für 6.336 Yards und 73 Touchdowns, was ihm dieses Jahr eine Berufung ins All-American-Team der NAIA bescherte.
Morningside war letztes Jahr mit 52,6 Punkten pro Spiel und 5.655 Passing-Yards unglaublich dominant, und Niles war der Mittelpunkt des Passing Games. Er ist ein Speedster mit 17,2 Yards pro Catch. Er wurde Outside und im Slot eingesetzt und kann eine Defense jederzeit vertikal attackieren. Er findet den Ball Downfield, er hat gute Hände und mit seiner Geschwindigkeit überrascht er - wobei hier in Kombination mit seiner eher kleineren Statur sicher die Frage ist, wie sehr sich das auf die NFL überträgt.
Niles könnte mit seinen schnellen Cuts einen sehr guten Slot-Receiver abgeben, er bewegt sich gut auf engem Raum und ist schwer zu greifen. Teams könnten ihn aus dieser Rolle heraus dann auch vertikal einsetzen. Niles war beim Pro Day von Iowa State mit dabei und ich gehe davon aus, dass er zumindest eine Chance im Training Camp bekommt.
Bruce Anderson, RB, North Dakota State
Andersons Tape zeigt in meinen Augen tolles Potenzial. Seine Zahlen als Receiver reißen niemanden vom Hocker, aber das lag auch daran, dass er als Receiver nicht ansatzweise so eingesetzt wurde, wie seine gezeigten Fähigkeiten es gerechtfertigt hätten. Anderson zeigt sehr gute Hände, er findet den Ball unheimlich gut in der Luft und ist allein als Receiver wahnsinnig spannend.
Er beschleunigt in seinen Routes schnell und ist kann seine Route gegebenenfalls dem Pass anpassen. Er hat in meinen Augen das Potential zum 3-Down-Back. Denn auch als Runner gefällt mir Anderson sehr gut.
Anderson hat eine gute Balance, er läuft mit Power, hat schnelle Füße und navigiert so durch engen Raum und läuft generell einfach intelligent. Dazu kommen Returner-Qualitäten. Andersons Rolle in der NFL könnte anfangs die eines Returners und Pass-Catchers sein, aber das sollte nicht so bleiben; sein Stil erinnert mich ein wenig an David Johnson, und es wird sehr spannend zu sehen sein, in welcher Situation er landet.