Die NFL-Saison steht an der Halbzeitmarke - Zeit für das zweite Zwischenfazit! SPOX-Redakteur Adrian Franke sortiert die 32 Teams nach den ersten acht Spieltagen ein. Mit einem vertrauten Blick im Keller und neuen Kandidaten in der Spitzengruppe.
NFL Power Ranking nach Woche 8
32. New York Jets (0-8)
Platzierung nach Woche 4: 32.
Man könnte hier sehr viele der Punkte aus dem Power Ranking vor vier Wochen wiederholen. Die Jets sind das schlechteste Team der Liga, und es ist nicht wirklich knapp. Die Offensive Line ist weitestgehend ein großes Problem, einen Pass-Rush hat New York nach wie vor nicht und die Outside-Corner-Gruppe ist eine der zwei, drei schlechtesten in der NFL. Das ist selbstredend keine gute Kombination und führt dazu, dass die Pass-Defense ein konstantes Problem ist - und dass es den Jets nicht sonderlich viel hilft, dass sie den Run gut stoppen können. Wenn man etwas Positives einbauen will: Die Jets haben vereinzelt ein paar vorsichtige Tendenzen gezeigt, seitdem Adam Gase das offensive Play-Calling abgegeben hat. Mehr Motion, ein besseres Play-Action-Passspiel - und trotzdem verhinderte auch das nicht die absurden vier (!) Yards in der zweiten Hälfte gegen Buffalo. Die Sam-Darnold-Abschiedstour ist eine Autobahn in Richtung des Nummer-1-Picks, und eine Geschwindigkeitsbegrenzung ist nicht vorgesehen.
31. Dallas Cowboys (2-6)
Platzierung nach Woche 4: 15.
Natürlich muss in jeder Geschichte über diese Cowboys-Saison die Verletzung von Dak Prescott früh und prominent erwähnt werden, und selbst rein das Saisonaus von Prescott im Vakuum betrachtet beendete alle Titelambitionen. Das Hauptproblem mit diesem Team aktuell, und der Hauptgrund dafür, dass kein Team in der Saison 2020 auf dem Platz eine größere Enttäuschung ist, ist aber eben, dass auch außerhalb der Quarterback-Position absolut überhaupt nichts funktioniert. Bei der Offensive Line muss man die Ausfälle ebenfalls berücksichtigen - in Bestbesetzung hätte Dallas eines der besten Tackle-Duos der Liga mit Smith und Collins, beide werden wir dieses Jahr nicht mehr auf dem Platz sehen. Und Backup Quarterback plus Backup-Line ist meist ein Rezept für eher schlechte Offense. Aber sonst? Die Cowboys haben eines der besten Receiver-Trios der Liga, doch seit Prescott raus ist, wird dieses eigentlich schlagkräftige Mittel kaum noch genutzt. Sie haben eine vemeintlich starke Defensive Line, selbst wenn man die Comeback-Player-des-Jahres-würdige Saison von Aldon Smith nicht antizipiert hat. Dontari Poe und Everson Griffen sind weg, Tyrone Crawford und Trysten Hill spielen üble Saisons. Und die Cornerback-Gruppe ist eine der drei schlechtesten der Liga. Vor allem gibt es wenig Hoffnung auf Besserung in der zweiten Saisonhälfte - denn, und das ist der Kernpunkt von alledem: Der Coaching Staff ist bisher aber auch absolut alles schuldig geblieben.
30. Jacksonville Jaguars (1-6)
Platzierung nach Woche 4: 27.
Gardner Minshew - der jetzt wohl zumindest vorerst mit mehreren Brüchen am Daumen ausfällt - hatte sich zuletzt wieder stabilisiert, die Offensive Line ist in Ordnung, Laviska Shenault und James Robinson lassen viel Optimismus für die Zukunft zu. Man hat bei Jacksonville weiter den Eindruck, dass dieses Team im Endeffekt zu gut für die absolute Draft-Spitze sein sollte, viel mehr aber eben auch nicht. Der Pass-Rush ist zu inkonstant, vor allem aber ist die Secondary ein gigantisches Problem. Jacksonville hat unter dem Strich eine der schlechtesten Pass-Defenses in der NFL und eine der schlechtesten Defenses insgesamt, und bei allem individuellen Talent in der Offense reicht es nicht, um dieses Defizit zu kompensieren. Die größte Frage am Ende dieser Jags-Saison muss sein: Sehen die Verantwortlichen Gardner Minshew als die mittel- und womöglich auch langfristige Antwort, ein Quarterback, um den man über die nächsten zwei bis drei Jahre herumbauen will? Oder versucht man im Draft gegebenenfalls ganz nach oben zu traden, um die wichtigste Position neu zu besetzen?
29. New York Giants (1-7)
Platzierung nach Woche 4: 31.
Wie geht es weiter bei den Giants? Insbesondere eine Frage steht dabei im Fokus: Wie sehr wackelt der Stuhl von GM Dave Gettleman? Fliegt Gettleman, könnte alles hinterfragt werden. Dann ist Joe Judge als Head Coach womöglich One-and-Done - nicht dass das zwangsläufig gerechtfertigt wäre - und auch die Quarterback-Position dürfte dann offen diskutiert werden. Bleibt Gettleman dagegen, könnte man auf Kontinuität setzen. Doch ist das der richtige Schritt? Daniel Jones zeigt nach wie vor einzelne positive Ansätze und spielt inzwischen keine schlechte Saison, aber eben auch nicht mehr. Und die Turnover sind einfach ein enormes Problem. Gerade sein Pocket-Verhalten ist und bleibt eine Großbaustelle, mit seinen Reads ist er noch immer häufiger zu langsam. Die Offensive Line ist bislang eine riesige Enttäuschung, das gilt für die Rookie-Saison von Erstrunden-Pick Andrew Thomas, aber auch für gestandene Spieler wie Kevin Zeitler. Defensiv derweil haben sich die G-Men tatsächlich einigermaßen stabilisiert, vor allem bedingt durch eine sehr gute Run-Defense sowie durch die exzellente Saison, die Nummer-1-Corner James Bradberry spielt. Da hört das defensive Lob allerdings auch schon auf, denn trotz Bradberry ist es eine der wackligsten Defenses ligaweit gegen den Pass und die Offense, trotz einiger Qualität auf den Skill Positions, kann das nicht ansatzweise konstant ausgleichen.
28. Washington Football Team (2-5)
Platzierung nach Woche 4: 30.
Könnte Washington ernsthaft um die Division mitspielen? Natürlich würde das primär an der desolaten Division liegen - dass man hier auf Platz 27 bereits zwei Division-Rivalen hinter sich lässt, beschreibt die Situation ganz gut -, doch hat sich Washington insgesamt auch ganz vorsichtig stabilisiert. Es ist eine Top-10-Defense, die natürlich primär über die extrem starke Defensive Line funktioniert, aber auch in der Secondary mehr überzeugt als gedacht. Hier gilt es jetzt, den Ausfall von Landon Collins aufzufangen, aber Washington kann den Run und den Pass verteidigen. Das Problem ist und bleibt die Offense, doch auch hier hat sich ein wenig mehr Stabilität bemerkbar gemacht. Die Offensive Line wirkte zuletzt sicherer, Antonio Gibson ist mehr und mehr die fixe Nummer-2-Waffe neben Terry McLaurin. Und Kyle Allen ist nicht die langfristige Antwort, aber er spielt besser als Dwayne Haskins und die Offense läuft in der Folge ein wenig runder. Reicht das für sechs Siege? Und reichen sechs Siege womöglich tatsächlich für die Division?
27. Detroit Lions (3-4)
Platzierung nach Woche 4: 28.
Ganz vorsichtig konnte man Detroit einen positiven Trend attestieren - der dann gegen die Colts wieder krachend einbrach. Wo sind die signifikanten defensiven Fortschritte, nachdem Matt Patricia über Jahre seine Wunsch-Defense zusammenbasteln konnte? Warum kann Brian Flores, seines Zeichens ebenfalls aus der Patriots-Schule, in Miami konstant sichtbare Fortschritte vorweisen, während die Lions-Defense noch immer einem wackligen Kartenhaus gleicht? Und warum braucht es so häufig erst einen entsprechenden Spielverlauf, ehe man das Spiel in Matt Staffords Hände legt? Aus Lions-Sicht ist das immer noch die beste Chance auf sportlichen Erfolg, wenngleich auch Stafford nicht auf seinem Vorjahres-Level spielt. Detroit hat eine gute Offensive Line und einige gute junge Spieler, muss jetzt aber erneut auf Kenny Golladay verzichten. Wenn man zu den Lions eine Saison-Halbzeit-Prognose abgeben will, dann wäre es am ehesten: Detroit ist auf bestem Wege in einen größeren Umbruch. Und es wäre doch sehr verwunderlich, wenn Matt Patricia heute in einem Jahr noch immer in Detroit arbeiten würde.
26. New England Patriots (2-5)
Platzierung nach Woche 4: 12.
Diese Offense ist so wahnsinnig limitiert, und was über die ersten Wochen der Saison noch so aussah, als könnte New England über einen anderen Stil deutlich gefährlicher auftreten als im Vorjahr, ist inzwischen dermaßen auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Mit der Verletzung von Julian Edelman fehlt auch die letzte Receiving-Waffe, die individuell irgendetwas bewegen kann, und auch Edelman wirkte zuletzt merklich nicht fit. Damiere Byrd, Jakobi Meyers, Gunner Olszewski, dazu die jungen und unverlässlichen Tight Ends - das ist das schlechteste Waffenarsenal der NFL. James White ist ein toller Spieler, aber nicht, wenn er ein Receiving-Corps tragen soll. Dass Cam Newton zusätzlich wirklich nicht gut spielt, hilft natürlich wenig. Aber auch von Cam in besserer Verfassung, näher dran an seinen Leistungen zu Saisonbeginn, wäre es viel verlangt, dieses Team Woche für Woche zu tragen. Und die Defense hat zwar noch immer hohe individuelle Qualität in der Secondary, J.C. Jackson wäre hier in dieser Saison allen voran zu nennen. Aber der Aderlass durch Free Agency und Corona-Opt-Outs macht sich natürlich bemerkbar, generell ist die Front ein großes Problem und New England ist auf dieser Seite des Balls in der Folge nicht ansatzweise stark genug, um diese Offense zu tragen.
25. Houston Texans (1-6)
Platzierung nach Woche 4: 23.
Houston ist nach den Cowboys die wohl größte Enttäuschung dieser Saison - und während die Cowboys zumindest noch die Ausrede der Ausfälle haben, kann Houston nicht einmal das Argument anbringen. Deshaun Watson hat sich über den vergangenen Monat wieder in der Quarterback-Spitzengruppe festgesetzt, aber er bekommt schlicht wenig Hilfe. Die rechte Seite der Offensive Line ist noch immer anfällig, das Play-Calling ist nicht gut. Die Receiver-Gruppe ist gefährlich, gefühlt könnte Houston hier noch mehr rausholen. Vor allem aber müssen Watson und die Offense eben auch Woche für Woche Shootouts gewinnen: Die Texans kreieren mit die wenigsten Turnover (5,5 Prozent der gegnerischen Drives), lassen bei fast 50 Prozent der gegnerischen Drives Punkte zu (47,9 Prozent) und haben mit die schlechteste Defense gegen den Run. Houston hat, abgesehen vom 30:14-Sieg gegen Jacksonville, in jedem Spiel mindestens 28 Punkte kassiert.
24. Denver Broncos (3-4)
Platzierung nach Woche 4: 29.
Toller Schlussspurt von Drew Lock gegen die Chargers, aber die generellen Fragen bei ihm bleiben. Kann er konstant gut genug spielen, um ein Franchise-Quarterback zu werden? Denvers Defense ist sehr gut, umso mehr, wenn man die Ausfälle bedenkt. Die Defensive Line ist besser als gedacht, das Safety-Duo ist sicher und Bryce Callahan ist einer der Top-Slot-Cornerbacks in diesem Jahr. Die Broncos haben eine Top-10-Defense und können so Spiele eng halten; aktuell aber hat man mit Lock noch zu häufig den Eindruck, dass er diese genauso gut wegwerfen kann. Die weiteren Saisonspiele müssen ganz klar ein Bewerbungsgespräch für ihn sein, und aus Broncos-Sicht werden sie hoffen, dass er mehr Konstanz an den Tag legt. Andernfalls stehen Monate der Quarterback-Diskussion bevor.
23. Philadelphia Eagles (3-4-1)
Platzierung nach Woche 4: 22.
Natürlich sind die Ausfälle in der Offensive Line und im Receiving Corps nicht von der Hand zu weisen, und natürlich sind diese ein Faktor. Aber sie alleine reichen nicht, um das zu erklären, was Carson Wentz teilweise zeigt. Selbst gegen die Cowboys-Defense unterliefen ihm mehrere horrende Fehler, und bedeutend einfachere Aufgaben gibt es in der NFL aktuell nicht. Die Rückkehr von Jalen Reagor machte sich gegen Dallas dennoch bereits bemerkbar, weitere Comebacks gerade bei den offensiven Waffen sollten in den nächsten Wochen folgen. In Kombination mit einer soliden - und gegen den Pass sogar guten - Defense müsste das eigentlich für den Division-Titel reichen. Und doch ist nie ausgeschlossen, dass Wentz diesen sprichwörtlich oder auch ganz praktisch weg wirft.
22. Atlanta Falcons (2-6)
Platzierung nach Woche 4: 25.
Es ist und bleibt auch in diesem Jahr wieder einmal das gleiche Gefühl mit diesem Falcons-Team: Atlanta sollte besser sein als der Record aktuell aussagt - und das groteske Drama bei einigen der Falcons-Pleiten unterstreicht das. Doch es sind eben nicht nur die absurden Fehler, die Atlanta zur Saison-Mitte bereits sechs Pleiten beschert haben: Die Falcons sind viel zu Run-lastig bei Early Down, sie laufen den Ball regelmäßig bei langen Second Downs, statt das Spiel noch mehr über die Receiver aufzuziehen. Ein möglicher Ausfall von Calvin Ridley würde dabei natürlich wenig helfen. Die Offense insgesamt wirkt statisch, mit extrem wenig Motion- und Misdirection-Elementen, während die Defense schlicht viel zu löchrig ist. Beziehungsweise, konkreter: Die Secondary. Atlantas Front spielt solide, die Falcons sind einigermaßen stabil gegen den Run und gewinnen auch im Pass-Rush regelmäßig ihre Matchups. Doch die Secondary dahinter wirkt viel zu häufig überfordert. Mit der offensiven Feuerkraft können die Falcons immer hier und da ein Spiel gewinnen, so wie am Donnerstag. Aber das Gefühl drängt sich mehr und mehr auf, dass die Zeit gekommen ist, den Umbruch einzuleiten.
21. Minnesota Vikings (2-5)
Platzierung nach Woche 4: 20.
Was soll Vikings-Fans zum Start der zweiten Saisonhälfte Mut machen? Vielleicht ist es am ehesten die Tatsache, dass das Front Office ganz offensichtlich den eigenen Kader inzwischen richtig einschätzt - und an eigenen Fehlkalkulationen nicht festhält. Yannick Ngakoue nach Baltimore weiter zu traden, versinnbildlicht das. Sportlich gesehen hilft das natürlich wenig. Mike Zimmer ist noch immer ein exzellenter Defense-Coach, der mehr aus seiner Unit herausholt, als man mit Blick auf die individuelle Qualität erwarten würde. Aber selbst das hat Grenzen. Danielle Hunter wird dieses Jahr nicht mehr spielen, die Vikings haben damit keinen Pass-Rush und mit die schwächste Cornerback-Gruppe ligaweit. Selbst Zimmer wird Probleme haben, den Pass damit zu stoppen. Gegen die Packers sah das besser aus als gedacht, das Wetter dürfte dabei aber auch eine Rolle gespielt haben. Und die Offense? Die Interior Offensive Line ist und bleibt ein Problem, die Vikings sind extrem Run-lastig. Funktioniert - bei halbwegs stabiler Defense - das Run Game, ist es eine Waffe. Doch viel zu viel der offensiven Passing-Production, die ein Blick auf die Total Stats nahelegt, kam zustande, wenn Spiele schon außer Reichweite waren. Kirk Cousins hinter einer wackligen Offensive Line in einer Situation, in der er häufig Rückstände aufholen muss - eine Erfolgsformel sieht anders aus.
20. Miami Dolphins (4-3)
Platzierung nach Woche 4: 26.
Offensiv sind die Dolphins, das muss man ganz klar so sagen, eine absolute Wildcard. Mit dem Wechsel zu Tua Tagovailoa soll eine neue Ära eingeleitet werden, dessen Debüt gegen die Rams war letztlich jedoch komplett nichtssagend und so bleibt auf dieser Seite des Balls ein großes Fragezeichen. Was sich dagegen über die Dolphins mit deutlich größerer Sicherheit sagen lässt: Diese Pass-Defense ist auf einem hervorragenden Weg und setzt sich mehr und mehr in der Liga-Spitzengruppe fest. Wenn Brian Flores seine Cornerback-Gruppe komplett hat, setzt er gegnerische Quarterbacks enorm unter Druck. So wie am Sonntag gegen die Rams eindrucksvoll zu sehen. Miamis Offensive Line, die Rookie-Fehler die mit Tua fraglos auch weiterhin kommen werden sowie eine anfällige Run-Defense setzen für dieses Jahr ein gewisses Limit nach oben. Es geht weiterhin primär darum, herauszufinden, was man in Tua hat. Doch in ihrem Prozess als Team sind die Dolphins auf einem exzellenten Kurs.
19. Cincinnati Bengals (2-5-1)
Platzierung nach Woche 4: 24.
Joe Burrow ist bereits nach acht NFL-Spielen ein Quarterback, der sein ganzes Team besser macht und seinem Team in fast jeder Partie eine faire Chance gibt. Die Waffen in Cincinnati sind ohnehin gut, umso mehr, da Rookie-Receiver Tee Higgins sich im Laufe der Saison bereits merklich gesteigert hat und auch A.J. Green deutlich besser spielt als noch zu Saisonstart. Die Defense ist, neben der Offensive Line, das Sorgenkind. Kaum ein Pass-Rush ist harmloser, die Run-Defense ist im unteren Liga-Viertel und auf Cornerback gibt es definitiv mehr Fragen als Antworten. Cincinnati ist mit Burrow auf einem guten Weg. Um ihn herum müssen sich über die nächsten Jahre noch einige Dinge verbessern.
18. San Francisco 49ers (4-4)
Platzierung nach Woche 4: 7.
Quo vadis, San Francisco? Die Niners stehen zur Saison-Mitte nicht nur exakt ausgeglichen da - es fühlt sich definitiv auch so an, als würden die Franchise an einem Scheideweg stehen. Die Auftritte von Jimmy Garoppolo, der jetzt abermals mehrere Wochen verpassen wird, werfen zu viele Fragezeichen auf, als dass man eine Quarterback-Diskussion noch umgehen könnte. Die Defense hält sich tapfer, wird ohne Nick Bosa aber definitiv nicht ihr volles Potenzial abrufen können. Und Bosa ist ja nur einer von mehreren Ausfällen auf dieser Seite des Balls. Aber die Diskussionen werden in der zweiten Saisonhälfte bei der Offense bleiben, und sie könnten schnell noch deutlich intensiver werden. Mit Shanahan werden die Niners in den meisten Matchups ein Laufspiel und generell auch Offense kreieren können. Aber bisher ist der Eindruck in diesem Jahr einfach häufig, dass sehr schnell alles einstürzt, sobald die Strukturen eben nicht ideal greifen. Ohne Garoppolo, aber vor allem ohne George Kittle, der nahezu den gesamten Rest der Saison verpasst, wird man noch deutlich limitierter in seinen Möglichkeiten sein, Yards zu kreieren, ohne den Quarterback dabei in den Mittelpunkt zu rücken.
17. Carolina Panthers (3-5)
Platzierung nach Woche 4: 18.
Die Panthers sind in einem Umbruch, und gemessen daran ist es beachtlich, was Carolina bislang in diesem Jahr schon gezeigt hat. Die Defense steckt voller jungem Potenzial, angeführt von Burns, Brown, Chinn und Gross-Matos. Die Offense trägt klar die Handschrift von Offensive Coordinator Joe Brady - aber sie ist auch geprägt von Bridgewaters Limitierungen. Der ist ein guter Ballverteiler und kann die Yards-after-Catch-Maschinerie ankurbeln, aber er ist kein Quarterback, der die Offense an einem Tag trägt, an dem die Play-Designs nicht greifen oder die Umstände sich wackliger präsentieren, wie etwa jüngst gegen die Falcons. Die Rückkehr von Christian McCaffrey wird der Offense helfen, das Receiver-Duo zählt zur diesjährigen Liga-Spitze und generell ist der Ausblick für Carolina mit diesem Trainerstab und vielen der jungen Spieler überaus positiv. Für diese Saison sieht es mit den defensiven Problemen und dem offensiven Ceiling letztlich aber doch nach unterem Mittelmaß aus - was immer noch mehr wäre, als viele für dieses Panthers-Team im Vorfeld erwartet haben.
16. Los Angeles Chargers (2-5)
Platzierung nach Woche 4: 19.
Die Defense müsste eigentlich besser sein, und die Chargers als Team müssten besser stehen als 2-5. Die Defense ist gut gegen den Run, wackelt aber zu häufig in Coverage - könnte die Rückkehr von Chris Harris hier wieder mehr Stabilität geben? Dass die Offensive Line nicht gut ist, ist kein Geheimnis und in der Folge hat L.A. auch kein gutes Run Game und Justin Herbert muss viel gegen Druck arbeiten. Das macht der Rookie aber deutlich besser als erwartet, und das vertikale Passspiel muss sich ligaweit vor niemandem verstecken. Das Kernproblem für die Offense ist, dass es den Chargers aktuell nicht gelingt, konstant den Ball zu bewegen. Zu häufig sind es Big Plays - oder nichts. Immerhin ist auch auf dieser Seite des Balls ein wichtiges Comeback in Sicht: Austin Ekeler sollte etwa Mitte November zurückkehren. Das könnte Herbert auch dabei helfen, den Ball konstanter zu bewegen. Für die Big Plays hat er mit Keenan Allen und Mike Williams ein absolutes Top-Receiver-Duo.
15. Chicago Bears (5-3)
Platzierung nach Woche 4: 21.
Die Defense ist absolut spektakulär, und sie ist auch ein Hauptgrund dafür, dass Chicago bereits fünf Siege auf dem Konto hat. Khalil Mack spielt sich in die Defensive-Player-of-the-Year-Diskussion, Kyle Fuller ist ohne jede Diskussion ein Nummer-1-Corner und Roquan Smith spielt deutlich besser als letztes Jahr. Die Bears haben defensiv Stars auf allen Ebenen und sind auch ein gut gecoachtes Gesamtkonstrukt - was man über die eigene Offense allerdings nicht sagen kann. Allen Robinson ist hier über jede Kritik erhaben, aber sonst? Matt Nagys Play-Calling muss zunehmend deutlich hinterfragt werden, die Offensive Line spielt deutlich schlechter als noch zu Saisonstart, und auch Nick Foles war nicht ansatzweise das erhoffte Upgrade gegenüber Mitch Trubisky. Und so sind die Bears letztlich - fünf Siege hin oder her - ein Team im Niemandsland der NFL.
14. Cleveland Browns (5-3)
Platzierung nach Woche 4: 13.
Dass die Browns gegen die Raiders am vergangenen Sonntag offensiv kein ähnliches Spiel aufziehen konnten wie Las Vegas, war zumindest mal verwunderlich. Unter starkem Regen und schwierigen äußeren Bedingungen waren es die Raiders, die ein dominantes Run Game aufzogen - nicht die Browns. Dabei ist das eigentlich Kern der Identität in Cleveland und hätte die Browns in diesem Spiel auch tragen sollen. Und dennoch: die größte Sorge ist das nicht. Das wäre eher das Passspiel, und das nicht nur, weil die Browns mit Odell Beckham gerade ihren individuell besten Playmaker verloren haben. Hier muss der Blick auf Baker Mayfield gehen, der über weite Strecken der Saison einfach enorme Probleme hat, wenn er aus dem regulären Dropback-Passspiel den Ball werfen muss. Das in Kombination mit der Tatsache, dass Cleveland defensiv zwar einen Elite-Pass-Rusher in Myles Garrett sowie einen Top-Corner in Denzel Ward, ansonsten aber gerade in Coverage doch größere Defizite hat, verpasst dem Potenzial der Browns ein klares Limit.
13. Las Vegas Raiders (4-3)
Platzierung nach Woche 4: 16.
Die Raiders haben in der Summe eine der anfälligeren Defenses ligaweit. Wenige Teams lassen gegen den Run mehr zu und gerade in Coverage sind ebenfalls wenige Teams schwächer. Insbesondere die Verpflichtung von Cory Littleton hat bisher so überhaupt nicht funktioniert. Der Pass-Rush ist ebenfalls bestenfalls unterer Durchschnitt. Also lautet die Frage: Wie gut kann die Offense das kompensieren? Überraschend gut, tatsächlich. Die Offensive Line ist stabil, die Raiders können den Ball laufen und im Passspiel haben mehr vertikale Elemente Einzug erhalten. Insbesondere mit Henry Ruggs auf dem Feld macht sich das bemerkbar. Natürlich hat Derek Carr auch weiterhin seine ganz eigenen Limitierungen, und die Anzahl der Shootouts, die Las Vegas gewinnen kann, dürfte begrenzt sein - was wiederum aufgrund der eigenen Defense vermutlich noch häufiger notwendig sein wird, gerade wenn es gegen die Liga-Spitze geht. Und dennoch: Die Raiders sind ein Kandidat für den finalen Wildcard-Platz in der AFC.
12. Buffalo Bills (6-2)
Platzierung nach Woche 4: 5.
Rein vom Bauchgefühl her sind die Bills nach dem furiosen Saisonstart inzwischen mehr in der Range angekommen, die man vielleicht im Vorfeld der Saison antizipieren konnte. Buffalos Offense ist und bleibt inkonstant, und dabei kommt man nicht drum herum, die Debatte mit Josh Allen zu starten. Allen hatte einen exzellenten Saisonstart, die Fehler gingen aber nie komplett weg. Sie wurden seltener, und sie wurden seltener bestraft, aber komplett abstellen konnte er sie nie. Aktuell verfehlt er wieder mehr Würfe und das Run Game der Bills läuft nicht so gut wie letztes Jahr, und dann ist die Offense schnell mal wackliger, oder kann, wie etwa gegen die Jets, Drives nicht beenden. Auffälliger bei den Bills bleibt aber die Tatsache, dass die Defense schlicht nicht ansatzweise auf dem Vorjahres-Level ist. Gerade die Front ist wesentlich anfälliger, die Bills sind deutlich wackliger gegen den Run. Aber eben auch die Coverage, insbesondere wenn man Poyer und White ausklammert, hat zu viele Wackelkandidaten. Und so kann sich die Offense eben schlicht weniger Fehltritte leisten als noch im Vorjahr. Die Bills sind immer noch gut, aber wie weit geht die Reise mit Allen?
11. Tennessee Titans (5-2)
Platzierung nach Woche 4: 14.
Diese Titans-Defense ist ein Problem, und zwar kein kleines. Eigentlich dachte man, dass die Front Tennessee auf dieser Seite des Balls auf ein zumindest durchschnittliches Level heben kann. Stattdessen ist der Pass-Rush sehr durchwachsen, die Secondary anfällig und die Run-Defense nicht mehr als Durchschnitt. Auch das Play-Calling ist hier ein zunehmend ernsthaftes Thema; die Titans sind eine desolate Third-Down-Defense. Besserung ist nicht ausgeschlossen, die individuelle Qualität in der Front ist ja da. Aber garantiert ist sie eben auch nicht, mitnichten. Der Trade für Desmond King gefällt mir in dem Kontext sehr gut, die Titans können auf Cornerback generell, aber gerade auch im Slot jede Hilfe gebrauchen. Sollte sich die Defense in der zweiten Saisonhälfte stabilisieren, wäre das extrem wichtig für die Titans. Denn ehrlicherweise ist es schwer zu sagen, wie sehr sich Tennessee im weiteren Saisonverlauf auf die eigene Offense stützen kann: Der Verlust von Taylor Lewan wiegt schwer, die Passing-Offense ist relativ eindimensional und inkonstant. Je mehr Spiele Tannehill als "regulärer" Dropback-Passer spielen muss, weil das Run Game nicht funktioniert oder weil die eigene Defense zu viel zulässt, desto unwahrscheinlicher wird sportlicher Erfolg im Januar.
10. Indianapolis Colts (5-2)
Platzierung nach Woche 4: 10.
Sieben Spiele haben die Colts inzwischen absolviert, gerade die Lions in Detroit deutlich geschlagen - und trotzdem gibt es für mich kein Team, das ich schwerer greifen kann als diese Colts. Die Defensive Line ist sehr gut, aber keine alles dominierende Elite-Line wie die in Pittsburgh. Die Offensive Line ist gut, aber nicht Top-5-Elite, wie wir vor der Saison dachten. Das Run Game ist deutlich schwächer als erwartet und T.Y. Hilton ist so etwas wie ein schwer erklärbarer Totalausfall. Und Rivers? Rivers spielt gut, mit einzelnen Ausreißern nach oben und weniger Ausreißern nach unten. Gut genug, dass die Colts die Division gewinnen könnten. Aber nicht konstant gut genug, um das Team zu tragen. Und das gilt irgendwo auch für die Defense, die definitiv in die Top-10-Konversation gehört, und trotzdem gleichzeitig keine dominante Unit ist.
9. Los Angeles Rams (5-3)
Platzierung nach Woche 4: 6.
Zu sehen, wie Sean McVay die Offense umgebaut und wieder in eine funktionierende Maschine transformiert hat, ist eindrucksvoll. Die Rams haben hier einen klar erkennbaren Plan, die Offensive Line spielt deutlich besser und abermals wird viel über das Play-Action-Passspiel aufgebaut - nur findet darin deutlich mehr im Kurzpassspiel statt als noch vor zwei Jahren, wo aus Play Action wesentlich mehr vertikal attackiert wurde. Die Offense läuft unter dem Strich rund, beeindruckender ist aber, wie schnell die Defense eine neue Identität gefunden hat. Trotz zahlreichen neuen Startern und einem neuen, unerfahrenen Defensive Coordinator in Brandon Staley haben die Rams hier schnell eine Identität gefunden - als eine sehr flexible, schwer lesbare Secondary mit einer Front, deren Base-Line durch Aaron Donald naturgemäß hoch ist. Das ist eine Top-10-Defense, die auch mal ein Spiel an sich reißen kann. Warum also knapp außerhalb der Top-8-Spitzengruppe? So gut die Offense auch designed ist, Jared Goff hat schlicht seine Limitierungen und über die vergangenen Wochen waren die mehrfach zu sehen - nie deutlicher als gegen Miami, wo Goff gegen die Blitz-Pakete von Brian Flores wie das sprichwörtliche Reh im Scheinwerferlicht wirkte. Die Offense kann noch immer funktionieren, wenn Goff schlecht spielt - aber das Potenzial des Teams nach ganz oben ist dadurch geschmälert, und das konnte man auch dieses Jahr in mehreren Spielen bereits beobachten.
8. Arizona Cardinals (5-2)
Platzierung nach Woche 4: 17.
Was genau sind die Cardinals? Ist Arizona ein legitimer Playoff-Kandidat? Vielleicht sogar mehr? Oder täuschen die fünf Siege eher darüber hinweg, dass die Cardinals noch immer ein inkonstantes Team sind. Der Sieg gegen Seattle hat vor allem eine Sache gezeigt: Die Cards als Team haben sich mental definitiv weiterentwickelt. Und: Vance Joseph steigerte sich in dieser ersten Saisonhälfte merklich. Aus einer sehr simplen, zurückhaltenden Defense ist inzwischen eine Unit geworden, die deutlich vielseitiger und mutiger mit ihren Blitz- und Pressure-Paketen auftritt, und in der insbesondere Budda Baker herausragt. Die Defense hat den Sprung aus dem Liga-Keller ins obere Mittelmaß geschafft, und das ist bereits ein großer Fortschritt. Die Inkonstanz aber betrifft vor allem die Offense: Kyler Murray ist aktuell einer der größten X-Faktoren in der Liga - auch, weil er so viel Schaden als Scrambler anrichtet. Aber wie konstant ist das aufrecht zu erhalten? Die Offensive Line spielt sehr gut, und Arizona hat über die vergangenen Wochen den Willen gezeigt, die Passing-Offense vertikaler aufzuziehen. Wenn die Offense klickt, macht sie jede Menge Spaß - und ist gefährlich.
7. Baltimore Ravens (5-2)
Platzierung nach Woche 4: 4.
Die Ravens haben eine Elite-Defense, mindestens Top-3 ligaweit - eine Defense, mit der man Spiele diktieren und Spiele gewinnen kann, und der Trade für Yannick Ngakoue macht Baltimore nochmal deutlich gefährlicher. Ngakoue ist kein Elite-Pass-Rusher, aber wenn er in der aggressiven Blitzing-Defense der Ravens konstante Eins-gegen-Eins-Duelle bekommt und das noch in einer Situation, in der er häufiger mit eigener Führung im Rücken auf Quarterback-Jagd gehen kann, dann wird Ngakoue auch Matchups gewinnen und Plays machen. Um diese Seite des Balls muss man sich keine Sorgen machen - sehr wohl aber um die andere. Es war eindrucksvoll zu sehen, wie die Ravens selbst gegen Pittsburgh den Ball laufen konnten; und dennoch ist das Run Game nicht auf dem historischen Level der Vorsaison, und das konnte auch niemand erwarten. Parallel aber hat auch Lamar Jackson als Passer Rückschritte gemacht, und in fast jedem Spiel, in dem die Ravens mehr über das Passspiel kommen wollten oder mussten, offenbarte Jackson aus der Pocket heraus doch deutliche Defizite. Jackson spielt überhastet in der Pocket, er verfehlt Receiver und dass Baltimore Defenses mit dem Outside-Passing-Game häufig so gar nicht bedroht, hilft dabei nicht. Die Offensive Line ist dabei merklich wackliger als letztes Jahr, und jetzt wird mit Left Tackle Ronny Stanley noch der beste Spieler dieser Line den Rest der Saison verletzt verpassen. Das wird sich definitiv bemerkbar machen. Baltimores Offense ist immer noch gefährlich, aber ist sie gut genug für die ganz hohen Ziele?
6. New Orleans Saints (5-2)
Platzierung nach Woche 4: 11.
Sind die Saints ein ernsthafter Top-Titelanwärter? So wirklich einfach ist es noch nicht, diese Frage zu beantworten. Zu viele Spiele ohne Emmanuel Sanders und Michael Thomas, und dann ist es doch wieder eindrucksvoll, mit welcher Kurzpass-Präzision Drew Brees zuletzt wieder auftrat - in einigen Spielen waren sogar auch mehr vertikale Elemente zu sehen. Eindrucksvoll ist auch das, was Alvin Kamara leistet, wenn er wieder bei einem langen Third Down den Checkdown von Brees mit jeder Menge Hoffnung bekommt. Die Offensive Line ist nach wie vor sehr gut, und man darf erwarten, dass die Offense insgesamt nochmal ein anderes Level hat, wenn die beiden Receiver wieder gemeinsam auf dem Feld stehen. Aber wie groß wird dieser Sprung sein? Und im gleichen Gedankengang: Wie viele Fehler der eigenen Defense müssen die Saints mit ihrer Offense ausgleichen? Zumindest der Pass-Rush hat sich zuletzt stabilisiert, die Rückkehr von Marcus Davenport war da ein sehr spürbarer Faktor. Aber die ganze Secondary ist problematisch, und das schließt längst auch Nummer-1-Corner Marshon Lattimore mit ein.
5. Green Bay Packers (5-2)
Platzierung nach Woche 4: 2.
Das Debakel gegen die Bucs dürfte noch eine ganze Weile als Thema über dieser Packers-Saison schweben - denn es gibt nicht allzu viele Möglichkeiten, um die Eindrücke aus dieser Partie wieder gerade zu rücken. Die 49ers in dieser Woche wären noch am ehesten ein Kandidat, aber wirklich aggressive, das Tempo diktierende Defenses sucht man im weiteren Packers-Schedule vergebens. Insofern bleibt die Frage im Raum, ob Green Bays Offense funktioniert, wenn es in den Playoffs dann wieder gegen gefährlichere Defenses geht. Und so bleibt auch ein Beigeschmack, wenn man die Packers-Offense lobt - doch loben muss man sie: Die Offensive Line spielt sehr gut, und wenn Rodgers eine saubere Pocket hat, zerlegt er Defenses. Davante Adams ist ein Top-5-Receiver, mindestens, und Matt LaFleur als Play-Caller ist eine der großen Überraschungen dieser Saison. Aber, ähnlich wie bei mehreren anderen Teams auch innerhalb der Spitzengruppe, gibt es große Baustellen bei der Defense. Jaire Alexander ist hier von jeder Kritik auszunehmen, ansonsten aber gibt es jeder Menge Fragezeichen in Coverage, die noch deutlicher werden, weil der Pass-Rush nicht ansatzweise auf dem Vorjahres-Level ist. Und die Run-Defense ist einfach schon wieder ein großes Problem und kostete Green Bay das Spiel gegen Minnesota.
4. Pittsburgh Steelers (7-0)
Platzierung nach Woche 4: 9.
Wie weit kann der Pass-Rush die Steelers wirklich bringen? Würde man die zweite Steelers-Saisonhälfte unter eine große Überschrift setzen wollen, vermutlich wäre es etwas in dieser Richtung. Und in gewisser Weise würde es einem vergleichsweise kompletten Kader nicht gerecht, aber wenn wir vom High-End-Potenzial für diese Steelers-Saison sprechen, dann muss man mit der Defensive Line anfangen. Denn das ist ohne jeden Zweifel die Elite-Qualität dieses Teams. Die Offense fungiert eher als Komplementär-Stück dazu, mit einem kontrollierenden Ansatz, aufgezogen über das Kurzpassspiel, aber auch klaren Limitierungen: Wenn eine Defense das häufig über ISO-Routes aufgebaute Passspiel stoppen kann, wie gegen Baltimore zu beobachten war, ist sehr schnell sehr viel Sand im Getriebe. Und generell ist der Spielraum für Fehler einfach klein und dass sie wenn nötig offensiv einen Schalter umlegen können, haben sie zumindest bisher noch nicht gezeigt. Das macht die Steelers wackliger, als der 7-0-Record mit den jüngsten Siegen gegen die AFC-Konkurrenz nahelegen würde. Und dennoch sind sie aktuell der Nummer-1-Herausforderer für die Chiefs in der AFC.
3. Seattle Seahawks (6-1)
Platzierung nach Woche 4: 3.
Bei 27 von 45 Dropbacks blitzten die Seahawks am Sonntag Jimmy Garoppolo beziehungsweise Nick Mullens - war das ein spezifischer Game Plan gegen die 49ers, oder ist es eine Trendwende in der Herangehensweise in Seattle? Der Trade für Dunlap sollte im Pass-Rush ein wenig helfen, aber eher Kategorie Tropfen auf den heißen Stein. Mit einer zuletzt zumindest vereinzelt stabilisierten Secondary sowie der Rückkehr von Jamal Adams könnte es allerdings auch von der defensiven Grundausrichtung her in eine andere Richtung gehen, und vielleicht wäre das dann auch eine Chance für zumindest mehr defensive Big Plays. Big Plays sind auf der anderen Seite des Balls the Name of the Game: Bei Pässen über mindestens 20 Yards Downfield steht Russell Wilson dieses Jahr bei 604 Yards, neun Touchdowns und einer Interception. Die Offensive Line ist nicht ideal, aber auch weit vom Liga-Keller entfernt. Ein besseres Wide-Receiver-Duo als Seattle hat aktuell zudem niemand, und was es heißt, wenn ein Gegner nur je einen der beiden Receiver ausschalten kann, haben die letzten beiden Spiele gegen Arizona und San Francisco eindrucksvoll gezeigt. Auf der wichtigsten Position spielt derzeit außerhalb von Kansas City zudem keiner auf dem Level von Russell Wilson.
2. Tampa Bay Buccaneers (6-2)
Platzierung nach Woche 4: 8.
Die Bucs sind aktuell das kompletteste Team in der NFL. Tampa hat eine Top-3-Defense, und man kann sehr gut argumentieren, dass es sogar die Nummer 1 ist. Die Bucs haben eine individuell gut besetzte Defensive Line, einen der besten Linebacker der Liga in Lavonte David, und gute Argumente dafür, inzwischen die beste Secondary der Liga zu stellen. Carlton Davis und Jamel Dean sind potenziell das beste Corner-Duo der Liga, und wenige Safeties machen mehr Spaß als Rookie Antoine Winfield. Dass Tampa diese individuelle Qualität dann für einen extrem aggressiven, "wir zwingen die Offense in die reagierende Rolle"-Ansatz nutzt, macht das Gesamtprodukt umso gefährlicher. Und dann reden wir noch nicht einmal über die Offense: Die Offensive Line ist in Ordnung, das Waffenarsenal eines der besten der Liga - und wirklich fit haben wir alle gemeinsam auf dem Feld noch nicht einmal gesehen. Brady spielt weitestgehend herausragend, einzig das eher statische, eindimensionale Play-Calling bleibt ein Dorn im Auge. Gegen die Giants wäre es einmal mehr auch deshalb fast schief gegangen.
1. Kansas City Chiefs (7-1)
Platzierung nach Woche 4: 1.
Es ist weiterhin schwieriger, die Chiefs herabzustufen als sie zu kritisieren. Es zieht sich wie ein roter Faden durch diese Saison, dass man von Kansas City im Passspiel gerne mehr sehen würde - gleichzeitig allerdings kann man darauf immer wieder antworten: Sie mussten eben meist nicht mehr machen, und wenn sie einen Schalter umlegen mussten - oder, wie gegen die Jets, offensichtlich wollten -, dann konnten sie es meist auch. Die Pass-Protection wäre der eine Punkt, den man offensiv im Auge behalten sollte, wenn es dann Richtung Januar geht. Ansonsten aber ist es weiter die gefährlichste Offense der Liga. Einen maßgeblichen Grund dafür, dass sie das bislang häufig nicht zeigen mussten, liefert derweil die andere Seite des Balls: Kansas City hat eine Top-10-Defense, weil sie den Pass inzwischen konstant gut verteidigt. Chris Jones ist einer der besten Pass-Rusher und Verteidiger insgesamt in der NFL, die Cornerbacks spielen gut, die Safeties sind ohnehin die vielleicht größte Stärke dieser Defense und Rookie-Linebacker Willie Gay drängt sich für mehr Snaps auf. Die Chiefs haben den Schritt hin zu einem kompletten Team gemacht, und dass sie offensiv bisher für ihre Verhältnisse so "durchschnittlich" spielen können, sollte dem Rest der Liga Angst machen. Weiter mein klarer Titelfavorit.