Haben die Chiefs ihr größtes Defizit beseitigt, sind die Chargers bereit für den nächsten Schritt? Und was ist den Raiders und Broncos zuzutrauen? Im nächsten Teil der SPOX-Preview-Serie blicken wir auf die AFC West, die einen klaren Favoriten hat.
NFL-Preview: Denver Broncos
- Bilanz 2020: 5-11
- Die wichtigsten Zugänge: QB Teddy Bridgewater, RB Javonte Williams, OL Quinn Meinerz, CB Kyle Fuller, CB Patrick Surtain II, CB Ronald Darby
- Die wichtigsten Abgänge: RB Phillip Lindsay, OT Ja'Wuan James
Denver Broncos - Darum wird die Saison ein Erfolg
Hauptgrund für eine erfolgreiche Saison in der Mile High City dürfte die Defense sein. Edge Rusher Von Miller ist zurück und könnte in seiner womöglich letzten Saison in Denver nochmal richtig aufdrehen. Zudem wurde die Secondary nachhaltig verstärkt mit Vic Fangios früherem Musterschüler in Chicago, Kyle Fuller, sowie Donald Darby und Rookie Patrick Surtain II. Insgesamt dürfte dieses Personal dem Defensivguru Fangio nun erstmals die Möglichkeit geben, seine Defense nun auch in Denver vollends zur Entfaltung zu bringen.
Grundsätzlich geht es in diesem Defense-Scheme darum, so viel Konfusion wie möglich für den Quarterback zu kreieren. Speziell die Coverage ist dabei äußerst flexibel und variiert häufig zwischen 2-High-Safety-Looks und Cover-3. Es wird hauptsächlich Zone gespielt, um die Augen auf dem QB zu halten. Zudem sorgt die starke Front für Pass Rush, idealerweise ohne übermäßig viel zu blitzen. Hier kommen dann Miller und Bradley Chubb ins Spiel.
Insgesamt ist diese Defense hauptsächlich auf die Passverteidigung spezialisiert, was gerade in der AFC West ein Vorteil sein könnte.
Offensiv wiederum gibt es mit Teddy Bridgewater einen neuen Quarterback, der zwar kaum spektakulärer spielen wird als Drew Lock, der aber auch weniger Fehler fabrizieren wird. Insgesamt ist er ein Game Manager, der es jedoch versteht, Playmaker einzusetzen. Und davon haben die Broncos einige - allen voran Top-Receiver Courtland Sutton, der nach Kreuzbandriss zurück ist. Zudem geht Jerry Jeudy in sein zweites Jahr. Von ihm ist eine Steigerung nach ordentlicher Rookie-Saison zu erwarten.
Ebenfalls hilfreich sein dürfte Tight End Noah Fant, der Bridgewater ebenso wie KJ Hamler im Slot sichere Optionen über die Mitte bietet.
Denver Broncos - Darum wird die Saison ein Misserfolg
Die Quarterback-Problematik wurde nicht überzeugend genug gelöst. Die Broncos haben vieles versucht. Sie fragten bei den Packers wegen Aaron Rodgers an, es soll Interesse an Deshaun Watson gegeben haben und im Draft wurde ihnen Justin Fields gewissermaßen auf dem Silbertablett serviert - oder auch Mac Jones, der nun für New England startet.
Letztlich jedoch entschied sich der neue GM des Teams, George Paton, für die eher ernüchternde Variante mit Bridgewater. Jener Bridgewater, der schon bei den Carolina Panthers niemanden inspirierte und nach einem Jahr zugunsten von Sam Darnold, der ebenfalls ein großes Risiko sein dürfte, bereits wieder abgegeben wurde. Bridgewater wirkt wie die ultimative Zwischenlösung, bereitet dem Trainerstab der Broncos um Offensive Coordinator Pat Shurmur aber offenbar weniger Kopfzerbrechen als Lock, der immer noch in Schwierigkeiten gerät, wenn die Reads zu komplex werden.
Gelingt es Bridgewater erneut nicht, eine zumindest respektable Offense auf die Beine zu stellen, dann wird es sehr schwierig, mit der starken Konkurrenz mitzuhalten.
Was die Defense betrifft, sind hier zwei potenzielle Brandherde zu beachten: Zum einen weiß keiner, wie Miller nach seiner Knöchelverletzung zurückkommt. Hat er noch genug im Tank, um die Defense auf ein höheres Level als im Vorjahr zu hieven? Und wie schnell entwickelt sich Surtain? Das Vorjahr machte deutlich, dass auch die besten Rookie-Corner so ihre Probleme haben können in Sachen Einstieg in die NFL. Immerhin könnte Ronald Darby hier eine Weile den Platzhalter geben.
Denver Broncos - Der Schlüsselspieler: Von Miller
Letztlich kommt vieles dennoch auf Von Miller an. Die Broncos stellten zuletzt eine ausgesprochene Bend-but-don't-break-Defense. Sie waren im unteren Drittel der Liga bei den zugelassenen Yards unterwegs (367,9 pro Spiel), ließen aber kaum Touchdowns zu (47,54 Prozent Opponent Red Zone Scoring Percentage). Das hielt zwar die zugelassenen Punkte meist im Rahmen, doch hielt es eben auch die eigene Offense vom Feld. Entsprechend könnte ein gesunder und fitter Miller mit seiner individuellen Klasse einen großen Anteil daran haben, Gegner durch stärkeren Pass Rush wieder früher vom Feld zu bekommen. Gelingt das aber nicht, droht eine weitere lange Saison.
Denver Broncos - Season-Prognose 2021
Die Defense kommt verbessert daher, die Offense bleibt dagegen eine Wundertüte mit deutlichem Negativ-Potenzial. Unterm Strich ist das keine gute Kombination, um in dieser Division zu bestehen. Am Ende bleibt da wieder nur Rang 4.
NFL-Preview: Kansas City Chiefs
- Bilanz 2020: 14-2
- Die wichtigsten Zugänge: OT Orlando Brown, OG Joe Thuney, C Creed Humphrey, OG Trey Smith, DT Jerran Reed, LB Nick Bolton, CB Mike Hughes, OL Kyle Long
- Die wichtigsten Abgänge: WR Sammy Watkins, OT Eric Fisher, OT Mitchell Schwartz, RB Damien Williams, FB Anthony Sherman, OL Mike Remmers, C Austin Reiter, CB Bashaud Breeland, LB Damien Wilson,
Kansas City Chiefs - Darum wird die Saison ein Erfolg
Die Offensive Line wurde runderneuert. Nach der katastrophalen Vorstellung der Chiefs-O-Line im Super Bowl konzentrierten sich GM Brett Veach und Head Coach Andy Reid hauptsächlich darauf, diese Unit von Grund auf neu aufzubauen. Im Grunde sind alle fünf Starter neu, lediglich Right Tackle Lucas Niang war ein Vorjahres-Draftpick, der aber nach Covid-Opt-Out noch keine Sekunde NFL gespielt hat.
Dennoch sollte die verjüngte Line Patrick Mahomes wieder mehr Protection geben, was so ziemlich alles ist, was der 2018er MVP braucht, um sein Spiel zu machen.
Defensiv wurde dafür mehr in die Breite investiert, obgleich mit Mike Hughes immerhin ein neuer Slot-Corner aus Minnesota geholt wurde. Der Fokus allerdings liegt auf der Defensive Line und Chris Jones, der über den Sommer die Position gewechselt hat. Künftig wird der bisherige Inside-Rusher eher über außen kommen als 5-Technique Defensive End, was den Pass Rush der Truppe gegenüber von Frank Clark beleben dürfte. Möglich machte dies ein neues persönliches Training inklusive Yoga.
Kansas City Chiefs - Darum wird die Saison ein Misserfolg
Was wenn die O-Line doch nicht wie gewünscht funktioniert? Ein wichtiger Faktor für stabile Offensive Lines ist die Eingespieltheit. Genau dies wird den Chiefs abgehen, denn es sind hier fünf Spieler zusammengetrommelt worden, die noch nie zuvor zusammengespielt haben. Wie schnell also wird es gelingen, hieraus eine Einheit zu machen, zumal mit Humphrey und Smith auch noch zwei Rookies starten werden - eigentlich sogar drei, da auch Niang noch keinerlei NFL-Erfahrung hat. Dies ist ein möglicher Gefahrenherd gegen Topteams mit starkem Pass Rush.
Zudem muss man das Receiving Corps im Auge behalten. Hier wurden ein paar Versuche gestartet, Verstärkungen zu holen, doch letztlich kam nichts zustande. Mit Watkins ging ein alter Hase, der immer noch verlässlich war. Nun wird die Personaldecke hinter Tyreek Hill und Mecole Hardman schon sehr dünn - Demarcus Robinson und Byron Pringle jedenfalls sind nicht mehr als solide Rollenspieler, die zwar ihren Wert im Schatten der Top-Optionen haben, aber wohl kaum einen Ausfall derer über längere Zeit kompensieren können.
[comonent]
Kansas City Chiefs - Der Schlüsselspieler: Lucas Niang
Man sagt, die Offensive Line ist nur so gut wie ihr drittbester Spieler. Die Topspieler dieser Unit sind Left Guard Joe Thuney und Left Tackle Orlando Brown. Da sicherlich noch nicht allzu viel von Center Humphrey und Right Guard Trey Smith zu erwarten sein sollte, rückt somit der Right Tackle in den Fokus. Zum Saisonstart wird dies wohl Niang werden, auf längere Sicht jedoch ist auch Kyle Long eine Option - im Übrigen auch auf Right Guard. Entsprechend wichtig wird es sein, dass auch die rechte Seite der Offensive Line stabil bleibt, zumal Gegner vermutlich genau hier ansetzen werden angesichts der imposanten linken Seite. Niang - oder wer auch immer dort starten wird auf lange Sicht - steht damit besonders unter Druck.
Kansas City Chiefs - Season-Prognose 2021
Auch 2021 führt an den Chiefs wohl nicht nur in der AFC West kein Weg vorbei. Auch wenn das Gerede von einer Perfect Season etwas übertrieben ist, sucht diese Truppe immer noch ihresgleichen und dürfte wieder voll angreifen und einen langen Playoff-Run vor sich haben.
NFL-Preview: Las Vegas Raiders
- Bilanz 2020: 8-8
- Die wichtigsten Zugänge: RB Kenyan Drake, OT Alex Leatherwood, DT Quinton Jefferson, EDGE Yannick Ngakoue, DT Gerald McCoy, CB Casey Hayward, S Trevon Moehrig, DB Nate Hobbs, WR Willie Snead, LB Divine Deablo
- Die wichtigsten Abgänge: C Rodney Hudson, S Lamarcus Joyner, DT Maliek Collins, WR Nelson Agholor, OT Trent Brown, LB Denzel Perryman, OG Gabe Jackson
Las Vegas Raiders - Darum wird die Saison ein Erfolg
Die erste Garde macht einiges her. Das Team ist talentiert und zeigte bereits im Vorjahr einige positive Ansätze, auf denen es jetzt aufzubauen gilt. Derek Carr spielte nach einigen Dürrejahren eine insgesamt sehr erfreuliche Saison und sollte dieses Niveau auch in der anstehenden Spielzeit halten können.
Wide Receiver Henry Ruggs geht nach ernüchternder Rookie-Saison in sein zweites Jahr und steht nun noch mehr im Fokus, da er jetzt der alleinige Deep Threat sein wird nach dem Abgang von Nelson Agholor. Eine Steigerung darf von ihm erwartet werden. Zudem wird Tight End Darren Waller wohl weiterhin die Mitte des Feldes dominieren.
Defensiv wurde einmal mehr die Secondary umgekrempelt. Neu dabei ist allen voran Cornerback Casey Hayward, der die Division aus seiner Chargers-Zeit bestens kennt und kaum Eingewöhnungszeit haben sollte. Zudem wurde der Pass Rush mit Yannick Ngakoue individuell verstärkt, während in der Mitte künftig Gerald McCoy stabilisierend wirken dürfte.
Las Vegas Raiders - Darum wird die Saison ein Misserfolg
Die Raiders stellten 2020 eine stabile Offensive Lines in Sachen Pass Protection (5,5 Prozent Adjusted Sack Rate). Sie hatten jedoch ihre Schwierigkeiten beim Run Blocking. An sich kein Missverhältnis in der heutigen NFL, doch unter Jon Gruden ein Problem, da er immer noch das Laufspiel als wichtigen Faktor betrachtet. Entsprechend wurde die O-Line kräftig umgekrempelt und erhielt drei neue Starter, wobei gerade Right Tackle Alex Leatherwood die größte Wildcard sein dürfte - entsprechend war er bereits der wohl größte Reach im vergangenen Draft.
Drei etablierte Starter wurden unterm Strich durch zwei Backups und einen Rookie ersetzt, zudem verlor das Team mit Agholor seinen wohl gefährlichsten und konstantesten Receiver der Vorsaison, sodass auch hier mit Ruggs ein Youngster die Kohlen aus dem Feuer holen muss. Ganz schön viel Risiko in einem Bereich, der nicht unbedingt das Hauptproblem des Teams darstellte.
Jenes waren eher der Pass Rush, die Coverage sowie eine schwache Laufverteidigung. Die Coverage soll durch drei neue Starter stabilisiert werden, allerdings besteht die Secondary im Sub-Package nun aus zwei Rookies und einem Neuzugang. Auch hier könnte also fehlende Abstimmung zum Problem werden.
An vorderster Front wiederum wurde für mehr Masse gesorgt mit Jefferson und McCoy, auf dem ebenfalls problematischen Linebacker-Level dagegen blieb vieles beim Alten.
Las Vegas Raiders - Der Schlüsselspieler: Yannick Ngakoue
Da die Linebacker-Crew zusammengeblieben ist und sich in der Secondary ein paar Wundertüten wiederfinden, fällt der Fokus wohl auf Yannick Ngakoue, der als Speed-Rusher ein Element in die Front bringt, das vorher so noch nicht vorhanden war. Ob das allerdings reicht, bleibt abzuwarten, denn Ngakoues Produktion in den vergangenen paar Jahren für insgesamt drei verschiedene Teams war eher überschaubar seit seiner letzten dominanten Saison 2018 in Jacksonville (51 Pressures).
Las Vegas Raiders - Season-Prognose 2021
Insgesamt ist erneut Potenzial vorhanden, doch gelingt es auch, dieses über eine komplette Saison zu realisieren? Im Vorjahr sahen die Vorstellungen der Raiders phasenweise vielversprechend aus, es wurden sogar überraschend die Chiefs geschlagen. Aber insgesamt fehlte die Konstanz für eine bessere Platzierung. Angesichts der diesjährigen Konkurrenz scheint aber mehr als Platz 3 in der Division auch nicht realistisch zu sein.
NFL-Preview: Los Angeles Chargers
- Bilanz 2020: 7-9
- Die wichtigsten Zugänge: OT Rashawn Slater, C Corey Linsley, OG Matt Feiler, OG Oday Aboushi, TE Jared Cook, CB Asante Samuel Jr.
- Die wichtigsten Abgänge: OG Trai Turner, CB Casey Hayward, TE Hunter Henry, EDGE Melvin Ingram, QB Tyrod Taylor
Los Angeles Chargers - Darum wird die Saison ein Erfolg
Die Offensive Line wurde runderneuert mit drei neuen Startern, darunter All-Pro-Center Linsley und Rookie-Tackle Rashawn Slater, der als einer der besten Tackles seiner Draftklasse gilt. All das, um dem Rookie des Jahres Justin Herbert das Leben leichter zu machen.
Hinzu kommt mit Brandon Staley ein neuer Head Coach, der speziell defensiv für eine neue Stabilität sorgen könnte. Sein Scheme war bereits ein Glücksfall für die Rams und könnte nun auch neben der neuen O-Line eines der fehlenden Puzzleteile sein, um die Chargers vollends konkurrenzfähig zu machen.
Zudem besteht die Hoffnung, dass Safety Derwin James nach zwei Jahren voller schwerer Verletzungen endlich mal wieder gesund in die Saison gehen und dann auch dem Team entscheidend weiterhelfen kann.
Los Angeles Chargers - Darum wird die Saison ein Misserfolg
Insgesamt fehlt es der Offense ein wenig an Kadertiefe. Sollte etwa den Top-Receivern Keenan Allen oder Mike Williams etwas passieren, wären dahinter nicht mehr allzu viele Alternativen in Sicht. Zudem bleibt es abzuwarten, ob James tatsächlich wieder der Alte wird, was für Staleys Scheme sehr wichtig wäre.
Zudem stellt sich generell die Frage, ob Staley als Head Coach in der Lage ist, das gesamte Team hinter sich zu bringen, und, ob sein Scheme auf die Chargers zu übertragen ist.
Darüber hinaus muss es Staley gelingen, die negativen Tendenzen aus diesem Team herauszubekommen. Die Chargers verloren zuletzt einfach zu häufig die engen Spiele. Es ist nun am neuen Trainerstab, dies aus den Köpfen der Spieler herauszubekommen, um künftig auch in engen Situationen das volle Leistungsvermögen abzurufen.
Los Angeles Chargers - Der Schlüsselspieler: Nasir Adderley
Die Offense sollte mit Herbert an der Spitze schon laufen. Entsprechend liegt das Hauptaugenmerk auf der Defense. Staleys Ssystem ist dafür bekannt, ein paar Rollen zu beinhalten, die es in herkömmlichen Systemen nicht gibt. Gemeint sind hier die Star- sowie die Money-Position. Auch wenn noch nicht so ganz klar ist, wer jene bekleiden wird bei den Chargers, dürfte Safety Nasir Adderley ein Kandidat für beide sein. In der Vergangenheit hatte er so seine Probleme als Single-High-Safety, doch als Star könnte er variabler im Slot spielen und seinen Speed besser nutzen. Die Money-Rolle wiederum ist ein Hybrid aus Safety und Linebacker im Sub-Package, in etwa das, was John Johnson gespielt und ihn auf ein neues Level gehievt hat unter Staley. Wenn Adderley ähnlich erfolgreich agiert, würde das der Defense enorm helfen.
Los Angeles Chargers - Season-Prognose 2021
Mit der verstärkten Offensive Line und einer mutmaßlich stabileren Defense sollten für die Chargers, die ihr Potenzial zuweilen schon 2020 zeigten, sogar die Playoffs drin sein. Die Chiefs sind wohl zu weit weg, aber Rang 2 in der West und eine Wildcard sollten absolut machbar sein.