Mit der heißen Phase der Free Agency im Rückspiegel geht der Blick ganz auf den Draft - und auch in diesem Jahr werden Coaches und GMs ihr Schicksal an einen jungen Quarterback knüpfen. Doch ist das bei der diesjährigen Klasse ratsam? Und welche Quarterbacks empfehlen sich für dieses Vertrauen?
Um für die Analyse der Quarterbacks bestmögliche Transparenz zu gewährleisten, ist es wichtig, vorweg meinen Maßstab offen zu legen.
Das sind für mich die wichtigsten Eigenschaften eines Quarterbacks, in dieser Reihenfolge, wenngleich einige natürlich miteinander zusammenhängen:
- Pocket-Verhalten
- Accuracy und Antizipation
- Off-Script Plays: Armtalent, Improvisation, Off-Platform
- Processsing, Reads, Decision-Making
- Verhalten gegen Pressure
- Mechanics: Füße, Wurfbewegung, Release
- Athletik
- Deep Passing
Es ist die mit Abstand wichtigste Position auf dem Feld. Jedes Jahr hoffen mehrere Teams im Draft ihren Franchise-Quarterback für die nächsten 15 Jahre zu finden - und das gilt auch für dieses Jahr, auch wenn die diesjährige Klasse in der Pre-Draft-Analyse insbesondere in der Spitze signifikant schwächer daherkommt als die Klasse des Vorjahres.
Aber auch ohne klares Elite-Prospect an der Spitze sehe ich in dieser Klasse Potenzial.
Einerseits gibt es sehr unterschiedliche Spielertypen, also Prospects, welche die Quarterback-Position sehr unterschiedlich interpretieren und umsetzen, und es gibt auch in puncto Floor und Ceiling dramatische Unterschiede - was wiederum Teams die Option gibt, auf ein Talent mit hohem Floor zu setzen, wie Kenny Pickett, oder eben die Upside zu jagen, beispielsweise mit Malik Willis.
Das macht die 2022er Klasse zu einer extremen Version davon, dass jedes Team seinen eigenen Geschmack auf der Position hat - und diese Gruppe je nach Team dementsprechend deutlich unterschiedlich sortiert sein wird.
NFL Draft 2022 Ranking: Die Quarterback-Top-8
8. Skylar Thompson, Kansas State
Auf einen Blick: In einer Klasse mit wenigen spannenden Quarterback-Prospects für die mittleren und späteren Runden sticht Thompson noch am ehesten heraus. Ein mobiler Quarterback, der Plays kreieren kann.
Stärken:
- Ein Quarterback, der kreieren kann. Thompson hat eine gewisse Upside als Playmaker, das Armtalent ist sichtbar und er kann sich mit seiner Mobilität aus schwierigen Situationen befreien.
- In der Folge gefällt auch sein Umgang mit Druck. Thompson ist nicht direkt verloren, wenn die Situation zusammenbricht.
- Ein Kandidat für eine RPO- und Option-Offense, in der seine Athletik auch zur Geltung kommt. Aber in der Prognose definitiv ein Backup.
Schwächen:
- Thompson ist ein Redshirt-Senior, der seit 2016 (!) Teil des Teams ist. Kommt mit der Erfahrung von 40 College-Starts - aber wird im Juni auch schon 25 Jahre alt. Thompson ist exakt einen Tag älter als Sam Darnold.
- Kein Quarterback, der diszipliniert durch seine Reads geht.
- Accuracy ist inkonstant, Processing immer wieder mal zu langsam.
- Wird schematisch ausgeprägte Hilfe brauchen, sollte er mal in der NFL das Feld sehen.
SPOX-Empfehlung: 5.-6. Runde.
7. Bailey Zappe, Western Kentucky
Auf einen Blick: Mit Zappe beginnt - und endet - das mittlere Level der diesjährigen Quarterback-Klasse. Ein akkurater Passer, der in der Air Raid Offense von Western Kentucky eine enorme Volume hatte, der aber trotzdem so gut wie nie gegen Pressure agieren musste. Überschaubare Tools, mehr ein High-End-Backup und spielerisch eine Light-Version von Gardner Minshew als der damals aus dem College kam.
Stärken:
- Accuracy ist sein größter Trumpf. Hatte in der Air-Raid-Offense von Western Kentucky eine enorme Workload, mit 687 (!) Pässen in der vergangenen Saison, für fast 6.000 Yards, und das in 14 Spielen. Und um diese Art Offense umzusetzen, in welcher kurze Pässe häufig das Run Game ersetzen, braucht man einen Quarterback, der konstant sehr präzise ist. Hier punktet Zappe am meisten. PFF listet ihn auf Platz 11 von 106 FBS-Quarterbacks was akkurate Pässe über die Line of Scrimmage angeht.
- Wenn Accuracy das erste Pro-Zappe-Argument ist, dann folgt Touch auf Platz 2. Zappe platziert den Ball regelmäßig exzellent zwischen Linebacker und Safeties und kann so auch ohne einen sonderlich guten Arm den tiefen Bereich des Feldes attackieren.
- Antizipation ist kritisch für ihn, damit er "funktioniert", und die zeigt er ebenfalls. Der Ball ist häufig raus, bevor der Receiver frei ist, respektive seinen Cut gesetzt hat.
- Geht konstant durch seine Underneath-Reads und verteilt den Ball da gut. Kreiert in der Pocket auch mal eine neue Plattform.
- Zappe hat von 2017 bis 2020 beim FCS-Team Houston Baptist gespielt, wo er über 10.000 Passing-Yards aufgelegt hat. Dann kam der Transfer zu Western Kentucky, um sich auf einer größeren Bühne zu beweisen. Mit seinen 5.967 Passing-Yards und 62 Touchdown-Pässen hat er den Touchdown-Rekord von Joe Burrow und den Single-Season-Passing-Yards-Rekord von B.J. Symons aus dem Jahr 2003 gebrochen.
Schwächen:
- Physisch ist er ohne Frage limitiert. Die Armstärke ist überschaubar, genau wie die Athletik. Er wird nicht viel außerhalb der Pocket kreieren, und er braucht letztlich eine gute Offensive Line für sein Spiel.
- Die hatte er bei Western Kentucky, und das auf eindrucksvolle Art und Weise: Laut PFF stand er bei 12,5 Prozent seiner Dropbacks unter Druck, eine der niedrigsten Quoten landesweit. Mehr noch: 60 (!) seiner 62 Touchdown-Pässe kamen aus eine sauberen Pocket.
- Wenn er mal unter Druck gerät, wenn er aus dem Rhythmus gebracht wird, dann gibt er der Offense vergleichsweise wenig. Und dieser Effekt wird sich in der NFL deutlich verstärken, verglichen mit Western Kentucky. Passfenster werden enger, Pockets werden kleiner, Playmaker-Qualitäten werden häufiger gefordert.
- Ich musste bei Zappe an eine Light-Version von Gardner Minshew denken. Zappes Accuracy und die Konstanz gerade im Underneath Passing Game machen ihn potenziell zu einem High-End-Backup auf dem nächsten Level - aber eben auch nicht mehr als das, und mehr als einen Game Manager würde ich auch nicht erwarten.
SPOX-Empfehlung: 3.-4. Runde.
6. Matt Corral, Ole Miss
Auf einen Blick: Ein quick-twitch-Quarterback mit Athletik und einem guten Arm sowie schnellem Release, wenn er im Rhythmus spielen kann. Hat bei Ole Miss allerdings in einer sehr simplen Offense gespielt und wirkte bisweilen überfordert, wenn es darüber hinausging. Hinsichtlich der Komplexität einer Offense eine ziemliche Wildcard.
Stärken:
- Super schneller Release, sehr smooth in seiner ganzen Wurfbewegung. Dreht die Hüften schnell, Corral ist das, was ich als "twitchy" auf der Quarterback-Position bezeichnen würde. Wenn der erste Read da ist, sah das schon sehr gut aus. Dann ist er im Rhythmus, die Bewegungen sind rund und der Ball ist schnell raus.
- Das Armtalent ist sichtbar. Hat einen guten Zip in seinen Würfen Underneath. Spielt gut innerhalb der Struktur der Offense.
- Athletik ist da, kann auch mal ein Play verlängern und am Boden Schaden anrichten. 614 Rushing-Yards in der vergangenen Saison, sowie elf Rushing-Touchdowns.
- In einer gut designten Offense, die ihn viel per Design in Bewegung bringt und ihm einfache Reads präsentiert, kann ich mir Corral als High-End-Game-Manager vorstellen. Und Physisch hat er mehr Upside als etwa Kenny Pickett.
- Corral ist die spannende Wildcard in dieser Klasse dahingehend, dass er in einer so simplen Offense gespielt hat, dass hier mehr Potenzial schlummern könnte als das College-Tape nahelegt - ein wenig wie damals bei Justin Herbert. Corral hat längst nicht das physische Talent, das Herbert hat - und auch im College gezeigt hat -, aber er punktet mit seiner Quickness.
Schwächen:
- Mit die unangenehmste Evaluation in dieser Klasse, weil Corral unter Lane Kiffin bei Ole Miss in einer absoluten Mickey-Mouse-Gimmick-Offense gespielt hat. RPOs, Zone Reads, Jet Sweeps, One-Read-Plays - das machte gigantische Teile der Offense aus. Corral hatte alleine 29 (!) Tap Passes in der vergangenen Saison, kein anderer SEC-Quarterback hatte mehr als zehn!
- Man kann dann immer darüber diskutieren, ob der Head Coach eben so spielen lassen will - oder ob er seinem Quarterback nicht mehr zutraut. Meist ist es sicher eine Mischung, ich tendiere aber leicht Richtung Letzterem. Denn es war auch auffällig, wie sie Corral den Ball etwa bei Third Down "aus der Hand" nahmen (nicht zwangsläufig per Run, sondern auch per One-Read-Play und dergleichen) - und es war auffällig, dass Corral Probleme hatte, die Offense darüber hinaus umzusetzen.
- Er hängt häufig an seinem ersten Read, ich mochte viele der Second-Reaction-Plays nicht, Antizipation könnte besser sein, er wirkt mal zögerlich, mal etwas kopflos, wenn er in der Pocket durch seine Reads gehen soll. Auch die Accuracy war inkonstanter als erhofft.
- Wird in der NFL größere Probleme damit bekommen, Plays außerhalb der Pocket zu machen. Da wird sein physisches Talent gerade als Runner schneller an Grenzen stoßen als im College.
SPOX-Empfehlung: 2. Runde.
5. Kenny Pickett, Pitt
Auf einen Blick: Das High-Floor-Prospect dieser Klasse. Pickett bietet im Vergleich die höchste Sicherheit, weil er viele Dinge gut macht, weil er das Underneath-Passspiel konstant bedient, weil er gute Mechanics mitbringt und weil sein Spiel geradezu nach einem (potenziellen High-End-)Game Manager schreit. Das Potenzial mit ihm ist einfach deutlich limitiert.
Stärken:
- Bringt gute Voraussetzungen für einen High-End-Game-Manager auf dem nächsten Level mit. Legt konstant positive Plays auf, viele Checkdowns, viele schnelle Completions Underneath. Guter In-Rhythm-Passer.
- Tritt meist gut in die Pockett, will innerhalb der Pass-Struktur arbeiten. Bedient die Mitte des Feldes konstant.
- Hat gute Mechanics, gute Beinarbeit, nutzt seinen ganzen Körper für den Wurf. Sieht schon runde aus als bei vielen Quarterbacks, die aus dem Draft kommen.
- Athletik ist in Ordnung, kann auch mal für ein First Down scrambeln.
- Guter On-the-Move-Passer. Ich kann mir Pickett gut in einer Bootleg-Play-Action-Offense vorstellen.
- Kommt mit viel Erfahrung in die NFL. 51 College-Starts stehen auf seinem Konto.
Schwächen:
- Sollte er in Runde 1 gedraftet werden, hätte Pickett tatsächlich historisch kleine Hände: Wurde bei der Combine auf 8,5 Inches gemessen, seit 2003 wurde kein Quarterback mit so kleinen Händen in der ersten Runde gedraftet. Michael Vick war der letzte Quarterback, der mit einer solchen Handgröße Erfolg hatte. Das muss nichts heißen, und Pickett wird sicher immer mit Handschuhen spielen, doch für manche Teams könnte unter 9 Inches der Cutoff-Punkt liegen.
- Ich finde das eher erwähnenswert und sehe die sportlichen Fragezeichen viel gravierender für seine Analyse: Pickett macht viele Dinge gut, aber er hat keine Elite-Traits, ich sehe wenig Upside mit ihm. Ich musste spielerisch häufig an eine Mischung aus Jimmy Garoppolo und Teddy Bridgewater denken, wobei es dann im Auge des Betrachters liegt, ob man das jetzt positiv oder negativ auslegt. Derek Carr ist vermutlich sein Ceiling.
- Pocket-Verhalten war inkonstant, da wirkt er manchmal etwas hektisch. Und er muss es sehen, ansonsten wird er in der Pocket überrascht.
- Zu viele Würfe in den Rücken seiner Receiver, manchmal steht der Ball auch in der Luft. Fehlendes Top-Armtalent ist hier definitiv sichtbar.
- Ist auf der älteren Seite nach seinem späten College-Breakout. Pickett wird 24 Jahre alt sein in seiner Rookie-Saison.
SPOX-Empfehlung: 2. Runde.
4. Desmond Ridder, Cincinnati
Auf einen Blick: Ein guter Game-Manager, der eine gewisse Athletik mitbringt und der ruhig aus der Pocket spielt. Ridder hat mich ein wenig an Alex Smith erinnert, weil auch er wenige gravierende Fehler macht und der Offense eine solide Baseline gibt. Seine Accuracy allerdings muss für diese Rolle noch viel konstanter werden.
Stärken:
- Ich mag seine Mechanics, zumindest meistens. Base sieht gut aus, Wurfbewegung ist sehr smooth, schöner Arc über den Kopf, trotzdem ein schneller Release, setzt die Füße neu wenn nötig. Wenn er on-target ist, wirft er einen sehr fangbaren Ball.
- Guter Zip über die Mitte, aber auch guter Touch. Einiges an Highlight-Würfen in puncto Ball-Placement.
- Athletik ist sehr solide. Kein "Wow-Faktor", aber gut, und er wird in der NFL auch ein wenig Schaden am Boden anrichten können. Guter Straight-Line-Runner - wie etwa beim 40-Yard-Sprint bei der Combine - aber kein High-End-Runner im Gesamtpaket.
- Mir gefällt, wie er die Augen auf seinen Receivern behält, auch wenn er aus der Pocket geht. Scrambelt nur als letzten Ausweg, das ist keine essenzielle Krücke für sein Spiel.
- Als Passer generell ruhig und kontrolliert. Geht durch seine Reads, richtet sich neu aus, verhält sich souverän. Kein Quarterback, bei dem alles auseinanderfällt, wenn er Druck bekommt.
- Verlässt Cincinnati mit 10.995 Passing-Yards, 116 Total Touchdowns und einem 41-5-Record sowie der Playoff-Teilnahme in seiner letzten Saison.
Schwächen:
- Accuracy ist der offensichtliche Punkt. Ridder ist hier schlicht und ergreifend massiv inkonstant, und das fiel auch auf quasi jedem Tape auf. Teilweise ist es schwer, das zu erklären, weil der Ball mitunter komplett daneben geht, obwohl in puncto Mechanics und Wurfbewegung und Timing alles zu passen scheint. Aber um ein High-End-Game-Manager zu werden, wird er hier signifikant konstanter werden müssen.
- Hatte auch einiges an Overthrows und hat die Tendenz, Bälle sehr hoch zu platzieren.
- Manchmal ist die Wurfbewegung zu langsam, auch das wird auf dem nächsten Level sehr nochmal teurer. Erklärt vielleicht einige Teile der Accuracy-Inkonstanz mit dem Timing. Ist als Passer einfach inkonstanter an diesem Punkt als ich es mir erhoffen würde.
- Pocket-Verhalten muss ebenfalls besser werden. Teilweise zu statisch, reagiert auf Druck mitunter zu spät, die ganze Pocket-Präsenz fand ich war noch nicht gut.
- Athletik ist gut, aber wird in der NFL mehr "solide" als ein Difference-Maker am Boden sein.
SPOX-Empfehlung: 1.-2. Runde.
3. Sam Howell, North Carolina
Auf einen Blick: Ein Playmaker. Howells 2021er Tape ist mitunter eine wilde Achterbahnfahrt - in einer Offense, die alle Playmaker verlor und eine schwache Line aufbot. Howell konnte dahinter immer noch Plays machen und Plays kreieren, mit seiner Athletik und seinem Arm. Aber sein insgesamt bisweilen wilder Spielstil wird so nicht in der NFL funktionieren.
Stärken:
- Geht durch seine Reads, Füße und die ganze Base arbeiten mit. In der Hinsicht weiter als die meisten anderen Quarterbacks dieser Klasse. Auch der Release ist bereits sauber und schnell.
- Armtalent ist ein klares Plus. Howell trifft enge Fenster, er attackiert die Mitte des Feldes mit Zip, der Ball kommt auch von unsauberer Plattform oder aus schwierigem Armwinkel gut raus. Hat zudem auch Touch gezeigt.
- Kann sich aus der Pocket befreien und Plays retten. Howell hat eine gewisse Athletik als Runner, was in der vergangenen Saison dann intensiv Teil des offensiven Schemes bei North Carolina war, angesichts der Verluste in der Offense.
- Howell ist tough. Er steckt Hits ein, er will Plays machen, man sieht keine Furcht in seinem Spiel, ob in der Pocket oder als Runner.
- Er ist ein aggressiver Passer, und das ist mir grundsätzlich lieber als ein übervorsichtiger Quarterback, der schon im College vor engen Fenstern zurückschreckt. Teilweise musste ich bei seinem Spiel an Jameis Winston denken.
Schwächen:
- Seine Athletik hat im College funktioniert, davon wird sich aber nur ein Bruchteil auf die NFL übertragen. Howell ist für mich der typische Fall eines Quarterbacks, der ein guter Runner im College war, aber in der NFL mehr ein "guter Scrambler", und nicht viel mehr in dieser Hinsicht sein wird.
- Generell will er noch zu häufig zu viel. Das gilt für seine Runs, aber auch für seine Entscheidungen im Passspiel. Manchmal übertreibt er es dann doch mit der Aggressivität, oder will auch in der Pocket Plays retten, die nicht zu retten sind. Da wird es für ihn einige teure Lernmomente in der NFL geben.
- Gerade seine Pocket-Präsenz wird in der NFL disziplinierter werden müssen, damit die Play-Struktur intakt bleibt.
- Hat auch eine gewisse Streuung in seinen Pässen, insbesondere was Overthrows über die Mitte angeht.
- Mit Howell bekommt man keinen "soliden Game Manager", sondern einen Quarterback mit einem eher niedrigen Floor in der Prognose Richtung NFL - aber auch mehr Upside, verglichen etwa mit einem Spieler wie Pickett.
SPOX-Empfehlung: 2. Hälfte 1. Runde.
2. Carson Strong, Nevada
Auf einen Blick: Ein tolles Armtalent. Strong ist eine Statue in der Pocket und bringt kaum Mobilität mit - aber er hat vier Qualitäten, mit denen er sich aus Situationen befreien und die mangelnde Athletik ausgleichen kann: Armtalent, Spielverständnis, ein schneller Release und gutes Pocket-Movement. Reicht das Teams, um die athletischen Defizite in Kauf zu nehmen?
Stärken:
- Das Armtalent ist offensichtlich und springt einen förmlich an. Fantastisch im vertikalen Passspiel, eine Vielzahl an spektakulären Deep-Shots. Er zeigt Antizipation, er zeigt Touch, er öffnet mit seinem Arm das gesamte Feld und kann mit dem Armtalent Probleme lösen. Lässt ihn auch Off-Platform tiefe Shots anbringen.
- Hatte eine immense Workload in Nevadas Offense. In den Wochen 6 bis 11 der vergangenen Saison warf er im Schnitt 51,6 Pässe pro Spiel.
- Das gilt auch mental, Strong hatte in der Offense enorme Freiheiten - und Verpflichtungen - an der Line of Scrimmage. Hinsichtlich Protections, Audibles und was die generelle Kommunikation an der Line of Scrimmage angeht. Der Sprung in die NFL sollte hier für ihn vergleichsweise kleiner sein.
- Man sieht auch, wie er durch seine Reads geht und wie er Verteidiger mit den Augen bewegt und so Wurffenster kreiert.
- Schneller Release, das war insbesondere im Kurzpassspiel auffällig. Bei der Wurfbewegung sind wenige verschwendete Bewegungen mit dabei, der Ball ist meist schnell raus.
- Pocket-Movement ist ein Plus. Arbeitet mit subtilen, kleinen Bewegungen in der Pocket, um sich eine neue Plattform für den Wurf zu verschaffen. Antizipiert Pressure dabei häufig auch gut.
Schwächen:
- Im Prinzip kann man die negativen Punkte bei Strong auf zwei übergeordnete Themen zuspitzen: Der Mangel an Mobilität - und die medizinische Vorgeschichte.
- Strong hatte bereits zahlreiche Eingriffe an seinem rechten Knie, bereits vor seiner letzten High-School-Saison hatte er sich hier einer Operation aufgrund einer Knochennekrose unterzogen, wobei ihm stabilisierende Nägel eingesetzt wurden. Weitere Eingriffe erfolgten 2020 und 2021, für die weitere Stabilisation. Es ist medizinisch möglich, dass das Problem damit unter Kontrolle ist, allerdings könnten auch weiterhin Schwellungen im Knie auftreten. Die Medizinchecks werden für ihn kritisch sein, und es ist gut möglich, dass er bei manchen Teams infolgedessen gar nicht auf dem Board ist.
- Sportlich betrachtet ist er eben eine Statue in der Pocket, das lässt sich nicht weg diskutieren und das wird sich wohl auch nicht mehr ändern. Die Frage, die NFL-Teams sich stellen müssen, lautet: Ist er athletisch funktional genug, dass man damit arbeiten kann?
- Die athletischen Limitierungen betreffen nicht nur seine Qualitäten als Scrambler oder gar Runner: Strong brachte eine vergleichsweise niedrige Quote seiner Pässe von außerhalb der Pocket an, er ist schon relativ strikt ein Pocket-Passer.
- Wenn er schnell direkten Druck bekommt, ist das Play häufig vorbei. Strong kann sich gut in der Pocket bewegen, aber er wird wenig darüber hinaus kreieren.
SPOX-Empfehlung: 2. Hälfte 1. Runde
1. Malik Willis, Liberty
Auf einen Blick: Der einzige Quarterback in dieser Klasse, den ich wirklich haben will; weil Willis Top-8-QB-Upside mitbringt. Ein toller Runner und der beste Arm insgesamt im Draft. Physisch steht er zwei Stufen über dem Rest der Klasse. Klar ist aber auch, dass er noch Zeit braucht. Insbesondere in puncto Reads und Processing wird der Schritt in die NFL ein sehr großer für ihn, und der wird dauern.
Stärken:
- Hat eine enorme Qualität im Arm. Bälle fliegen 30 Yards tief wie an der Schnur aufgezogen. Willis kann aus der Bewegung jeden Wurf, er trifft die tiefe Out-Route von der anderen Seite, er trifft den tiefen 50-Yarder direkt bevor bei ihm der Pass-Rush einschlägt. Ball kommt auch dann noch mit Feuer über die Mitte, wenn er sich gegen Druck nach hinten bewegt, aber er hat auch Touch im Arm, platziert Bälle super zwischen Corner und Safety beispielsweise.
- Trifft in der Folge auch enge Fenster, gerade auch über die Mitte. Release war passend dazu meist auch schnell.
- Willis ist ein aggressiver Passer mit einem generell aggressiven Mindset. Will Plays machen. Hat seine schwache Offensive Line regelmäßig noch gerettet.
- Als Runner absolut dynamisch. Willis bringt eine gewisse Physis mit, aber er ist auch agil im offenen Feld. Durchbricht Tackling-Versuche, Explosivität und generell Beschleunigung als Runner sind spektakulär. Die Mischung aus Physis und Agilität ist ungewöhnlich.
- Wenn seine Base sauber ist, kommt der Ball auch meist mit guter Accuracy raus.
- Was Armtalent, generell physisches Talent und Upside angeht für mich mit weitem Abstand der Nummer-1-Quarterback in diesem Draft.
Schwächen:
- Willis spielt noch viel zu langsam. Hält den Ball regelmäßig ewig und kassiert so absurde Sacks, die er niemals einstecken dürfte. Das kommt noch viel zu häufig vor.
- Teilweise will er zu häufig noch ein Play machen, teilweise aber ist sein Processing auch einfach zu langsam. Hier wird er sich enorm steigern müssen, andernfalls wird er in der NFL nicht bestehen.
- Passend dazu: Willis muss auch in seinem Read-Verhalten wesentlich konstanter werden. Er muss mehr gewillt sein, aus der Pocket heraus zu spielen. Ist zu häufig vorschnell aus der Pocket geflohen und hat lieber seiner Athletik als seinen Augen vertraut.
- Accuracy ist mindestens inkonstant, auch der Dropback ist noch unsauber. Schritte wirken da bei ihm manchmal eher improvisiert als koordiniert. Er wird auch technisch noch deutliche Fortschritte machen müssen.
SPOX-Empfehlung: 1. Runde